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In einer Lagerhalle stehen mehrere ISO-Container. Vier Mitarbeitende verfolgen dabei den Ladevorgang der Container.
Bild: Максим Терещенко - stock.adobe.com

Digitalisierung

Wie RFID die Bauindustrie revolutionieren könnte

Die RFID-Technologie ist ein Hoffnungsträger für die Bauwirtschaft: Sie hat das Potenzial, die Digitalisierung am Bau anzuschieben und als Katalysator für weitere Innovationen zu dienen oder etwa Prozesse in der Logistik zu verbessern. Auch im Arbeitsschutz sind Transponder-gestützte Schutzmaßnahmen vorstellbar.
 

Zwischen Daumen und Zeigefinger wird ein RFID-Tag gehalten. Er befindet sich auf der Arbeitskleidung.
RFID-Tag
Bild: Jochen Seelhammer - stock.adobe.com


Für die praktische Umsetzung der Digitalisierung in der Baubranche könnten RFID-Anwendungen eine bedeutende Rolle einnehmen. Die Radiofrequenz-Identifikation (RFID) ist keine neue Technologie. Aber in den letzten Jahren hat sie begonnen, die industrielle Landschaft zu erobern – mit Vorteilen, die vielfach die herkömmliche Verwendung von Barcodes übertreffen. Von der Logistikbranche über die Luft- und Raumfahrtindustrie bis zur Landwirtschaft bietet die RFID-Technologie mit ihren Eigenschaften zukunftsträchtige Anwendungsfelder – auch beim Bauen. Für die BIM-Modellierung könnten RFID-Etiketten einen entscheidenden Schritt von der Planung bis zur Realisierung auf der Baustelle darstellen, etwa um die im Modell integrierten Elemente im eingebauten Zustand eindeutig zu identifizieren und sie auch nach Jahren für Wartungszwecke wiederaufzufinden.
 

Erprobte und kostengünstige Technologie

Grundlegend besteht ein RFID-System aus drei Elementen: erstens aus einem Transponder, häufig Tag genannt, meist in Form eines Chips, der mit einem Koppelelement, etwa einer Antenne versehen ist, um Signale zu empfangen und darauf zu antworten. Zweitens einem Scanner bzw. einem Lesegerät (Reader), das ohne direkten Sichtkontakt eine Verbindung mit dem Tag aufbauen kann, sowie drittens aus einer Software zur Registrierung und maschinellen Übersetzung des Transponder-Signals, die mit einer Anwendung, beispielsweise mit einer Datenbank verbunden ist. Der Transponder reagiert erst, wenn er sich in Reichweite eines Scanners befindet. Sobald der gegenseitige Aktivierungsbereich erreicht ist, beginnt innerhalb von Sekundenbruchteilen der Informationsaustausch; gegebenenfalls verbunden mit einer Energieübertragung.

Das hängt davon ab, ob der Transponder über eine eigene Energieversorgung verfügt, also mit einer Batterie ausgestattet ist oder seine Betriebsspannung aus dem elektromagnetischen Feld des Lesegeräts entnimmt.
 

Abbildung zeigt die Übertragung der Signal-Wellen zwischen Lesegerät und Transponder über ein magnetisches Feld.
Schema der Informations- und Energieübertragung in einem RFID-System
Bild: www.rfid-grundlagen.de

 

Reichweiten

Entscheidend sind die Auswirkungen auf die Reichweite. Aktive Transponder können auf weitere Entfernungen identifiziert werden, sind dafür aber größer und weitaus kostspieliger. Daneben existieren auch semi-aktive RFID-Transponder, die sparsamer sind und auf Basis der sogenannten modulierten Rückstreuung nach Anregung durch das Lesegerät auf bis zu 100 m Entfernung ansprechen. Je nach Anwendungsfall kann man also zwischen aktiven, energieautonomen und passiven, von externen Energiequellen abhängigen Transpondern wählen. Unabhängig davon lassen sich, bedingt durch die Art der Kopplung und des Frequenzbereichs, in Bezug auf die Reichweite drei Distanzbereiche unterscheiden.
 

Vierspaltige Tabelle, die Reichweiten, Kopplungsarten und Übertragungsfrequenzen der drei Distanzbereiche Close, Remote und Long Range Coupling angibt.
Distanzbereiche und Reichweiten RFID
Bild: BG BAU


Über die tatsächliche Reichweite entscheiden, neben der Energieversorgung des Transponders und der Art der Signalübertragung sowie der benutzen Frequenz, Störfaktoren wie Flüssigkeiten oder Metalle in der Umgebung.
 

Viele Einsatzmöglichkeiten

Für die Datenübertragung ist bei der induktiven Kopplung zwischen dem Vollduplex- oder Halbduplexverfahren sowie dem sequenziellen Datenaustausch zu unterscheiden. Auch hier liegen die Vor- und Nachteile, im Gegensatz von Reichweite und Leistungsfähigkeit, in Abhängigkeit zum technischen Aufwand und der damit verbundenen Steigerung der Kosten sowie der Ausmaße des Tag-Formats.

Die Bauformen von RFID-Transpondern reichen von stecknadelkopfgroßen Tags über Knopfzellen, röhrenförmigen Formaten oder mit Spulen bedruckten Klebefolien und Chipkarten bis hin zu aktiven Transpondern im Buchformat mit hoher Leistungsfähigkeit und Reichweite.

Technisch gesehen braucht es aufseiten der Lesegeräte heutzutage nur noch bedingt spezifische Hardware. Das allgegenwärtige Smartphone ist in der Lage, als Allzweck-Reader zu dienen und mit anbieterseitigen Apps in einer Vielzahl von RFID-Systemen zu funktionieren. Eine Smartphone-basierte, weitverbreitete RFID-Anwendung ist der beim Zahlungsverkehr und Onlinebanking bereits etablierte NFC-Standard, was für Near Field Communication steht. Diese Technik kommt auch bei Zugangs- oder Zeiterfassungssystemen zum Einsatz, wobei häufig Chipkarten als Transponder verwendet werden. Selbstverständlich bieten die Hersteller Lesegeräte mit spezifischen Eigenschaften und Sicherheitsfunktionen, die über die Möglichkeiten von Smartphones hinausgehen.
 

Verschiedene Arten von RFID-Tags.
RFID-Tags
Bild: Albert Lozano-Nieto - stock.adobe.com


Maßgeblich für diese Diversifizierung von RFID-Tag und Scanner ist ihr Einsatzzweck: Sollen beispielsweise kapitalintensive Arbeitsmittel effizient genutzt, verwaltet und geschützt werden oder muss eine einzelne Schraubverbindung nach festgelegten Zeitintervallen für Wartungszwecke wieder auffindbar sein?
 

Schwarz-Weiß-Bild eines Schraubenkopfes mit schwarzer, runder Platte in der Mitte.
Schraubenkopf mit zentrisch eingepresstem 13,56-MHz-Transponder
Bild: © Sraleppal – eigenes Werk, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=36707220


Angesichts des gegenwärtigen Stands der technischen Möglichkeiten von RFID-Systemen erscheinen folgende Anwendungsfelder schon heute in der Baubranche realisierbar bzw. sind bereits in der Anwendung:

Arbeitsmittel lokalisieren und verwalten

Einer der bedeutendsten Aspekte in der Baubranche besteht darin, über die richtigen Arbeitsmittel für die jeweilige Aufgabe zu verfügen. Für viele Unternehmen können RFID-basierte Systeme sinnvoll sein, um den Überblick über ihren Bestand an Werkzeugen und Maschinen zu behalten, deren Nutzung effizient zu verwalten und sie vor Diebstahl zu schützen:

  • Ein digitaler Bestand an Werkzeugen oder Maschinen und deren Standorten kann mit datencodierten RFID-Tags oder -Etiketten verknüpft werden, die physisch an jedem Werkzeug angebracht werden.
  • Mitarbeiter, die ein Werkzeug oder Maschine einsetzen wollen, können dessen RFID-Tag oder -Etikett scannen und so die Datenbank darüber informieren, dass sich das Werkzeug bzw. die Maschine auf einer bestimmten Baustelle befindet.
  • Das Vorhandensein von Werkzeugen und Maschinen vor Ort kann überprüft werden, indem alle Arbeitsmittel mit einem Scanner innerhalb eines bestimmten Bereichs gescannt werden. Sobald das Arbeitsmittel wieder im Lager abgestellt ist, kann der Tag erneut gescannt werden und zeigt an, dass das Werkzeug oder die Maschine nicht mehr verwendet wird.

Ein solches System verhindert Diebstahl und stellt sicher, dass alle Arbeitsmittel unabhängig vom Standort erfasst werden. Es hilft auch bei der Verwaltung ihrer Nutzung, sodass das Personal die Anzahl und Identität der verfügbaren Arbeitsmittel aus der Ferne überwachen kann. Die Datenbank kann sogar eine Bestandsaufnahme der Historie durchführen, einschließlich des Zeitpunkts des Kaufs und/oder der letzten Inspektion und derjenigen Personen, die es zuvor verwendet haben. Diese Art von System ist besonders nützlich für Unternehmen, die Arbeitsmittel an mehreren verschiedenen Standorten (bspw. Baustellen) oder in Bereichen aufbewahren, in denen es schwierig ist, die einzelnen Gegenstände zu identifizieren, wie z. B. auf einem Lagerplatz, wo sie mit Schlamm oder Schnee bedeckt sein können.
 

In einer Lagerhalle stehen mehrere ISO-Container. Vier Mitarbeitende verfolgen dabei den Ladevorgang der Container.
Lagerhalle
Bild: Максим Терещенко - stock.adobe.com

 

Überblick über den Bestand

Der Bestand stellt eine sich ständig drehende Tür aus Teilen aller Formen und Größen dar, die kontinuierlich überwacht werden muss. Ähnlich wie Arbeitsmittel kann RFID die Bestandsverwaltung auf viele Arten unterstützen: Durch die Erstellung einer Datenbank und das Scannen von Tags oder Etiketten erhält man einen vollständigen Überblick über den Lagerbestand mit Echtzeitschwankungen für diejenigen Teile, die unterwegs sind, ob Kunden dafür bezahlt haben und wo im Workflow sie sich befinden.
 

Wartung und Inspektion

Die Möglichkeiten, Bauteile im Rahmen eines BIM-Modells mit einem Wartungs- und Inspektionsplan zu verknüpfen und sie via RFID-Tag zweifelsfrei zu orten und zu identifizieren, wurden bereits erwähnt. Denn Wartungsprotokolle können auch in einer RFID-basierten Datenbank geführt werden. Der Zugriff auf Informationen ohne direkte Sichtverbindung ist besonders nützlich für Gebäudeteile, die unter der Erde liegen und sich an anderen schwer zugänglichen Stellen befinden, wie z. B. Abwasserrohre, Telekommunikationskabel und elektrische Leitungen. RFID-Tags oder -Etiketten können ohne formellen Zugriff auf das Teil gescannt werden, um festzustellen, ob eine Wartung erforderlich ist, oder um das gesuchte Bauteil für die anstehende Wartung zu lokalisieren – und zwar mit weniger Zeitaufwand und ohne zusätzliche Kosten.
 

Sicherheitsaspekte und Personalservice

Der Arbeitsschutz hat auf allen Baustellen hohe Priorität. Und wie könnten potenzielle Gefahren besser überwacht werden als mit RFID? Aktive RFID-Systeme, die an der Peripherie potenzieller Gefahren platziert werden, können Barrieren schaffen, die das Personal sofort auf diese Gefahren aufmerksam machen. Es kann auch verwendet werden, um Barrieren zu schaffen, die die Identitäten der Arbeiter am Standort überwachen, einschließlich der Registrierung, welche Auftragnehmer welche Beschäftigten vor Ort haben, ob dieses Personal über die erforderlichen Schulungen oder Zertifizierungen verfügt, sowie die Anzahl der insgesamt anwesenden Personen zu erfassen.

Wenn es um die Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften geht, kann RFID zur Überwachung von Absturzsicherungs- und anderen Sicherheitssystemen am Arbeitsplatz eingesetzt werden. Es kann schnell alle relevanten Informationen zu diesen Systemen registrieren – Hersteller, Händler, Prüfungszeitpunkt, Standort und Nutzung – und so die entsprechenden Informationen problemlos an alle verantwortlichen Stellen weitergeben.

Dank RFID gehören auch Stempelkarten der Vergangenheit an. Mit RFID lässt sich das Ein- und Ausstempeln auf einer Baustelle automatisieren. Das Tragen eines mit einem RFID-Tag ausgestatteten Schutzhelms bedeutet, dass jeder Arbeiter bereits beim Betreten der Baustelle registriert werden kann.
 

RFID-Anwendungen Datenschutz

Angesichts dieser Anwendungsmöglichkeiten und des damit verbundenen Missbrauchspotenzials muss an dieser Stelle zum Schutz der Persönlichkeitsrechte auf den Datenschutz eingegangen werden. Die Verwendung von RFID-Systemen setzt in jedem Fall eine den geltenden Datenschutzvorgaben gerechte Implementierung und Verwendung der damit erhobenen Informationen voraus und darf weder zur unzulässigen Überwachung noch zur Einschränkung verbriefter Rechte oder zur Erlangung geschützter Daten verwandt werden.
 

Fazit

Die erwähnten Einsatzmöglichkeiten sind nur einige denkbare Optionen, wie RFID in die Baubranche integriert werden kann. Es ist unstrittig, dass diese Technologie mit günstigeren und anpassungsfähigeren RFID-Lösungen, einschließlich der Möglichkeit, RFID-Chips in jede Art von Tag oder Etikett zu integrieren, die Effizienz erheblich steigern und letztendlich die Kosten senken kann.
 

Autoren

Dipl.-Ing. Bernd Merz

BG BAU Prävention

Stephan Imhof

Redaktion BauPortal


Ausgabe

BauPortal 4|2023