Stillstandkosten für Baugeräte – Ersatz bei vom Auftraggeber angeordneter Leistungsänderung?
BGH, Beschluss vom 23.03.2022 - VII ZR 191/21
Sachverhalt
Die Auftragnehmerin wurde unter Einbeziehung der VOB/B mit der Schadstoffsanierung und mit Abbrucharbeiten beim teilweisen Rückbau eines Bauwerks beauftragt. Bei der anschließenden Durchführung der Arbeiten wurde eine erheblich höhere Asbestbelastung als beschrieben festgestellt. Infolgedessen ordnete der Auftraggeber zusätzliche bzw. geänderte Leistungen an. Dadurch verzögerten sich die Arbeiten, sodass bei der Auftragnehmerin Kosten durch Gerätestillstand anfielen. Diese Kosten macht die Auftragnehmerin in der zugrunde liegenden Klage geltend.
Das Landgericht Köln wies die Klage ab. Auf die Berufung der Auftragnehmerin hin erklärte das Oberlandesgericht Köln die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt. Die Auftragnehmerin habe Anspruch auf die tatsächlich erforderlichen Kosten infolge der Anordnung. Hierzu zählten auch die anordnungsbedingten Kosten für den Gerätestillstand. Hiergegen legte der Auftraggeber Revision beim Bundesgerichtshof ein.
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Entscheidung
Ohne Erfolg! Die Revision wurde unter Bezugnahme auf den Beschluss des Senats vom 08.12.2021 zurückgewiesen: Weder lägen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision vor, noch habe die Revision Aussicht auf Erfolg.
Die Rechtsfortbildung erfordere keine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. In Rechtsprechung und Literatur sei hinreichend geklärt, dass „eine zusätzliche Vergütung nach § 2 Abs. 5 VOB/B auch aus mittelbaren bauzeitlichen Auswirkungen wie etwa Gerätestillstand von – unmittelbar Änderungen des Bauentwurfs betreffenden – Anordnungen gemäß § 1 Abs. 3 VOB/B resultieren kann“. Für eine zusätzliche Vergütung nach § 2 Abs. 6 VOB/B i. V. m. § 1 Abs. 4 VOB/B gelte Entsprechendes.
Der Auftragnehmerin stünden gegen den Auftraggeber Vergütungsansprüche für die zusätzlichen Vorhaltekosten dem Grunde nach zu. Weder stelle § 6 Abs. 6 VOB/B gegenüber dem Anspruch aus § 2 Abs. 5 VOB/B eine abschließende Sonderregelung im Falle der Behinderung oder Unterbrechung dar, noch seien die Vorhaltekosten der für die Leistungserbringung erforderlichen Geräte mit den vertraglichen Einheitspreisen abgegolten, da die erbrachten Leistungen vom ursprünglich vereinbarten Leistungsumfang abwichen. Darüber hinaus sei die grundsätzlich nach § 2 Abs. 6 Nr. 1 VOB/B erforderliche vorherige Ankündigung des Anspruchs gegenüber dem Auftraggeber im vorliegenden Fall entbehrlich gewesen. Wenn der Auftraggeber – wie hier – bei Forderung der Leistung von ihrer Entgeltlichkeit ausgehen musste, sei er nicht schutzbedürftig und eine Ankündigung daher nicht erforderlich.
Ob bei Ansprüchen nach § 2 Abs. 5 und Abs. 6 VOB/B nach den tatsächlich erforderlichen Kosten abzurechnen sei, wie bei zufälligen Mehrmengen (vgl. BGH-Urteil vom 08.08.2019, Az.: VII ZR 34/18), lässt der BGH ausdrücklich offen. Zur Erforderlichkeit einer bauablaufbezogenen Darstellung bei einer Abrechnung über § 2 Abs. 5 und Abs. 6 VOB/B, verliert der BGH kein Wort.
Praxishinweis
Kommt der Auftraggeber im Rahmen der Herstellung des Werks mit seiner erforderlichen Mitwirkungshandlung (Obliegenheit) in Annahmeverzug, kann der Bauunternehmer für die Vorhaltung von Baugeräten einen Anspruch nach § 642 BGB geltend machen. Beruht der Annahmeverzug auf einer Pflichtverletzung des Auftraggebers, dann besteht ein Anspruch nach § 6 Abs. 6 VOB/B. Ordnet der Auftraggeber aber geänderte oder zusätzliche Leistungen an, dann greifen die Ansprüche nach § 6 Abs. 6 VOB/B bzw. § 642 BGB nicht. Dann kann der Auftragnehmer seine anordnungsbedingten Mehrkosten wegen Gerätestillstand über § 2 Abs. 5 oder Abs. 6 VOB/B ersetzt verlangen.
Autor
Ausgabe
BauPortal 3|2022
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