Der von Ihnen verwendete Browser wird von der BG BAU nicht mehr unterstützt. Es kann daher auf der BG BAU Website zu Darstellungsfehlern kommen.

Strittige Fragen zur Höhe der Bauhandwerkersicherung nach § 650f BGB

Nachträge wegen geänderter oder zusätzlicher Leistungen bergen in der Praxis ein erhebliches Konfliktpotenzial. Entsprechend oft wird über die Höhe der Bauhandwerkersicherung für Nachtragsforderungen gestritten. In einem aktuellen Urteil hat sich der Bundesgerichtshof nun klarstellend zur Darlegungs- und Beweislast des Auftragnehmers in einem Sicherheitenprozess geäußert.

BGH, Urteil vom 20.10.2022 – VII ZR 154/21


Sachverhalt

Der klagende Auftragnehmer führte im Rahmen einer Hotel-Erweiterung Trock­nungsbauarbeiten für den beklagten Auf­traggeber aus. Nachdem beide Parteien das Vertragsverhältnis gekündigt hatten, for­derte der Auftragnehmer Sicherheit für die offene Schlussrechnungssumme. Diese setzte sich zusammen aus Nachtragsleis­tungen, Stundenlohnarbeiten sowie Leis­tungen betreffend Logistik und Transport.

Das Landgericht München I gab der Klage durch Versäumnisurteil statt. Den hierge­gen gerichteten Einspruch verwarf es als unzulässig und führte aus, dass die Klage begründet sei. Die Berufung des Auftrag­gebers blieb erfolglos. Das Oberlandesgericht München erachtete den Einspruch zwar für zulässig, hielt jedoch die Klage in vollem Umfang für begründet. Der Auftrag­nehmer habe sowohl den Abschluss des Bauvertrags als auch die als notwendig be­zeichneten Nachträge substanziiert darge­legt. Mit der Revision erstrebte der Auftrag­geber weiterhin Klageabweisung.
 

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hob die angefochtene Entscheidung auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück an das Berufungsgericht:

Die Karlsruher Richter entschieden, dass Ansprüche nach § 2 Abs. 5 oder 6 VOB/B i. V. m. § 1 Abs. 3 oder Abs. 4 Satz 1 VOB/B auch ohne Einigung über die Vergütungs­höhe vom Wortlaut des § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. (jetzt § 650f Abs. 1 Satz 1 BGB) umfasst seien.

Allerdings lasse sich mit der Begründung des Berufungsgerichts der jeweilige Rechts­grund für die einzelnen Forderungen des Auftragnehmers nicht feststellen.

Aus dessen Sicht sei es nicht ausreichend, die Anspruchsvoraussetzungen eines zu­sätzlichen Vergütungsanspruchs lediglich schlüssig darzulegen. Der Auftragnehmer müsse diese im Bestreitensfall vielmehr auch beweisen.

Erst wenn das Gericht nach der Beweiserhe­bung den Rechtsgrund eines etwaigen Ver­gütungsanspruchs festgestellt habe, würde dies den Anspruch auf Sicherheit begrün­den.
 

Praxishinweis

Über dem Grunde nach strittige Nachtrags­forderungen muss das Gericht – auch in einem Sicherheitenprozess – Beweis erhe­ben.

Der Fokus beider Parteien im Rahmen eines solchen Prozesses sollte deshalb auf der Frage liegen, ob der Vollbeweis (vgl. § 286 ZPO) eines Rechtsgrunds für einen zusätz­lichen Vergütungsanspruch nach § 2 Abs. 5 oder 6 VOB/B bzw. § 650c BGB erbracht werden kann.

Dabei obliegt es dem Auftragnehmer die Anspruchsvoraussetzungen, mithin die wirksame Anordnung des Auftraggebers im Sinne des § 1 Abs. 3 oder Abs. 4 Satz 1 VOB/B bzw. § 650b BGB darzulegen und zu beweisen.

Ist diese Hürde genommen, muss der Auf­tragnehmer die Höhe der Nachtragsvergü­tung nur noch schlüssig darlegen.

Der Auftraggeber ist im Umkehrschluss gut beraten, den entsprechenden Vortrag zum Anspruchsgrund substantiiert zu bestreiten und ggf. Gegenbeweis zu führen.

Hier könnte der Auftragnehmer seine Sicherheitsforderung in unstreitige und streitige Nachträge in zwei Klagen aufteilen, um für den unstreitigen Teil schneller an die Sicherheit zu kommen.

 

Der Newsletter der BG BAU

Mit dem Newsletter der BG BAU erhalten Sie alle wichtigen Meldungen und aktuelle Informationen zum Thema Arbeitsschutz per E-Mail – so etwa auch Hinweise zu neuen Arbeitsschutzprämien und Seminarangeboten.

Jetzt abonnieren!

 

Autor

Rechtsanwalt Frederic Jürgens

GSK Stockmann


Ausgabe

BauPortal 1|2023