Holzbau
Lastaufnahmemittel im Holzbau: formschlüssig oder kraftschlüssig?
Auf der Baustelle werden regelmäßig große und schwere Holzbauelemente mit Hilfe eines Krans eingehoben. Um gefährliche Lastabstürze zu verhindern, müssen geeignete Lastaufnahmemittel verwendet und auf deren korrekten Einbau geachtet werden. Welche das im Einzelfall sind, ist über eine Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln.
Unternehmen dürfen im Holzbau nur Lastaufnahme- und Anschlagmittel auswählen und ihren Beschäftigten zur Verfügung stellen, die für den Werkstoff „Holz“ geeignet sind und bei den jeweils zu erwartenden Bedingungen sicher verwendet werden können. Aus Unkenntnis werden jedoch immer wieder ungeeignete Lastaufnahmemittel gewählt. Infolgedessen kann es zum Lastabsturz kommen.
Gefährdungsbeurteilung entscheidend
Der Unternehmer hat unter Berücksichtigung der Gefährdungsbeurteilung und entsprechend der Herstellerangaben Lastaufnahmemittel zu wählen, die für ein sicheres An- und Abschlagen sowie das Versetzen von Lasten, z. B. vorgefertigte Holzrahmenbauwände, geeignet sind. Es gilt also,die am besten geeigneten Lastaufnahmemittel für die geplanten Arbeiten zu finden.
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Was ist bei kraftschlüssigen Systemen zu beachten?
Systeme, bei denen bewegliche Klemmen in vorgebohrte Löcher eingesteckt und beispielsweise durch Anheben der Last verspannt werden, gelten im Sinne der Arbeitsschutzregelwerke als kraftschlüssig. Dabei ist es unerheblich, ob sich dabei gerillte Oberflächen in Hölzer einpressen. Welche Haltekräfte in die Hölzer eingeleitet werden, hängt von vielen Faktoren ab, z. B.
- Nässe, Holzfeuchte
- Bohrlochtoleranz (Gesamtdurchmesser, Oval, Tiefe…)
- Astigkeit, Harzgehalt
- Faserverlauf
- Risse
- Geringer Randabstand (kann eventuell zu Aufreißen
- des Holzes führen)
- Abnutzung der Einpressrillen am Anschlagmittel
- Späne im Bohrloch
Beobachtet wurde zudem, dass sich manche Systeme beim Aufsetzen der Last unbeabsichtigt lösen können, da das Anpressen im Bohrloch durch die Gewichtskraft erfolgt.
Sind Personen im Gefahrenbereich?
Das wichtigste Kriterium bei der Entscheidung, ob kraft- oder formschlüssige Lastaufnahmemittel verwendet werden, ist, ob sich Personen im Gefahrenbereich der angehobenen Last befinden können. Aus den Regelwerken geht hervor, dass sich grundsätzlich keine Personen unter hängenden Lasten bzw. im Gefahrenbereich aufhalten dürfen. Kann dies nicht sicher ausgeschlossen werden, dürfen keine kraftschlüssigen Lastaufnahmemittel verwendet werden. Folglich sind formschlüssige Lastaufnahmemittel zu verwenden.
Auf Baustellen sind oft mehrere Gewerke gleichzeitig tätig, oft kommen auch Privatpersonen oder Dritte dazu. Dies hat zur Folge, dass sich Personen in Gefahrenbereiche begeben. Deshalb reicht hier ein einfaches Betretungsverbot nicht aus, sondern ist der Zutritt zum Gefahrenbereich wirksam zu verhindern und ggf. abzusperren.
Kein Umschlingen bei kraftschlüssigen Systemen
Gelegentlich wird vorgeschlagen, kraftschlüssig angeschlagene Bauteile zusätzlich durch Umschlingen mit Hebebändern oder Ketten zu sichern, damit ein sicheres Handhaben möglich ist.
Dies ist grundsätzlich möglich. Es muss jedoch aus mehreren Gesichtspunkten dringend davon abgeraten werden.
- Meist begibt sich eine Person zum Anbringen in den Gefahrenbereich.
- Es muss angenommen werden, dass die Umschlingung nicht durchgängig bei allen Hebevorgängen stattfindet. Folglich ist vorhersehbar, dass sich die Beschäftigten in den Gefahrenbereich begeben.
- Die Umschlingung muss die gesamte Last sicher halten – warum sollte dann überhaupt noch ein kraftschlüssig wirkendes Lastaufnahmemittel verwendet werden?
- Bei flächigen Bauteilen (Wand-, Dach- und Deckenelementen) muss die Umschlingung vor dem endgültigen Absetzen entfernt werden. Hierfür müssen Personen den Gefahrenbereich betreten.
- Das Umschlingen darf nicht im Hängegang erfolgen, die Last muss sicher gehalten werden.
Fazit
Bei der Ermittlung des Gefahrenbereiches sind das Kippen eines abstürzenden Bauteils auf beide Seiten, das Lastpendeln, die Hubhöhe und dabei das Abdriften von flächigen Bauteilen zu berücksichtigen. Die Größe des Gefahrenbereiches und die Schwierigkeit einer wirksamen Absperrung machen deutlich, dass kraftschlüssig wirkende Lastaufnahmemittel für Baustellen in der Regel ungeeignet sind. Es sind formschlüssig wirkende Alternativen verfügbar. Bewährt haben sich z. B. aufschraubbare Anschlagplatten, durchsteckbare Stahlseilschlaufen mit Einschlagmuttern, Hebegurte mit Kippsystem oder fest eingebaute Einweghebebänder.
Literaturhinweise
- 1
- https://www.bghm.de/arbeitsschuetzer/fach-themen/krane-hebezeuge-seile-ketten-anschlagmittel/krane/lastaufnahmemitteln-bei-transport-und-montage-von-vorgefertigten-bauteilen
- 2
- UVV „Krane“, DA zu §30 (9) UVV Krane
- 3
- 2. BetrSichV. Anhang 1 2.5
- 4
- DGUV Regel 109
Autor
Ausgabe
BauPortal 3|2024
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