
Fertigteilmontage, Betonbau
Alles in Balance? Heben von Bauteilen mit Lastausgleichsvorrichtungen im Praxischeck
Bei der Montage von Bauteilen ist es immer wieder notwendig, diese in Einbaulage an die Montagestelle zu heben. Dafür werden verschiedene Hilfsmittel genutzt – beispielsweise Handhebelzüge, die in der Regel für den Hebezeugeinsatz nicht geeignet sind, zunehmend kommen aber auch Lastausgleichsvorrichtungen (sog. Balancer) ins Spiel. Wie diese im Alltag eingesetzt werden können, diskutierten Berufsgenossenschaften und Hersteller in der Bayerischen Bauakademie.
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Im Oktober 2024 trafen sich Vertreter verschiedener Berufsgenossenschaften mit Herstellern und Vertriebspartnern von Lastausgleichsvorrichtungen in der Bayerischen Bauakademie in Feuchtwangen zu einer Vorführung und zum fachlichen Austausch über diese Systeme. Da die Bauakademie mit einer Reihe von Kranen ausgestattet ist, war dieser Ort ideal zum Testen dieser Vorrichtungen. Zudem wurden die Anwesenden bei der Bedienung der Krane vom Team der Bauakademie unterstützt.
Definition Balancer
Die getesteten Lastausgleichsvorrichtungen sind Arbeitsmittel, die zum Nivellieren von Lasten bei Hebevorgängen genutzt werden. Bei Kranarbeiten können Lasten durch den Einsatz von Balancern in Waage oder eine bestimmte Neigung gebracht werden. Wandelemente und Träger müssen in der Regel zum Einbau exakt horizontal positioniert werden. Lasten, die in eine bestimmte Neigung gebracht werden müssen, können z. B. Dachelemente oder Treppen sein. Das Ausrichten der angeschlagenen Last wird, je nach System, vor dem Anheben durch ein Öffnen der Durchlaufsperre vorgenommen, dadurch kann die Last ohne Pendeln angehoben werden. Die Positionierung der Last erfolgt, wenn die Last hoch genug über dem Boden schwebt, oder vor dem Absetzen der Last am Einbauort.

Die Ludwig Traverse von Ludwig System ist eine der Lastausgleichsvorrichtungen, die in Feuchtwangen getestet wurde.
Warum interessieren sich die Berufsgenossenschaften für solche Arbeitsmittel?
Der Einsatz von vorgefertigten Elementen hat in vielen Bereichen der Baubranche zugenommen. Auch im Wohnungsbau können Unternehmen durch Vorelementierung die Effizienz steigern und somit kostengünstiger anbieten, um so z. B. dem Rückgang der Nachfrage im Wohnungsbau-Sektor entgegenzuwirken.
Die Verwendung von vorgefertigten Bauteilen stellt die Unternehmen vor einige logistische Herausforderungen beim Transport und bei der Montage. Auf der Baustelle angekommen, werden diese mithilfe von Kranen an den gewünschten Einbauort verhoben, dort abgesetzt bzw. je nach Bauart miteinander verbunden und in ihrer Lage gesichert. Erst dann dürfen sie abgeschlagen werden. Seitens der Berufsgenossenschaften ist ein zunehmendes Unfallgeschehen bei Montagearbeiten dieser Art festzustellen. Nicht selten kann auf Baustellen beobachtet werden, wie die Beschäftigten vor Ort die oft tonnenschweren Elemente durch massives Ziehen und Drücken unter Zuhilfenahme von Hebeleisen in die gewünschte Lage bringen müssen. Diese Beschäftigten befinden sich dabei immer im Gefahrbereich der hängenden Last. Ein weiterer potenzieller Grund für Unfälle ist, dass für derartige Tätigkeiten teilweise Kettenzüge verwendet werden, welche vom Hersteller nicht für den Hebezeugbetrieb zugelassen sind. Es kann damit zum Lastabsturz kommen. Gelegentlich werden selbst konstruierte Lastaufnahmemittel bzw. Anschlagmittel eingesetzt oder miteinander verbunden, um Längenausgleiche zu erreichen. Durch unsachgemäße Benutzung wird so unter Umständen die Tragfähigkeit von Anschlagmitteln oder Lastaufnahmemitteln reduziert und im ungünstigsten Fall auch überschritten. Auch dadurch kann es zum Absturz der Last kommen.
Ziel des Treffens
Da die genannten Lastausgleichsvorrichtungen auf den Baustellen noch selten verwendet werden, war es das primäre Ziel der Berufsgenossenschaften, sich einen Überblick über die Einsatzmöglichkeiten zu verschaffen. Aufgrund der vorgenannten Fehler- und Gefahrenquellen bei den bislang verwendeten Lastaufnamemitteln wollen die Berufsgenossenschaften mögliche Alternativen für ein sicheres Heben von Lasten finden. Daher waren auch Mitarbeiter aus dem DGUV Sachgebiet Krane und Hebetechnik am Ortstermin dabei. Durch praktische Vorführungen konnten erste Einblicke in die Technik und Funktionsweise der einzelnen Geräte erlangt werden. Es wurden Grenzen der Anwendung, mögliche Fehlanwendungen und das allgemeine Sicherheitsniveau bei der Verwendung diskutiert.
Fazit
Durch den zunehmenden Einsatz von vorgefertigten Elementen auf Baustellen gewinnt auch die Frage nach dem sicheren Verheben, der Positionierung und der sicheren Montage immer mehr an Bedeutung. Ausführende Unternehmen müssen sich frühzeitig mit dem Thema in der Gefährdungsbeurteilung befassen und geeignete Arbeitsmittel und Verfahren auswählen und sicher umsetzen. Durch die Vorführungen verschiedener Hersteller in Feuchtwangen konnte ein erster Eindruck der möglichen Anwendungen der vorgestellten Balancer gewonnen werden. Aber auch die Grenzen der Verwendung wurden sichtbar. So gestaltete sich das Versetzen einer gewendelten Betonfertigtreppe als schwierig, jedoch konnte auch diese Treppe in die Senkrechte gebracht werden. Es zeigte sich, dass hierfür eine detaillierte Vorplanung notwendig gewesen wäre. Wenn die grundsätzlichen Voraussetzungen für Hebevorgänge wie z. B. bekannte Lastgewichte und Schwerpunktlagen sowie definierte und ausreichend dimensionierte Anschlagpunkte vorhanden sind, können die präsentierten Arbeitsmittel zur Positionierung von Lasten einen wesentlichen Beitrag zur Arbeitssicherheit leisten.
Autoren
Ausgabe
BauPortal 2|2025
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