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Gesundheit, Hitze

Kühlwesten bei Hitze

Ein Thermometer wird symbolisch vor ein Dach gehalten. Es zeigt eine Temperatur von über 37° Grad. Die Sonne scheint am Himmel, der teils mit Wolken bedeckt ist.
Bild: jozsitoeroe - stock.adobe.com


Ein Großteil der Tätigkeiten und Arbeitssituationen in Unternehmen in der Bauwirtschaft steht auf unterschiedlichste Weise unter witterungsabhängigem Einfluss. Wesentliche Arbeitsprozesse finden unter „freiem Himmel“ statt, somit sind Beschäftigte sowie Arbeits- und Baumaterial den Gegebenheiten, die im Freien herrschen, ausgesetzt. Da laut Prognosen heiße Tage bzw. heißere Sommer zunehmen werden, wird der Schutz der Beschäftigten vor Hitzebelastungen immer wichtiger. Eine Lösung kann das Tragen von Kühlkleidung sein.


Kälte, Regen, Sonne und die damit verbundene Hitze und UV-Strahlung sind Einflüsse, die für die Beschäftigten Gefährdungen darstellen können. Nach Arbeitsschutzgesetz und Arbeitsstättenverordnung müssen Arbeitgebende Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten auch vor diesen Gefährdungen ergreifen.
 

Hitzebelastungen nehmen zu

Bislang gilt immer noch der Winter als die maßgeblich limitierende Jahreszeit für Baumaßnahmen. Vorhandene Normen und Richtlinien sowie baubetriebliche Literatur thematisieren überwiegend die winterlichen Bedingungen. Gleiches gilt für die gängige Ausschreibungspraxis. Die Muster für Ausschreibungstexte des Standardleistungsbuchs beinhalten den Leistungsbereich „098 Witterungsschutzmaßnahmen“. Die Textbausteine enthalten allgemeine Aussagen zu Witterungsverhältnissen und sind insbesondere auf Winterbau-Schutzmaßnahmen zugeschnitten. Ähnlich verhält es sich mit den Angaben zum Schutz der Beschäftigten. In dem Punkt zu Witterungseinflüssen ist die Arbeitsstättenverordnung für Arbeiten im Freien (im nicht umschlossenen Raum) insbesondere zu sommerlichen Lagen noch nicht ausreichend konkretisiert.

Die meteorologischen Daten führen jedoch zu der Erkenntnis, dass eine Tendenz zu milderen, aber feuchteren Wintern (Abnahme von „Frosttagen“; Zunahme von Niederschlägen) und heißeren Sommern (Zunahme von „heißen Tagen“) besteht. Damit einher geht, dass die Zahl der warmen und wolkenlosen Tage und damit auch die Zahl der Sonnenstunden steigt, in denen wir der UV-Strahlung ausgesetzt sind. Hinzu kommen die Schäden an der Ozonschicht in der Atmosphäre, welche die UV-Strahlen natürlicherweise abschirmt.
 

Zeitreihen der klimatologischen Kenntage Frosttage und Heiße Tage (1951 – 2019.
Zeitreihen der klimatologischen Kenntage „Frosttage“ und „Heiße Tage“ (1951–2019)*
Bild: Grafik: DWD (2020): Klimastatusbericht Deutschland. Jahr 2019, S. 18 Einflussfaktoren für den Körper


Dass „Hitzesommer“ und milde Winter normal(er) werden, zeigen insbesondere die vergangenen ca. 20 Jahre (Abb. oben). In der Folge haben sich Restriktionen in der Bauausführung auf den Sommer verlagert. Dieser Trend wird sich fortsetzen. Die Zunahme von „heißen Tagen“ bzw. heißeren Sommern ist meteorologisch sicher prognostiziert. Für den Arbeitsschutz bedeutet diese Voraussicht, dass gerade Arbeiten im Freien in den Sommermonaten noch mehr in den Fokus der Gefährdungsbeurteilung rücken müssen.
 

Einfluss auf den Körper

Hohe Umgebungstemperaturen belasten vor allem Herz und Kreislauf. Zudem kostet die Aufrechterhaltung der lebensnotwendigen Stoffwechselprozesse viel Energie und der Körper verliert durch das Schwitzen viel Wasser und Elektrolyte. All dies beeinträchtigt die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit und erhöht das Risiko von Unfällen. Bei vielen Tätigkeiten in der Bauwirtschaft kommen häufig noch schwere körperliche Arbeiten hinzu, die eine zusätzliche Belastung für den Körper bzw. die Beschäftigten darstellen (Abb. unten).
 

Einflussfaktoren für den Körper

Grafische Darstellung der Einflüsse von Klima, Gesundheitszustand und Bautätigkeit auf die Wärmespeicherung im Körper.
Neben witterungsbedingten Einwirkungen und dem individuellen Gesundheitszustand beeinflussen die Tätigkeiten in der Bauwirtschaft die Wärmebildung im Körper.
Bild: BG BAU


Einhaltung des TOP-Prinzips

Was also kann der Unternehmer tun, um seine Beschäftigten vor der Gefährdung Hitze zu schützen und die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten zu erhalten?

Nach dem TOP-Prinzip stehen hier an erster Stelle die technischen und organisatorischen Maßnahmen. Das Abschatten von Arbeitsplätzen, die Klimatisierung von Fahrerkabinen in Baumaschinen und Fahrzeugen, die Vermeidung zusätzlicher (technischer) Wärmequellen, der Verzicht auf Tätigkeiten in der direkten Sonne und die Verlagerung körperlich stark beanspruchender Arbeitsvorgänge auf kühlere Tage (wenn möglich) bzw. Tageszeiten sind wirksame Maßnahmen, um nur einige zu nennen.

Weitere Maßnahmen, die die technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen ergänzen können, sind die persönlichen Maßnahmen. Hitzewellen sind in unseren Breitengraden auch immer mit hoher UV-Strahlung von der Sonne verbunden. Wer draußen arbeitet, muss daher seine Haut und Augen schützen. Das heißt: lange Hose und langärmliges Hemd oder Shirt sowie Sonnenbrille und eine Kopfbedeckung, die auch Ohren und Nacken schützt. Aber in dieser körperbedeckenden Kleidung schwitzt man natürlich auch.

Der Einfluss von Hitze und die körpereigene Produktion von Wärme insbesondere durch die Muskeltätigkeit während der Arbeit und das eventuelle Tragen von Schutzkleidung stellen eine erhöhte Belastung für den Körper dar. Deshalb muss der Unternehmer wirksame Maßnahmen treffen, die das Auftreten von Hitzeerkrankungen vermeiden und den Mitarbeitenden die Arbeit unter diesen besonderen Bedingungen möglichst erleichtern.
 

Hitzeerkrankungen


Hitzeerkrankungen können von einem Sonnenstich über eine Hitzeerschöpfung bis hin zu einem Hitzschlag reichen. Alle Hitzeerkrankungen zeigen besondere Symptome, mit unterschiedlichen Auswirkungen auf die betroffene Person. Erste Hilfe und der Rettungsdienst sind Sofortmaßnahmen, die ergriffen werden müssen, denn Hitzeerkrankungen sind nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Der Hitzschlag kann zu Hirnschädigungen führen und sogar tödliche Folgen haben.

 

Kühlwesten zur Vermeidung von Hitzeerkrankungen

Eine Lösung kann die Verwendung von Kühlkleidung während der heißen Sommertage sein. Es ist inzwischen erwiesen, dass Kühlkleidung (Personal Cooling Systems, PCS) durch Aufrechterhaltung der normalen Körpertemperatur von 36,7 ± 0,3 °C einen großen Beitrag dazu leisten kann, Belastungen des Herz-Kreislaufsystems infolge hohen Wärmetransports zu verringern. Kühlkleidung ist in verschiedensten Ausführungen erhältlich, z. B. als Mützen, Hosen, Halstücher und Kühlwesten. Kühlkleidung wird schon länger erfolgreich in der Sportmedizin und im Militär eingesetzt und etabliert sich immer mehr in Betrieben der Bauwirtschaft. Hier stellt gerade der Einsatz von Kühlwesten eine gute und wirksame Lösung zur Kühlung des Körpers dar.

 

Darstellung einer Person mit Kühlweste und  Schutzhelm mit Nackenschutz.
Die BG BAU fördert alle waschbaren, geräteunabhängigen Kühlwesten (Funktionsprinzipien: Eis- oder Gel-Akkus, PCM-Packs oder Verdunstungskälte). Mehr unter: www.bgbau.de/praemien
Bild: H.ZWEI.S Werbeagentur GmbH


Funktionsweise

Die Funktionsweise von Kühlkleidung ist entweder aktiv oder passiv, über Kühl-Akkus oder durch länger anhaltende Verdunstungskälte von Wasser. Aktive Systeme benötigen eine Energiequelle mit einem zirkulierenden Medium (Luft, Wasser). So wird eine gleichmäßige und starke Kühlung über die gesamte Arbeitszeit gewährleistet.

Die passiven Systeme haben keine Energiequelle und kühlen auf der Basis von Phasenwechseltechnik (Gel- oder Eis-Packs bzw. spezielle Phase-Change-Materialien) oder über Verdunstungskälte – allerdings nur für eine begrenzte Zeit. Zwischen beiden Systemen besteht aufgrund der Funktionsweise ein (großer) Preisunterschied, so sind die passiven Systeme meist günstiger.
 

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Unterstützung durch die BG BAU

Seit einigen Jahren fördert die BG BAU Kühlkleidung in den Arbeitsschutzprämien und unterstützt damit Unternehmen finanziell bei der Anschaffung von Arbeitsschutzmaßnahmen in Bezug auf Hitze. Das Angebot der Kühlwesten ist groß und hier steht der Unternehmer schon vor der ersten wichtigen Entscheidung, welche Kühlweste für einen bestimmten Arbeitsbereich geeignet sein kann. Bei der Auswahl sollten mehrere Faktoren berücksichtigt werden. Somit spielt die Kühlleistung eine wichtige Rolle, auch das Gewicht der Weste, die PSA-Kompatibilität, die Brennbarkeit des Materials, der Kühleffekt, die Waschbarkeit, aber auch die Haltbarkeit bzw. Strapazierfähigkeit der Weste und die ergonomischen Aspekte sind nicht außer Acht zu lassen. Eine breite Spanne von Kriterien, die den Kauf einer geeigneten Weste beeinflussen und sich nicht gerade leicht gestalten. Auch die Vergleichbarkeit zwischen den verschiedenen Modellen ist für den Betrieb eher schwierig, da dies voraussetzt, dass der Betrieb die Möglichkeit hat, mehrere Modelle einsetzen zu können und auch gewillt ist, den Vergleich anzustellen.
 

Feedback von Unternehmen

Im Rahmen der Arbeitsschutzprämien wurden viele verschiedene Modelle von Kühlwesten in den letzten Jahren gefördert. Um eine erste Einschätzung zum Einsatz der Kühlwesten in den Betrieben zu bekommen, wurde den Unternehmen ein Fragebogen zur Wirksamkeit und Einsetzbarkeit der Kühlwesten mitgegeben.

Die Rückmeldungen der Unternehmen zeigen eine überwiegend „gute“ Bewertung der Kühlwirkung bis hin zu einer „langen“ bis „mäßigen“ Kühldauer. Die Beeinträchtigung der Tätigkeit wurde nur in den Rückmeldungen größtenteils mit „überhaupt nicht“ bis „ein wenig“ angegeben. Auch die Vorbereitung der Kühlwesten ist überwiegend positiv mit „sehr einfach“ bis „einfach“ bewertet worden. Die Weiterempfehlung der Kühlwesten war sehr häufig mit „auf jeden Fall“ angegeben, jedoch haben auch einige wenige Stimmen die Empfehlung „gar nicht“ aussprechen wollen. Ein Freitextfeld gab dem Unternehmen zusätzlich die Möglichkeit, weitere Angaben zu den Kühlwesten zu machen. Einige wenige Rückmeldungen haben beispielsweise eine zu starke Kühlung im Nierenbereich oder allgemein lokale Unterkühlungen gemeldet oder den Befund, dass die Nässe auf der Haut teilweise als unangenehm empfunden wurde. Das Gewicht der Kühlweste wurde teilweise als zu hoch angegeben und manche Bewegungen sind nur eingeschränkt möglich gewesen. Auch ist kein klarer Favorit eines Kühlwesten-Systems erkennbar gewesen.
 

Fazit

Die Zusammenfassung der Antworten aus den Fragebögen zeigt umso mehr, dass der Einsatz von Kühlwesten eine wirksame und praktikable Lösung für heiße Tage darstellen kann, jedoch zeigt sie auch, dass hier noch viel Potenzial zur Beurteilung und Bewertung und zum Ausprobieren liegt.

Aber hier erneut der Hinweis: Kühlkleidung darf „nur“ eine ergänzende Maßnahme zu den vorrangig technischen und organisatorischen Lösungen sein und nie eine alleinige Maßnahme an heißen Tagen kombiniert mit womöglich schwerer körperlicher Arbeit darstellen.
 

Autoren

Dipl.-Biol. Janett Khosravie-Hohn

BG BAU Präventin
Abt. Gesundheit

Dr. med. Ute Pohrt

Abt. Gesundheit
BG BAU Prävention


Ausgabe

BauPortal 2|2023