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Titelbild der DGUV Information 201-027
Titelbild der DGUV Information 201-027 | Bild: DGUV Information 201-027 - Thomas Borchert

Kampfmittelbergung

Bauaushubüberwachung und baubegleitende Kampfmittelräumung


Beim Um- oder Ausbau bzw. bei der Sanierung von Industrie-, Wohn- oder Mischgebieten, aber auch bei Lückenbebauungen werden immer wieder Kampfmittel gefunden. Was bei der Kampfmittelräumung zu beachten ist, soll der folgende Beitrag erläutern, der 2012 in dieser Zeitschrift erschienen ist und jetzt aktualisiert wurde.
 

Auch viele Jahrzehnte nach Kriegsende sind Kampfmittelfunde ein ernst zu nehmendes Thema. Es ist davon auszugehen, dass ca. 10–15 % der im Zweiten Weltkrieg abgeworfenen Bomben nicht zur Wirkung gelangten und auch heute noch eine Gefahr für die Umgebung darstellen. Besonders in Ballungszentren findet man:

  • aufgegebene oder zerstörte Fliegerabwehrstellungen,
  • Vergrabestellen,
  • zur Sprengung vorbereitete Bauwerke,
  • ehemalige Stellungs- und Grabensysteme mit Munition.

Daher werden Bauvorhaben immer wieder durch Kampfmittelfunde, ja sogar auch Explosionen von Kampfmitteln gestoppt. Vor diesem Hintergrund stellen sich folgende Fragen:

  • Hat der Bauherr bzw. haben dessen Planer im Rahmen der Gefahrenvorsorge das Problem „Kampfmittel im Baugrund“ erkannt?
  • Hat sich der Bauherr bzw. haben sich dessen Planer mit den zur Verfügung stehenden Sondier- und Räumverfahren befasst?
  • Ist sich der Bauherr seiner Verantwortung gegenüber den bauausführenden Unternehmen bewusst?

Bei Bauarbeiten unter Kampfmittelverdacht entstehen Gefährdungen, deren Beseitigung zu den vertraglichen Pflichten des Bauherrn gehört (VOB/C ATV DIN 18299). Vielfach ist aber festzustellen, dass aus Kostengründen keine Kampfmittelräumung im engeren Sinne geschieht, sondern versucht wird, dem Problem des Kampfmittelverdachts mittels sogenannter Bauaushubüberwachung Herr zu werden. Dies geschieht insbesondere dann, wenn kein konkreter, sondern ein diffuser Kampfmittelverdacht vorliegt, d. h., dass anhand von Luftbildern oder anderen Unterlagen zwar keine verortbaren Ansatzpunkte festgestellt werden können, aber doch so konkrete Verdachtsmomente dafür vorliegen, dass ein gewisser Kampfmittelverdacht bestehen bleibt (auch bezeichnet als „Fläche mit Kampfmittelverdacht ohne konkrete Gefahr“).
 

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Pflichten des Bauherrn

Die Bereitstellung des Baugrunds zur weiteren Bearbeitung, z. B. zur Herstellung eines Bauwerks ist gemäß § 645 BGB im Sinne der Lieferung eines Baustoffs zu sehen. Die Verantwortung für den Zustand des Baustoffs „Baugrund“ trägt grundsätzlich der Bauherr, d. h., er trägt das sogenannte Baugrundrisiko.

Auf einer Fläche, die nach historischer Erkundung als kampfmittelgefährdet anzusehen ist, hat der Bauherr unter Beachtung des Rechtsgrundsatzes der allgemeinen Verkehrssicherung die Pflicht, Schäden, die von seinem Grund und Boden ausgehen, von den Bauarbeitern abzuwenden. Er hat somit dafür zu sorgen, dass eventuell vorhandene Kampfmittel unschädlich gemacht werden, was i. d. R. durch eine Kampfmittelräumung im klassischen Sinn geschieht.

Dies gilt sowohl bei einem konkreten als auch bei dem diffusen Kampfmittelverdacht. In diesem Fall können z. B. in Nordrhein- Westfalen die Ordnungsbehörden entsprechende Vorgehensweisen verfügen. Seit im Jahr 1994 auf einer Baustelle in Berlin die Explosion einer Bombe vier Arbeiter in den Tod gerissen hat, wird in einigen kreisfreien Städten und Landkreisen Sachsens die Antragstellung zur Kampfmittelbelastungsprüfung von Baugrundstücken vorgeschrieben. Eine vorbildliche Vorgehensweise, an die sich andere Städte und Landkreise anschließen sollten. Darüber hinaus hat aber jeder Bauherr im Rahmen der Planung und Ausführung eines Bauvorhabens ohnehin Vorgaben zu beachten, die in die gleiche Richtung weisen. Hier ist insbesondere die Baustellenverordnung (BaustellV) in Verbindung mit § 4 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) zu nennen, aber auch § 319 StGB „Baugefährdung“. Weitere Hinweise zu den Bauherrenpflichten bei Bauarbeiten auf Kampfmittelverdachtsflächen enthält die DGUV Information 201-027.
 

Titelbild der DGUV Information 201-027
DGUV Information 201-027
Bild: DGUV

Die DGUV Information 201-027 „Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und Festlegung von Schutzmaßnahmen bei der Kampfmittelräumung“ unterstützt bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung für die Tätigkeiten des Aufsuchens, Freilegens, Identifizierens und Bergens von Kampfmitteln.
 

DGUV Information 201-027
 

Baustellenverordnung

Eine allgemeine – in ihrer Zielrichtung aber sehr deutliche Vorgabe, die auf jeder Baustelle zu beachten ist – enthält § 2 BaustellV „Planung und Ausführung des Bauvorhabens“. § 2, Absatz 1 lautet verkürzt: (1) „Bei der Planung der Ausführung eines Bauvorhabens (…) sind die allgemeinen Grundsätze nach § 4 des Arbeitsschutzgesetzes zu berücksichtigen.“

Somit hat der Bauherr schon bei der Planung der Ausführung eines Bauvorhabens gemäß den ersten und wesentlichsten drei allgemeinen Grundsätzen nach § 4 ArbSchG zu berücksichtigen, dass

  • die Arbeit so zu gestalten ist, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird,
  • Gefahren an ihrer Quelle zu bekämpfen sind und
  • der Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt werden.
     

Allgemeine Grundsätze nach § 4 ArbSchG  bei Anwendung der BaustellV und deren zugehörigen Pflichten für Bauherrn oder beauftragte Dritte nach § 4 BaustellV
 

Zugehörige Pflichten auf allen Baustellen:

§ 2 Abs. 1 BaustellV *

  • Die allgemeinen Grundsätze des § 4 ArbSchG sind bei der Planung der Ausführung zu berücksichtigen

Zugehörige Pflichten zusätzlich auf Baustellen auf denen Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden

§ 3 Abs. 1 BaustellV

  • Bestellter Koordinator oder Bauherr selbst

§ 3 Abs. 2 Nr. 1 BaustellV *

  • Die allgemeinen Grundsätze sind bei der Planung und Ausführung zu koordinieren

§ 3 Abs. 3 Nr. 1 BaustellV *

  • Die Anwendung der allgemeinen Grundsätze ist bei der Ausführung zu koordinieren

 

 

Werden diese Vorgaben der BaustellV nicht beachtet, könnte im Schadensfall, d. h. bei der Explosion eines Kampfmittels, auch § 319 StGB „Baugefährdung“ heranzuziehen sein:

  • (1) „Wer bei der Planung, Leitung oder Ausführung eines Baues oder des Abbruchs eines Bauwerks gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Die für die Kampfmittelräumung einschlägige DGUV Information 201-027 hilft sowohl dem Kampfmittelräumunternehmen als auch dem Bauherrn bzw. dessen Planer, die allgemeinen Grundsätze nach § 4 ArbSchG bei der Planung und Ausführung des Bauvorhabens auf kampfmittelverdächtigem Untergrund zu berücksichtigen und umzusetzen.


Verfahren nach dem Stand der Technik?

Gängige Praxis ist es, bei Ausschreibungen von den ausführenden Unternehmen den Stand der Technik abzufordern. Da wegen zu vieler im Untergrund vorhandener Störkörper die klassischen Vorgehensweisen der Kampfmittelräumung manchmal nicht anwendbar sind und zudem auch manche Bauherren aus finanziellen Gründen vor Sondierungen zurückschrecken, wird schon bei der Planung des Bauvorhabens auf kampfmittelverdächtigem Untergrund zum Mittel der sogenannten Bauaushubüberwachung gegriffen: Eine zur Kampfmittelräumung befähigte Person, im Folgenden Feuerwerker genannt, wird neben den Bagger gestellt und soll die Arbeiten sofort stoppen, wenn sie etwas „Auffälliges“ bemerkt.

Diese auch als „fachtechnische Begleitung“ des Bauvorhabens bezeichnete Vorgehensweise stößt in der Fachwelt auf heftige Kritik („ist eigentlich nur ein zusätzlicher Toter“), sowohl weil es vom Bauherrn so ausgeschrieben wird, aber auch weil sich einige Kampfmittelräumfirmen überhaupt darauf einlassen. Vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Zwänge mag das zwar verständlich sein, aber eine solche Vorgehensweise ist ein eklatanter Verstoß nicht nur gegen die allgemeinen Grundsätze des § 4 ArbSchG, sondern auch gegen jedes Prinzip der Sicherheitsplanung:

  • Hat der Feuerwerker überhaupt eine Chance, eine konkrete Gefahr durch ein bewegtes oder freigelegtes Kampfmittel rechtzeitig festzustellen? 
  • Wie lange hält er das durch, den Aushubbereich nach Unregelmäßigkeiten und die Aushubmassen nach Verdachtsinhalten so intensiv wie notwendig zu „scannen“?
  • Kann er dem Druck der Erdbaufirma standhalten, „Leistung zu bringen, Masse zu machen“?
  • Wer trägt die Verantwortung, wenn es zu einem Schadensereignis kommt? Die verantwortliche Person der Kampfmittelräumfirma, die Kampfmittelräumfirma selbst oder der Bauherr?

Eine Definition der Bauaushubüberwachung zum Auffinden von Kampfmitteln und damit eine bindende Vorschrift zur Vorgehensweise gibt es nicht. Oft wird aber für die gleiche wie oben beschriebene Vorgehensweise ein anderer Begriff gebraucht bzw. missbraucht: baubegleitende Kampfmittelräumung. Im Gegensatz zur Bauaushubüberwachung sind die Vorgehensweisen der baubegleitenden Kampfmittelräumung exakt beschrieben und definiert im Abschnitt 3 der „Arbeitshilfen Kampfmittelräumung – AH-Kampfmittelräumung des Bundes“ (Anmerkung: heute Baufachliche Richtlinien Kampfmittelräumung BFR KMR).
 

Folgende Zitate aus diesem Abschnitt der AH-Kampfmittelräumung sprechen für sich und bedürfen keiner weiteren Kommentierung.
 

Baubegleitende Kampfmittelräumung

Bei diesem Räumverfahren werden die horizontalen und vertikalen Flächen der Baugrube mit aktiven und/oder passiven Sonden untersucht. Nach Freigabe durch die verantwortliche Person (§ 19 Abs. (1) Nr. 3 SprengG) kann der Boden unter zusätzlicher visueller Kontrolle schichtweise ausgebaut werden. Dieser Vorgang wird bis zum Erreichen der Aushubsohle wiederholt.
 

Verfahrensbeschreibung

Zum Erreichen des Räumziels „Kampfmittelfreiheit“ sind die Aushubsohle und die Grubenböschungen bzw. -wände in Abhängigkeit der vermuteten Kampfmittel mittels aktiver und/oder passiver Sonden vollflächig und systematisch zu untersuchen und ggf. zu räumen. Die BGR 114 Anhang 5 „Besondere Sicherheitsanforderungen“ ist zu beachten.
 

Verfahrensgrenzen

Dieses Räumverfahren kann der Reduktion von Gefährdungen bei Maßnahmen mit Bodeneingriff  auf  kampfmittelbelasteten Flächen dienen. Es kann angewendet werden, wenn Kampfmitteleinzelfunde auf Grund konkreter Verdachtsmomente nicht  ausgeschlossen werden können. Dabei wird der im Wirkungsbereich eines Erdwerkzeuges befindliche Boden auf Kampfmittel untersucht, bevor der
Bodenabtrag stattfindet. Dieses Räumverfahren ist auf Grund des methodischen Ansatzes zur Herstellung der Kampfmittelfreiheit ohne Einschränkungen für Baugruben geeignet. Die Verfahrensgrenzen werden durch folgende Eckpunkte beschrieben:

  1. Der bei der Räummaßnahme hergestellte kampfmittelfreie Bereich beschränkt sich auf den bei den Bauarbeiten umgesetzten und den in der Baugrube anstehenden Boden.
  2. Die Mächtigkeit der in der Baugrube von Kampfmitteln freigemessenen Boden- schicht wird durch die Empfindlichkeit der eingesetzten aktiven und/oder passiven Sonde bzw. die Störkörpergröße bestimmt und ist daher nicht in jedem Fall eindeutig bestimmbar.
  3. Durch vorhandene bauliche Anlagen (Kabel, Leitungen, Betonbaukörper) oder Hilfsbaumaßnahmen (Verbau) können Einschränkungen der Sondierfähigkeit des in der Baugrube anstehenden Bodens entstehen.

 

Auch das Verfahren der baubegleitenden Kampfmittelräumung ist in der Fachwelt umstritten, weil es, wie der obige Satz 3 zeigt, nicht nur Unsicherheiten für den Räumerfolg enthält, sondern auch Gefahren für Leib und Leben der Ausführenden. Umstritten ist es aber auch deshalb, weil dieses Verfahren so leicht missbraucht werden kann, um Geld zu sparen.

Das Verfahren wurde aus der Not geboren, weil es eben die Flächen gibt, wo ein nicht eindeutig verortbarer, diffuser Kampfmittelverdacht besteht und man nach einem Verfahren gesucht hat, um auch dieses Problem unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit der Mittel in den Griff zu bekommen. Aber, es öffnet dem Missbrauch Tür und Tor. Man braucht bei entsprechenden Verdachtsflächen nur zu postulieren, dass die klassische Sondierung nicht geht, dann wird auch noch bereits in der Ausschreibung der schichtenweise Abtrag gestrichen (behindert ja nur die Aushubleistung und bedroht damit den schon vor Beginn der Planung festgelegten Eröffnungstermin), stellt den Ausguck-Feuerwerker an den Bagger, und schon glaubt man das Problem erledigt zu haben.

Da sind Zweifel angebracht, betrachtet man allein die Verantwortlichkeiten, wenn die Granate dem Ausguck-Feuerwerker entgeht und mit der Aushubfuhre durch die Stadt gefahren wird.


Was ist, wenn …?

Auf der Grundlage des § 2 BaustellV, der den Bauherrn verpflichtet, bereits bei der Planung eines Bauvorhabens die Grundsätze des § 4 ArbSchG zu berücksichtigen, kann nur folgende grundsätzliche Vorgehensweise die Richtige sein:

  • zwingende Feststellung des Kampfmittelverdachtes, ob konkret oder diffus,
  • wenn Kampfmittelverdacht besteht, Erarbeitung eines klar definierten Räumkonzeptes bzw. eines Arbeits- und Sicherheitsplanes nach DGUV Information 201-027: Unter Berücksichtigung der vorgenannten Anforderungen [3] darf die baubegleitende Kampfmittelräumung nur dann angewandt werden, wenn Bauwerksreste, künstliche Auffüllungen mit hohen ferromagnetischen Anteilen, dichte Leitungsnetze oder dergleichen eine Kampfmittelräumung im klassischen Sinn unmöglich machen, im Räumkonzept bzw. Arbeits- und Sicherheitsplan nach DGUV Information 201-027 Beschreibung der an den Kampfmittelverdacht angepassten Vorgehensweise, insbesondere
    • - anstehende Böschungen etc. werden vor Beginn des Aushubes vorsondiert,
    • - schichtenweiser Abtrag des Materials (Abziehen),
    • - Schichtstärken werden während des Aushubes ständig durch direkte Kommunikation zwischen visuellem Überwacher („Feuerwerker“) und Baggerfahrer abgestimmt,
    • - aufgenommenes Erdreich auf einer Zwischenlagerfläche vorsichtig ablegen, vorseparieren und nochmals visuell auf Kampfmittel absuchen.
  • Definition der Anforderungen an die gerätetechnische und personelle Ausstattung der ausführenden Unternehmen (DGUV Information 201-027) und Berücksichtigung dieser Anforderungen in der Ausschreibung,  
  • Bereitstellung technischer und ggf. notwendiger Persönlicher Schutzausrüstungen durch die ausführenden Unternehmen,
  • Herstellung der klaren und eindeutigen Weisungsbefugnis der verantwortlichen Person der Kampfmittelräumfirma gegenüber den Mitarbeitern der Baufirmen in Bezug auf Gefährdungen durch Kampfmittel,
  • Anpassung der Gefährdungsbeurteilung der bauausführenden Unternehmen,
  • Unterweisung aller auf der Baustelle beschäftigten Personen.


Zusammenfassung

Kurz nach Kriegsende ging man davon aus, dass bis Ende 1945 alle Bombenblindgänger entdeckt und entsorgt werden würden. Heute, 67 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, können wir nur feststellen: „Wir sind noch lange nicht so weit“ und Deformierungen, Rost, Alterungsprozesse, Bodenverwerfungen bzw. -bewegungen und insbesondere Erschütterungen erhöhen das Risiko einer Detonation. Darüber hinaus gibt es nicht nur Bombenblindgänger, von denen Gefahren ausgehen, sondern von Arten von unkontrolliert abgelagerter und Alterungsprozessen unterworfener Munition.

Beim Thema Kampfmittelbeseitigung werden häufig unkalkulierbare Risiken in Kauf genommen, die aber allein durch die Beachtung der oben beschriebenen grundsätzlichen Vorgehensweisen minimiert werden könnten. Die Ausführung von Kampfmittelräummaßnahmen bedarf grundsätzlich der planerischen und konzeptionellen Vorbereitung durch Bauherren/Auftraggeber bzw. deren Planer sowie der fachkundigen Begleitung/Überwachung während der Ausführung. Wesentlich ist, dass jede Räummaßnahme, die sorgfältig vorbereitet wird, in der Ausführungsphase ohne größere Unterbrechungen wirtschaftlich umgesetzt werden kann. Die Erkundung, Feststellung und Bergung von Kampfmitteln stellt außergewöhnlich hohe Anforderungen an die gerätetechnische und personelle Ausstattung der ausführenden Firmen sowie einen wesentlichen Zeit- und Kostenfaktor dar.

In jedem Fall ist die baubegleitende Kampfmittelräumung immer eine Notfall-Lösung, die nur unter klar definierten Randbedingungen anzuwenden ist, nicht aber allein aus dem Grund der Kostenersparnis. Die sog. Bauaushubüberwachung ist nicht als ein dem Stand der Technik zuzuordnendes Verfahren der Kampfmittelräumung anzusehen und sollte aus dem Planungsvokabular ersatzlos gestrichen werden! Die Abwehr der von Kampfmitteln ausgehenden Gefahr ist und bleibt ein wesentliches Element in der Sicherung der Lebensgrundlage unserer Gesellschaft und ihrer wirtschaftlichen und infrastrukturellen Entwicklung und sollte sehr ernst genommen werden. Grundsatz für Bauarbeiten auf Flächen mit Kampfmittelverdacht sollte immer sein: Zunächst Räumstelle – dann erst Baustelle!
 

Nachruf Jürgen Sebald

Porträt Jürgen Sebald
Bild: privat

In Gedenken an unseren langjährigen Leiter und Gründer des Themenfelds Kampfmittelräumung sowie guten Freund und Mentor – Jürgen Sebald.

Jürgen Sebald hat ganzen Generationen von Aufsichtspersonen der Unfallversicherungsträger die Welt der Kampfmittelräumung nahegebracht und sie damit geprägt! Er hat unermüdlich bei Verbänden, Ausbildungsträgern, staatlichen Diensten und nicht zuletzt den Unternehmen der Branche für die Sache gekämpft!

Wir ehren sein Andenken, indem wir seine erfolgreiche Arbeit in seinem Sinne fortführen!

BG BAU Prävention, Themenfeld Kampfmittelbeseitigung
Andreas Feige-Munzig, Fred Olsowski, Uwe Zimmer, Ivo Busch, Volker Göttert, Christoph Eisel, Markus Tarrach und Andreas Hackmann
 

Literaturhinweise
[1]
Merkblatt für Baugrundeingriffe auf Flächen mit Kampfmittelverdacht ohne konkrete Gefahr (Anlage 1 der Technischen Verwaltungsvorschrift für die Kampfmittelbeseitigung in NRW)
[2]
DGUVI-201-027 Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und Festlegung von Schutzmaßnahmen bei der Kampfmittelräumung
[3]
Baufachliche Richtlinien Kampfmittelräumung (BFR KMR) für Liegenschaften des Bundes
[4]
Merkblatt "Kampfmittelfrei bauen" www.kampfmittelfreiportal.de
Autor

Jürgen Sebald †

BG BAU Prävention
Fachgebiet Kampfmittelräumung


Ausgabe

BauPortal 1|2023