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Mehr Sicherheit dank künstlicher Intelligenz

Bauingenieure, Architekten oder Bauarbeiter, die mit moderner Technologie arbeiten.
Bild: Blue Planet Studio - stock.adobe.com

Das Forschungsprojekt „Smart Design and Construction“ (SDaC), an dem 40 Partner aus der Bauwirtschaft teilnehmen, will die Sicherheit auf Baustellen mithilfe künstlicher Intelligenz optimieren. In verschiedenen Anwendungsfällen werden u. a. das teilautomatisierte Erstellen von Gefährdungsbeurteilungen sowie das teilautomatisierte Erkennen von Gefahren auf Bestellen durchlaufen.

 

SDaC hat sich als zentrale Aufgabe die Interaktion von Mensch und Technik gesetzt. Während des drei Jahre dauernden Forschungsprojekts werden acht Anwendungsfälle konzipiert, getestet und umgesetzt. Im Kern steht dabei stets der Nutzer der Applikationen – denn dank der Methode „Design Thinking“ werden von Anfang an die Nutzer in die Entwicklung der Applikationen einbezogen. So stellt das Forschungsprojekt sicher, dass die Applikationen gemäß den Anforderungen der Bauprojekte entwickelt werden.

 

Anwendungsfall Gefährdungsbeurteilung

Gemeinsam mit der BG BAU beschäftigt sich SDaC in einem Anwendungsfall mit den Gefährdungsbeurteilungen für Baustellen. Dabei liegt der Fokus auf zwei Hauptaspekten: zum einen die Erstellung der Gefährdungsbeurteilungen vor Baustart und zum anderen die datenbasierte Aufdeckung von Gefahren während der Bauphase.

Grundlegend soll eine Lösung geschaffen werden, die den Mitarbeitern die lästigen Arbeiten bei der Erstellung und Nachverfolgung von Gefährdungsbeurteilungen abnimmt und dafür mehr Expertenwissen und individuelle Betrachtung von Gefahren auf Baustellen ermöglicht.

 

Teilautomatisierte Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen

Im ersten Schritt stellt der Bauunternehmer die vorhandenen Daten auf der SDaC-Plattform zur Verfügung. Diese Daten liegen in der Bauwirtschaft typischerweise als GAEB-, Excel-, PDF- und CAD-Datei vor. Die KI-Algorithmen, welche die SDaC-Plattform bereitstellt, analysieren die gelieferten Daten und machen dem Unternehmer, Bauleiter oder Polier einen Vorschlag für die projektspezifische Gefährdungsbeurteilung. Praktisch sieht der Prozess beispielsweise wie folgt aus:

  1. GAEB-Datei wird eingelesen.
  2. Der Algorithmus untersucht die Leistungstexte.
  3. Der Algorithmus macht – basierend auf der Leistungsbeschreibung – Vorschläge für die Gefährdungsbeurteilung. Beispiel: Es ist ein Kanalbau bis 5 m Tiefe ausgeschrieben, der Algorithmus erkennt anhand der Tiefe, dass ein Verbau notwendig ist. Der Assistent listet die relevanten Gefahren auf, die vom Nutzer noch bestätigt oder in Details geändert werden sollen. 
  4. Nach der Anpassung durch den Nutzer kann dieser auswählen, in welchem Format die Informationen der Baustelle zur Verfügung gestellt wird. Dabei kann z. B. auch das PDF-Format als Output gewählt werden.

Dieser Prozess zeigt schematisch die Ziele von SDaC. Es sollen übliche, in Bauunternehmen vorhandene Datensätze verwendet werden, danach soll mithilfe von KI-Anwendungen ein Mehrwert geschaffen und die erzeugte Information wieder in einem am Bau üblichen Format bereitgestellt werden.

 

Datenbereitstellung für Gefahrenerkennung
Datenbereitstellung für Gefahrenerkennung
Bild: SDaC/Dominik Steuer

 

Teilautomatisierte Erkennung von Gefahren während der Bauphase

Auf der SDaC-Plattform laufen viele Projektdaten zusammen, u. a. werden während der Bauausführung reale IST-Daten sowohl von der Hülle als auch vom Innenausbau aufgenommen. Neben der Bereitstellung von SOLL-IST-Vergleichen für die technische und wirtschaftliche Begleitung von Bauprojekten werden diese Daten auch für die Sicherheit des Baupersonals eingesetzt. SDaC trainiert Algorithmen, um automatisiert Gefahren auf Bildern zu erkennen, die auf der Baustelle aufgenommen wurden. Dabei verlässt sich SDaC nicht nur auf die Bilder, sondern bezieht auch Datenpools ein, die auf CAD-, BIM- und Punktwolkendaten basieren.

Der Anwendungsfall „Gefährdungsbeurteilung“ ist dabei als Sicherheitsassistent für das Baustellenpersonal zu verstehen. Anhand der analysierten Datenpools werden mögliche Gefahrenstellen, beispielsweise in einem Plan, markiert und die zuständige Person benachrichtigt, um die Gefahr zu prüfen und gegebenenfalls zu beseitigen. Dabei interagiert der Nutzer mit der SDaC-Plattform. Basierend auf dessen Eingaben und Aktionen versteht die KI-Anwendung im Laufe der Zeit immer besser, was Gefahren sind, und kann diese mit steigender Zuverlässigkeit erkennen. Der Prozess könnte in der Praxis beispielsweise wie folgt ablaufen:

  1. Die Bauleitung schickt am Ende der Woche die Drohne über die Baustelle, um den Stand der Arbeiten festzuhalten.
  2. Mithilfe der Drohnenaufnahmen wird zum einen eine Punktwolke generiert und zum anderen Fotos aufgenommen, die auf einem Plan verortet werden können.
  3. Der KI-Algorithmus analysiert die Fotos und die Punktwolke und erkennt ein fehlendes Brüstungsteil im Gerüst.
  4. Die Anwendung „Gefährdungsbeurteilung“ schickt eine Nachricht an das verantwortliche Gewerk mit der Bitte um Beseitigung der Gefahrenstelle.
  5. Der Nutzer kann die Gefahrenstelle digital in der Punktwolke oder im Modell bewerten und die entsprechenden Fotos einsehen.
  6. Trifft der Nutzer die Entscheidung, sich die Stelle vor Ort anzusehen, bewertet er, ob eine Gefahr vorliegt und gibt der Applikation entsprechendes Feedback.

Je häufiger dieser Prozess durchlaufen wird, umso besser wird die Unterstützung durch den digitalen Assistenten. Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die letzte Bewertung der Situation beim Nutzer verbleibt, denn die Aussage des digitalen Assistenten ist immer nur so gut wie die Daten, auf die zugegriffen wird. Der größte Mehrwert entsteht in der Kombination aus menschlicher Erfahrung und datenbasierter Entscheidungsunterstützung.

 

Datenbasierte Unterstützung beim Erkennen von Gefahren
Datenbasierte Unterstützung beim Erkennen von Gefahren
Bild: SDaC/Dominik Steuer

Mehr Informationen zum Projekt SDaC (Smart Design and Construction) unter https://sdac.tech 

 

Autor

Dominik Steuer

Steuer Tiefbau GmbH


Ausgabe

BauPortal 4|2020