Dach- und Zimmererarbeiten
Dachziegelschnitt mit Software-Unterstützung
In der Regel werden Dachziegel direkt vor Ort auf dem Dach auf ihre entsprechenden Maße zugeschnitten. Das scheint für viele am praktischsten, weil es ohne Vorbereitung recht zügig geht. Allerdings birgt diese Methode auch einige Nachteile. Wie man diese umgehen kann und das Dachziegelschneiden auf den Boden verlegt, hat sich das Software-Unternehmen Weto AG überlegt. In Bayern wurde mittlerweile bei unterschiedlichen Bauprojekten getestet, wie diese Lösung in der Praxis funktioniert.
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Bei einem Großteil der Dachdeckerarbeiten werden die Dachziegel nach wie vor vor Ort auf dem Dach – nach Bedarf – zugeschnitten. Dabei ist nicht nur die – meist – gebückte Haltung beim Schneiden unangenehm, sondern hier bestehen auch konkrete Gefahren. Zum einen ist das Absturzrisiko auf dem Dach für den Schneidenden erheblich und der herunterfallende Ziegelabfall kann Personen auf dem Boden gefährden, zum anderen entsteht beim Schneiden auf dem Dach Staub. Dieser wird direkt eingeatmet – da auf dem Dach keinerlei Staubabsaugung möglich ist – und somit dem Staub-Minimierungsgebot laut TRGS 900 entgegensteht. Außerdem legt sich der Staub auf den Dachflächen ab, was eine zusätzliche Rutschgefahr darstellt und einen Absturz zur Folge haben kann. Ein weiterer Aspekt ist, dass der Staub die Verklebungen einer Firstrolle erschwert oder verhindert. Zudem wird die genaue Stückzahl der Ziegel erst vor Ort ermittelt und meist gibt es Verschnitt, der nicht mehr verwendet werden kann.
Über den neuen Ansatz
Um diesen Gefahren vorzubeugen, aber auch um die Effizienz beim Dachziegelschneiden zu erhöhen, hat das auf Dach- und Holzbausoftware spezialisierte Unternehmen Weto AG – auf Anregung der BG BAU – eine Lösung entwickelt, mit der man am Boden oder in der Werkstatt Dachziegel zuschneidet. Da die Weto AG diverse Lösungen für Aufmaß, Konstruktion und Kalkulation anbietet, lag es auf der Hand, den Prozess des Dachziegelschneidens auch digital zu begleiten – und so effizienter und sicherer zu machen. Voraussetzung für die Anwendung der Software sind Daten zur Dachfläche und zu den Ziegeln sowie auch der Wille, sich einmal in die exakte Berechnung einzuarbeiten. Vorteilhaft ist, dass die Stückzahl der Ziegel schon durch die Bestellung bekannt ist – und nicht erst über die Dachfläche errechnet werden muss, sodass Berechnungsfehler ausgeschlossen werden können.
Mit der Software werden die exakten Schnittmaße der Ziegel berechnet und als Liste, ergänzt mit einem Übersichtsplan, ausgegeben. Entsprechend dieser Liste wird jeder Ziegel mit Schnittlinien versehen. Als hilfreich dafür hat sich eine eigens angefertigte Schablone erwiesen, an die die Ziegel nur angelegt werden. Die Ziegel werden dann an den markierten Schnittlinien komplett zugeschnitten und erst nach Fertigstellung aller Ziegelschnitte aufs Dach gebracht. Ebenfalls sinnvoll ist es, dass die Ziegel, wenn sie mit der obersten Reihe beginnend geschnitten werden, später einfach von unten nach oben eingedeckt werden können.
Erstellen von Zeichnung und Liste mit den Schnittmaßen
- Eingabe der Dachziegel-Maße, basierend auf der Abbunddatei
- Import der Daten, entweder über VisKon oder mit anderen CAD-Systemen über eine Schnittstelle (IFC oder DXF) und Abgleich Dachfläche und CAD-Datei
- Eingabe der Lattenmaße und Erzeugen einer 3D-Datei mit der Lattenteilung sowie Festlegen der Deckbreite, eventuell Ortgänge der Ziegel
- Nach Beendigung der Dateneingabe – Erzeugen einer Planausgabe mit einer Zeichnung der Ziegelfläche sowie einer Liste mit den Werten für die Ziegel
- Darstellung aller Ziegel in 3D
Softwareunterstützter Dachziegelschnitt in der Praxis
Um die Praktikabilität der Lösung zu testen, wurde sie bei verschiedenen Bauprojekten eingesetzt – erstmalig bei Dachdeckerarbeiten in Tittling.
Traditioneller vs. softwareunterstützter Schnitt in Tittling
Bei diesem Projekt deckten Beschäftigte der Jacob GmbH, einem auf Zimmerei und Holzbau spezialisierten Bauunternehmen aus Tittling, eine Hälfte eines Walmdaches auf herkömmliche Weise – also per Trennschleifer auf dem Dach. Die andere Hälfte übernahm die Weto AG, welche die Dachziegel erst komplett am Boden geschnitten und dann oben eingedeckt hat. Ziel war es, herauszufinden, welche Unterschiede es hinsichtlich Zeit, Sauberkeit und Arbeitsschutz gibt.
Die beiden Beschäftigten der Jacob GmbH schnitten die Ziegel wie üblich oben auf dem Dach. Sie schützten sich zwar vor Lärm, mussten aber das Schneiden in gebückter Haltung ausführen, waren zudem Staub und Emissionen des Schneidgerätes ausgesetzt und hatten auch keinen sicheren Stand auf dem Dach.
Bei der Weto-Variante wurden vor Start der Dachdeckerarbeiten die entsprechenden Ziegelmaße für das (halbe) Walmdach ermittelt. Nach Eingaben der Basisdaten wurden ein Flächenplan und eine Liste erstellt, welche die genauen Maße für jeden einzelnen Ziegel enthält. Mit dieser Liste an der Hand zeichnete der Weto-Mitarbeiter die Schnittmarken der in einer Schablone angelegten Ziegel. Der ihn unterstützende Kollege holte sie ab und schnitt sie dann zwei Meter weiter entsprechend zu. Erst als alle Ziegel geschnitten, gesäubert und in Mörtelkisten einsortiert waren, ging es aufs Dach. Entsprechend der Zeichnung wurden die vorsortierten Ziegel auf die Dachlatten gelegt.
Fazit:
Zeitlich haben sich beide Methoden – die herkömmliche und die Weto-Lösung – kaum etwas genommen. Da der Anteil der Ziegel, die zu schneiden waren, in diesem Fall nicht so hoch war, fällt die Zeit zur Berechnung der Schnittmaße deutlicher ins Gewicht als bei großen Flächen mit individuell zugeschnittenen Ziegeln. Das staubarme und bequemere Arbeiten der Weto-Lösung hat auch die beiden Kollegen, die auf dem Dach geschnitten haben, überrascht.
Dachfläche mit Gaube und Zwischenbau in Perlesreut
Die Weto-Lösung kam auch bei einem weiteren Bauprojekt zum Einsatz. In Perlesreut sollte eine Dachfläche mit Gaube und Zwischenbau gedeckt werde. Die ausführende Zimmerei Max Wirkert setzte bei den Ziegelschnittarbeiten ebenfalls die Software ein. Aufgrund der Dachgeometrie mussten hier auch Ortgänge berücksichtigt werden.
Fazit:
Bei diesem Projekt hat sich die Weto-Lösung – abgesehen vom staubarmen Arbeiten und dem sicheren Stand auf dem Boden – auch in anderer Hinsicht als vorteilhaft erwiesen. Es waren an diesem Tag über 30 Grad Celsius und Schnittarbeiten auf dem Dach wären angesichts dieser Temperaturen eine enorme Belastung gewesen. Da der Ziegelschnitt unten, leicht beschattet, vor der Garage stattfand, ließen sich die Arbeiten wesentlicher komfortabler und ohne direkte Hitze- und Sonneneinwirkungen durchführen.
Ausblick
Die Weto-Lösung ermöglicht einen sicheren und staubarmen Ziegelschnitt am Boden und dauert nicht länger als die traditionelle Ziegelschnitt-Methode. Größte Hürde der softwarebasierten Methode ist das Einarbeiten in die Software bzw. die Eingabe der Basisdaten. Wer allerdings im Umgang mit CAD-Software geübt ist, braucht nur ca. 15 min zur Erzeugung der Planausgabe mit Zeichnung und Liste. Bisher ist die Weto-Lösung, die wahrscheinlich den Namen „Ziegel-CAD“ tragen wird, eine Beta-Version. Sie soll aber in Kürze als Release dem Markt zur Verfügung gestellt werden.
Weto sucht noch Bauunternehmen, die diese Lösung bei ganz konkreten Projekten ausprobieren wollen. Bei Interesse bitte melden bei info@weto.de
Autor
Ausgabe
BauPortal 4|2024
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