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Recht

Entsendung von Mitarbeitenden

Portrait zweier Bauarbeiter auf einer Baustelle.
Bild: diego cervo - stock.adobe.com

Um EU-weit den Schutz der Rechte und die Arbeitsbedingungen entsandter Arbeitnehmender sicherzustellen und gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten, enthält das EU- Recht eine Reihe verbindlicher Vorschriften für die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen entsandter Arbeitnehmender. Diese Vorschriften sind in der Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern festgelegt.

Ungeachtet der aktuellen Weltlage wächst die Bedeutung im Ausland ausgeübter Beschäftigungen aufgrund der welt- und europaweit zusammenwachsenden Märkte weiter an. Hierbei ist eine Reihe von Besonderheiten zu beachten.
 

Territorialprinzip

In der Sozialversicherung gilt das sogenannte Territorialprinzip. Die Arbeitnehmenden sind grundsätzlich in dem Land versichert, in dem sie ihre Beschäftigungen ausüben. Danach sind also grundsätzlich alle Arbeitnehmenden in Deutschland sozialversicherungspflichtig, die in Deutschland beschäftigt sind. Ausnahmen von diesem Grundsatz gibt es in bestimmten Fällen durch überstaatliches (für mehrere Länder gemeinsam geltendes) Recht, durch zwischenstaatliche Vereinbarungen und durch die sogenannte Ausstrahlung. Ausstrahlung bedeutet, dass Beschäftigungsverhältnisse dann nach den deutschen Vorschriften sozialversicherungspflichtig bleiben, wenn sie im Ausland ausgeübt werden. Voraussetzungen hierfür sind, dass die Arbeitnehmenden im Rahmen eines in Deutschland bestehenden Beschäftigungsverhältnisses befristet ins Ausland entsandt werden.
 

Definition von Entsendung

Um eine Entsendung handelt es sich, wenn sich Beschäftigte auf Weisung ihres inländischen Arbeitgebers vom Inland ins Ausland begeben, um dort eine Beschäftigung auszuüben. Die Arbeitnehmenden müssen aber in jedem Fall zuvor entweder in Deutschland beschäftigt gewesen sein oder dort ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort gehabt haben. Die Beschäftigung deutscher Arbeitnehmender im Ausland gilt nur dann als Entsendung, wenn die Auslandstätigkeit im Voraus befristet ist. Dies kann durch Vertrag oder die Eigenart der Aufgabe (bspw. Projekt) geschehen. Eine zulässige Dauer gibt es nicht und es kann sich dabei auch um Jahre handeln. Trotz des Weiterbestehens der deutschen Sozialversicherungspflicht unterliegen entsandte Arbeitnehmende grundsätzlich auch dem Sozialversicherungssystem ihres Gastlandes. Daher kann es vorkommen, dass für eine Beschäftigung Sozialversicherungsbeiträge in zwei Staaten zu entrichten sind. Zur Vermeidung solcher Überschneidungen ist eine Reihe von Sozialversicherungsabkommen geschlossen worden, die im Rahmen des über- und zwischenstaatlichen Rechts einheitliche Regelungen vorsehen.
 

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Entsendung in Europa

Die Dienstleistungsfreiheit ist eine der vier Grundfreiheiten des Europäischen Binnenmarkts – neben der Personenfreizügigkeit, der Warenverkehrsfreiheit und der Kapitalverkehrsfreiheit. Ziel ist die Beseitigung von Handelshemmnissen innerhalb der Union. Die Dienstleistungsfreiheit ermöglicht Anbietern gewerblicher, kaufmännischer, handwerklicher und freiberuflicher Tätigkeiten den freien Zugang zu den Dienstleistungsmärkten aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Sie ist in Art. 56 bis Art. 62 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) geregelt. Nimmt der Anbieter die Dienstleistungsfreiheit in Anspruch, so belässt er seine Niederlassung im ursprünglichen Mitgliedstaat und begibt sich nur vorübergehend in den anderen Mitgliedstaat. Für Unternehmen aus den EU-Staaten gilt die uneingeschränkte Dienstleistungsfreiheit, das heißt, sie dürfen in Deutschland ohne Niederlassung vorübergehend gewerblich tätig werden und Mitarbeiter nach Deutschland entsenden.
 

Entsendung nach Deutschland – EU

Bei der Entsendung von Arbeitnehmenden von im Ausland ansässigen Arbeitgebenden nach Deutschland sind u. a. aufenthalts- und arbeitserlaubnisrechtliche Vorschriften, das deutsche Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) und die dazu ergangene Meldeverordnung (AEntGMeldV) sowie das Mindestlohngesetz (MiLoG) zu beachten. Ziel des AEntG ist die umfassende Gleichstellung entsandter Beschäftigter, die Einführung einer Entsendehöchstdauer sowie die Ausweitung der zwingenden Geltung von Entsendevorschriften in allgemeinverbindlichen Tarifverträgen in allen Wirtschaftszweigen. Dazu werden die entsprechenden gesetzlichen Regelungen sowie die allgemeinverbindlichen Tarifverträge auch auf ausländische Arbeitnehmende angewendet, die von im Ausland ansässigen Unternehmen vorübergehend im Inland beschäftigt werden. Das Gesetz folgt damit dem Arbeitsortprinzip, d. h., der ausländische Arbeitgebende muss den bei ihm beschäftigten Arbeitnehmenden für die Dauer der Entsendung nach Deutschland die am jeweiligen Arbeitsort in Deutschland maßgeblichen Arbeitsbedingungen gewähren.

Aufgrund bestehender EU-Regelungen bleibt die Sozialversicherungspflicht der entsandten Arbeitnehmenden bei bis zu 24-monatiger Entsendungen im Entsendestaat bestehen – dies muss für jeden entsandten Arbeitnehmenden (auch Einzelunternehmer) mithilfe der sogenannten A1-Bescheinigung nachgewiesen werden, die der zuständige Träger im Herkunftsstaat erteilt.

In § 14 AEntG heißt es dazu: „Ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, haftet für die Verpflichtungen dieses Unternehmers, eines Nachunternehmers oder eines von dem Unternehmer oder einem Nachunternehmer beauftragten Verleihers zur Zahlung des Mindestentgelts an Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen oder zur Zahlung von Beiträgen an eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien nach § 8 wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Das Mindestentgelt im Sinne des Satzes 1 umfasst nur den Betrag, der nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung oder entsprechender Aufwendungen zur sozialen Sicherung an Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen auszuzahlen ist (Nettoentgelt).“ Das heißt, auftraggebende Unternehmen können wie ein Bürge in Anspruch genommen werden.
 

3D-Männchen lehnt an einem großen Schild mit Paragraphenzeichen.
Bild: fotomek - Fotolia

 

Entsendung nach Deutschland – Drittstaaten

Daneben können grundsätzlich auch Arbeitnehmende aus einem Staat außerhalb der EU oder des Europäischen Wirtschaftsraumes im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit vorübergehend nach Deutschland entsandt werden, sofern sie ordnungsgemäß im Herkunftsstaat des Auftragnehmers beschäftigt sind und eine Werkvertragsvereinbarung zwischen Deutschland und dem Herkunftsstaat des Auftragnehmers besteht. Für Einreise und Aufenthalt ist aber ein sogenanntes Vander-Elst-Visum notwendig.

Werkvertragsvereinbarungen bestehen mit den nachfolgenden Staaten:

  • Bosnien und Herzegowina,
  • Mazedonien,
  • Serbien,
  • Türkei.

Der Einsatz über Werkverträge wird durch fest vereinbarte Höchstzahlen, sogenannte Kontingente, begrenzt, die sich an den Erfordernissen des deutschen Arbeitsmarkts orientieren. Der Einsatz ausländischer Subunternehmer aus Drittländern, die keine Werkvertragsvereinbarung mit Deutschland haben, ist derzeit nicht möglich.
 

Handwerksordnung

Für die vorübergehende Ausübung eines zulassungspflichtigen handwerklichen Berufs aus der Anlage A der Handwerksordnung muss im Vorfeld des Einsatzes bei der örtlich zuständigen Handwerkskammer die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen angezeigt werden. Ausländische Auftragnehmer haben nachzuweisen, dass sie rechtmäßig zur Ausübung des betreffenden Handwerks im Herkunftsstaat niedergelassen sind. Die Handwerkskammer ist über die Ausübung eines nicht zulassungspflichtigen Handwerks ebenfalls zu informieren.
 

Arbeitsschutz

Ausländische Unternehmen, die ohne deutschen Unternehmenssitz zeitlich befristet Mitarbeitende in der Bundesrepublik Deutschland einsetzen, z. B. auf einer Baustelle, bleiben aufgrund der „Einstrahlung“ (Anmerkung: Gegenteil von der o. g. Ausstrahlung) in ihrem Heimatland versichert. Dessen ungeachtet gelten nach § 1 der Unfallverhütungsvorschrift Bauarbeiten (DGUV Vorschrift 38) die Vorgaben dieser Vorschrift auch für „Unternehmer und Beschäftigte von ausländischen Unternehmen, die eine Tätigkeit im Inland ausüben, ohne einem Unfallversicherungsträger anzugehören“.

Aufgrund der Versicherung im Heimatland werden die Arbeitsunfälle entsandter Arbeitnehmender nicht von den hiesigen Statistiken (bspw. der BG BAU), dafür aber von den Statistiken des zuständigen Heimatlands und der EU erfasst.
 

Autor

Dipl.-Ing. Bernd Merz

BG BAU Prävention


Ausgabe

BauPortal 4|2023