Bauwerksbau, Holzbau
Bauhof Sengenthal in Massiv-Holzbauweise
Immer mehr Städte und Gemeinden interessieren sich für die Holzbauweise – entsprechend spielt der Baustoff bei kommunalen Bauten zunehmend seine Qualitäten aus. Beispielhaft hierfür steht der mit dem Bundespreis „Holzbau Plus“ ausgezeichnete Bauhof Sengenthal. Bei diesem Projekt überzeugt nicht nur die besondere Tragwerksplanung, sondern auch die komfortable Vormontage der Holzelemente.
Da eine Vergrößerung und eine Modernisierung des alten Bauhofs nötig geworden waren, entschied sich die Gemeinde Sengenthal für einen modernen und nachhaltigen Neubau. So entstand ein ebenerdiges Gebäude, dessen abgestuftes Dach eine offene Lagerbühne sowie die durch Trennwände unterteilten Nutzräume beherbergt. Im Verwaltungsbereich wurden die Büros und Sozialräume der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter untergebracht. Für die betrieblichen Erfordernisse entstanden im weiteren Gebäudetrakt eine Fahrzeughalle für Spezialfahrzeuge, Werkstätten, Technikraum und Magazine sowie das überdachte Lager, das gleichzeitig zur direkten Durchfahrt dient. Im hinteren Gebäudebereich wurde zusätzlich ein Streusalzdepot erstellt.
Schlankes Rippentragwerk
Die Dachkonstruktion ist ein schlankes Rippentragwerk, das mit einer darunter montierten Mehrschichtplatte verbunden ist. Durch das sich zum Hang hin erhöhende Dach passt sich der Komplex in seiner Form optimal in die umliegende Umgebung ein. Diese spannende Optik entspringt den Plänen von Architekt Michael Kühnlein jun. aus Berching in Zusammenarbeit mit Dr. Thomas Gollwitzer von Dr. Gollwitzer – Dr. Linse Ingenieure mbB aus München. Das ausführende Unternehmen für den Holzbau ist die Hecker Holzsystembau GmbH aus Berching.
Das überspannende Dach des Bauhofs hat eine Tragweite von insgesamt 25 m. Das Tragsystem aus Holzrippen wurde im Verbund mit Furnierschichtplatten entwickelt, was die statische Trägerhöhe im Vergleich zu konventionellen Brettschichtholzbindern erheblich reduziert. Auf diese Weise entstand eine durchgängig wirtschaftliche Konstruktion. Bis auf die integrierte Waschhalle wurde der gesamte Bauhof Sengenthal in massiver Holzbauweise errichtet.
Kurzfristige Planänderungen – keine Mehrkosten
Während der Bauzeit gab es mehrere Herausforderungen zu bewältigen. Erst im Zuge der Aushubarbeiten war man auf nicht tragenden Untergrund – sogenannte Bodenlinsen – gestoßen. Angesichts dieser nicht vorhersehbaren Bodenverhältnisse musste der Bauhof kurzfristig – entgegen der Planung – umgestaltet werden.
Eigentlich hätte wegen des ungesicherten Untergrunds der im östlichen Bereich befindliche Hang zu einem Bahndamm hin stark erhöht werden müssen. Um die Erhöhung der Böschung auf maximal zwei Meter zu reduzieren, wurden einige Anlagenteile entsprechend neu konzipiert.
Der ursprünglich östlich der Salzhalle geplante Lagerplatz wurde an die Nordseite des Bauhofs verlegt. Zudem wurde die Breite der Durchfahrt von Bauhof und Salzhalle von zehn auf sieben Meter verringert. Gleichzeitig wurden die Säulen der Fahrzeughalle schmaler, aber dafür tiefer gestaltet und das gesamte Bauwerk ein Stück weiter in Richtung der alten Bundesstraße 299 verschoben. Das Resultat ist, dass der länglich gestaltete Bauhof nun ganze zwölf Meter aus dem Hang heraustritt.
Die zusätzlichen Kosten, die der nicht geplante Bodenaushub ausmachte, konnten durch die überlegte Umplanung vollständig ausgeglichen werden. Da die Salzhalle nun auf gleicher Höhe mit dem Hauptbau liegt, konnte die ursprünglich eingeplante Stützmauer hin zur Salzhalle entfallen, wodurch am Ende weniger Erde bewegt werden musste. Auf diese Weise blieb es letztlich bei den geplanten Gesamtbaukosten.
Optisch und technisch überzeugende Tragwerksplanung
Entwurfsgrundgedanke und Herausforderung für die Tragwerksplanung war eine Fahrzeughalle mit 20 m Spannweite und weitem Vordach, die stützenfrei als Flachdecke und ohne Unterzüge mit raumhohen Toren entstehen sollte.
Keine kleine Aufgabe für die beteiligten Experten. In enger Zusammenarbeit mit den Projektbeteiligten von Kühnlein Architektur entwickelten die beauftragten beratenden Ingenieure Dr. Gollwitzer – Dr. Linse schließlich die heutige wirtschaftlich, optisch und technisch überzeugende Tragwerkslösung.
Erster Tragwerksentwurf war ein „verleimter Hohlkasten mit Furnierplatten oben und unten“, berichtet Projektleiter Dr. Thomas Gollwitzer. „In einer Dachsituation ist aber eine diffusionsdichte Furnierplatte auf der Außenseite wegen der behinderten Austrocknungsmöglichkeit bauphysikalisch problematisch“, sagt er.
Die Lösung war schließlich ein „aufgeschnittener Hohlkasten“ mit nur einer Furnierplatte auf der Innenseite. Auf eine 3,3 cm starken Holz-Furnierplatte wurden oberseitig Rippen im starren Verbund mittels Schraubpressverleimung in der Zimmereiwerkstatt aufgeleimt.
Die Rippen sind dem Momentenverlauf folgend gevoutet von 28 cm am Rand bis auf 70 cm in Feldmitte und stellen so gleichzeitig das Gefälle von 4 % für die Dachentwässerung her. Der Zwischenraum ist teilgedämmt und sonst großzügig hinterlüftet.
„Bei der Dimensionierung von Holztragwerken in derart großen Spannweiten ist nicht die Standsicherheit das maßgebende Kriterium, sondern die Verformungsgrenzwerte von L/200 nach erfolgter Kriechverformung“, erläutert Gollwitzer.
Das zusätzlich mit Gehwegplatten beschwerte und von ursprünglich 4 m auf 5 m erweiterte Vordach ermöglichte eine ungewöhnlich schlanke Ausbildung des Dachs. Das hierbei erzeugte Stützmoment reduziert die Verformungen auf ein zulässiges gebrauchstaugliches Niveau.
Die raumhohen Tore ohne störende Stürze wurden möglich durch einen Überzug, der, teilweise doppelt angeordnet, im Querschnitt 24/60 in Gl28 c als Durchlaufsystem trägt. Die Auflagerkräfte werden über 16 mm starke Holzbaugewindestangen in den Überzug hochgehängt. Üblicherweise werden im Gewerbebau die Stützen zwischen den Toren mit Anprallpoldern geschützt. Hier konnten die geforderte Anpralllast durch die massiven 32 × 80 cm starken achtlagigen Brettsperrholzstützen statisch nachgewiesen werden. Konstruktiv entscheidend hierbei war aber die Lasteinleitung in den Betonsockel, der durch einbetonierte „Stahlschuhe“ gelöst wurde.
Eine 30 cm dicke – nur kunststofffaserarmierte, sonst unbewehrte – Betonplatte wurde als Hallenboden eingebaut.
Herausforderung: Salzlagerhalle
„Für eine Salzlagerhalle muss eine angemessene und widerstandsfähige Konstruktion geplant werden“, sagt Gollwitzer. Das klingt einfach – ist es aber nicht. „Die hauptsächliche Herausforderung von Salzlagerhallen ist die hohe Aggressivität des Salzes. Holz ist der einzige Werkstoff, der dieser besonderen Atmosphäre gewachsen ist. Im klassischen Ingenieurholzbau nutzen wir eigentlich – im Gegensatz zum üblichen zimmermannsmäßigen Holzbau – metallische Dübel und Bleche. Das war hier jedoch nicht zielführend“, fügt er hinzu.
Das Tragwerk der Halle mit innerer Hülle, Wänden und Dach besteht aus vorelementierten Rippenelementen von 2,5 m Länge. Diese sogenannten Furnierschichtplatten mit drei werkseitig aufgeleimten Stegen wurden sowohl für die Wände als auch für das Flachdach der Halle gefertigt. Für das Salz selbst wurde ein trogartiger Baukörper mit 25 Grad geneigten Innenwänden aus Kiefer-Brettsperrholzplatten in das Innere der Salzlagerhalle eingebaut.
Eichenholzdübel und -nägel
Beim Bau der Salzlagerhalle haben die Experten auf historische Verbindungsmittel wie Eichendübel, Eichenholznägel und Holzzapfenverbindungen in Verbindung mit moderner Schraubpressverleimung zurückgegriffen. Der Einbau der achteckigen Holzdübel erfolgte händisch mit Vorschlaghammer.
Die für die Ableitung des hohen horizontalen Salzdrucks entscheidende Dreiecksschotte aus Furnierschichtholz (FSH) im Trogbereich wurden über die Wandstege gesteckt und seitlich mit Eichenholznägeln verdübelt.
Der Knotenbereich Wand/Dach ist ebenfalls gelenkig mit Zapfung und Eichenholzdübeln ausgeführt. Einzig die Verbindungen zum Beton sind aus Edelstahl. Diese sind jedoch sowohl im Beton als auch im Holzquerschnitt zusätzlich durch Quellmörtel geschützt.
Fassadenverkleidung aus Lärche und Massivholzelemente aus Fichte
Die Außenhaut des Bauhofs in Sengenthal wurde mit Kanthölzern in Lärche von 8 × 8 cm beplankt. Durch diese Fassadenverkleidung aus kräftigen, unbehandelten Lärchenhölzern ergibt sich ein angemessenes Erscheinungsbild in der Landschaft.
Die tragende Wandkonstruktion besteht aus 12 cm starken fünflagigen Massivholzelementen aus der heimischen Fichte, die in weiten Teilen des Gebäudes komplett sichtbar bleiben.
Die bei diesem Projekt mögliche Vorfertigung der Holzkonstruktion erlaubte eine rasche und witterungsunabhängige Montage. Bei der in weiten Teilen sichtbaren Rohbaukonstruktion aus Betonwänden und Decken aus Brettsperrholz wurde auch im Inneren ein Schwerpunkt auf Ästhetik gelegt. Die großflächigen Verglasungen der Fahrzeughalle tragen durch viel Lichteinfall ebenfalls zum Wohlbefinden der Bauhof-Beschäftigten bei.
Um eine große Menge an Kunststoffen zu vermeiden, wurden für die Dämmung unter der Bodenplatte Glasschaumschotter und für die Wände und Decken Holzfaserdämmung gewählt. Dadurch sowie durch die Holzbauteile selbst als CO2-Speicher konnte eine temperierte Fahrzeughalle entstehen.
25 m Spannweite
Da die Hecker Holzsystembau GmbH Tragwerkskonstruktionen für große Spannweiten herstellen kann, entstehen so – wie im Bauhof Sengenthal – wirtschaftliche Hallen, die vielfach ohne Stützen und Pfeiler auskommen. Dabei punkten nicht nur die energetischen Vorzüge – auch Nachhaltigkeit und Recyclingfähigkeit überzeugen. Beim Bauhof Sengenthal erhielt die Konstruktion des leichten Satteldachs mit seiner Tragwerksspannweite von 25 m eine Hinterlüftungsebene. Die Zimmerer fertigten insgesamt 23 Elemente aus Brettschichtholzträgern und Furnierschichtholzplatten und fügten sie mit einer Schraubpressverleimung zusammen. Die Höhe der Trägerelemente kommt auf 30 bis 70 cm. Eingedeckt wurde die Dachkonstruktion mit einer verschweißten Flachdachfolie. So ist die große Dachfläche bestens vorbereitet, um in Zukunft mit Photovoltaikmodulen zur regenerativen Stromgewinnung bestückt zu werden.
In der Produktion von Hecker vorgefertigt wurden auch die Rippenelemente aus Furnierschichtplatten (Kerto-Q) für die Salzhalle. Sie dienen mit den zwei in Schraubpressverleimung verbundenen Randstegen als Grundelemente des Tragwerks aus Wänden, innerer Hülle und Dach.
Der Newsletter der BG BAU
Mit dem Newsletter der BG BAU erhalten Sie alle wichtigen Meldungen und aktuelle Informationen zum Thema Arbeitsschutz per E-Mail – so etwa auch Hinweise zu neuen Arbeitsschutzprämien und Seminarangeboten.
Die Untersicht der fertigen sichtbaren Deckenkonstruktion wurde umfassend mit Energie einsparender LED-Beleuchtung im Innen- und im Außenbereich ausgestattet. Aber auch sonst ist man langfristig energetisch gut aufgestellt.
Für Wärme im Innenraum sorgt eine Fußbodenheizung, die durch eine Luft-Wärmepumpe betrieben wird. Der sommerlichen Überhitzung des Gebäudes beugt das fünf Meter auskragende Vordach vor.
Die große Fahrzeughalle wurde mit Sektionaltoren ausgestattet. Diese doppelwandigen Tore sind im Hinblick auf die Wärmedämmung keine Schwachstelle mehr – im Gegenteil: Sie bieten erhebliche Vorteile durch ihre Robustheit, den Einbruchschutz und die guten Dämmwerte. Hinzu kommt die natürliche Belichtung. Zusätzlich hat man mit einer Zisterne die Regenwassernutzung für die Waschhalle, die Reinigung der Fahrzeuge und Geräte gesichert.
Deutliches Bewusstsein für Arbeitsschutz
Zimmererarbeiten gehören zu den Gewerken mit hohem Absturzrisiko auf dem Bau. Einen deutlich verbesserten Arbeitsschutz und vor allem die Vermeidung von Unfällen erreicht das Holzbau-Unternehmen Hecker durch eine Reihe von Qualitätsausrichtungen für den Aspekt der Sicherheit.
Vor Baubeginn der Arbeiten wurde eine ausführliche Gefährdungsbeurteilung anhand unterschiedlicher Gefahrensituationen vorgenommen. Wichtig war es, zu jeder Jahreszeit und für jeden Einsatz sicher aufbauen zu können. Die Gefährdungsbeurteilung wurde von der Geschäftsführung des Holzbau-Unternehmens koordiniert. Als Ergebnis wurden entsprechende Schutzmaßnahmen festgelegt, z. B. die Verwendung von Fangnetzen, persönlicher Schutzausrüstung (PSA), Fallschutz mit Auffanggurt sowie der Einsatz einer sicheren Hebebühne und entsprechender Fassadengerüste. Alle Beschäftigten erhielten zudem Schulungen der Berufsgenossenschaft und jährliche Unterweisungen.
Sicherheit bei Arbeiten in der Höhe
Für sicheres und zügiges Arbeiten in der Höhe wurden z. B. Arbeits- und Schutzgerüste für Dach- und Fassadenarbeiten auf die Holzbaukonstruktion aufgebracht.
Das Vorelementieren der kompletten Holzbau-Elemente im Werk war für die bevorstehenden Arbeiten bereits ein enormer Vorteil. Ein besonderes Highlight stellte der extra angefertigte Montagetisch dar. Durch diesen Tisch und die entsprechende Vormontage der Bauelemente konnte man rund 800 Stunden einsparen – die üblicherweise in unterschiedlichen Höhen auf der Baustelle verbracht werden müssen. Verschiedene Gefahrensituationen konnten somit gar nicht erst entstehen und die Aufbauzeiten verkürzten sich enorm.
„Damit wir die Montagetätigkeiten an hochgelegten Arbeitsplätzen wie auf dem Dach reduzieren können, setzen wir immer auf die Vorfertigung im Holzbau bzw. die sogenannte Elementierung.“, erläutert Zimmermeister Johann Hecker. „Der Vorteil dabei ist die Minimierung des Aufenthaltes in Bereichen mit Absturzgefahr. Durch eine gute innerbetriebliche Arbeitsorganisation im Produktionsablauf wird im Vorfeld die Montagereihenfolge festgelegt und die Elemente werden entsprechend gekennzeichnet und verladen.“
Arbeitsschutz in der Produktion
Auch in der Produktionshalle musste der Arbeitsschutz beachtet werden. Für Holzstaub gelten seit Jahren strenge Arbeitsschutz-Auflagen: Um die Holzstaubbelastung am Arbeitsplatz zu minimieren, müssen Holzstäube gemäß der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 553 schon an der Entstehungsstelle abgesaugt werden. Ziel ist, die Konzentration von Holzstaub in der Luft im Schichtmittelwert unter 2 mg/m³ zu halten (Quelle: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin). In der Werkhalle des Holzbau-Betriebs sind deshalb an jedem Arbeitsplatz Absauganlagen für Holzstaub direkt an den Maschinen installiert. Industriesauger werden zum Sauberhalten der Arbeitsplätze eingesetzt.
Bauaufgabe:
Neubau Bauhof Sengenthal
Bauherrin:
Gemeinde Sengenthal
Architektur:
KÜHNLEIN ARCHITEKTUR
Tragwerksplanung:
Dr. Gollwitzer-Dr. Linse Beratende Ingenieure mbB
Holzbau:
Hecker Holzsystembau GmbH
Bruttogrundfläche (BGF) in m²: 5316
Nutzfläche in m²: 1435
Autor
Ausgabe
BauPortal 3|2022
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