Zukunft des Bauens
Ein sicherer Blick von oben: Drohnen am Bau
Drohnen ermöglichen eine Entkopplung von Mensch und Gefahrenort – nicht nur bei Arbeitsplätzen in der Höhe, auch in engen und schwer zugänglichen Räumen, in Bereichen mit hoher Gefahrstoffkonzentration oder in einsturzgefährdeten Gebäuden. Doch Drohnen selbst können auch zu Gefährdungen führen, z. B. durch Absturz des Multikopters, Kontakt mit rotierenden Teilen, herabfallende Gegenstände, Brand des Akkus. Deshalb sind mögliche Gefährdungen über die Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln und anschließend entsprechende Schutzmaßnahmen festzulegen. Unterstützung hierfür bietet die BG BAU.
Drohnen, wie unbemannte Luftfahrtsysteme meist genannt werden, fliegen immer häufiger durch die Luft. Sie sind bekannt, werden aber überwiegend negativ assoziiert. Das ergibt eine Studie im Auftrag des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) aus dem Jahr 2018 [1]. Demnach sind Erfahrungen mit Drohnen noch selten und eher passiv als aktiv.
Die Technik wurde ursprünglich überwiegend für militärische Zwecke entwickelt, erfreut sich aber zunehmender Beliebtheit im privaten Sektor. Hier werden Drohnen meist genutzt, um Bilder oder Videos aus der Luft zu machen und so völlig neue Perspektiven zu eröffnen. Aber auch der kommerzielle Einsatz nimmt stetig zu und ermöglicht neue Arbeitsweisen. Eine Analyse des Verbands Unbemannte Luftfahrt (VUL) vom März 2021 stellt in Deutschland die private Nutzung von ca. 385.500 Drohnen der kommerziellen Nutzung von zu diesem Zeitpunkt nur etwa 45.200 Drohnen gegenüber [2]. Die Analyse erwartet bis 2025 einen Rückgang privat genutzter Drohnen um 16 % und ein Wachstum kommerziell genutzter Drohnen um ca. 200 %.
Drohneneinsatz im kommerziellen Bereich
Am weitesten verbreitet ist die Verwendung von Drohnen zur Wahrnehmung visueller Aufgaben. Die Drohne dient als Lastenträger für optische Erfassungssysteme unterschiedlicher Qualität. Damit lassen sich Aufnahmen für Filmproduktionen, Vermessungsarbeiten, aber auch Inspektionen von Bauwerken oder Maschinen durchführen. Das System liefert das Bildmaterial, das zusammen mit anderen Daten aufbereitet und ausgewertet wird. Die Analyse der Vorgänger-Studie vom Februar 2019 prognostiziert, dass Drohnen sich im Sektor Energie und Infrastruktur im Vergleich zum Einsatz bei Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), der Landwirtschaft oder dem Energiesektor aber erst spät durchsetzen werden. Diese verzögerte Adaption der Technologie steht in Zusammenhang mit regulatorischen Hindernissen.
Bauwirtschaft entdeckt die technischen Möglichkeiten
Auch die Baubranche entdeckt diese Anwendungsmöglichkeiten zunehmend für sich. Nachdem anfangs überwiegend Marketinggedanken zur Visualisierung fertiger Bauobjekte und zur Dokumentation des Baufortschritts gegenüber Kundinnen und Kunden maßgeblicher Antrieb waren, unterstützen Drohnen zunehmend technische Anwendungen im eigentlichen Bauprozess.
Mithilfe von Drohnen werden Brücken- und Straßenbauwerke überprüft, Dächer inspiziert, Gelände- und Beweisaufnahmen gemacht und Vermessungsaufgaben unterstützt. Die Einhaltung der rechtlichen Randbedingungen tritt dabei oft hinter den offensichtlichen Vorteilen der Nutzung zurück.
So wird die Technik genutzt, um Beschädigungen an Dächern oder Schornsteinen beispielsweise bei einem Sturmschaden zu eruieren. Aufmaße der Dachflächen lassen sich zentimetergenau vom Boden aus erstellen. Zum Teil werden hier professionelle Drohnen-Dienstleistungsunternehmen beauftragt, oft aber auch eigene Geräte angeschafft und eingesetzt.
Auch im Erd- und Straßenbau kommen die fliegenden Assistenten zum Einsatz, z. B. bei der Ermittlung von Schichtdicken einer Fahrbahn oder der Erstellung eines dreidimensionalen Lageplans. Digitale Geländemodelle ermöglichen die Darstellung von einzelnen Schichten, Querprofilen, Bruch- kanten oder Begrenzungslinien. So lässt sich die Einbausituation detailliert dokumentieren und eine eindeutige Grundlage für Abrechnungen erstellen. Auch innerhalb von Gebäuden oder Kanälen dienen Drohnen dazu, detaillierte Zustandserfassungen durchzuführen. Die Ausstattung der Drohnen mit Infrarotsensoren macht es möglich, Gebäude einer thermischen Betrachtung zu unterziehen. So lassen sich Wärmebrücken in Fassaden genau lokalisieren und damit auch Planungs- und Ausführungsmängel feststellen.
Ziel: Menschen aus Gefahrenbereichen fernhalten
Anwendungsbeispiele zeigen, dass mithilfe von Drohnen an Orte gelangt werden kann, die für Menschen sonst nur schwer zu erreichen sind. Bisher waren solche Tätigkeiten oft nur unter hohem wirtschaftlichen Ressourceneinsatz und verbunden mit hohen Risiken für Leben und Gesundheit durchführbar. Drohnen ermöglichen eine Entkopplung von Mensch und Gefahrenort – nicht nur bei Arbeitsplätzen in der Höhe, auch in engen und schwer zugänglichen Räumen, in Bereichen mit hoher Gefahrstoffkonzentration oder in einsturzgefährdeten Gebäuden.
Der nächste Schritt in die Zukunft sind Drohnen, die beispielsweise nicht nur erkunden, sondern bestimmte Arbeiten übernehmen. So hat ein Forschungsteam der FH Aachen gemeinsam mit einem Reinigungsunternehmen eine Drohne entwickelt, die selbstständig Fenster putzen kann. Das Ziel ist eine Drohne, die ganze Fassaden vollautomatisch reinigen kann.
Mehr Sicherheit bei der Drohnennutzung
Neben den Möglichkeiten eines Drohneneinsatzes bleiben auch Fragen. Welche Gefährdungen entstehen durch Drohnen – zum Beispiel durch Absturz des Multikopters, Kontakt mit rotierenden Teilen, herabfallende Gegenstände, Brand des Akkus? Diese und weitere mögliche Gefährdungen sind über die Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln und zu beurteilen. Daraus sind die erforderlichen Schutzmaßnahmen auszuwählen und festzulegen.
DGUV Information 208-058
Als Hilfestellung dazu ist im Juli 2020 die DGUV Information 208-058 „Sicherer Umgang mit Multikoptern (Drohnen)“ erschienen [3]. Damit steht erstmals ein umfangreiches Werk zur Verfügung, das rechtliche Fragen, Informationen zu Bauformen, Steuerung oder Ergonomie, zur betrieblichen Organisation wie auch zu Instandhaltung und Prüfung beleuchtet.
Unterstützung durch die BG BAU
Für die Betriebe der Baubranche hat die BG BAU in Anlehnung daran eine Ergänzung der Bausteine erstellt. Die Bausteine sind eine Sammlung über 250 kurzer, knapp gehaltener Sicherheitshinweise zu Gefährdungen und Schutzmaßnahmen in der Baubranche. Im Oktober 2021 ist der neue Baustein B 221 „Unbemannte Luftfahrtsysteme (Drohnen)“ erschienen, der dieses Thema kompakt und leicht verständlich behandelt [4].
Die BG BAU beschäftigt sich intensiv mit Drohnen. Im Programm „Neue Wege der Prävention“ will sie neue Technologien und Ansätze für die Prävention am Bau identifizieren und erproben. Auch ein Pilotprojekt befasst sich mit dem Einsatz von Drohnen. Hier wird untersucht, welche Technik eingesetzt werden kann, damit Drohnen weitere Arbeitsaufgaben übernehmen können, und wie die BG BAU dazu beitragen kann, den sicheren Einsatz von Drohnen zu unterstützen und zu fördern und wie damit insgesamt ein Beitrag geleistet werden kann, um Unfallzahlen nachhaltig zu senken.
Literaturhinweise
- [1]
- Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR): Akzeptanz unbemannter Luftfahrzeuge, infas Institut (vgl. Präsentation unter https://www.dlr.de/content/de/downloads/2018/akzeptanz-unbemannter-luftfahrzeuge.pdf? blob=publicationFile&v=10); siehe auch Stolz, M.: Gesellschaftliche Akzeptanz unbemannter Luftfahrzeuge. Fachtagung – Drohnen im Bevölkerungsschutz, 19.10.2019, Ingolstadt, Deutschland (https://elib.dlr.de/129333/).
- [2]
- Verband Unbemannte Luftfahrt: Analyse des Deutschen Drohnenmarktes, Berlin, März 2021 (vgl.https://www.verband-unbemannte-luftfahrt.de/wp-content/uploads/2019/02/190212_VUL-Marktstudie_Analyse-des-deutschen-Drohnenmarktes.pdf).
- [3]
- Sicherer Umgang mit Multikoptern (Drohnen), DGUV Information 208-058, Hrsg. DGUV, 2020 (https://publikationen.dguv.de/regelwerk/dguv-informationen/3820/sicherer-umgang-mit-multikoptern-drohnen).
- [4]
- Vgl. https://www.bgbau.de/service/angebote/medien-center-suche/medium/3348/.
Autor
Ausgabe
BauPortal 4|2021
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