Dach- und Zimmererarbeiten
Sicher vernetzt vor Ab- und Durchsturz
Zwei Dächer der Produktionshallen der J. P. Sauer & Sohn Maschinenbau GmbH, als Teil der Dieter Murmann Beteiligungsgesellschaft (DMB), in Kiel-Friedrichsort sind in die Jahre gekommen und bedürfen einer umfassenden Sanierung. Im Rahmen dieser Modernisierung sollen die Hallendächer sowohl statisch ertüchtigt als auch energetisch saniert werden. Da die Arbeiten auf dem Dach bei laufendem Produktionsbetrieb stattfinden, musste das ausführende Dachdeckerunternehmen besondere Herausforderungen beim Arbeitsschutz meistern.
Die J. P. Sauer & Sohn Maschinenbau GmbH in Kiel ist die Firmenzentrale der deutschen mittelständischen Unternehmensgruppe Sauer Compressors mit 14 internationalen Gesellschaften. Das Unternehmen blickt auf eine mehr als 135-jährige Geschichte und über 85 Jahre Erfahrung in der Drucklufttechnik zurück. Der Fokus liegt heute auf der Entwicklung, Fertigung und dem Vertrieb von ölgeschmierten und ölfreien Mittel- und Hochdruckkompressoren für Anwendungen in den Bereichen Marine, Schifffahrt, Industrie und Petro-Industrie.
Das Firmengelände in Kiel-Friedrichsort umfasst etwa 35.000 m² und beherbergt 15 Gebäude, die sich hinsichtlich ihres Baujahrs, ihrer Größe und ihrer Nutzung unterschieden. Zu den älteren Gebäuden gehören die Produktionshallen 3 und 9, in denen die Mechanische Fertigung und Schweißerei (Halle 3) sowie die mechanische und NC-Fertigung (Halle 9) untergebracht sind.
Beide Produktionshallen sind mit Dächern in Satteldach-Form ausgestattet und teilen sich eine gemeinsame Kehle. Halle 9 weist eine Dachneigung von 9° und Halle 3 eine Dachneigung von 16° auf.
Besonderheiten eines Satteldachs
Das Satteldach ist die klassische und am häufigsten anzutreffende Dachform in kalten und gemäßigten Zonen. Es besteht aus zwei entgegengesetzt geneigten Dachflächen, die an der höchsten, waagerechten Kante, dem Dachfirst, aufeinandertreffen. Diese Industriedächer werden häufig mit Bitumen, Kunststoffbahnen oder Metall eingedeckt.
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Umfang der Sanierungsarbeiten
Witterung und Schwerkraft haben den Dachelementen in den letzten Jahrzehnten schwer zugesetzt, sodass eine umfassende Abdichtung nicht ausreichte, sondern ein Abbruch des bestehenden Dachs notwendig wurde. Mit der Sanierung der beiden Dächer samt Abbruch des Bestandsdachs wurde das Dachdeckerunternehmen Sönke Nissen GmbH & Co. KG aus Fleckeby beauftragt. Die Dächer der Produktionshallen 3 und 9 werden einen neuen Warmdachaufbau, bestehend aus einer Tragschale mit Dachtrapezblechen Profil 85/280 bzw. 135/310, einer Dampfsperre, EPS-Wärmedämmstoff (140 mm) sowie einer zweilagigen bituminöse Dachabdichtung, erhalten.
Trapezblechdacheindeckung
Die Trapezblechdacheindeckung erfolgt im Einfeld-System. Während Halle 3 das Profil 85/280 erhält, wird auf Halle 9 das Profil 135/310 verbaut. Zur Stabilisierung der gesamten Rahmenkonstruktion wurden durch das Stahlbaugewerk zusätzliche Koppelpfetten in die bestehende Stahlbaukonstruktion im Zuge der Dachumdeckungsarbeiten eingebracht.
EPS-Dämmung
Als Dämmstoff fiel die Wahl auf EPS-Dämmstoff mit einer Dämmstoffstärke von 140 mm. EPS (Expandiertes Polystyrol, häufig auch als Styropor® bezeichnet) ist einer der häufigsten Dämmstoffe in der Bauwirtschaft. Das durch Erhitzung um ein Vielfaches aufgeschäumte Polystyrol wird zur Weiterverwendung in Blöcke und Platten gepresst.
Firstlichtband mit integriertem Durchsturzsicherungssystem
Um die künftige Wartung und Instandhaltung der Dachflächern sicher zu gestalten, entschied man sich zudem für zwei flach gewölbte Firstlichtbänder mit je sechs Klappen zur Rauch- und Wärmeableitung sowie einem integrierten Durchsturzsicherungssystem. Dieses System ist mit jeweils vier Auffang-/Anpralllastgurten aus bandbeschichtetem Stahlprofil ausgestattet und soll Personen, die sich auf dem Dach befinden, vor Durchsturz oder Durchbruch schützen. Das für die Dächer gewählte Lichtbandsystem ist dauerhaft durchsturzsicher bis zu einer Aufprallhöhe von 240 cm (1200 J Prüflast). Darüber hinaus wurden 21 Anschlageinrichtungen auf den neu gebauten Dächern angebracht. An diesen können sich Beschäftigte, die Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten auf dem Dach durchführen, mit ihrer PSAgA (Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz) anschlagen.
Vorbereitung und Start der Sanierungsarbeiten
Für die Sanierungsarbeiten wurde die Baustelle entsprechend den räumlichen Gegebenheiten eingerichtet. Neben einem Turmdrehkran (Liebherr 110 EC-B6 FR.tronic-FU) mit einem 55 m langen Ausleger gehören zur festen Baustelleneinrichtung noch ein WC-Container, ein Bauwagen als Pausenunterkunft sowie Personenauffangnetze inkl. Kleinteileschutznetzen.
Die Netze waren notwendig, um zum einen die Beschäftigten des Dachdeckerunternehmens bei den Arbeiten vor Ab- und Durchsturz zu schützen und zum anderen die Beschäftigten in den Produktionshallen 3 und 9 vor herunterfallenden Elementen zu sichern – denn die Sanierung wurde und wird bei laufendem Betrieb durchgeführt. Dementsprechend war es nicht möglich, andere technische Maßnahmen wie Gerüste oder eine Hubarbeitsbühne zum Schutz der Beschäftigten aufzustellen, weil es keinen Platz dafür gab.
Im Vorfeld der Dachsanierung wurde durch das Dachdeckerunternehmen ein Bauzeitenplan vorgelegt, der vom Architekturbüro Stoffers & Otte in einen Bauablaufplan überführt worden ist. In diesem Ablaufplan ist die feldweise Sanierung der Bestandsdächer grafisch dargestellt. Für den Auftraggeber war es sehr wichtig zu wissen, zu welchem Zeitpunkt Maschinen stillgelegt und Arbeitsprozesse an einen anderen Ort verlegt werden müssen. Somit konnte rechtzeitig – im Vorfeld der Sanierungsarbeiten – die Forderung von Thalke Thormählen, der Sicherheits- und Gesundheitskoordinatorin der ibag, erfüllt werden, dass keine Arbeiten über- bzw. untereinander ausgeführt werden.
Einsatz der Personenauffangnetze inkl. Kleinteileschutznetzen
Vor den Sanierungsarbeiten wurden die erwähnten Personenauffangnetze durch die Karnatz Netzmontagen GmbH aus Bad Segeberg montiert. Das darauf spezialisierte Unternehmen wird auch die Demontage der Netze nach Abschluss der Arbeiten übernehmen. Die Montagehöhe beträgt maximal 6,60 m. Des Weiteren wurde ein Kleinteileschutznetz Typ N50 angebracht, das fest mit dem Personenauffangnetz verbunden ist. Die Personenauffangnetze wurden mit Aufhängeseilen direkt unterhalb der Stahlkonstruktion aufgehängt bzw. mit Rundösen oder Trägerklemmen im Randbereich befestigt. Bei der Montage und der Nutzung der Personenauffangnetze wurden bzw. werden die EN 1263- 1 und -2 und die DGUV Regel 101-011 berücksichtigt (sieheRegelwerk zur Verwendung von Schutznetzen).
Auftraggeber:
J. P. Sauer & Sohn Maschinenbau Beteiligungsgesellschaft mbH
Auftragnehmer:
Sönke Nissen GmbH & Co. KG
Architekt:
Architecten Soffers & Otte
Statik:
J. D. Bumann INGENIEURBÜRO FÜR BAUWESEN
SiGeKo:
ibag – Ingenieurbüro für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
Weitere Projektbeteiligte:
- Rendsburger Stahlbau GmbH & Co. KG (Stahlbau)
- Lorenz Sanitär GmbH (Sanitär)
- Gosch & Schlüter GmbH (Elektro)
- Joh. Kriegel GmbH (Heizung, Lüftung)
- Baugeschäft Marco Jäger (Maurerarbeiten, Tiefbau)
- Gerüstbau Vogel GmbH (Gerüst)
- Karnatz Netzmontagen GmbH (Personenauffangnetze)
- M. W. Recycling GmbH (Abbruch, Entsorgung)
Autoren
Ausgabe
BauPortal 4|2022
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