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Luftbild AERA-Dachgarten.
Luftbild AERA-Dachgarten. | Bild: Optigrün international AG

Gebäudebegrünung, Dacharbeiten, Absturzsicherung

Ein Park auf dem Dach

Flächenversiegelung und eine immer dichtere Bebauung verstärken den Hitzeinseleffekt in den Städten und können bei Starkregen zu Überflutungen führen. Bei der Suche nach Lösung liegt der Fokus größtenteils auf mehr Stadtgrün. Aufgrund der engen Bebauung im urbanen Raum bietet sich vorrangig die Gebäudebegrünung an. Ein gelungenes Beispiel für eine Dachbegrünung, kombiniert mit Retentionsanlagen, ist das Projekt AERA.
 

Das achtstöckige Bürogebäude AERA wurde auf der künstlichen Mierendorff-Insel in Berlin-Charlottenburg, umschlossen von den Flüssen Spree und Westhafenkanal, errichtet. Bauherr ist das Immobilienunternehmen Bauwens Development, entworfen wurde es von Grüntuch Ernst Architekten. Insgesamt 12.000 m2 Bürofläche, die flexibel in 24 Open-Space-Einheiten unterteilbar ist, und eine moderne Panoramaverglasung schaffen die Voraussetzungen für die Umsetzung des Konzepts „New Work“. Highlight und Herzstück des Gebäudes ist allerdings der kaskadenförmige Dachgarten, der über eine sanft ansteigende Außentreppe erreichbar ist.
 

Bäume auf einer Dachfläche mit mehreren Ebene. Die Bäume wurden neben einer Treppe angepflanzt und und in Stufen eingelassen.
Terrassen und Treppen auf AERA-Dachgarten
Bild: Anke Templiner - BG BAU

 

Dachgarten mit über 25 Pflanzenarten und Retentionsboxen 

Der Dachgarten, der von capattistaubach urbane landschaften geplant und von Optigrün mit Produkten und Systemen ausgestattet wurde, ist nicht nur ein optisches Highlight, sondern bietet auf einer Fläche von 2.200 m² auch viele Möglichkeiten für Rückzug und Entspannung. Durch vorhandene Arbeitsplätze im Garten sowie großzügige Rasenflächen kann der Dachpark für Arbeit und Freizeit gleichermaßen genutzt werden. 
 

Begrünte Dachfläche mit einem großen Baum und einem schwarzen Mast.
WLAN-Mast auf AERA Dachgarten
Bild: Anke Templiner - BG BAU
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Im Boden verankerte Steckdosenleiste, umgeben von Grünpflanzen.
Steckdosenleiste für mobile Arbeiten auf AERA-Dachgarten
Bild: Anke Templiner - BG BAU
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Diversität auf dem Dach

Fünf verschiedene Baumarten und über 25 verschiedene Pflanzenarten, darunter Wildstauden, Sträucher und Gräser, bieten neuen Lebensraum für Vögel, Insekten und Kleintiere. Die Biomasse auf dem Dach soll nach Angaben der Bauherren in der Lage sein, etwa fünf Tonnen CO2 pro Jahr zu binden.

Warum Dachbegrünung und Retentionsboxen?

Viele Städte sind mit zunehmenden Starkregenereignissen, immer längeren Trockenperioden, Überhitzung und zu hohen Feinstaubwerten konfrontiert. Begrünte Dächer und Fassaden sind ein wirksames Mittel gegen die Überhitzung von Städten. Sie bewahren das Gebäude durch Verschattung vor intensiver Sonneneinstrahlung und somit vor großer Sommerhitze und sie kühlen das Gebäude und seine Umgebung durch Verdunstung. Weitere positive Wirkungen sind die Minderung der Schallreflexion und die Bindung von Feinstaub und Stickoxiden. Damit die Pflanzen ausreichend verdunsten können, müssen sie auch kontinuierlich mit Wasser versorgt werden. Das passiert z. B. durch in Retentionsboxen aufgefangenes Wasser. Die Boxen sorgen durch das gespeicherte Wasser dafür, dass Überflutungen vermieden werden und die Kanalbelastung reduziert wird.
 

Umsetzung der Dachbegrünung und des Wasserrückhalts 

Um die Intensivbegrünung beim AERA-Projekt umsetzen zu können, wurden die Deckentraglasten des Gebäudes im Zuge der Planung auf ein Vielfaches der notwendigen Lasten angepasst, um eine dauerhafte Tragfähigkeit zu gewährleisten. Denn um den Wurzelballen jedes Baumes befindet sich eine rund 1,5 m dicke Substratschicht, in der er sich verwurzeln kann.
 

Sehr fülliger Baum auf dem Dach des AERA-Gebäudes.
Die Bäume auf dem Dach sind bis zu 12 m groß.
Bild: Anke Templiner - BG BAU


Jeder einzelne Baum wurde von einem mobilen Kran aufs Gebäude gehoben. Daraufhin werden die Gehölze in extra für sie angefertigten „Stahlstühlen“ als fest einbetonierte Bauteile mit dem Gebäuderohbau verbunden. Auch eine Windsimulation bis Windstärke zwölf wurde vorab durchgeführt, und für sechs Gehölze wurde eine zusätzliche dauerhafte Seilanbindung in SW-NW-Ausrichtung vorgesehen.
 

Baum auf einer Dachfläche, um den eine Holzbühne gebaut wurde. Im Hintergrund sind die Dächer anderer Häuser zu sehen.
Baum auf oberster Ebene des AERA-Dachgartens
Bild: Anke Templiner - BG BAU


Für eine natürliche Bewässerung wurden auf der Betondecke des Gebäudes zahlreiche Retentionsboxen eingebracht, um das Regenwasser im Dachgarten zu speichern. Das Wasser wird über ein Saug- und Kapillarvlies in die Substratschicht zurückgeführt und dadurch für die Pflanzen verfügbar gemacht – es wird nur bei extremen Niederschlägen entsprechend gedrosselt vom Grundstück geführt. Zusätzlich wurde ein automatisches Bewässerungssystem verlegt, um auch in Trockenperioden eine effiziente und wassersparsame Versorgung der Pflanzen zu gewährleisten. Gepflanzt wurden und werden ausschließlich regionale Gewächse, die mit den hiesigen Gegebenheiten gut zurechtkommen, sowie Gräser und Sträucher, die sich gegenseitig befruchten können.
 

Das Konzept der Schwammstadt (Sponge-city) 

Das Regenwasser wird am Ort des Niederschlags aufgesaugt – wie ein Schwamm – und wieder abgeführt, wenn dort Wasser gebraucht wird. Dieses Konzept soll dazu beitragen, dass der durch Versiegelung gestörte natürliche Wasserkreislauf von Niederschlag, Versickerung und Verdunstung wieder hergestellt wird – denn dadurch gibt es weniger Notüberläufe aus der Kanalisation bei Starkregen, mehr Pflanzen (und weniger versiegelte Flächen) helfen durch Verdunstung dabei, die Stadt in Hitzeperioden zu kühlen und gespeichertes Regenwasser kann statt wertvollem Trinkwasser zur Bewässerung genutzt werden. 

Das Schwammstadt-Konzept kann über Entsiegelung von Flächen, Retention (Rückhalt) von Niederschlägen, Versickerungslösungen (Mulden-Rigolen-System oder Tiefbeete) und Verdunstungsbauten wie das Gründach umgesetzt werden.
 

Sicherheit bei der Wartung des Dachgartens 

Auch wenn die Bewässerung der Pflanzen über die Retentionsboxen oder bei Trockenperioden über ein automatisches Bewässerungssystem erfolgt, ist eine regelmäßige Pflege der Pflanzungen und Wartung der Ruhezonen erforderlich. Da der Arbeitsplatz auf dem Dach mit besonderen Gefahren verbunden ist, müssen die ausführenden Personen bei Pflege-, Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten durch entsprechende Maßnahmen geschützt sein. Beim AERA-Projekt wurde ein auflastgehaltenes Geländersystem mit 1,0 m Geländerhöhe eingesetzt. Dieses kollektive Absturzsicherungssystem greift nicht in die Dachabdichtung ein und schützt mehrere Personen gleichzeitig, ohne dass sie persönliche Schutzausrüstung tragen. Zudem erlaubt es, dass die Flächen bis zur Absturzkante optimal ausgenutzt werden.
 

Geländer auf dem Dachgarten des AERA-Gebäudes.
Geländer als Absturzsicherung auf dem AERA-Dachgarten
Bild: Anke Templiner - BG BAU

 

Ausblick 

Während Gründächer noch vereinzelt im urbanen Raum zu finden sind, haben sich Dächer mit Solaranlagen schon flächendeckender durchgesetzt. Deren Vorteile haben viele Bauherren und Eigentümer bereits überzeugt, der nächste Schritt müsste eine Verbindung der Funktionen sein: das Solar-Gründach oder noch besser das Solar-Retentions-Gründach – im besten Fall mit einer kollektiven Absturzsicherung zur sicheren Pflege, Wartung und Instandhaltung versehen.
 

Autor

Anke Templiner

Redaktion BauPortal

Ausgabe

BauPortal 3|2025