Bauwerksbau
Bau des Leonardo-da-Vinci-Gymnasiums in Berlin-Buckow mit „Zero-Waste-Strategie“: Schul-Neubau mit RC-Beton
Einer der drei Modell-Schul-Neubauten der Hauptstadt entsteht im Stadtteil Buckow: das Gymnasium „Leonardo da Vinci“. Hauptaugenmerk beim Neubau liegt auf der „Zero-Waste-Strategie“ – dem energieoptimierten Bauen mit möglichst wenig Bauabfällen. Was den Rohbau angeht, ist das auf jeden Fall gegeben.
An der südlichen Stadtgrenze Berlins, in Buckow, soll in diesem Jahr das neue fünfzügige Gymnasium „Leonardo da Vinci“ eröffnen. So jedenfalls hoffen die Schülerinnen und Schüler, die in einem Ersatzbau in unmittelbarer Nähe lernen. Das Gymnasium existiert seit 1983, wurde aber 1990 wegen der in der Bausubstanz enthaltenen Asbestfasern geschlossen und 2009 schließlich abgerissen. Der Unterricht findet seit Jahren in einem provisorischen Gebäude im Haewererweg statt. Das allerdings ähnelt eher einer Bauunterkunft als einer Schule und macht dem Namensgeber wahrlich keine Ehre. Umso dringender wird der Umzug in den Neubau in der Christoph-Ruden-Straße erwartet.
Etwa 640 Gymnasiastinnen und Gymnasiasten der Klassen 7 bis 10 und der Oberstufenklassen 11 bis 12 sollen hier künftig ihr Abitur ablegen können. Das Bauvorhaben wird vom Bezirksamt Neukölln betreut und umgesetzt, abgestimmt mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen. Im August 2018 war Grundsteinlegung, 2019 sollte die Schule bereits fertiggestellt sein. Jetzt, im Frühjahr 2021, sind zwar die Innenausbauten in Gange, doch vieles sieht leider immer noch sehr unfertig aus. Wie bei vielen öffentlichen Bauten sind auch hier Finanzierungen nicht ausreichend geklärt, was zu enormen Bauverzögerungen führt.
Moderne Architektur
Dabei ist der Wettbewerbsentwurf zum Schulkomplex aus dem Berliner Architekturbüro „huber staudt“ von 2013 sehr attraktiv und stellt allein vom Design her eine Bereicherung im Wohngebiet dar. Zwei kubische, längsgestreckte Baukörper stehen miteinander verschränkt und öffnen sich zu einem Lichthof hin. Um diesen reihen sich jeweils vier Klassenräume, ein Gruppen- sowie ein zentraler Raum. Die zwei- und dreigeschossigen Gebäude sind über eine große Treppe miteinander verbunden, die künftig als großzügiger Ort der Begegnungen gedacht ist. Blickfang sind liegende, großformatige Fensterausschnitte sowie Gebäude-Ein- und Unterschnitte (Loggien, Eingangsbereiche) in unregelmäßiger Anordnung. Umhüllt von weißen Fassadenplatten aus Faserbeton hebt sich das Gebäude markant vom umliegenden Wohngebiet ab – so wie im Wettbewerb gefordert.
Wände und Decken aus Sichtbeton
In den Innenräumen sind akustisch wirksame Holzverkleidungen und Architekturbeton im Wechsel vorgesehen. Die Wände und Decken der Klassenräume bestehen aus 5.000 m2 Sichtbeton der Klasse SB 2, die der Flure sowie des Foyers aus etwa 3.000 m2 Sichtbeton in der Qualität SB 3. „Um die Anzahl der symmetrisch angeordneten Spannstellen und der Schalelementfugen auf ein Minimum zu begrenzen, bauten wir großformatige Schaltafeln (2,50 × 3,50 m) ein“, berichtet Marco Kulimaga, Oberbauleiter im Berliner Büro der Riedel Bauunternehmen GmbH, Erfurt. Sie stellte den Rohbau und die Fassade bereits im April 2019 fertig. „Bis auf eine kleine Ecke der Fassade im zweiten Obergeschoss, da lange Zeit nicht entschieden war, wie Lüftungsrohre aus dem Gebäude zum Dach geführt werden, war alles im April 2019 fertig. Die Konstruktion des Stahlskelettbaus mit tragenden Wandscheiben aus Ortbeton und die großformatige Fassade stellten für uns insgesamt keine erhebliche Hürde dar.“
Für die gesamte Bauzeit am Gebäude wurde rund um den Innenhof ein Fassadengerüst installiert. Das Klettergerüst lässt sich zügig montieren und gewährleistet den Gewerken einen sicheren und komfortablen Zugang in die Etagen. Da die Böden in den oberen Zapfen liegen, sind sie gegen Verschieben gesichert. Der untere Steg am Rahmen legt sich über die Böden und verhindert das Ausheben. Fest definierte Anschlusspunkte sorgen für sehr hohe Stabilität.
RC-Beton für Untergeschoss und Bodenplatten
Der Bauleiter weist auf eine Besonderheit im Rohbau hin, die maßgeblich dem nachhaltigen Aspekt entspricht: „Für das Untergeschoss und die robusten Bodenplatten verwendeten wir 2.500 m3 Recycling-Beton (RC-Beton). Beim Herstellen dieses speziellen Betons wird aufbereiteter Bauschutt zermahlen und als Zuschlagstoff eingesetzt. Das spart nicht nur Rohstoffe, Energie und Transportkosten. Optisch, haptisch und statisch besitzen diese Recyclingbetone keine Nachteile gegenüber herkömmlichen Betonen. Im Gegenteil: Sie verfeinern sogar die Oberfläche, da das RC-Material saugfähiger ist als herkömmliches und dadurch die Anzahl der Lunker und Wasserläufer deutlich reduziert.“
Das Betonrezept lässt sich mit Steinzuschlägen (Betonwerkstein) oder mit Farbpigmenten noch dazu wunschgemäß variieren, sodass sich RC-Beton auch für das Herstellen von Betonfertigeilen bestens eignet. Die Oberflächenbehandlung unterliegt hierbei denselben Bedingungen wie bei allen anderen Betonfertigteilen auch und kann mittels CNC-Schleiftechnik sehr präzise und glatt geschliffen werden.
Jährlich fallen allein im Land Berlin über 1.000.000 Tonnen RC-Beton zur Verwertung an, die bislang vorwiegend im Straßen- und Wegebau ihren Einsatz finden. Das Abfallwirtschaftskonzept (AWK) der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt fordert seit 2013, diesen RC-Beton vermehrt auch beim
Bau öffentlicher Gebäude einzusetzen, um dadurch Umwelt- und Ressourcen relevant zu schonen. Der wissenschaftliche Nachweis über Güte und ökonomischen Nutzen des recycelten Betons ist z. B. längst durch die BTU Cottbus erbracht, seitdem sie den Neubau eines Laborgebäudes für die Humboldt-Universität wissenschaftlich begleitete.
Sicherung des Baustellengeländes im Wohngebiet
Baustellen in bewohnter Umgebung erfordern vielfältige Maßnahmen zum Schutz der Umgebung, aber auch der Baustelle selbst, z. B.:
- Sicherung (z. B. Bauzaun, Holzverschlag, Sichtschutz) ist erforderlich.
- Mitwirkung aller beteiligten Unternehmen an der Vorhaltung der Sicherheitseinrichtung, z. B. ordnungsgemäßes Schließen des Bauzauns und der Baustelleneinfahrt am Abend.
- Alle Maßnahmen vor Einrichtung der Baustelle sind in den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan gemäß Baustellenverordnung aufzunehmen.
- Es gelten die Straßenverkehrsordnung (StVO) und die Richtlinien zur verkehrsrechtlichen Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA).
- Nach § 45 Absatz 6 StVO ist für alle Arbeiten, die Auswirkungen auf den öffentlichen Verkehrsbereich haben, eine verkehrsrechtliche Anordnung bei der zuständigen Behörde einzuholen.
- Verkehrs- und bautechnische Sicherung gegenüber Verkehrsteilnehmenden (auch Fußgängerinnen und Fußgängern sowie Radfahrenden).
Ausblick
Wenn das Buckower Gymnasium – wie vorgesehen – in diesem Jahr fertig wird, gibt es sicherlich in dieser Hinsicht wieder neue Erfahrungen, um RC-Beton weiter im Hochbau zu forcieren. Leider wird der Erfolg des Modellprojekts durch den enormen Zeitverzug enorm geschmälert. So wartet die Schülerschaft immer noch geduldig auf den Umzug ins neue Schulgebäude, das zweifelsohne allem Terminverzug zum Trotz modern sein wird. Ob das gesamte Projekt dann noch den hohen Ansprüchen eines Modellprojekts entspricht, sei dahingestellt. Für die Gymnasiastinnen und Gymnasiasten allerdings wird es zweifelsohne ein schönerer Lernort sein.
Bauaufgabe:
Neubau Leonardo-da-Vinci-Gymnasium
Bauherr:
Bezirksamt Neukölln von Berlin, SE Facility Management, FB Hochbau
Architektur:
huber staudt Architekten
Tragwerksplanung, Brandschutz, Bauphysik, Raumakustik:
Krebs und Kiefer
Rohbau und Fassade:
Riedelbau GmbH
Gerüstbau:
BPG Building Partners Group GmbH
Bauzeit:
April 2018 – 2021
BauPortal - Baustelle im Fokus: Neubau Vinci Gymnasium Berlin
© Novart_Bärbel Rechenbach
Autorin
Ausgabe
BauPortal 2|2021
Das könnte Sie auch interessieren
3D-Betondruck
Wohnhaus in 3D-Beton gedruckt
Neue Bautechnik zeigt Innovationskraft und Potenzial im Gebäudebau.
Schalungs- und Gerüstbau
Schalung eines Kirchenneubaus in Budapest
Die Reformierte Kirche in Ungarn beauftragte das Bauunternehmen Kész mit dem Bau einer neuen Kirche. Kész setzte beim Bau der filigranen Konstruktionen in hoher Betonqualität auf die flexiblen Schalungssysteme von MEVA.
Bauwerksbau
Bau des neuen Quartiers „Stadtgut Hellersdorf“
Sicheres Arbeiten, neue optische Akzente und eine gute Einbindung in die bestehende Infrastruktur spielten beim Bau des Quartiers ein große Rolle.