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Rohrleitungsbau

Additive Regenerierung von Bohrgestängen

Da nur ein geringer Teil der beim Horizontalspülbohrverfahren (HDD-Verfahren) verwendeten Bohrgestänge verschleißt, hat ein gemeinsames Forschungsprojekt der TU Ilmenau und der H & E Bohrtechnik mit dem Namen „Addbohr“ die additive Aufarbeitung dieser Verschleißteile untersucht, die im Folgenden vorgestellt werden.
 

Modellhafte Darstellung des Horizontalspülbohrverfahrens. Eine verbildlichte Rohrleine ist von einer Seite eines Flusses auf die andere gespannt. Genau über dem Fluss treffen die Bohrgestänge, die von beiden Seiten durch das Rohr gehen, aufeinander.
Prinzip des HDD-Verfahrens
Bild: H & E Bohrtechnik GmbH


Um Leitungen für den Breitbandnetzausbau, die Gas-, Fernwärme-, Trinkwasserversorgung oder Abwasserdruckleitungen unterirdisch und ohne Grabenaushub zu verlegen, kommt das Horizontalspülbohrverfahren (HDD-Verfahren) zum Einsatz. Die verwendeten Bohrgestänge sind etwa drei Meter lang, wobei in erster Linie die Verbindungsstellen zwischen den Bohrgestängen mit einem Anteil von lediglich 8 % an der Gesamtlänge verschleißen. Im Rahmen des Forschungsvorhabens „Addbohr“ wird anstelle einer Neubeschaffung kompletter Gestängesätze im Verschleißfall die additive, lichtbogenbasierte Aufarbeitung dieser Bereiche von der H & E Bohrtechnik GmbH in Zusammenarbeit mit dem Fachgebiet Fertigungstechnik der TU Ilmenau untersucht.
 

Die vielversprechenden Ergebnisse zeigen neben durchgehender Anbindung des Zusatzwerkstoffs eine gute Endkonturnähe. Im Vergleich zum Grundwerkstoff des Bohrgestänges (42CrMo4) ist bei Verwendung eines Hartstoffs als Zusatzwerkstoff infolge der gesteigerten Oberflächenhärte eine deutliche Erhöhung der Verschleißbeständigkeit festzustellen. Die Wiederverwendung aufgearbeiteter Bohrgestänge ermöglicht neben wirtschaftlichen Vorteilen einen wichtigen Beitrag zum ressourcenschonenden Bauen und zur Nachhaltigkeit.
 

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Prozess der additiven Aufbereitung

Um eine verschleißfeste Oberfläche zu generieren, wird zunächst ein Zusatzwerkstoff gewählt, der bedingt durch ein martensitisches Gefüge und die Bildung von Chromkarbiden eine hohe Härte aufweist. Im nächsten Schritt werden verschiedene Strategien für Schweiß- und Kühlprozesse bei der additiven Fertigung untersucht, um zielführende Eigenschaften zu erzeugen und im Sinne der Wirtschaftlichkeit kurze Taktzeiten zu realisieren. Um dem gerecht zu werden, ist ein kontinuierlicher spiralförmiger Auftrag dem Aufschweißen einzelner Ringe vorzuziehen.
 

Auftragen des Zusatzwerkstoffs

Während des additiven Auftrags wird das Rohr mit einer konstanten Geschwindigkeit gedreht, während der Schweißbrenner linear über das Rohr verfährt. Die Parameter sind so gewählt, dass die Raupen mit einem Überlapp von 33 % aneinander liegen und der Zusatzwerkstoff mit einer Schweißgeschwindigkeit von 60 cm/min aufgebracht wird.
 

Eingespanntes Rohr, dessen Oberfläche von einem Schweißbrenner bearbeitet wird.
Additive Aufarbeitung eines lokal verschlissenen Bohrgestänges mittels Lichtbogenschweißens
Bild: TU Ilmenau


Die richtige Kühlung

Während ohne Kühlung ein Abtropfen der Schmelze zu beobachten ist, gefährdet eine Kühlung über Luftdüsen am äußeren Umfang die Schutzgasabdeckung, sodass die aufgeschweißten Raupen geometrisch deutliche Unregelmäßigkeiten aufweisen. Zielführend ist dagegen eine Kühlung durch Luftströmung im Inneren des Rohrs mittels Luftdruckverstärker, wodurch eine für den Anwendungsfall ausreichende Endkonturnähe erreicht wird.
 

Bild, auf dem zwei Teilstücke eines Rohre zu sehen sind, links als Fotografie, rechts als bunter 3-D-Scan, daneben eine Skala mit dem Farbverläufen von -1 mm bis + 1 mm.
Endkonturnähe des aufgeschweißten Rohrs mit einer Luftstrom-Innenkühlung von 500 l/min, Fotografie und 3-D-Scan mit Visualisierung der Abweichung zur Zielgeometrie
Bild: TU Ilmenau


Zusätzlich ist eine deutliche Erhöhung der Verschleißfestigkeit (Abb. 2) zu beobachten. Während ein Kühlen unabhängig von der Strategie eine signifikante Erhöhung der Härte bewirkt, sind infolge von Verschleißprüfungen (nach DIN EN ISO 28080) leicht differierende Ergebnisse erkennbar. Bei einem Auftrag ohne Kühlung verringert sich die Masse des Prüfkörpers infolge eines Reibwegs von 1000 m etwa um 0,5 % bei großer Streuung. Die Referenzbauteile zeigen eine ebenfalls sehr große Streuung sowie einen dreifach höheren Mittelwert der Massendifferenz. Wird eine Innenkühlung mit vergleichsweise geringem Volumenstrom von 360 l/s eingesetzt, sind der geringste Materialabtrag und dementsprechend die höchste Verschleißbeständigkeit zu verzeichnen.
 

Balkendiagramm, das die Massendifferenz in Abhängigkeit von der Materialbeschaffenheit zeigt.
Massendifferenz infolge von Verschleißprüfungen und Oberflächenhärte
Bild: TU Ilmenau


Fazit

Zusammenfassend ist mit den gewählten Strategien für den Schweiß- und Kühlprozess mittels des gewählten Zusatzwerkstoffs nicht nur die Wiederherstellung des Ursprungszustands verschlissener Bohrgestänge möglich, vielmehr wird zusätzlich gegenüber neuwertigen Bohrgestängen eine Verbesserung der Verschleißbeständigkeit erreicht. Dementsprechend kann geschlussfolgert werden, dass aufgearbeitete Bohrgestänge längere Standzeiten aufweisen als neuwertige. In der verbleibenden Dauer des Forschungsvorhabens werden Feldversuche durchgeführt, um diese Schlussfolgerung zu prüfen.
 

Gefördert wird das Forschungsprojekt „Addbohr“ im Programm „KMU-innovativ“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unter dem Förderkennzeichen 02P19K581.

 

Autoren

Julia Schoft

TU Ilmenau, Fachgebiet Fertigungstechnik

Thomas Heidler

H & E Bohrtechnik GmbH

Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Jean Pierre Bergmann

TU Ilmenau, Fachgebiet Fertigungstechnik

Dr.-Ing. Jörg Hildebrand

TU Ilmenau, Fachgebiet Fertigungstechnik


Ausgabe

BauPortal 3|2023