Gebäudetechnik, Gebäudemanagement
Wärmepumpen auf dem Vormarsch
Noch vor einiger Zeit als zu teuer und ineffizient verpönt, sollen sie jetzt das Energiedilemma richten. Beschleunigt durch den Wunsch der Bundesregierung, ab 2024 diese Technologie zur Standardheizung zu machen, erleben Wärmepumpen jetzt einen regelrechten Boom – nicht zuletzt auch durch ihre weiterentwickelte Technologie.
Waren es bislang vor allem der Wirtschaftsbau oder einige private Häuslebauer, die sich die Technologie zunutze machten, wächst die Zahl jetzt zunehmend bei Besitzern und Betreibern großer Wohnanlagen. Im Neubau wie im Bestand. Denn die Herstellerfirmen von Wärmepumpen investierten in jüngster Zeit viel Geld in Forschung, um diese Anlagen zu effizienten High-Tech-Produkten zu entwickeln, mit denen sich Betriebskosten und CO₂-Emissionen senken lassen. Mittlerweile ist die Technologie so weit ausgereift, dass es für jeden Standort und jedes Budget ein geeignetes Modell gibt.
Moderne Wärmepumpen nutzen 6o bis 80 % Energie aus erneuerbaren Quellen. Geothermie, Luft oder Grundwasser werden dabei über die Pumpe in Wärme umgewandelt und lassen sich zum Heizen nutzen. Mit einem Warmwasserspeicher kombiniert, wird damit auch warmes Wasser bereitgestellt. Einige Wärmepumpen-Modelle können sogar für Kühlung zum Einsatz kommen.
Umweltenergie nutzen – Beispiele aus der Praxis
Es sind vor allem die Treiber der Energiewende wie Stadtwerke oder Wohnungsgesellschaften bzw. -genossenschaften, die vom Einsatz der Wärmepumpentechnik erhebliche Effekte erwarten, um Betriebskosten zu sparen.
Dies ließ z. B. auch die Stadtwerke München beim Bau einer neuen Werkswohnanlage im Stadtteil Neuhausen-Nymphenburg leiten. Was die Wärme- und Warmwasserversorgung angeht, wurden die 114 Ein- bis fünf Zimmer-Wohnungen inklusive einer Kindertagesstätte im Erdgeschoss ins nahegelegene Fernkältenetz Moosach eingebunden. Hier wird die Abwärme aus dem städtischen Rechenzentrum über ein Grundwasser gespeistes Kältenetz genutzt. Andreas Wiedemann aus dem TGA-Büro Spiegl, München: „Wir bezogen ins Betriebssystem zwei Großwärmepumpen im Heizkeller der Wohnanlage ein. Diese entziehen dem erwärmten Rücklauf des SWM-Fernkältenetzes Energie und sind somit Bestandteil des nachhaltigen Wärmerückgewinnungs- bzw. Abwärmenutzungssystems der Stadtwerke.“
Je nach Jahreszeit wird 16 - 19° C warmes Grundwasser als Wärmequelle für die Wärmepumpen genutzt. Dann wird es wieder – um etwa 5 Kelvin abgekühlt – in den Rücklauf zurückgegeben. Die Wärmepumpen erzeugen Heizwärme mit einem Vorlauf um 45°C / Rücklauf 40°C und für die Warmwasserbereitung um Vorlauf 60°C. Die erzeugte Wärme wird über Wohnungsstationen als 3-Leiter System mit Fußbodenheizung im Gebäude verteilt.
Eine andere Lösung fanden die Stadtwerker in Rosenheim. Sie integrierten drei Großwärmepumpen in die Fernwärmeerzeugung des Müllheizkraftwerkes (MHKW) und nutzen dabei die Temperatur des benachbarten Mühlbaches. Die Verbraucher erhalten so heißes Wasser über das Fernwärmenetz. Nach dem Heizen gelangt abgekühlte Wasser zurück zur Fernwärmezentrale. Hier wird das Wasser wieder auf Betriebstemperatur gebracht und der Ablauf beginnt von vorn.
Politische Rahmenbedingungen
Viele schrecken vor den Anschaffungskosten zurück, die aktuell etwa von 12.000 bis 35.000 Euro reichen. Am teuersten sind dabei jene Pumpen, die Sole nutzen, weil Bohrungen, Grundwasseruntersuchungen sowie viele Behördengänge anfallen. Doch bei den Betriebskosten rechnen sie sich am besten. Luft-Wasser- und Luft-Luft-Anlagen sind zwar erheblich preisgünstiger, aber in den Betriebskosten etwas teurer.
Alle jedoch brauchen vergleichsweise wenig Wartung. Skeptiker führen die angeblich hohen Stromkosten an, die für den Antrieb der Wärmepumpe anfallen. Fest steht jedoch, dass Wärmepumpen heutzutage viel weniger Energie als andere Heizungen verbrauchen.
Das überzeugte auch zunehmend private Häuslebauer. Für die Wärmeversorgung eines Einfamilienhauses in Rosenheim z. B. dient eine Sole-Wasser-Wärmepumpe. Kombiniert mit einer Photovoltaik-Anlage (5,5 kWp) wird der Strombedarf der Pumpe gedeckt. Das gesamte Gebäude ist digital über KNX gesteuert und optimiert die Haustechnik. So erreicht die Wärmepumpe eine sehr gute Jahresarbeitszahl von 4,9 und ist damit förderfähig (ab JAZ 3). Der Bund rudert zwar ab 15. August dieses Jahres in der Höhe seiner Finanzspritzen zurück, um mehr in der Breite zu verteilen. Ob das klug war, sei dahingestellt und wird sich zeigen. Immerhin gibt es noch für den Einbau einer Wärmepumpe 25 % Zuschuss plus 10 % Heizungs-Tausch-Bonus und 5 % Bonus dazu, wenn als Wärmequelle Wasser, Erdreich oder Abwasser genutzt wird.
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Sicher ist immer individuell abzuwägen, ob der Einsatz von Wärmepumpen zukunftsträchtig ist. Dr. Martin Sabel, Geschäftsführer beim Bundesverband Wärmepumpe e. V. sieht es so: „Da für die Wärmebereitstellung mit Wärmepumpen überwiegend frei verfügbare erneuerbare Erd- und Umweltwärme genutzt wird und nur etwa ein Viertel bis ein Drittel der Energie am Markt zugekauft werden muss, macht sie Nutzer grundsätzlich unabhängiger von Preisschwankungen an den Energiemärkten.“ Allerdings schränkt er angesichts des Merit-Order Modell im europäischen Strommarkt ein, dass der klimafreundliche Betrieb einer Wärmepumpe durch die gegenwärtig hohen Gaspreise verteuert werde. „Damit die Investition nicht zum Nachteil wird, müssen Entlastungen über die Strompreisbremse in jedem Fall auch den Strombezug durch Wärmepumpen miteinschließen.“
Ein weiteres Problem sieht Jens Kater, Geschäftsführer der Giersch Enertech GmbH, Hemer. „Die Nachfrage bei uns nach Wärmepumpen ist riesig, doch wir leiden gegenwärtig unter Lieferschwierigkeiten und Fachkräftemangel für die Installation. Es ist nicht so, dass wir gar kein Material bekommen. Doch eine Verknappung von Rohstoffen und eine stark erhöhte Nachfrage, haben zu einer deutlichen Verlängerung der Lieferzeiten beigetragen. Es sollten daher jetzt schon Forecasts für 2023 abgegeben werden.“ Doch auch er sieht in der Wärmepumpentechnik eine der Möglichkeiten, dem Energiedilemma gegenzusteuern, wenn die politischen Rahmenbedingungen stimmen.
Autorin
Ausgabe
BauPortal 4|2022
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