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Vergütungspauschale nach freier Kündigung

Entschädigungspauschalen bergen in der Praxis ein erhebliches Konfliktpotenzial. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten und damit den strengen Anforderungen des AGB-Rechts unterworfen sind. Entsprechend oft wird über die Wirksamkeit solcher Klauseln, insbesondere betreffend die Höhe der Pauschale, gestritten. In einem aktuellen Urteil hat sich das Oberlandesgericht Koblenz nun klarstellend zur zulässigen Höhe einer Entschädigungspauschale im Falle einer freien Kündigung geäußert.

OLG Koblenz, Urteil vom 09.03.2023 – 2 U 63/22

 

Sachverhalt

Ein Verein für Verbraucherschutz im Bauwesen klagte gegen einen Fertighausanbieter darauf, dass dieser es unterlässt, in vorformulierten Bauverträgen mit Verbrauchern bestimmte – insgesamt 34 – Klauseln zu verwenden oder sich bei bestehenden Verträgen auf diese Klauseln zu berufen. Dabei richtete sich die Klage insbesondere auch gegen eine Vertragsbestimmung, wonach der Besteller im Falle einer freien Kündigung verpflichtet ist, dem Unternehmer eine Pauschale in Höhe von 8 % des Werklohns für den nicht ausgeführten Teil der Leistung zu zahlen. Der Verein erachtete diese Klausel wegen Überschreitung der gesetzlichen Pauschale i. H. v. 5 % um mehr als 50 % für unwirksam.

Das Landgericht Koblenz gab der Klage in der Vorinstanz statt. Hiergegen wendete sich der Fertighausanbieter mit seiner Berufung vor dem Oberlandesgericht Koblenz. Seiner Auffassung nach seien sämtliche in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendeten Klauseln wirksam.
 

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Entscheidung

Das Oberlandesgericht wies die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz zurück. Nach Auffassung der Richter folge die Unwirksamkeit der Entschädigungspauschalierung dabei aber nicht, wie vom Kläger vertreten, aus der Höhe der Pauschale und der damit verbundenen Abweichung von § 648 Satz 3 BGB, die einen Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB – Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken der Norm, von der abgewichen wird – darstellen könnte.

Denn dass der Gesetzgeber mit der in § 648 S. 3 BGB statuierten Pauschale in Höhe von 5 % eine grundlegende Aussage dahingehend treffen wollte, dass diese im Regelfall angemessen und eine höhere Pauschale schon aus diesem Grund unangemessen ist, lasse sich der gesetzlichen Regelung nicht entnehmen. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 05.05.2011 – VII ZR 181/10, IBRRS  2011, 2066) ist hierin lediglich eine Erleichterung für den Unternehmer bei der Darlegung seines Entschädigungsanspruchs zu sehen.

Stattdessen stütze das OLG Koblenz die Unwirksamkeit der Klausel auf einen Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB. Dieses verpflichtet den Verwender, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen möglichst klar, einfach und präzise darzustellen. Jenem Gebot genügt eine Vergütungspauschalierung, die nur einen bestimmten Prozentsatz der Teilvergütung für die noch nicht erbrachten Leistungen vorsieht, nicht, wenn im Bauvertrag nur eine Gesamtvergütung vereinbart ist. Denn dann ist nicht klar, wie die Berechnung der Vergütung für die bereits erbrachten und für die nicht erbrachten Leistungen erfolgen soll (vgl. auch BGH, Urt. v. 05.05.2011 – VII ZR 181/10, IBRRS  2011, 2066).

 

Praxishinweis

Die Entscheidung reiht sich in die Rechtsprechung der Instanzgerichte und des BGH ein und schafft damit zusätzlich Rechtssicherheit für in AGB enthaltene Entschädigungspauschalierungen von bis zu 8 %.

Von deutlich höheren Pauschalen ist jedoch abzuraten: So befand der BGH etwa die Wirksamkeit einer Pauschale von 18 % des vereinbarten Entgelts im Falle einer Kündigung des Werkvertrags durch den Besteller als „äußerst zweifelhaft“ (BGH, Urt. v. 08.11.1984, VII ZR 256/83, BauR 1985, 79).

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der einschneidenden Rechtsfolge einer solchen Klauselgestaltung: Die Klausel ist vollständig unwirksam, eine (gerichtliche) Beschränkung auf eine „gerade noch“ zulässige Höhe erfolgt nicht.

Bei der Gestaltung der Entschädigungspauschalierung ist zudem auf die nach ständiger Rechtsprechung des BGH geltende, analoge Anwendung des § 309 Nr. 5 lit. b BGB zu achten. Demnach muss dem Besteller der Nachweis gestattet werden, dass die Entschädigung niedriger als die vereinbarte Pauschale auszufallen hat oder dem Unternehmer ein Schaden gänzlich nicht entstanden ist. Hier hat der BGH eine pauschale Vergütung in Höhe von 10 % bei freier Kündigung des AG als pauschale Vergütung bzw. pauschalierten Schadensersatz für zulässig erachtet (BGH, Urteil vom 27.04.2006, AZ: VII ZR 175/05)
 

Autor

Rechtsanwalt Frederic Jürgens

GSK Stockmann


Ausgabe

BauPortal 3|2023