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Eine Baumaschine fährt über eine frisch asphaltierte Straße.
Bild: ALBR3CHT SUPPLY CONCEPTS

Straßenbau

Straßenbau mit Biobitumen

Das Bauunternehmen STRABAG und das Start-up „B2Square“ arbeiten an einer besonderen Innovation für den Straßenbau. Die beiden Partner wollen gemeinsam die Herstellung und Markteinführung von CO₂-reduziertem Niedrigtemperaturasphalt, der ganz ohne erdölbasiertes Bitumen als Bindemittel auskommt, voranbringen. Auf der Suche nach neuen Lösungen für den Verkehrswegebau setzt der Kooperationspartner STRABAG nicht nur auf Asphaltrecycling, sondern auch auf den Einsatz neuer Materialien – und testete das von B2Square entwickelte und hergestellte Biobitumen, ein synthetisch aus biologischen Stoffen hergestelltes Bitumen.
 

Eine Baumaschine fährt über eine frisch asphaltierte Straße.
Bild: ALBR3CHT SUPPLY CONCEPTS

 

Herkömmliches Bitumen

Bitumen entsteht normalerweise als Abfallprodukt bei der Herstellung von Mineralöl aus Rohöl und wird dann dem Asphalt als Bindemittel beigemischt. Bei der konventionellen Asphaltherstellung ist nicht nur der knapper werdende Rohstoff Erdöl ein Problem, sondern auch die Verarbeitung. Das Gemisch ist heiß, muss dampfend verarbeitet werden und gefährdet sowohl Mensch als auch Umwelt.
 

Hohe CO₂-Emissionen

Ein Kilogramm herkömmliches Bitumen verursacht etwa 350 g Kohlendioxid (CO₂). Das klingt zunächst nicht nach besonders viel. Doch für den Straßenbau werden meist Tonnen benötigt – weltweit werden schätzungsweise 120 Mio. Tonnen Bitumen pro Jahr verbraucht. Rechnet man deren CO₂-Ausstoß hoch, stellt dies eine sehr hohe Belastung für die Umwelt dar.
 

Gefährdungen für den Menschen

Durch die Heißverarbeitung bei Asphaltarbeiten mit konventionellem Bitumen entstehen Dämpfe und Aerosole, bei denen ein Arbeitsplatzgrenzwert von 1,5 mg/m³ einzuhalten ist, um mögliche Gesundheitsrisiken zu vermeiden. 

Nahansicht einer Baumaschine, die über eine frisch asphaltierte Straße fährt.
Bild: ALBR3CHT SUPPLY CONCEPTS

 

Auf der Suche nach Alternativen

Um die negativen Aspekte (hohe CO₂-Emissionen, Gefährdungen bei der Heißverarbeitung des Asphalts) des herkömmlichen Bitumens zu umgehen, suchte die STRABAG nach einer Möglichkeit, es zu ersetzen und stieß dabei auf B2Square. Das Start-up forscht schon länger, wie man Bitumen durch andere Materialien ersetzen kann und so ein Produkt erhält, das unabhängig von fossilen Rohstoffen und Raffinerien ist, dessen Herstellung und Verarbeitung CO₂ sparen und das dennoch als Bindemittel bei der Asphaltherstellung überzeugt.
 

Neuartiges Biobitumen

Die Biobitumen-Produktion, bei der die STRABAG mit B2Square kooperiert, funktioniert folgendermaßen: Zunächst wird ein synthethisches, biologisches Bitumen angefertigt, das sogenannte Biobitumen. Dazu nutzt B2Square ein in der Natur vorkommendes Kohlenwasserstoffharz, das zu Pulver zermahlen und mit einer Bioflüssigkeit, einem Extrakt aus gepressten Cashewnussschalen, wieder zu Bitumen verrührt wird. Chemisch ausgedrückt stellt das Kohlenwasserstoffharz die Asphaltene und die gepressten Cashewschalen sind die Maltene. Im Asphalt-Produktionsprozess werden beide Komponenten kalt beigemischt, sodass dieser Prozess mit nur geringen anlagentechnischen Ergänzungen an allen vorhandenen Asphaltproduktionsanlagen möglich ist. Dadurch kann die Produktionswärme deutlich verringert werden und es entsteht – ohne weitere Verfahrensänderungen – ein temperaturabgesenkter Asphalt.
 

Ein Beutel "B2Square Instant Biotumen" steht neben einer Packung Cashew-Kerne, auf der sich ein Glas mit Cashew-Nüssen befindet.
Das von B2Square hergestellte Biobitumen enthält u. a. ein Extrakt aus gepressten Cashewnussschalen.
Bild: B2Square

Kurzinfo Biobitumen

Biobitumen ist ein nicht auf Erdöl basierendes Bitumen. Die Komponenten Asphaltene und Maltene werden im Instant-Verfahren gemischt und im Mischprozess an der Asphaltmischanlage hinzugegeben. Diese kalte Beimischung beider Komponenten verringert die Produktionswärme und ermöglicht so die Herstellung temperaturabgesenkter Asphalte ohne weitere Verfahrensänderungen. Die eingesetzten Maltene aus einem pflanzlichen Rohstoff dienen zudem als CO₂-Speicher, was den CO₂-Fußabdruck erheblich reduziert.
 

Einsparung von CO₂-Emissionen

Die eingesetzten Maltene haben die Fähigkeit zur „biogenen Speicherung“ von CO₂, wodurch sich der CO₂-Fußabdruck des Asphalts insgesamt reduziert. Der Produktionsprozess selbst spart Emissionen ein. Die Verwendung des Biobitumens wird teilweise als „CO₂-Removal-Technologie“ bezeichnet. Durch den Cashewschalen-Extrakt können nach der Herstellung des Bindemittels im Mischprozess an der Asphaltmischanlage 1.561 kg CO₂ pro Tonne Biobitumen gebunden werden. Somit kann Asphalt mit Biobitumen sogar in Summe CO₂-negativ hergestellt werden – und zwar nicht nur an der Asphaltmischanlage, sondern einschließlich des Einbaus auf der Straße.
 

Dezentrale und temperaturabgesenkte Asphaltherstellung

Anders als herkömmliches Bitumen muss Biobitumen nicht kosten- und energieintensiv von Raffinerien in beheizten Tanks transportiert werden. Das Pulver wird auf das erwärmte Gestein gegeben und die Flüssigkeit kommt später im Mischprozess hinzu, sodass das Bitumen und der Asphalt in einem Prozess direkt vor Ort gemischt werden.

Da Asphaltene und Maltene kalt beigemischt werden, kann zudem die Produktionswärme verringert und temperaturabgesenkter Asphalt ohne weitere Verfahrensänderungen hergestellt werden.

Durch die niedrige Einbautemperatur (ca. 110 °C) sind die Beschäftigten auch weniger gesundheitsschädlichen Dämpfen und Aerosolen ausgesetzt.
 

Und in der Praxis?

Ob Biobitumen sich auch in der Praxis bewährt, haben die Kooperationspartner ebenfalls untersucht. Die STRABAG verwendete Biobitumen beim Bau eines Radwegs in Wildpoltsweiler, B2Square verglich Biobitumen mit herkömmlichen Bitumen im Rahmen eines Langzeittests auf einer Straße in Bremen.
 

Mehrere Baumaschinen fahren über eine frisch asphaltierte Straße. Vorne am Straßenrand ist ein Bauarbeiter zu sehen.
Biobitumen im Einsatz beim Bau eines Radwegs in Wildpoltsweiler
Bild: STRABAG

 

Vergleichstest in Bremen

In der Nähe von Bremen testete B2Square sowohl das konventionelle Bitumen als auch ihr eigenes Biobitumen in einem Eins-zu-eins-Vergleich auf einer Straße. Die Straße, die am 10. Juni 2022 gelegt und zwei Sommer und einen Winter genutzt wurde, verbindet den Kai, an den Schiffsladungen mit Gestein angeliefert werden, mit dem Mischwerk. 2.800 t Ladung werden pro Woche über diese Straße bewegt. Für den Vergleich wurde die Asphaltbinderschicht jeweils mit 50 % Asphaltgranulat hergestellt, die Asphaltdeckschicht mit 30 %; in einer Anlage ohne Paralleltrommel.

Ergebnis: Bei einem Spurbildungsversuch mit labortechnischer Begleitung wurde festgestellt, dass der Versuch mit Bitumen abgebrochen werden musste, wohingegen mit Biobitumen die 10.000 Zyklen komplett erreicht werden konnten.
 

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Fazit und Ausblick

Nach umfangreichen Prüfungen der „Gesellschaft für Qualitätssicherung und Innovation“ (TPA) und in den Asphaltmischanlagen der STRABAG-Tochter „Deutsche Asphalt“ ist die neue Produktionsmethode ohne großen Aufwand umsetzbar, auch die beiden Komponenten Asphaltene und Maltene sind ausreichend verfügbar. Auch die Testphase verlief erfolgreich. Die Materialeigenschaften von Biobitumen als Bindemittel haben die STRABAG beim Asphalteinbau überzeugt.

B2Square als Hersteller des Biotumens geht davon aus, dass in zwei bis drei Jahren rd. 5 %, also rd. 2 Mio. t, der hierzulande jährlich hergestellten rd. 40 Mio. t Walz- und Gussasphalt unter Verwendung von Biobitumen angeboten werden können: Biotumen könnte somit ein Ersatz für Bitumen sein.
 

STRABAG AG

B2SQUARE GmbH

 

Autor

Redaktion BauPortal


Ausgabe

BauPortal 4|2023