Gefahrstoffe
Änderungen bei der Verwendung von Biozid-Produkten
Viele bauchemische Produkte enthalten biozide Wirkstoffe. Für Biozid-Produkte gilt die Europäische Biozid-Verordnung, die das Inverkehrbringen und die Verwendung dieser Produkte regelt. Im vergangenen Jahr wurde die Gefahrstoffverordnung an die Biozid-Verordnung angepasst. Was hat sich dadurch in der Gefahrstoffverordnung, die seit dem 1. Oktober 2021 gilt, geändert?
Biozide sind Substanzen, die Schädlinge wie Insekten, aber auch Algen, Pilze, Viren oder Bakterien zerstören, abschrecken, unschädlich machen, ihre Wirkung verhindern oder sie in anderer Weise bekämpfen.
Einteilung der Biozid-Produkte
Hauptgruppe 1: Desinfektionsmittel
z. B. Desinfektionsmittel, Händedesinfektion
Hauptgruppe 2: Schutzmittel
z. B. Beschichtungsschutzmittel, Holzschutzmittel, Schutzmittel für Baumaterialien
Hauptgruppe 3: Schädlingsbekämpfungsmittel
z. B. Rodentizide, Repellentien
Hauptgruppe 4: Sonstige Biozid-Produkte
z. B. Antifouling-Produkte
In einigen bauchemischen Produkten sind biozide Wirkstoffe enthalten. Diese Produkte zählen dann zu den sogenannten Biozid-Produkten, wenn sie biozid wirksam sind. Holzschutzmittel sind vorbeugend und/oder bekämpfend sowohl gegen Pilze (z. B. Hausschwamm, Bläuepilz) wie auch gegen Insekten (z. B. Holzbock, Käfer) wirksam. Bläuewidrige Anstrichmittel kommen bei Holzfenstern und -türen zum Einsatz. Schwammsperrmittel schützen das Mauerwerk gegen Hausschwamm. Bei der Holzbockbekämpfung werden auch Begasungsmittel (z. B. in Kirchen) eingesetzt. Formaldehydhaltige Desinfektionsmittel finden u. a. Einsatz bei der Desinfektion im Krankenhaus und in Tierställen. Aber auch bei der Schädlingsbekämpfung (z. B. Rattenbekämpfung) werden Biozid-Produkte verwendet, die als Köder ausgelegt werden.
Für Biozid-Produkte gilt die europäische Biozid-Verordnung Nr. 528/2012, die das Inverkehrbringen und die Verwendung dieser Produkte regelt. Biozid-Produkte müssen durch die Herstellerfirma zugelassen werden. Im Rahmen der Zulassung erstellen die Firmen eine Zusammenfassung der Produkteigenschaften, kurz SPC genannt. Hier sind die einzelnen zugelassenen Verwendungen sowie die Verwenderschaft (Verwenderkategorie) benannt, die diese Produkte einsetzen darf. In der „Datenbank der zugelassenen Biozid-Produkte“ auf der Internetseite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) sind diese Informationen sowie die SPC abrufbar.
Während des Entscheidungsverfahrens über einen Antrag auf Zulassung können die Biozid-Produkte bereits vermarktet werden, aber sie unterliegen der Meldepflicht nach Biozidrechts-Durchführungsverordnung (ChemBiozidDV) vor dem erstmaligen Inverkehrbringen. In der „Datenbank der gemeldeten Biozid-Produkte“ auf der Internetseite der BAuA sind Informationen zu diesen gemeldeten Biozid-Produkten abrufbar (www.ebiomeld.de/DE/Offen/offen_node).
Änderungen der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)
Die Gefahrstoffverordnung wurde letztes Jahr an die Biozid-Verordnung angepasst und gilt seit dem 1. Oktober 2021. Es ist der Begriff der Verwenderkategorie aufgenommen worden und in Abschnitt 4a § 15a bis § 15h sowie in Anhang 1 Nummer 4 GefStoffV sind die Anforderungen für die Verwendung von Biozid-Produkten einschließlich der Begasung angegeben. Die Verwenderkategorien unterscheiden zwischen der breiten Öffentlichkeit, dem berufsmäßigen Verwender und dem geschulten berufsmäßigen Verwender. Sie spiegeln den Grad der Qualifikation wider.
Zu den Anforderungen für die Verwendung bestimmter Biozid-Produkte zählen u. a. die Fachkunde, die Sachkunde und die Anzeigepflicht. Für Begasungen gelten gemäß § 15d bis § 15g Gefahrstoffverordnung besondere Anforderungen.
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Sachkunde-Pflicht
Die Sachkunde für bestimmte Biozid-Produkte wird jetzt verlangt, wenn die Zulassung der Biozid-Produkte einen „geschulten berufsmäßigen Verwender“ fordert oder wenn das Biozid-Produkt als akut toxisch Kategorie 1, 2 und 3 (erkennbar an den Gefahrenhinweisen H300, H310, H330, H301, H311, H331), spezifisch zielorgantoxisch Kategorie 1 SE (H370) oder RE (H372) und/oder kanzerogen, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch jeweils Kategorie 1A und 1B (H360, H350, H340) eingestuft ist. Die Angaben zur Einstufung sind im Abschnitt 2 des Sicherheitsdatenblatts zu finden.
Die Sachkunde-Nachweise sind sechs Jahre gültig. Bei Abschluss eines entsprechenden behördlich anerkannten Fortbildungslehrgangs verlängert sich die Geltungsdauer um sechs Jahre. Die Anforderungen an diese Sachkunde sind im Anhang I Nummer 4.4 aufgeführt und werden zurzeit im Rahmen neuer Technischer Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) erarbeitet. Die bisherigen Technischen Regeln für Gefahrstoffe für die Verwendung von Biozid-Produkten sind weiterhin gültig, bis sie außer Kraft gesetzt werden. Für die Verwendung von Biozid-Produkten, für die nach der vorherigen GefStoffV keine Sachkunde erforderlich war, gibt es für den Sachkundenachweis eine Übergangsfrist bis zum 28. Juli 2025.
Anzeigepflicht
Des Weiteren muss für den Einsatz von Biozid-Produkten, die unter die Sachkunde-Anforderung fallen, eine unternehmensbezogene Anzeige an die für den Betriebssitz zuständige staatliche Arbeitsschutzbehörde gemäß Anhang I Nr. 4.2.1 GefStoffV erfolgen, spätestens sechs Wochen, bevor das Biozid-Produkt zum ersten Mal oder nach mehr als einjähriger Unterbrechung eingesetzt wird. Zu der unternehmensbezogenen Anzeige gehören:
- der Name des Antragstellers,
- die Anschrift der Betriebsstätte,
- Angaben zur Ausstattung des Unternehmens (personell, räumlich, sicherheitstechnisch) sowie
- Art und Verwendung des Biozid-Produkts.
Was bedeuten die Anforderungen für die Verwendung von Holzschutzmitteln?
Vor dem 1. Oktober 2021 war nur beim Einsatz bekämpfender Holzschutzmittel eine Sachkunde bei entsprechender Einstufung dieser Produkte erforderlich. Jetzt fällt auch die Verwendung vorbeugender Holzschutzmittel unter die Sachkundepflicht, sofern die oben aufgeführten Anforderungskriterien erfüllt sind.
Für die sachkundepflichtige Verwendung von Holzschutzmitteln muss schon jetzt eine unternehmensbezogene Anzeige nach Anhang I Nr. 4.2.1 GefStoffV durchgeführt werden. Es ist zu beachten, dass die Verwendung bekämpfender Holzschutzmittel in Gemeinschaftseinrichtungen, zu denen insbesondere Krankenhäuser, Schulen und Kindertagesstätten zählen, gemäß TRGS 523 weiterhin 14 Tage vor Beginn der Tätigkeit bei der für das Objekt zuständigen staatlichen Arbeitsschutzbehörde angezeigt werden muss.
Die Sachkundelehrgänge für die Verwendung bekämpfend wirksam Holzschutzmittel gemäß TRGS 523 „Schädlingsbekämpfung mit sehr giftigen, giftigen und gesundheitsschädlichen Stoffen und Zubereitungen“ sind weiterhin gültig. Für die Verwendung der Holzschutzmittel, für die nach der vorherigen GefStoffV keine Sachkunde erforderlich war, gibt es für den Sachkundenachweis eine Übergangsfrist bis zum 28. Juli 2025.
Bauchemische Produkte, die zwar biozide Inhaltsstoffe wie Konservierungsmittel enthalten (z. B. Dispersionsfarben, Dispersionsklebstoffe, Spachtelmassen Dichtstoffe), bei denen aber im Vergleich zu den anderen Funktionen die Biozid-Funktion keinen höheren Stellenwert hat, sind keine Biozid-Produkte. Sie werden in der Biozid-Verordnung als „behandelte Ware“ bezeichnet.
Der Einsatz dieser Produkte kann unverändert wie bisher ohne Anzeige und Sachkunde erfolgen. Es wird für diese Produkte auch keine Zulassung für das Inverkehrbringen benötigt.
Fazit
Seit der Änderung der Gefahrstoffverordnung gelten neue Sachkunde- und Anzeige-Anforderungen. Die bisher durchgeführten Sachkundelehrgänge sind weiterhin gültig. Ein Fortbildungslehrgang ist jetzt alle sechs Jahre erforderlich. Zurzeit werden neue Technische Regeln für Gefahrstoffe zu Biozid-Produkten erarbeitet. Seit dem 1. Oktober 2021 ist bereits eine unternehmerbezogene Anzeige an die zuständige staatliche Arbeitsschutzbehörde durchzuführen.
Autorinnen
Ausgabe
BauPortal 3|2022
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