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Energetische Sanierung

Serielles Sanieren als Lösung für die Dekarbonisierung von Wohngebäuden

Visualisierung des LEG-Zukunftshauses nach Fertigstellung. Es verfügt über eine energieeffiziente Gebäudehülle und eine Photovoltaikanlage auf dem Dach.
Das LEG-Zukunftshaus nach Fertigstellung (Visualisierung): Neben der Montage von energieeffizienten Gebäudehüllen werden auch Indach-Photovoltaikanlagen und hocheffiziente Wärmepumpen installiert.
Bild: LEG


Bis 2045 soll der Gebäudesektor klimaneutral sein. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es vor allem bei Bestandsgebäuden innovativer Lösungen für die energetische Sanierung. Eine Lösung, die die Dekarbonisierung vorantreibt und eine effiziente und kostenreduzierte Sanierung ermöglicht, ist vom Joint Venture Renowate aufgegriffen und konsequent weiterentwickelt worden. Das Unternehmen setzt auf Serialisierung und End-to-End-Prozesse. Erstmals wurde diese Lösung bei der Sanierung von Wohnanlagen in Mönchengladbach eingesetzt.
 

Die LEG-Immobilien-Gruppe aus Düsseldorf hat zusammen mit der österreichischen Rhomberg Bau Gruppe das Joint-Venture-Unternehmen Renowate gegründet, um die Kompetenzen aus Baugewerbe und Wohnungsmanagement zu bündeln und Sanierungsprojekte effizienter und kostengünstiger – und somit auch umsetzbarer – zu machen. Denn die traditionelle energetische Sanierung ist meist mit hohen Kosten, langen Bauzeiten, ineffizienten Prozessen und einer aufwendigen Koordination unterschiedlicher Gewerke verbunden. Der konventionelle Weg zu sanierten Gebäuden – und somit auch zur Dekarbonisierung im Gebäudesektor– ist also etwas steiniger: Zudem sollte Wohnraum für Mieterinnen und Mieter nach einer Sanierung auch noch bezahlbar bleiben. Renowate löst diese Herausforderung mit einem Konzept, das auf Serialisierung und End-to-End-Prozesse setzt: der „Zero-Energineering Costs“-Ansatz.
 

Der „Zero-Energineering Costs“-Ansatz

Dieses Konzept steht für eine vorausschauende und umfassende Planung, eine Digitalisierung der Prozesse und einen ressourcenschonenden Einsatz von Baumaterialien. Durch die Kombination aus vorgefertigten Dach- und Fassadenmodulen und eine gewerkeübergreifende, integrierte Planung sollen Zeit- und Kostenaufwand reduziert werden.
 

LEG-Zukunftshaus als Blaupause für Renowate

Die Wohnanlage in Mönchengladbach-Hardt wurde nach dem EnergieSprong-Prinzip saniert. Unter EnergieSprong (niederländisch für Energie-Sprung) versteht man ein Sanierungskonzept, durch das Gebäude mit einem digitalisierten, neu gedachten Bauprozess, vorgefertigten Elementen und attraktiven Finanzierungsmodellen innerhalb weniger Wochen auf einen Net-Zero-Standard gebracht werden und dann im Jahresmittel so viel erneuerbare Energie erzeugen, wie für Heizung, Warmwasser und Strom benötigt wird. So werden Klimaschutz und bezahlbares Wohnen vereint und energetische Sanierungen zügig in der Breite umsetzbar.
 

Das LEG-Zukunftshaus während der energetischen Sanierung. Ein vorgefertigtes Fassadenelement inklusive Fenster und Dämmung wird per Kran aufgesetzt.
Das Start-up ecoworks war ein Partner bei der energetischen Sanierung des LEG-Zukunftshauses in Mönchengladbach.
Bild: LEG - Renowate GmbH


Das LEG-Zukunftshaus – wie die Wohnanlage in Hardt mittlerweile heißt – hatte als eine Art Reallabor für die LEG das Ziel, ein bestehendes Wohnquartier aus dem Jahr 1955 mit 111 Wohneinheiten und 16 zweigeschossigen Gebäudekörpern zu sanieren und in ein Net-Zero-Quartier zu verwandeln. Das heißt, nach der energetischen Sanierung soll der gesamte Energiebedarf an Wärme, Warmwasser und Haushaltsstrom selbst produziert werden. Mit diesem Sanierungsprojekt will man ein zukunftsweisendes serielles Modernisierungskonzept erproben und gemeinsam mit etablierten Baupartnern weiterentwickeln.

Als Baupartner konnte die LEG zunächst die Unternehmen B&O, Fischbach, Saint-Gobain sowie das Start-up ecoworks gewinnen. Mittlerweile ist auch Renowate am Reallabor beteiligt. Jeder Partner war für die energetische Ertüchtigung von zwischen vier bis acht Gebäuden als Generalunternehmer verantwortlich. Dabei starten die Baupartner im jeweils monatlichem Zeitversatz mit der Umsetzung der jeweiligen Maßnahmen.
 

Die energetische Sanierung des LEG-Zukunftshauses

Im Jahr 2020 wurde mit der seriellen energetischen Sanierung begonnen. Zunächst erfasste eine Drohne alle relevanten Eckdaten des Gebäuderiegels. Das digitale „Aufmaß“ des Gebäudes war die Grundlage für die integrale Projektplanung und die Serienfertigung der Dach- und Fassadenelemente. Die Elemente wurden mit integrierten Fenstern‚ Rollläden und Lüftungsanlagen auf die Baustelle zur Montage geliefert. Bis jetzt wurden mehr als 200 vorgefertigte Fassadenelemente verbaut.
 

Energieeffiziente Heizsysteme

Bislang wurden die Wohnungen mit Gas-Etagenheizungen gewärmt, deren Kosten durch Anpassungen der Vorauszahlungen 2022 zur Belastung für Mieterinnen und Mieter wurden. Alle Gasetagenheizungen und Nachtspeicheröfen wurden also ausgetauscht und auf neue Wärmepumpentechnologie umgestellt — der Energiebedarf konnte so um etwa 95 % reduziert und die Gebäude auf den KfW-55 Standard gehoben werden. Dabei wurden generell immer nur dann Heizkörper ausgetauscht, wenn diese nicht für den Betrieb mit Wärmepumpentechnologie geeignet sind. 
 

Sanierung im laufenden „Wohnbetrieb“

Bei dieser seriellen Sanierung konnten Mieterinnen und Mieter den Wohnraum während der Bauphase weiter nutzen, denn Baustellenlärm und -staub waren auf ein Mindestmaß reduziert. Abschluss des Projekts war im Frühjahr 2023.
 

Der Ansatz von Renowate

Renowate geht über den Pilotcharakter des Reallabors hinaus. Statt auf die Einbindung von Generalunternehmen – und damit auf die Erprobung verschiedener Möglichkeiten des seriellen Sanierens – zu setzen, hat das Joint Venture das Ziel, das eigens entwickelte Geschäftsmodell, basierend auf baulicher und wohnungswirtschaftlicher Kompetenz, zu optimieren. Sukzessive will Renowate in 14 aufeinander aufbauenden Projekten einen ganzheitlichen, skalierbaren und effizienten Prozess für die energetische Sanierung weiterentwickeln und verbessern.

Zusammengefasst sieht der Sanierungsprozess folgendermaßen aus: Nach der digitalen Vermessung der Gebäudekörper mithilfe von 3-D-Scans oder Drohnenaufnahmen und der gewerkeübergreifenden Sanierungsplanung erfolgt die serielle Vorfertigung der Dach- und Fassadenelemente. Letztere sind mit modernen Dämmsystemen ausgestattet.
 

Das LEG-Zukunftshaus während der energetischen Sanierung. Ein vorgefertigtes Fassadenelement inklusive Fenster wird per Kran aufgesetzt.
180 vorgefertigte Fassadenelemente inklusive Dämmung, Fenstern und Rollläden sowie Lüftung wurden von Renowate in der Zeppelinstraße verbaut.
Bild: Bastian Haumann, LEG - Renowate GmbH


Die vorgefertigten Elemente werden dann wie ein Maßanzug um die Gebäude gelegt. Durch eine verkürzte und wenig in die Bausubstanz eingreifende Montage der Dach- und Fassadenelemente wird sowohl die Bauzeit als auch die Belastung für die Bewohnerinnen und Bewohner reduziert. Die Energieerzeugung erfolgt dann in der Regel über Photovoltaik und Wärmepumpen. Die energetische Sanierung umfasst – kurz gesagt – eine neue, weitgehend maschinell hergestellte Hülle sowie die erforderliche, ebenfalls modularisierte Gebäude- und Heizungstechnik.
 

Das Renowate-Prinzip

Grafik: 3D-Scan eines Hauses. Darüber fliegt eine Drohne.
Bild: Renowate GmbH

Integrierte Projektplanung: Mithilfe von 3-D-Scans oder Drohnenaufnahmen wird zunächst eine digitale Bestandsaufnahme durchgeführt. Anschließend erfolgt die gewerkeübergreifende Planung der Sanierung.

 

Grafische Darstellung der modularen Fassadenelemente einschließlich Dämmung und Fenster.
Bild: Renowate GmbH


Industrielle, automatisierte Fertigung der Module: Die Module werden im Bürostandort in Bregenz entwickelt und anschließend bei einem Partner von Renowate produziert.
 

Grafische Darstellung der Montage der energieeffizienten Fassadenmodule.
Bild: Renowate GmbH


Standardisierte Montagetätigkeit: Die verkürzte, wenig in die Bausubstanz eingreifende Montage der Dach- und Fassadenelemente reduziert sowohl die Bauzeit als auch die Belastung für die Bewohnerinnen und Bewohner.
 

Pilotprojekte in der Zeppelinstraße in Mönchengladbach-Lürrip

Die Sanierungsprojekte in der Zeppelinstraße starteten im Juli 2022 und umfassten eine Gesamtwohnfläche von 2.570 m², verteilt auf 47 Wohnungen, acht Eingänge und drei Geschosse. Verbaut wurden 180 Fassadenelemente. Die inklusive Dämmung, Fenstern, Rollläden und Lüftungsanlagen vorgefertigten Module mussten auf der Baustelle nur noch montiert werden.

Nach der Sanierung haben die Gebäude einen erheblichen Energiesprung von Energieeffizienzklasse H zu A gemacht – und stehen einem hochmodernen Neubau damit in nichts nach. Der Primärenergiebedarf reduziert sich um 94 %, die CO2-Einsparung liegt bei 570 Tonnen pro Jahr. Die benötigte Restenergie wird durch mit Ökostrom betriebene hocheffiziente Wärmepumpen erzeugt. Die Bewohnenden sind somit dauerhaft von fossilen Energien entkoppelt und vor hohen Energierechnungen geschützt.

Eine Besonderheit in der Zeppelinstraße sind die im Dachboden verbauten Wärmepumpen, welche die alten Gasetagenheizungen ersetzen. Aufgrund der höheren Temperaturen unter dem nach Süden ausgerichteten Dach arbeiten sie dort effizienter als im Keller oder Außenbereich. Für die Dachbodenlösung wurde zur Sicherheit die Statik mithilfe von Stahlträgern verbessert. Zusätzlich wurde der Dachboden gedämmt und die Wärmepumpen auf Schallpuffer aus der Automobilindustrie gestellt.
 

Wärmepumpen in einem Gebäude.
Im Dachboden verbaute Wärmepumpen: Die ausgedienten Gasthermen wurden nicht verschrottet, sondern gingen als Wiederaufbauhilfe in die Ukraine.
Bild: LEG - Renowate GmbH


Vom Pilotprojekt zur Serienreife

In zwölf aufeinander aufbauenden Projekten an den Standorten Mönchengladbach und Soest wird nach der erfolgreichen Umsetzung der beiden Pilotprojekte das Verfahren weiter optimiert und auch für komplexere Formen und Strukturen umsetzbar bzw. skalierbar gemacht. So können z. B. mit einer neuen Aufhängung zukünftig auch Gebäude mit Balkonen oder Hochgeschosser saniert werden.
 

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Arbeitsschutz bei der energetischen Sanierung

Bei der energetischen Sanierung treten Gefährdungen vor allem bei der Montage der vorgefertigten Elemente auf. So ist z. B. bei der Montage von Fassadenelementen von Gerüsten aus darauf zu achten, dass es nicht zu Ab- bzw. Durchstürzen zwischen Gerüst und Fassade kommt. Denn beim Aufstellen des Gerüsts sind die Abstände zwischen Gerüst und Fassade im ungedämmten Zustand größer als nach dem Anbringen der gedämmten Elemente. Für das Aufstellen von Fassadengerüsten gelten konkrete technische Regeln. Der Abstand zwischen Bauwerk und Gerüstbelag darf höchstens 30 cm betragen. Steht das Gerüst in größerem Abstand zur Fassade, können Innenkonsolen eingesetzt werden, die den Abstand auf das maximal erlaubte Maß verringern. Geschieht dies nicht, ist es notwendig, einen zweiteiligen Seitenschutz nach innen zu montieren. Empfehlenswert ist auch der Einsatz von Hubarbeitsbühnen wie z. B. bei der Sanierung in der Zeppelinstraße. Darüber hinaus ist auch bei der Montage von Photovoltaikmodulen, beim Aufbau der Unterkonstruktionen sowie der Vorbereitung der Dachflächen vor Montage darauf zu achten, dass sowohl elektrotechnische Grundsätze berücksichtigt als auch erforderliche Absturz- und Durchsturzsicherungen angebracht werden.
 

Renowate GmbH

LEG IMMOBILIEN SE

Autor

Redaktion BauPortal


Ausgabe

BauPortal 3|2023