Der von Ihnen verwendete Browser wird von der BG BAU nicht mehr unterstützt. Es kann daher auf der BG BAU Website zu Darstellungsfehlern kommen.

Baustelle mit mehreren eingelassenen Betonstützen, Kran, Bauzaun und Container von Straßenkreuzung aufgenommen.
Baustelle der Berliner Compartment-Schule mit mehreren eingelassenen Betonstützen, Kran, Bauzaun und Container von Straßenkreuzung aufgenommen. | Bild: Bärbel Rechenbach

Fertigteilbau, serielles Bauen, Bauwerksbau, Modulbauweise

Schulneubau in Serie erhöht Bautempo

Eine Berliner Compartment-Schule wird mithilfe nachhaltiger Standards in serieller und modularer Bauweise errichtet. Denn Berlin braucht mehr Schulen. Allein in den vergangenen acht Jahren stieg die Schülerzahl um 25 %. Die erklärte Schulbauoffensive des Berliner Senats will mit Sanierungen und Erweiterungen bestehender Gebäude sowie mit 62 neuen Schulen bis 2026 mehr Raum schaffen. Das Tempo wird unter anderem von serieller und modularer Bauweise bestimmt. So auch beim Neubau der Compartment-Grundschule in der Mahlsdorfer Elsenstraße.
 

Abriss der Schulbau-Ruine

Hier befindet sich auch ein stillgelegtes Schulgelände, das seit 2008 vor sich hinrottete. Nach jahrelangem politischem Verhandlungen wurde schließlich 2016 beschlossen, den Platz wieder für einen künftigen Schulneubau zu sichern. Doch wieder vergingen Jahre, bis 2022 – nach Übernahme des Grundstücks durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Bauen und Wohnen – die Fläche schließlich von allen Schadstoffen befreit war und die Gebäuderuine Anfang 2023 abgerissen wurde.
 

Start des Rohbaus

Mittlerweile ist der Erdbau für die neue Schule bewältigt. Der Rohbau ist gestartet. Schule sowie Sporthalle entstehen in serieller und modularer Bauweise wie insgesamt sieben weitere Schulgebäude im Berliner Stadtgebiet. Ideengeber für den ursprünglichen Architekturentwurf ist das Büro Bruno Fioretti Marquez. Als Generalunternehmer für dieses Bauprojekt agiert die Klebl GmbH aus Neumarkt, die als langjähriger Profi im Fertigteilbau gilt. Sie erhielt nach einem europaweiten offenen Vergabeverfahren im Februar 2021 einen Rahmenvertrag für bis zu zwölf Schulstandorte.

Die zwei Turmdrehkrane drehen sich weithin sichtbar über den „Berliner Balkon“. So heißt eine markante Landschaft, die Kaulsdorf-Süd und Mahlsdorf-Süd verbindet. Der Höhenunterschied hier – zwischen Barnim-Hochfläche mit 57 m und dem Berliner Urstromtal mit 42 m Normalhöhennull (NHN) – ist im Barnim einmalig und kann auf einem beliebten Europawanderweg erlebt werden.
 

Grundriss der einzelnen Schulgebäude und der Freiflächen.
Grundriss der neuen Compartment-Schule
Bild: Klebl GmbH


Die vierzügige Compartment-Grundschule sowie die dazugehörige doppelstöckige Sechsfeld-Sporthalle werden auf insgesamt 13.500 m2 Geschossfläche dem Hang genau angepasst – so, wie vom Senat gefordert. Denn zwischen Sportplatz und Gebäuden existiert ein Gefälle von zehn Metern, was besondere Böschungssicherungen voraussetzt.
 

Der Newsletter der BG BAU

Hier erhalten Sie alle wichtigen Meldungen und aktuelle Informationen zum Thema Arbeitsschutz per E-Mail – so etwa auch Hinweise zu neuen Arbeitsschutzprämien und Seminarangeboten.

Sie möchten keine Ausgabe der BauPortal verpassen? Klicken Sie einfach das entsprechende Kästchen in den Profileinstellungen an. Den Link zum Profil finden Sie am Ende jedes Newsletters oder direkt nach der Anmeldung.

Jetzt abonnieren!

 

Nachhaltigkeit ist Standard

Für diesen Schulneubau gelten – wie für alle Schulbauten in der Hauptstadt – dieselben Standards: von wirtschaftlicher Planung und Bauweise angefangen über den Einsatz nachhaltigen Baumaterials und moderner Gebäudetechnik – einschließlich Regenwassermanagement, Dachbegrünung und Photovoltaikanlagen – bis hin zum Schutz von Flora und Fauna. So werden z. B. vorhandene Nistkästen auf dem bisherigen Sportplatzgelände an die künftigen Fassaden der neuen Schule angebracht. Das Dach wird begrünt, Regenwasser aufgefangen und u. a. fürs Bewässern der Grünanlagen ringsum genutzt. Ziel des Senats ist es, für alle Schulneubauten den Qualitätsstandard Silber nach dem Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) zu erreichen. Bewährt hat sich dabei die serielle und modulare Bauweise.

Grafik, die vier Modelle des Schulgebäudes mit den jeweiligen Modulen zeigt.
Die Compartment-Schule ist modular aufgebaut.
Bild: Klebl GmbH

 

Vorteile des seriellen und modularen Bauens

Franz-Xaver Schmalzl, Projektleiter der Klebl GmbH, verweist auf viele Erfahrungen, die das Unternehmen im seriellen und modularen Bauen mitbringt. „Zum einen stellt unsere Firma bereits seit den 1970er-Jahren qualitativ hochwertige Systembauteile her, liefert und montiert sie auch. Zum anderen haben wir in Berlin schon einige modulare Schulen, wie z. B. im Naumburger Ring, errichtet und kennen uns gut mit den Standortbedingungen aus. Das beschleunigt nicht nur den Bauprozess, sondern auch die Logistik.“  Die Produktion in Serie sowie die modulare Bauweise weisen, was Effizienz und Bautempo angeht, enorme Vorteile für Typenbauten wie den Schulneubau aus, bekräftigt er. „Alle Fertigteile, einschließlich Treppenhäusern und Funktionstrakten, werden bei uns im Werk mittels BIM nach statischen Vorgaben genau dimensioniert geplant und gefertigt. Berechnete Lasteinträge für tragende Stützen beispielsweise sind nahezu für alle Schulbauten identisch und lassen sich so exakt gleich werkseitig herstellen. Ebenfalls Schalungen. Das spart Material und Kosten.“
 

Der Projektleiter und der Bauleiter stehen mit Helm und gelb-oranger Jacke vor einer Betonwand der Schule.
Projektleiter Franz-Xaver Schmalzl und Bauleiter Kolja Gerke vor einer Betonwand des Schulneubaus.
Bild: Bärbel Rechenbach


Auch Bauleiter Kolja Gerke schätzt die Vorzüge der seriellen Technologie: „Die Elemente sind werkseitig genau nummeriert und werden fix und fertig sowie taktgenau auf die Baustelle geliefert. So müssen wir sie nur noch auf der Baustelle montieren – zügig und witterungsunabhängig, auch bei Minusgraden. Noch eins zählt. Wir bauen auf engstem Raum am Hang, zwischen Wohngebäuden und einer Kita. Uns steht hier kaum Lagerfläche zur Verfügung. Auch unter diesem Aspekt garantiert die Just-in-Time-Lieferung einen optimalen Bauablauf. Wir wollen die Gebäude termingerecht Ende 2024 schlüsselfertig übergeben.“ Der Baufortschritt spricht für sich. Täglich nehmen die Bauwerke mehr Form an.
 

Baudaten

Bauherr:
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen in Amtshilfe für den Bezirk Marzahn-Hellersdorf


Architektur:
Büro Bruno Fioretti Marquez


Generalunternehmer:
Klebl GmbH


Gesamtkosten:
rund 52 Mio. Euro


Geplante Fertigstellung:
Schulbau bis Ende 2024; Außenanlagen bis 2025
 

Flexible Raumaufteilung möglich 

Die Konstruktion der Gebäude beruht auf einem Träger-Stützen-Prinzip mit punktförmiger Lastabtragung. Das ermöglicht später eine multifunktionale und flexibel nutzbare Raumaufteilung, so, wie es das pädagogische Konzept einer Compartment-Schule vorsieht. Kleine Lern- und Aktionsplätze um ein Forum konzipiert, bilden zusammen eine große Schule. So wird z. B. auch der Flur zum Lernort für Gruppen- oder Einzelarbeit. Bereiche für Schüler eines Jahrgangs oder einer Klasse können beliebig kombiniert werden. Grundrisse lassen sich dafür leicht und schnell umgestalten, ähnlich einem Baukastensystem.

Der modulare Aufbau mit einem hohen Anteil gleicher, vorgefertigter Stützen, Wand- und Deckenelemente oder Treppen verkürzt die Bauzeit dafür erheblich. Denn parallel zur Produktion der Elemente im Werk können auf der Baustelle bereits die Fundamente oder die teilweise Unterkellerung für Heizungstechnik und Archive hergestellt werden. Jederzeit wären auch später An- oder Aufbauten unkompliziert machbar.

Das Berliner Konzept für die modernen neuen Schulen wurde unter anderem gemeinsam mit Pädagoginnen und Pädagogen, Architektinnen und Architekten sowie Eltern entwickelt.
 

An einem Kran befestigte Stütze wird in die Erde eingelassen. Zwei Personen in Warnweste positionieren die Stütze.
An einem Kran befestigte Stütze wird in die Erde eingelassen. Zwei gut sichtbare Bauarbeiter positionieren die Stütze.
Bild: Bärbel Rechenbach
Bild
1 von 2
Öffnung im Fundament, in der eine Betonstütze eingehoben ist. Die Stütze wird von allen Seiten mit Holzkeilen abgestützt.
Öffnung im Fundament, in der eine Betonstütze eingehoben ist. Die Stütze wird von allen Seiten mit Holzkeilen abgestützt.
Bild: Bärbel Rechenbach
Bild
2 von 2

Köcherfundamente für die Stützen

Für das Traggerüst wurden insgesamt 70 Rechteck-Stahlbetonstützen (20 m hoch) in den Boden gesetzt. Allein für das Schulgebäude waren es 30 Stützen. Sie gewährleisten, dass der Stützenquerschnitt über viele Geschosse gleich bleiben kann. Konsolen oder sonstige Wandanschlüsse lassen sich problemlos daran anbringen. Kaum jedoch vorstellbar ist, dass diese Giganten nur 70 cm tief stabil im Erdreich stehen. Kolja Gerke erklärt das Konstruktionsprinzip näher: „Wir gründen mit Köcherfundamenten, die aus jeweils einer unteren Stahlbeton-Fundamentplatte sowie dem aufstehenden Köcher bestehen. Mithilfe eines Krans werden die Stützen dann mittig hineingehoben und auf dem Dorn beweglich gelagert. Holzkeile am oberen Rand dienen der Zentrierung. Der jeweils verbliebene Hohlraum wird anschließend mit Beton verfüllt, um Köcherfundament und Stahlbetonstütze kraftschlüssig und dauerhaft zu verbinden. So ist die Stabilität garantiert gegeben. Die Holzkeile werden dann wieder entfernt und entstandene Vergusstaschen mit Beton verfüllt.“
 

Betonfassadenelemente werden jeweils an eine Seite einer Stütze montiert.
Betonfassadenelemente werden jeweils an eine Seite einer Stütze montiert.
Bild: Bärbel Rechenbach


In dieses monumentale Stützenraster brauchen die Wand-, Decken-­ und Fassadenelemente nur noch eingehängt, geschossweise aufgelagert und gegen Ausheben windsicher verschraubt zu werden. Zur Lagerung der Unterzüge dienen Konsolen. Sie befinden sich seitlich an den Stützen und betragen etwa 20 cm. „Sollten die Gebäude einmal ausgedient haben“, ergänzt der Projektleiter, „lassen sich die Systembauteile ohne großen Aufwand wieder rückbauen und recyceln.“
 

Unfallfrei zum Arbeitsplatz

Derzeit arbeiten 30 Beschäftigte auf der Baustelle. „Sie stammen meist aus denselben Unternehmen, die immer für uns arbeiten. Das hat sich bewährt. Sie kennen die Sicherheitsbestimmungen und die Klebl-Ansprüche genau. Dennoch führen wir regelmäßig Unterweisungen durch, was das Tragen einer nötigen Schutzausrüstung sowie das Verhalten auf der Baustelle angeht. Das trifft auch für die Neuen im Team zu. Dazu gehört das Ein- und Freihalten der Verkehrs- und Fluchtwege sowie der Treppenaufgänge von den unteren Bereichen in den oberen Hang, damit alle sicher an ihren Arbeitsplatz gelangen. Alle 14 Tage kontrolliert der Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator (SiGeKo) die Baustelle, die an einer stark frequentierten Straße liegt und von vielen Fußgängern passiert wird, ob die Vorschriften eingehalten werden. Bis jetzt arbeiten wir unfallfrei. Und das soll so bleiben“, erklärt Bauleiter Kolja Gerke.
 

Böschung am Baustellenrand wird mit schwarzer Plane und Holzstücken gesichert.
Böschung am Baustellenrand wird mit schwarzer Plane und Holzstücken gesichert.
Bild: Bärbel Rechenbach
Bild
1 von 2
Rotes Transportgestell mit verschiedenen Betonfertigteilen auf einer Baustelle.
Die im Werk hergestellten Fertigteile werden zum Montagetermin angeliefert.
Bild: Bärbel Rechenbach
Bild
2 von 2


Eine wichtige Rolle spielte dabei auch die Baustelleneinrichtung (BE), die nicht nur dabei hilft, dass Bauwerke mit möglichst geringen Kosten in der geforderten Qualität errichtet werden, sondern auch Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten, Umweltschutz und Verkehrssicherungspflichten berücksichtigt werden. Dafür muss die BE vom Auftraggeber zusammen mit Planern und der SiGe-Koordination vor Ausschreibung der Bauleistungen durchdacht werden und in Leistungsbeschreibung sowie Ausschreibung integriert sein. 
 

Baufortschritt dank modularer Bauweise

Wenn die neue Grundschule in Mahlsdorf-Süd – wie vorgesehen – schlüsselfertig übergeben wird, können hier 576 Kinder ihr neues Lern-Domizil beziehen und die Schulsituation weiter entlasten. Im Rahmen der Berliner Schulbauoffensive werden bis 2026 in Marzahn-Hellersdorf etwa 11.000 neue Schulplätze durch Umbau, Erweiterung, Sanierung und Neubau geschaffen.
 

Compartment-Schule

Bei dieser Schulart befinden sich mehrere kleinere Schulen in einem Schulgebäude. Gelernt und gearbeitet wird in den sogenannten „Compartments“. Das sind kleinere, flexibel nutzbare Unterrichtsbereiche. Im Mittelpunkt eines Compartments befindet sich das Forum. Das Forum als offener zugänglicher Bereich kann vielfältig genutzt werden: als Treffpunkt, Arbeitsraum, Besprechungs- und Bewegungsraum oder Pausenfläche mit viel Platz für Rückzug und Erholung. Um das Forum gruppieren sich fünf Klassen- und Teilungsräume, ein Ruheraum sowie ein Teamraum für das pädagogische Personal. In den neuen Schulen gibt es je nach Größe bzw. Zügigkeit die dazu passende Anzahl von Compartments. So ist eine vierzügige Grundschule mit vier Compartments ausgestattet.

Quelle: Berliner Schulbauoffensive
 

Autorin

Bärbel Rechenbach

Freie Baufachjournalistin


Ausgabe

BauPortal 1|2024