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Ein Kran vor blauem Himmel und Sonne.
Ein Kran vor blauem Himmel und Sonne. | Bild: BG BAU

Gesundheit, Bauorganisation

Herausforderung: Hitze und COVID-19-Pandemie

Auch in diesem Sommer wird die Notwendigkeit bestehen, Hitzeperioden mit dem erforderlichen Schutz vor SARS-CoV-2-Virus bei der Arbeit in Einklang zu bringen. Zusätzliche persönliche Schutzausrüstung (z. B. Atemschutzmasken und Handschuhe), die die mögliche Übertragung des Virus reduzieren, verstärken ihrerseits die Belastung durch Hitze. Daher sind angepasste Maßnahmen erforderlich, die ein sicheres Arbeiten in jeder Hinsicht ermöglichen.

 

Am 11. März 2020 erklärte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Ausbruch von COVID-19 zur Pandemie und zu einem der größten globalen Gesundheitsnotfälle nach dem Zweiten Weltkrieg. Das fällt in eine Zeit, in der weltweit ein weiteres Phänomen wirksam wird: die Zunahme von extremen Hitzeereignissen als Folge des Klimawandels. Auch in Deutschland traten seit 2000 ungewöhnliche sommerliche Extremhitzeereignisse häufiger auf, mit neuen Temperaturrekorden und außergewöhnlich langer Dauer. Sechs von zehn Hitzerekorden seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881 wurden nach 2002 gemessen. Das Maximum waren 42,6 °C im Jahr 2019.[1]

 

Neben der Impfung, der Kontaktvermeidung bzw. der Einhaltung der Abstandsregeln gilt insbesondere das Tragen von Atem- oder Mund-Nasen-Schutz als eine der wirksamsten Maßnahmen, die Übertragung des SARS-CoV-2-Virus zu verhindern und die COVID-19-Pandemie zu stoppen.[2] [3] Gerade aber im Zusammenhang mit hohen Umgebungstemperaturen werden auch die Nachteile dieses Schutzes besonders deutlich: der behinderte Wärmeaustausch zwischen Körper und Umwelt und die körperliche Mehrbelastung durch den erhöhten Atemwiderstand – insbesondere wenn die Atemschutz- oder Mund-Nasen-Maske durchfeuchtet ist.

 

Obwohl die Maske nur einen kleinen Teil der Körperoberfläche bedeckt, wirkt sich das Tragen von Atem- oder Mund-Nasen-Schutz negativ auf die respiratorischen und dermalen Mechanismen der menschlichen Thermoregulation aus [4] und beeinflusst die Herzfrequenz, die thermische Belastung und das subjektive Unbehaglichkeitsgefühl signifikant.[5] Das heiße und feuchte Luftpolster, das unmittelbar unter der Maske zwischen dieser sowie Mund und Nase entsteht, behindert nicht nur den Atmungsprozess, sondern führt auch zu einer Erhöhung der Temperatur in der Mundhöhle, weil die Wärmekonvektion und die Verdunstung aus dem Mund verringert sind.[6] [7]

 

Darüber hinaus können hohe Temperaturen und Feuchtigkeit unter der Maske zu Hautreaktionen wie zum Beispiel einer Kontaktdermatitis führen.[8] [9] Leider führen diese negativen Effekte auch häufig zu einer verminderten oder unkorrekten Nutzung und damit zu einem verringerten Schutz für die Anwendenden.[4] Es konnte jedoch auch gezeigt werden, dass sich die nachteiligen Auswirkungen des Masken-Tragens durch ein Ausatemventil deutlich verringern lassen.[10]

 

Aktuelle Bedingungen berücksichtigen

In den vorhandenen Hitzeindices und Warnmodellen spielen diese zusätzlichen Belastungen bisher jedoch keine Rolle. Hitzewarnungen für die Allgemeinbevölkerung (z. B. die des Deutschen Wetterdiensts unter www.dwd.de) gehen von witterungsentsprechender Kleidung aus und berücksichtigen naturgemäß weder spezielle Arbeitskleidung noch persönliche Schutzausrüstung (PSA). Bei dem auf den vorigen Seiten vorgestellten HEAT-SHIELD-Index fließen zwar schon Helm und Arbeitskleidung mit ein, Mund-Nasen-Schutz (und auch andere PSA) bleiben jedoch auch hier unberücksichtigt. Hier besteht angesichts der aktuellen Entwicklungen dringender Anpassungsbedarf.

 

Hohe Anfälligkeit für Hitzestress

Daneben besteht trotz aller Schutzmaßnahmen auch in diesem Sommer die reale Möglichkeit, an COVID-19 zu erkranken. Damit ist auch eine zusätzliche Gefährdung verbunden: Menschen, die mit COVID-19 infiziert sind oder sich noch in der nachfolgenden Erholungsphase befinden, sind – noch stärker als bei anderen Viruserkrankungen – anfälliger für Hitzestress. Das ist gut nachvollziehbar, wenn man weiß, dass das SARS-CoV-2-Virus auch nach leichteren Erkrankungen längerfristige Lungen-, Herz- und Nierenschädigungen verursachen kann.[11] Besonders relevant wird das für Beschäftigte, die nach der Krankheit an ihren Arbeitsplatz zurückkehren und dann außerdem – im Gegensatz zu ihren Kolleginnen und Kollegen – nicht akklimatisiert sind.

 

Hitze oder Fieber?

Und nicht zuletzt: Fieber ist das häufigste Symptom bei einer Coronavirus-Infektion[12], insofern kann die Unterscheidung von einer hitzebedingten Erhöhung der Körperkerntemperatur schwierig sein. Das Tragen von Atem- oder Mund-Nasen-Schutz erschwert zudem die Wahrnehmung eines Unwohlseins im Kollegenkreis.

 

Darstellung einer Person mit Kühlweste und  Schutzhelm mit Nackenschutz.
Kühlweste
Bild: H.ZWEI.S Werbeagentur GmbH / (c) BG BAU

 

Schlussfolgerungen

Unter dem Aspekt der Corona-Pandemie müssen die im Unternehmen bestehenden Festlegungen zur Arbeit bei Hitze überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Dabei sollten die herkömmlichen arbeitsphysiologischen Grenzwerte – soweit sie genutzt werden – aufgrund der oben dargestellten besonderen Situation hilfsweise mit einem höheren Arbeitsschwere-Level angewendet werden.

 

Das übersichtliche Plakat mit Tipps zu den Coronavirus-Regeln bei Hitze ist im Medien-Center der BG BAU unter www.bgbau.de/corona-hitze herunterladbar.
Das übersichtliche Plakat mit Tipps zu den Coronavirus-Regeln bei Hitze ist im Medien-Center der BG BAU unter www.bgbau.de/corona-hitze herunterladbar.
Bild: BG BAU

 

Um die Gesundheit und Leistungsfähigkeit an heißen Tagen insbesondere während des Tragens von Atem- oder Mund-Nasen-Schutz (oder anderer PSA) zu erhalten, sollten zudem alle am Arbeitsplatz machbaren Optionen genutzt werden, um den Anstieg der Körperkerntemperatur während der Arbeit gering zu halten. Einen Überblick über unterstützende Maßnahmen geben die untenstehende Tabelle sowie der Artikel von Dr. Annaheim in diesem Heft.

 

Die Tabelle zeigt, welche Maßnahmen beim Arbeiten unter Hitze welche Effekte bewirken.
Die Tabelle zeigt, welche Maßnahmen beim Arbeiten unter Hitze welche Effekte bewirken.
Bild: Dr. med. Ute Pohrt - BG BAU

 

Die Maßnahmen müssen rechtzeitig vor Beginn der Hitzeperiode organisiert und die Beschäftigten entsprechend unterwiesen werden. Selbst wenn die letzten Punkte der Tabelle nicht direkt oder nur teilweise im Einflussbereich des Unternehmens liegen, ergibt sich aus den dargestellten Zusammenhängen eine (weitere) Notwendigkeit, diese Themen gegebenenfalls im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements zu bearbeiten.

 

Literaturhinweise
[1]
Mücke HG, Litvinovitch JM. Heat Extremes, Public Health Impacts, and Adaptation Policy in Germany. Int J Environ Res Public Health. 2020 Oct 27;17(21):7862.
[2]
Chu, D.K., Akl, E.A., Duda, S., Solo, K., Yaacoub, S., Schünemann, H.J., COVID-19 Systematic Urgent Review Group Effort (SURGE) study authors, 2020. Physical distancing, face masks, and eye protection to prevent person-to-person transmission of SARS-CoV-2 and COVID-19: a systematic review and meta-analysis. Lancet https://doi.org/10.1016/S0140-6736(20)31142-9.
[3]
Zhang, R., Li, Y., Zhang, A.L.,Wang, Y.,Molina,M.J., 2020. Identifying airborne transmission as the dominant route for the spread of COVID-19. PNAS.
[4]
Roberge, R.J., Kim, J.-H., Coca, A., 2012. Protective facemask impact on human thermoregulation: an overview. Ann. Occup. Hyg. 56, 102–112.
[5]
Li, Y., Tokura, H., Guo, Y.P., Wong, A.S., Wong, T., Chung, J., Newton, E., 2005. Effects of wearing N95 and surgical facemasks on heart rate, thermal stress and subjective sensations. Int. Arch. Occup. Environ. Health 78, 501–509.
[6]
Yip, W.L., Leung, L.P., Lau, P.F., Tong, H.K., 2005. The effect of wearing a facemask on body temperature. Hong Kong Journal of Emergency Medicine 12, 23–27.
[7]
Eikenberry, S.E., Mancuso, M., Iboi, E., Phan, T., Eikenberry, K., Kuang, Y., Kostelich, E., Gumel, A.B., 2020. To mask or not to mask: modeling the potential for face mask use by the general public to curtail the COVID-19 pandemic. Infect. Dis. Model.
[8]
Matusiak, Ł., Szepietowska, M., Krajewski, P., Białynicki-Birula, R., Szepietowski, J.C., 2020. Inconveniences due to the use of face masks during the COVID-19 pandemic: a survey study of 876 young people. Dermatol. Ther.
[9]
Foo, C.C., Goon, A.T., Leow, Y.H., Goh, C.L., 2006. Adverse skin reactions to personal protective equipment against severe acute respiratory syndrome – a descriptive study in Singapore. Contact Dermatitis 55, 291–294.
[10]
Hayashi, C., Tokura, H., 2004. The effects of two kinds of mask (with or without exhaust valve) on clothing microclimates inside the mask in participants wearing protective clothing for spraying pesticides. Int. Arch. Occup. Environ. Health 77, 73–78.
[11]
Morabito M, Messeri A, Crisci A, Pratali L, Bonafede M, Marinaccio A; WORKLIMATE Collaborative Group. Heat warning and public and workers‘ health at the time of COVID-19 pandemic. Sci Total Environ. 2020.
[12]
Lovato A, de Filippis C. Clinical presentation of COVID-19: a systematic review focusing on upper airway symptoms. Ear Nose Throat J. 2020;145561320920762.
Autorin

Dr. med. Ute Pohrt

Abt. Gesundheit
BG BAU Prävention


Ausgabe

BauPortal 2|2021