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Ausbau

Arbeitsschutz in Ausbaubetrieben umsetzen

Bei Überkopfarbeit mit Langhalsschleifern
kann ein Führungswagen Belastungen
für Schultern, Arme und Rücken effektiv reduzieren.
Bild: Michael Meyer - BG BAU


Das Ausbaugewerk ist – wie andere Gewerke auch – mit einigen Gefährdungen konfrontiert. Wie man mit diesen umgeht und welche aktuellen Angebote und Lösungen es von der BG BAU hinsichtlich des Arbeitsschutzes gibt, zeigt dieser Beitrag.


Als Teil des Baunebengewerbes umfasst der Bereich Ausbau traditionell diejenigen Gewerke, die Ausbauleistungen erbringen, wie beispielsweise Estricharbeiten, Putz- und Stuckarbeiten, Isolierarbeiten, Maler- und Lackierarbeiten und andere, die nach Fertigstellung des Rohbaus tätig werden. Laut statistischem Bundesamt beschäftigten die 8.025 Betriebe des Ausbaugewerbes ca. 372.000 Personen und erzielten im Jahr 2019 einen Gesamtumsatz von ca. 50 Mrd. Euro. Allen Ausbaugewerken machen der demografische Wandel und der damit einhergehende Rückgang an qualifizierten Nachwuchskräften zu schaffen, obwohl die Unternehmen sich mehrheitlich mit wichtigen Zukunftsthemen – wie etwa Energieeinsparung, Ressourcenschonung – beschäftigen und interessante Perspektiven bieten.


Damit die Freude an diesen Berufen, die kreativen Köpfen und handwerklichen Talenten viele Möglichkeiten bieten, nicht durch Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten getrübt wird, sind Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit ihren Beschäftigten gefordert, regelmäßig mögliche Gefährdungen an ihren Arbeitsplätzen und bei ihren Tätigkeiten zu beurteilen sowie ggf. entsprechende technische, organisatorische und persönliche Maßnahmen zu ergreifen. Unterstützt werden die Betriebe hierbei durch vielfältige Angebote der Unfallversicherungsträger – wie z. B. der BG BAU [1] –, aber auch der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände. Die Arbeitswelt ist im Wandel und wir alle müssen uns daran gewöhnen, dass Änderungen auch in der Bauwirtschaft nebst dem Arbeitsschutz schneller erfolgen. Trotzdem sind es auch bei den Ausbaugewerken immer wieder die alten, bekannten Ursachen, die laut Statistiken der BG BAU und der baua [2] zu Arbeitsunfällen führen: Rund 25 % der Unfälle resultieren aus Kontakt mit kontrolliert oder unkontrolliert bewegten Teilen und gefährlichen Oberflächen sowie durch Sturz, Ausrutschen, Stolpern und Umknicken. Unfälle, die im Zusammenhang mit Transportaufgaben und bewegten Arbeitsmitteln entstehen, liegen bei rund 20 % aller Arbeitsunfälle. Eine Bilanz:

 

Absturzunfälle – allgemein

Absturzunfälle machten in den Jahren 2006 – 2015 zwar durchschnittlich „nur“ 8,37 % aller meldepflichtigen Arbeitsunfälle [3] aus, hatten jedoch oftmals schwere und auch tödliche Folgen. Absturzunfälle führen zu immensen Kosten für Behandlung, Reha und Rente bei den Unfallversicherungsträgern, was sich zwangsweise auf die Beiträge für die Mitgliedsunternehmen auswirkt. Der Anteil von Absturzunfällen an neuen Rentenfällen lag bei allen Unfallversicherungsträgern im Durchschnitt bei knapp 40 % in 2018, 2017 lag der Anteil noch bei über 50 % [4]. Die kostenintensivsten Unfallauslöser für die Unfallversicherungsträger sind in der Reihenfolge: Leitern (ortsveränderlich), Dächer und Ähnliches (Terrasse, Dachstuhl, Dachhaut) sowie Gerüste. [5]

 

Absturzunfälle – Leitern

Aufgrund der zahlreichen Faktoren, die einzeln oder kombiniert eine Rolle spielen, lässt sich nicht jedes Unglück hundertprozentig verhindern. Doch einige der möglichen Ursachen lassen sich vermeiden, wie etwa Absturzunfälle im Zusammenhang mit Leitern. Dieses Arbeitsmittel dient dem Menschen seit mehreren Tausend Jahren als Verkehrsweg oder Arbeitsplatz, wurde stetig weiterentwickelt und erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit im Berufs- und Privatleben. Angesichts des anhaltend dramatischen Unfallgeschehens schränken staatliche und berufsgenossenschaftliche Arbeitsschutzregelwerke den Leitereinsatz am Arbeitsplatz dahingehend ein, dass immer ein sichereres Arbeitsmittel (als die Leiter) zu verwenden ist, sofern dies möglich ist. Also ist der Einsatz einer Leiter i. d. R. schwierig zu begründen, da es zumindest bei zugänglichen Arbeitsorten sicherere Alternativen in Form von Tritten, fahrbaren Gerüsten, Kleingerüsten und Arbeitsbühnen gibt. Ist der Leitereinsatz als Arbeitsplatz nicht zu vermeiden, so sollten Stehleitern getreu dem Leitsatz „Stufe statt Sprosse“ wenigstens über 8 cm tiefe Stufen verfügen und nur als Arbeitsplatz verwendet werden, wenn die Standhöhe nicht mehr als 2,00 m beträgt bzw. wenn bei einer Standhöhe von mehr als 2,00 m und bis zu 5,00 m nur zeitweilige Arbeiten ausgeführt werden. Sicherer als herkömmliche Stehleitern sind Plattform- und Podestleitern, deren Anschaffung u. U. von der BG BAU gefördert werden kann.

 

Anforderungen an die Verwendung von Leitern
Bild: TVN CORPORATE MEDIA - BG BAU


Unfälle durch Rutschen, Stürzen, Stolpern

Die maßgeblichen Ursachen für Rutsch-, Sturz- und Stolperunfälle beruhen meist auf Nachlässigkeit bzw. Unordnung und lassen sich meist im wahrsten Sinne des Worts aus dem Weg räumen bzw. wischen. Jede und jeder Einzelne kann zur Verhütung von Stolper-, Rutsch- und Sturzunfällen beitragen und sollte Mängel an Arbeitsplätzen und Verkehrswegen entweder selbst sofort beseitigen oder den Vorgesetzten melden.
 

Abb. 3: Ein selbsthaftendes Abdeckvlies mit saugfähiger Vliesoberseite eignet sich für den Einsatz auf Böden und Treppen.
Bild: Wolfgang Fallier


Wichtig ist auch das Tragen von sicherem Schuhwerk und Kopfschutz, der idealerweise über einen 4-Punkt-Kinnriemen verfügen sollte. Schutzhelme dienen nicht nur dem Schutz vor herabfallenden Gegenständen, sondern verhindern auch Kopfverletzungen beim Sturz auf den Boden oder Treppenstufen. Sicherheitsschuhen und Schutzhelmen mit 4-Punkt-Kinnriemen kommen auch im Zusammenhang mit unkontrolliert bewegten Teilen wichtige Rollen zu. Bei kippenden, wegrollenden, weggleitenden und herabfallenden Teilen sind der örtliche und zeitliche Wirkungsbereich der Bewegung sowie deren Parameter, wie Bewegungsenergie und Oberflächengestalt, kaum vorherbestimmbar, sodass hier wichtige Körperteile vorsorglich zu schützen sind.

 

Persönliche Schutzausrüstungen: Kopfschutz, Fußschutz, Handschutz, Gehörschutz, Augenschutz.
Bild: H.ZWEI.S Werbeagentur GmbH / (c) BG BAU


Mobile Arbeitsmittel

Gefährdungsschwerpunkte beim Umgang mit mobilen Arbeitsmitteln sind:

  • Anfahren, Überfahren und Quetschen von Personen durch Fahrbewegungen, Umkippen, Abstürzen und Aufprallen mit mobilen Arbeitsmitteln,
  • Umkippen, Herabfallen von Transportgut,
  • Stürzen von Personen auf/von mobilen Arbeitsmitteln,
  • unsichere Auf- und Abstiege sowie unsichere Standorte auf dem Arbeitsmittel beim Be- und Entladen, Bedienen, Überwachen/Kontrollieren, Transportieren, Mitfahren usw.

Hier sind neben technischen Maßnahmen (wie Kamera-Monitor-Systeme, Bewegungsbegrenzer) und organisatorischen Maßnahmen (Arbeitsmittelprüfungen, Absperrungen, Verkehrswege- und Einsatzortplanung) insbesondere Qualifizierungen und Unterweisungen gefragt.

 

Bild: BG BAU


Wegeunfälle

Ausbaugewerke arbeiten tendenziell an häufig wechselnden Einsatzorten, was gewisse Aufwände für Planung und Koordination, aber auch mal Stress durch überraschende oder unzulängliche Rahmenbedingungen vor Ort bewirken kann. Um nun wenigstens stressfreier und sicherer zu den wechselnden Einsatzorten zu kommen, bieten sich Fahrersicherheitstrainings an, die z. B. von der BG BAU für Mitgliedsbetriebe bezuschusst werden. Beim Fahrsicherheitstraining geht es um richtige Verhaltensweisen in Gefahrensituationen, die im Ernstfall ohne Nachdenken abrufbar sein sollen. Wenn Fahrzeugführende erst nachdenken müssen, ist es zu spät. In einer geschützten Umgebung auf Übungsplätzen werden Kniffe hinterm Steuer simuliert und Reflexe trainiert, um Fahrten auf dem Weg zu und von der Arbeit für fahrende und mitfahrende Personen sicherer zu machen.

 

Eine Person beim Anmischen eines Produktes mithilfes einer mobilen Mischstation mit Transportwagen. Die mobile Mischstation ist mit einem Bau-Entstauber der M-Klasse verbunden.
Bild: H.ZWEI.S Werbeagentur GmbH / (c) BG BAU


Berufskrankheiten

Neben den Arbeits- und Wegeunfällen spielt auch die Vermeidung von Berufskrankheiten eine wichtige Rolle. Lärm gehört zu den häufigsten Gefährdungen am Arbeitsplatz – und dementsprechend die Lärmschwerhörigkeit zu den am häufigsten anerkannten Berufskrankheiten. Die Einwirkung von Lärm führt zu Belästigungen, Beeinträchtigungen oder Schädigungen, die sich in den allermeisten Fällen durch technische, organisatorische und/oder persönliche Schutzmaßnahmen vermeiden lassen. [6] Auch der auf Baustellen in der Vergangenheit übliche Staub, etwa aus Sand, Kalk, Gips, Zement oder Beton, lässt sich heute mit geeigneten Maßnahmen vermeiden bzw. vermindern.[7] Die frühere „Wunderfaser“ Asbest wird zwar hierzulande seit vielen Jahren nicht mehr verwendet, aber man trifft bei Gebäuden im Bestand immer wieder einmal auf Produkte wie Spachtelmassen, Fliesenkleber und Putze, die Asbest in geringen Mengen enthalten. Hier gilt es, Faserfreisetzungen durch zufällige oder unsachgemäße Bearbeitung zu vermeiden. Auch für diese Arbeiten gilt die TRGS 519 inkl. der Anforderungen an die Sachkunde [8]. Weitere Informationen siehe Leitlinie für die Asbesterkundung zur Vorbereitung von Arbeiten in und an älteren Gebäuden [9].

 

Fazit

Jeder Arbeitsunfall wie auch jeder Wegeunfall oder jede Berufskrankheit sind zu vermeiden. Sie verursachen menschliches Leid und Kosten für Betriebe sowie für die Gemeinschaft. In diesem Beitrag wurden wirksame Gegenmaßnahmen den maßgeblichen Gefährdungen für Ausbaugewerke gegenübergestellt. Beide sind Ausgangspunkt jeder Gefährdungsbeurteilung.

 

Fußnoten
1
Siehe www.bgbau.de.
2
Siehe www.baua.de/DE/Themen/Arbeitsgestaltung-im-Betrieb/Gefaehrdungsbeurteilung/Expertenwissen/Mechanische-Gefaehrdungen/Mechanische-Gefaehrdungen_node.html.
3
Durchschnitt der Jahre 2006 bis 2015, hochgerechnete 7-%-Statistik des GESTA-Datensatzes.
4
Quelle: DGUV Arbeitsunfallgeschehen 2018 (https://publikationen.dguv.de/zahlen-fakten/schwerpunkt-themen/3680/arbeitsunfallgeschehen-2018?number=SW17680 und DGUV Arbeitsunfallgeschehen 2017 (https://publikationen.dguv.de/zahlen-fakten/schwerpunkt-themen/3479/arbeitsunfallgeschehen-2017?number=SW17479).
5
Quelle: BI der BG BAU. Untersuchung der 1.000 meldepflichtigen Arbeitsunfälle in 2014 – 2016 mit den höchsten Kosten in den ersten drei Jahren.
6
Siehe www.bgbau.de/themen/sicherheit-und-gesundheit/laerm-und-vibrationen/.
7
Siehe www.bgbau.de/themen/sicherheit-und-gesundheit/staub/.
8
TRGS 519 Asbest - Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten (Stand 10/2019).
9
Hrsg.: BAUA/UBA/BBSR 2020.
Autor

Dipl.-Ing. Bernd Merz

BG BAU Prävention


Ausgabe

BauPortal 2|2021