Der von Ihnen verwendete Browser wird von der BG BAU nicht mehr unterstützt. Es kann daher auf der BG BAU Website zu Darstellungsfehlern kommen.

Auf einer Rohbau-Baustelle wird Beton aus einem Rohr auf den Boden gelassen.
Bild: Jung Getty / Getty Images

CO2 in Beton speichern

Neue Forschungsergebnisse zeigen, wie sich die Klimabilanz von Beton verbessern ließe. Die Einlagerung von CO2 beim Betonieren könnte sogar zu verbesserten Materialeigenschaften führen.
 

Beton ist weltweit der am häufigsten eingesetzte Baustoff, gleichzeitig aber auch für einen erheblichen Anteil der globalen Kohlendioxid (CO2)-Emissionen verantwortlich. Eine Forschungsgruppe der Northwestern University, Illinois (USA), hat untersucht, wie sich CO2 nicht nur bei der Herstellung seines Grundstoffs Zement, sondern auch bei der Verarbeitung zu Beton dauerhaft binden lässt. Bei den Experimenten im Labor konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen, dass durchgezielte Mineralisation von Kohlendioxid in frischem Beton nicht nur der Zementgehalt reduziert wird, sondern das Material selbst einen aktiven CO2-Speicher bildet. Entscheidend dabei ist die Fähigkeit der Zementmatrix, CO2 durch Carbonatisierung chemisch zu fixieren. Dieser Prozess verläuft nicht nur an der Oberfläche, sondern kann – je nach Betonrezeptur und Nachbehandlung – tief in die Mikrostruktur eindringen. Damit eröffnet sich die Perspektive, Beton als aktiven Kohlendioxidspeicher einzusetzen, ohne die materialtechnischen Eigenschaften zu schwächen. Im Gegenteil: In bestimmten Zusammensetzungen verbessern sich sogar Festigkeit und Dauerhaftigkeit, zeigen die Forschungsergebnisse, die im renommierten Fachmagazin Nature Communications Materials veröffentlicht wurden.
 

Im Ringen um klimaneutralen Beton

Es gibt bereits Ansätze, das CO2 aus der Zementherstellung zu speichern. Diese verkürzt als CCS bezeichneten Verfahren (engl. Carbon Capture and Storage) sind in der Regel selbst energetisch wie logistisch aufwendig. Das beim Brennen von Kalkstein und Ton freigesetzte CO2 plus das aus den Verbrennungsabgasen Entstehende muss zunächst von den anderen Gasen getrennt und aufgefangen werden. Zum Transport wird das so separierte Kohlendioxid verflüssigt und zu geeigneten unterirdischen oder unterseeischen Speicherstätten gebracht und dort eingelagert. Wie sicher die dortigen Lagerstätten sind und über welche Zeiträume das Treibhausgas dort gespeichert bleibt, ist offen.

Illustration des Wortes Co2, wo das O eine brennende Erde darstellt.
Bild: BG BAU

 

Mechanismen der CO2-Aufnahme im Zementgefüge 

Im Zentrum der Untersuchung steht die mineralogische Umwandlung von Calciumhydroxid und C-S-H-Phasen (Calcium-Silikat-Hydrate) zu stabilen Karbonaten. Während traditionelle Forschung vor allem die Risiken der unkontrollierten Carbonatisierung für den Bewehrungsschutz fokussierte, betonen die Autorinnen und Autoren die Chancen einer gesteuerten Reaktion. Durch gezielte Exposition gegenüber CO2 – etwa im Rahmen beschleunigter Aushärtungsprozesse – können erhebliche Mengen Treibhausgas dauerhaft immobilisiert werden. Dazu wird frischer Beton, noch bevor er ausgehärtet ist, mit CO2 angereichert. Das Gas reagiert mit den basischen Bestandteilen des Zements, um stabile Carbonate wie Calciumcarbonat (CaCO3) zu bilden. Die Studie zeigt, dass dieser Prozess unter kontrollierten Bedingungen (Druck, Temperatur, Feuchtigkeit) schnell und effizient abläuft. Laut den experimentellen Studien kommt es darauf an, dass der CO2-Eintrag direkt in die Porenstruktur des Betons erfolgt, ohne die grundlegende chemische Reaktion der Hydration zu stören. Besonders bemerkenswert: Die Speicherkapazität wird nicht allein von der Porosität bestimmt, sondern auch von der Morphologie der Mikrogefügephase. Feine Porennetze begünstigen die Diffusion, während dichte Strukturen eine längere Bindungsstabilität gewährleisten.
 

Der Newsletter der BG BAU

Hier erhalten Sie alle wichtigen Meldungen und aktuelle Informationen zum Thema Arbeitsschutz per E-Mail – so etwa auch Hinweise zu neuen Arbeitsschutzprämien und Seminarangeboten.

Sie möchten keine Ausgabe der BauPortal verpassen? Klicken Sie einfach das entsprechende Kästchen in den Profileinstellungen an. Den Link zum Profil finden Sie am Ende jedes Newsletters oder direkt nach der Anmeldung.

Jetzt abonnieren!

 

Materialeigenschaften: Verstärkte Leistung und Speicherfähigkeit

Der Prozess kann 15–20 % des im Zement gebundenen Kohlendioxids ersetzen, was einer signifikanten Reduktion des Netto-CO2-Fußabdrucks gleichkäme. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die CO2-Aufnahme nicht als bloßer Nebenprozess zu betrachten ist, sondern aktiv die Leistungsfähigkeit des Betons prägt:

  1. Verbesserte Festigkeit: Die Bildung von CaCO3 beschleunigt die schnellere Bindung des Betons. Laut den Studienergebnissen besaßen die experimentellen Proben mit eingebrachtem CO2 nach 24 Stunden eine um bis zu 20 % höhere Druckfestigkeit.
  2. Erhöhte Dichte und Porenstruktur: Die Carbonatbildung verfeinert die Porenstruktur und erhöht die Dichte des Betons. Dies führt zu verbesserter Dauerhaftigkeit (z. B. gegenüber Chlorid- und Sulfatangriffen) und reduzierter Permeabilität.
  3. Erhalt der Langzeitstabilität: Die Langzeitfestigkeit und das Kriechverhalten bleiben vergleichbar mit konventionellem Beton, womit sich der CO2-Beton auch für tragende Konstruktionen eignen sollte.
     
Große Menge Bohrkerne aus Beton.
Beton könnte CO2 speichern und gleichzeitig leistungsfähiger sein: Höhere Druckfestigkeit sorgt für mehr Dauerhaftigkeitkeit
Bild: Matze - stock.adobe.com

 

Vom Problemverursacher hin zum aktiven Teil der Lösung

Das Paper macht deutlich, dass Beton nicht länger nur als Emissionstreiber, sondern auch als Speichertechnologie verstanden werden kann. Im Zusammenspiel mit alternativen Bindemitteln, CO2-armen Produktionsverfahren und Kreislaufstrategien im Bausektor ergibt sich ein erhebliches Potenzial zur Reduktion der globalen Treibhausgasbilanz. Die nachgewiesene Fähigkeit, CO2 sicher und dauerhaft in Beton zu speichern, während sich dadurch die Materialeigenschaften verbessern ließen, stellt einen Paradigmenwechsel dar. Sollte sich der CO2-Speicher Beton als praxistauglich und im industriellen Maßstab skalierbar erweisen, ergäben sich zwangsläufig für Bauingenieure neue Planungs- und Gestaltungsfelder. Interessant für Bauherren wie für die ausführenden Unternehmen könnte die Speicherfähigkeit des Betons auch im Hinblick auf die Klimabilanz eines Bauwerks werden. Die CO2-Kapazität würde sich zweifelsohne direkt auf über den Lebenszyklus gerechneten ökologischen Fußabdruck eines Bauwerks auswirken. Denn auch im Rückbau gewänne der Speicher-Ansatz an Gewicht: Recyclingbeton kann durch erneute Carbonatisierung zusätzliche Speicherkapazitäten entfalten.
 

CO2-Verarbeitung am Bau: Herausforderungen für den Arbeitsschutz

  • Handhabung von CO2: Die Nutzung von flüssigem oder komprimiertem CO2 erfordert strikte Einhaltung der Gefahrstoffverordnung und der TRGS 900 für Druckgase. Es braucht Schutzmaßnahmen gegen Erstickungsgefahr und Kälteverbrennungen.
  • Prozesskontrolle: Die Parameter (CO2-Konzentration, Druck, Kontaktzeit) müssen präzise gesteuert werden, um optimale Mineralisation und gleichbleibende Materialqualität zu gewährleisten. Dies erfordert robuste Messtechnik und qualifiziertes Personal.
  • Neue Materialkennwerte: Die veränderten Eigenschaften (höhere Frühfestigkeit, erhöhte Dichte) müssen in die baupraktische Anwendung und die Bemessung einfließen. Sicherheitsbeiwerte und Prüfverfahren (z. B. Frischbetonprüfungen) müssen angepasst werden. Die erhöhte Frühfestigkeit kann auch die Handhabung und Schalungsentnahme beeinflussen.

Integration in Baupraxis und Arbeitssicherheit

Gleichzeitig weist die Forschungsgruppe mit Nachdruck daraufhin, dass die Carbonatisierung kontrolliert erfolgen muss, um Korrosionsprozesse an Bewehrungsstählen zuverlässig zu vermeiden, durch die sich die Vor- in Nachteile verkehren. 

Für die Arbeitsschutzpraxis käme in der Handhabung von CO2 ein weiteres sicherheitsrelevantes Verfahren hinzu. Der Umgang mit Prozessgasen gehört zwar zum Baustellenalltag, dennoch ist noch völlig offen, wie das CO2 bei einem flächendeckenden Einsatz in der Praxis in den Beton kommt. Das gilt genauso wie für die wirtschaftlich tragfähige Integration in bestehende Bauprozesse (Fertig-und Transportbeton), die Volumina und die Einsatzhäufigkeit.
 

Autor

Stephan Imhof

Redaktion BauPortal

Ausgabe

BauPortal 4|2025