Ausbau
Fit für das 21. Jahrhundert – Sanierung des Kölner Dom-Carrés
Seit 2017 wird das Dom-Carré mit dem ehemaligen Dom-Hotel und dem Blau-Gold-Haus umfassend saniert. Beim Dom-Hotel erwies sich die Umsetzung des architektonischen Konzepts – ein Nebeneinander von originalen und wiederaufgebauten Gebäudeteilen – aufgrund der Bausubstanz des alten Hotelgebäudes als sehr schwierig. Deshalb entschied man sich für die Entkernung und den Neubau des Gebäudeinneren hinter der unter Denkmalschutz stehenden Fassade des alten Dom-Hotels. Beim benachbarten – ebenfalls unter Denkmalschutz stehenden – Blau-Gold-Haus dagegen wird eine Sanierung des Gebäudes im denkmalgeschützten Bestand durchgeführt, die einige Herausforderungen bewältigen musste.
In exponierter Lage, gegenüber dem Dom, befindet sich eine der prominentesten Baustellen Kölns. Hier wird seit 2017 das sogenannte Dom-Carré mit dem ehemaligen Dom-Hotel und dem Blau-Gold-Haus umfassend saniert. Bis 2023 soll der Umbau des gesamten Gebäudeensembles Dom-Carré zu einem exklusiven Highlight auf der Domplatte abgeschlossen sein. Etwa 5.430 m² sind für exklusive Shops reserviert. Den Großteil der Fläche aber wird dann das neue Dom-Hotel mit 12.630 m², die sich auf rund 130 Hotelzimmer und -suiten verteilen, belegen. Mit der Kategorie 5 Sterne Plus wird das neue Dom-Hotel an alte Traditionen anknüpfen: Bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts befand sich an gleicher Stelle eines der ältesten Grand Hotels in Europa, in dem Größen wie Kaiser Wilhelm, Mata Hari oder Zarah Leander ein- und ausgingen. Mit Gästen wie Queen Elisabeth und Sophia Loren knüpfte das Hotel nach dem Krieg zunächst an den alten Glanz an. Spätestens jedoch in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts wurde deutlich, dass umfassende Sanierungen nötig sind, um den alten Anspruch aufrechterhalten zu können. Visionen für eine Neugestaltung brachte ein Architektenwettbewerb, aus dem das Düsseldorfer Büro Ingenhoven architects als Sieger hervorging.
Dom-Hotel: Neubau technisch und wirtschaftlich günstiger als Sanierung
Die Realisierung des anspruchsvollen Siegerentwurfs für die Sanierung des Dom-Hotels drohte jedoch an der Bausubstanz des unmittelbar nach dem Krieg mit den damals verfügbaren Baumaterialien wieder aufgebauten Hotelgebäudes zu scheitern. Das Nebeneinander von originalen und wiederaufgebauten Gebäudeteilen sorgte für statische, brandschutztechnische und funktionale Probleme. Der visionäre, verglaste Dachaufbau für Gastronomie mit exklusivem Blick auf den Dom und der Bau eines zweiten Kellergeschosses erwiesen sich als kaum realisierbar. Sehr bald zeichnete sich ab, dass die Entkernung und der Neubau des Gebäudeinneren die technisch und wirtschaftlich günstigste Lösung bilden – zumal so auch der anvisierte 5-Sterne-Plus-Standard des Hotels wesentlich einfacher hergestellt werden konnte. So blieb vom alten Hotelbau letztendlich nur die unter Denkmalschutz stehende historische Fassade stehen, die beim Wiederaufbau nach dem Krieg stark vereinfacht wiederhergestellt worden war, sowie das ebenfalls unter Denkmalschutz stehende Haupttreppenhaus.
Blau-Gold-Haus: Sanierung im denkmalgeschützten Bestand
Beim benachbarten Blau-Gold-Haus dagegen, in dem in den oberen Etagen auch wieder Räumlichkeiten des Hotels untergebracht werden sollen, wird eine Sanierung des Gebäudes im denkmalgeschützten Bestand durchgeführt. Eine besondere Herausforderung für die Planenden waren dabei die alten Stahl-Bims-Decken. Dabei galt es, vor allem drei Probleme zu lösen: Statik, Brandschutz und Schallschutz. Zudem konnten nur geringe Aufbauhöhen realisiert werden. Diese Kombination von Anforderungen konnte nach Auffassung der Planer am besten mit einem Trockenestrich-System erfüllt werden.
Stahl-Bims-Decken
Stahl-Bims-Decken sind eine Kombination von Stahl und Bimsstein. Bimsstein besteht aus erkalteter und erstarrter Lava, die bis zu 85 % Lufteinschlüsse enthält. Er kann als Massivstein verbaut werden, wenn keine tragenden Eigenschaften verlangt werden. Um tragendes Gewerk mit Bims zu erstellen, muss er entweder bewehrt oder ein stabileres Partnermaterial verwendet werden.
Einsatz von gebundener Schüttung und Trockenestrich-Systemen bei der Sanierung
Mit einer gebundenen Schüttung zum Ausgleich der großen Unebenheiten im Untergrund und einem Gipsfaser-Trockenestrich-System bzw. einem zementgebundenen Trockenestrichsystemen für die Nassräume wurde eine Lösung bei dieser Sanierung realisiert, die nicht brennbar und leicht und schlank im Aufbau ist, sowie den Anwendungsbereichen 1, 2 und 3 entspricht. Da keine Trocknungszeiten berücksichtigt werden mussten, konnten nachfolgende Gewerke unmittelbar nach der Verlegung ohne Zeitverzug weiterarbeiten, was den Bauablauf beschleunigte.
Trockenestrich für die Anforderungen an Statik und Brand- und Schallschutz
Trockenestrich-Systeme punkten vor allem durch ein niedriges Flächengewicht. Je nach Fabrikat, Aufbau und System sind in Trockenbauweise Flächengewichte ab 23 kg/m² möglich. Bei Zementestrichen zum Beispiel müssen dagegen je nach Dicke Flächengewichte von 100 bis 120 kg/m² berücksichtigt werden. Dabei ist die Belastbarkeit von Trockenestrichen durchaus mit herkömmlichen, massiven Estrichsystemen vergleichbar.
Die Wahl fiel schließlich auf Gipsfaser-Estrich-Elemente. Durch ihre Faserarmierung verfügen sie über eine stabile und druckfeste Oberfläche, die auch im Bereich der Stoßfugen starken Belastungen dauerhaft standhält. Hinzu kommen Sicherheit im Brandschutz, wobei die zwei werkseitig verklebten 12,5 mm dicken Gipsfaser-Platten der Baustoffklasse A2 entsprechen (nicht brennbar, Klasse A2-s1 d0 nach EN 13501), sowie gute Trittschall- und Wärmedämmung. Ein handliches Format und das relativ geringe Eigengewicht machen eine schnelle und wirtschaftliche Verarbeitung möglich. Dabei wird keine zusätzliche Feuchtigkeit in den Bau eingebracht, sodass lange Trocknungszeiten entfallen, was sich ebenfalls vorteilhaft auf die Bauzeit auswirkt.
Im vorliegenden Fall entschieden sich die Architekten für das fermacell®-Estrich-Element 2E33, das in den Hotelzimmern und Fluren verlegt wurde. Es besteht aus zwei werkseitig verklebten 12,5 mm dicken Gipsfaser-Platten im Format 150 × 50 cm mit einer rückseitigen Kaschierung aus 10 mm Holzfaser, die einen stabilen Bodenaufbau gewährleistet. Ein umlaufender 5 cm breiter Stufenfalz sorgt in Kombination mit dem handlichen Format und geringen Auflagedruck (31 kg/m²) für eine schnelle und einfache Verarbeitung. Nachfolgende Gewerke können unmittelbar nach der Verlegung ohne Zeitverzug weiterarbeiten. Der Aufbau mit den Estrichelementen in den Fluren und Hotelzimmern entspricht der Brandschutzanforderung F90.
In den Badezimmern wurden die Estrichelemente von fermacell® eingesetzt, die speziell für Böden mit starker Feuchtebelastung konzipiert sind. Die Elemente bestehen aus zwei zementgebundenen Leichtbeton-Bauplatten. Sie haben eine Sandwichstruktur mit beidseitiger Armierung aus alkaliresistentem Glasfasergewebe. Die beiden Platten sind ebenfalls um 5 cm versetzt angeordnet, sodass ein Stufenfalz für das Verkleben und Verschrauben bzw. Verklammern entsteht. Das Estrichelement weist für sich im Aufbau eine Feuerwiderstandklassifizierung von F30 auf und findet hier in den Badezimmern aufgrund der Unebenheiten im Untergrund mit einer ergänzend eingebrachten gebundenen Schüttung mit Schütthöhen von ≥ 25 mm Anwendung.
Der Newsletter der BG BAU
Mit dem Newsletter der BG BAU erhalten Sie alle wichtigen Meldungen und aktuelle Informationen zum Thema Arbeitsschutz per E-Mail – so etwa auch Hinweise zu neuen Arbeitsschutzprämien und Seminarangeboten.
Gebundene Schüttung zum Ausgleich der Unebenheiten im Untergrund
Vor der Verarbeitung der Estrich-Elemente wurden zunächst die Unebenheiten im Untergrund ausgeglichen. Dies geschah wegen der stark variierenden Höhenunterschiede der alten Deckenkonstruktion mit einer gebundenen Schüttung von fermacell®, die bereits für reduzierte Schütthöhen ab 10 mm bis zu einer maximalen Höhe von 2.000 mm geeignet ist. Sie besteht aus recyceltem Schaumkunststoff und einem zementären Bindemittel. Dabei sorgt der Schaumkunststoff neben guter Wärmedämmung für ein geringes Gewicht. Dank des schnellen Abbindeprozesses ist diese gebundene Schüttung nach zwölf Stunden begehbar und bereits nach 24 Stunden belegreif. Gleichzeitig verhindert das zementäre Bindemittel eine Setzung der Schüttung. Hinzu kommt eine hohe Wasserunempfindlichkeit, die eine Anwendung in Nassbereichen möglich macht. Das Material ist nicht brennbar und entspricht der Baustoffklasse A2-s1, d0.
Einfache Verarbeitung
Die Verarbeitung der gebundenen Schüttung erwies sich als einfach. Um eine optimale Haftung zu gewährleisten, grundierten die Handwerker zunächst den Untergrund mit Tiefengrund. Anschließend verlegten sie die Schüttung direkt – ohne Rieselschutz oder PE-Folie – auf dem Untergrund. Dazu vermischten sie das Material in einem Mischer gründlich mit Wasser, bis eine homogene Mischung entstanden war. Im nächsten Schritt schütteten die Verarbeiter zunächst einen ca. 20 cm breiten Damm in der notwendigen Höhe auf, den sie mit einer Niveauschiene am Meterriss ausrichteten und mit leichtem Druck verdichteten. Parallel dazu richteten sie im Abstand der Abziehlehrenlänge einen zweiten, gleichhohen Damm ein, der ebenfalls ausnivelliert und verdichtet wurde. Im nächsten Schritt wurde die gebundene Schüttung zwischen den beiden Dämmen verteilt und mit einer Niveauschiene abgezogen. Kleine Unebenheiten konnten abschließend mit der Glättkelle egalisiert werden. Die gebundene Schüttung war nach zwölf Stunden begehbar und nach 24 Stunden belegreif.
Ziel: belastbarer Bodenaufbau
Die anschließende Verlegung der Gipsfaser-Estrich-Elemente erfolgte von links nach rechts im schleppenden Verband (Fugenversatz > 20 cm). Die Handwerker verklebten die einzelnen Elemente mit Estrichkleber. Da die Kleberflaschen mit einer Doppelöffnung ausgestattet sind, konnten sie die Masse in einem Arbeitsgang gleichmäßig und ausreichend dosiert in zwei Klebeschnüren auftragen. Die frisch verklebten Estrich-Elemente wurden anschließend im Falzbereich verschraubt bzw. verklammert.
Nach Aushärtung des Klebers ist der Boden voll belastbar und kann mit dem finalen Bodenbelag belegt werden. Entstanden ist ein Fußbodenaufbau, der guten Trittschallschutz bietet und den Anforderungen in den Anwendungsbereichen 1, 2 und 3 entspricht.
James Hardie Europe GmbH
Objektart:
Hotel der Kategorie 5 Sterne Plus, Premium Einzelhandel
Architekten:
Pfeiffer Architekten und Ingenieure, Köln
Ingenhoven architects, Düsseldorf
Projektsteuerung:
BMS GmbH, Düsseldorf
Hotelfläche:
ca. 12.630 m² (ca. 130 Hotelzimmer und Suiten)
Fläche Einzelhandel
ca. 5.430 m²
Bauzeit 2017 bis 2023
Autor
Ausgabe
BauPortal 4|2022
Das könnte Sie auch interessieren
Ingenieurbau
Erneuerung der Gleishallen am Ostbahnhof bis 2025
Bei laufendem Betrieb werden die beiden rund 100 Jahre alten Gleishallen des Berliner Ostbahnhofs bis 2025 von Grund auf modernisiert. Derzeit läuft der 2. Bauabschnitt: ein Projektbericht.
Kontaminierte Bereiche
Sanierung der Rummelsburger Bucht
Der Rummelsburger See gilt als eines der größten und beliebtesten Naherholungsgebiete in Berlin. Vorbereitende Arbeiten für die Sanierung seines kontaminierten Westbereichs wurden im Juni 2022 abgeschlossen.
Sanierung, Bautenschutz
Innovative Baustofftechnologie bei Sanierungsarbeiten
Neue Technologie fürs Weltkulturerbe genutzt: Ein sulfatbeständiger Fugenmörtel hält den Schornstein S4 der Kokerei Zollverein zusammen.