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Wann sind Fristen angemessen?

Auftraggeber (AG) und Auftragnehmer (AN) stellen sich regelmäßig die Frage, wann sie die geschuldete Leistung vom jeweils anderen verlangen können. So ist beispielsweise für die Ausführung der Leistung, die Beseitigung von Mängeln sowie die Zahlung von Werklohn eine Frist zu setzen. Damit die gesetzte Frist wirksam ist, muss sie grundsätzlich angemessen sein. Der nachfolgende Beitrag soll einen Überblick über das Kriterium der Angemessenheit vermitteln.
 

Ausführungsfristen 

Der Beginn der Ausführung, die Fertigstellung von Bauprojekten, sowie die Erreichung von Teilleistungen wird von AG und AN regelmäßig über sogenannte Ausführungsfristen vertraglich geregelt. Die vereinbarten Fristen müssen angemessen sein. Dies bedeutet, dass die Herbeiführung des geschuldeten Erfolgs möglich sein muss.

Haben AN und AG Ausführungsfristen nicht vereinbart, kann der AG die Leistung sofort verlangen und der Schuldner sie sofort bewirken, § 271 Abs. 1 BGB. „Sofort“ bedeutet, so schnell, wie dies unter Berücksichtigung des Einzelfalls sowie eventueller Vorbereitungsarbeiten möglich ist (BeckOGK/Merkle, BGB § 631 Rn. 499). Bei Bau- und Werkverträgen gilt die Besonderheit, dass das Werk in der Regel nicht sofort fertiggestellt werden kann. § 271 Abs. 1 BGB ist so auszulegen, dass der AN alsbald nach Vertragsschluss mit der Herstellung zu beginnen und sie in angemessener Zeit zügig zu Ende zu führen hat (BGH, 21.10.2003-XZR 218/01). Die Leistung ist dann nach Ablauf einer angemessenen Fertigstellungsfrist fällig. Ob diese Frist angemessen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessenlage.

Sind in einem VOB/B-Vertrag Fristen vereinbart, so sind diese stets verbindlich (§5 Abs.1 S. 1 VOB/B). Diese Fristen sind dann angemessen, wenn dem AN genügend Zeit zur Verfügung steht, die geplante Arbeit vorzubereiten, die notwendigen Materialien, Geräte und Arbeitskräfte zu beschaffen und bereitzustellen sowie die Arbeiten selbst ordnungsgemäß durchzuführen (KG,24.01.2023 – 27U154/21). Sind in einem VOB/B-Vertrag keine Fristen vereinbart, hat der AN innerhalb von zwölf Werktagen nach Aufforderung durch den AG mit den Arbeiten zu beginnen, § 5, Abs.2 VOB/B.
 

Fristen zur Mängelbeseitigung 

Bei Vorliegen eines Mangels hat der AN das Recht, diesen zu beseitigen. Der AG hat dem AN hierfür eine angemessene Frist zu setzen. Bei der Bemessung der Angemessenheit der gesetzten Frist finden - mangels gesetzlicher Regelung – die Umstände des Einzelfalls, wie die Natur des Geschäfts und die Interessen beider Vertragspartner, Berücksichtigung (BeckOKBauVertrR/Preussner, BGB § 635, Rn. 58f.). Der AN benötigt regelmäßig einen Vorlauf für Planung, Materialbeschaffung und Arbeitsorganisation (OLG Brandenburg, 21.03.2018 – 11 U 124/15). Die Frist gilt als angemessen, wenn der AN die Mängel in dieser Zeit unter größten Anstrengungen beseitigt (BGH,11.06.1964-VII ZR 216/62; OLG Düsseldorf, 10.05.2016 – 1 U180/15). Maßstab hierfür ist der Zeitaufwand eines tüchtigen und sorgfältigen AN (OLG Brandenburg, 21.03.2018 –11 U124/15).

Haben AG und AN eine Frist zur Mangelbeseitigung vereinbart, ist diese maßgeblich für die Bewertung der Angemessenheit. Eine zu kurz bemessene Frist führt nicht zu deren Unwirksamkeit, sondern zum Lauf einer angemessenen (BGH, 12.08.2009 - VIII ZR 254/08).
 

Zahlungsfristen 

Bei Zahlungsfristen auf eine Schlussrechnung stehen sich das Interesse des AN an einer schnellen Zahlung des Restwerklohns und das Interesse des AG an der ausführlichen Prüfung der Schlussrechnung gegenüber. 

Gemäß § 650g, Abs. 4. S. 1, Nr. 2 BGB ist der Zugang einer prüffähigen Schlussrechnung Voraussetzung für die Fälligkeit der Schlusszahlung. Der AG hat die Schlussrechnung innerhalb von 30 Tagen zu prüfen, § 650g, Abs. 4, S. 3 BGB. Erhebt der AG innerhalb dieser Frist keine begründeten Einwendungen gegen ihre Prüffähigkeit, gilt die Schlussrechnung als prüffähig, die Zahlung wird somit fällig. 

Die Regelung des § 16, Abs. 3, Nr. 1, VOB/B deckt sich weitestgehend mit der Regelung des § 640g Abs. 4 BGB. Unabhängig von der Schlussrechnungsprüfung ist die Schlusszahlung spätestens 30 Tage nach Zugang der Schlussrechnung fällig, wenn keine Einwendungen erhoben werden. 

Ob eine längere Frist als 30 Tage angemessen ist, richtet sich nach den typischen Besonderheiten der Branche und der vom Vertragspartner geschuldeten Leistung. Erforderlich ist das Vorliegen eines sachlichen Grundes, der nach Abwägung die Nachteile der Fristverlängerung beim AN überwiegt. Ein solcher Grund liegt z.B. vor, wenn die Prüfung der Leistung und Rechnung erhebliche Zeit erfordert (Faust, DNotZ 2015, 644, 657), etwa bei komplexen Bauvorhaben (Bau eines Atomkraftwerks). 

Abschlagszahlungen sollen das Interesse des AG an einer möglichst späten Abschlagszahlung und das Interesse des AN, das Risiko der Vorleistungspflicht zu minimieren, in Ausgleich bringen. Geregelt sind diese in § 632a BGB und § 16 VOB/B.
 

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Gemäß § 632a BGB kann der AN beliebig oft Abschlagszahlungen vom AG verlangen. Sachliche und zeitliche Limitierungen des Anspruchs sieht das Gesetz nicht vor (MüKo, 9. Aufl. 2023, § 632a, Rn. 16). Die Zahlungsfrist bemisst sich in der Regel nach den vertraglichen Regelungen zwischen AN und AG. Ist die VOB/B vereinbart, so ist der Anspruch auf Abschlagszahlung innerhalb von 21 Tagen nach Zugang der Abschlagsrechnung (Aufstellung) fällig (Messerschmidt/Voit, Priv. Baurecht, 4. Aufl. 2022, Rn. 54). Zahlt der AG nicht innerhalb der Frist, kann der AN ihm eine angemessene Nachfrist zur Zahlung setzen. Diese ist angemessen, wenn sie den AG bei objektiver Betrachtung unter normalen Umständen in die Lage versetzt, die erforderlichen Maßnahmen zur Zahlungsbewirkung zu treffen (OLG Frankfurt, 11.03.1986 – 5 U 35/83).
 

Autor

Rechtsanwalt Frederic Jürgens

GSK Stockmann

Ausgabe

BauPortal 3|2025