Die Aval-Falle für Bauherren und Subunternehmer
Vor einiger Zeit musste der Bau-Generalunternehmer F. Insolvenz anmelden. Davon betroffen waren zum einen Bauherren, die das noch laufende Projekt überzahlt hatten oder Mängel anzeigten: Sie wollten über die Bürgschaften an ihr Geld. Schwerer traf es Subunternehmen, die gerne angezeigte Mängel nachbessern wollten, das jedoch nicht durften, sondern zahlen mussten. Torsten Steinwachs, Geschäftsführender Partner der BMS Bond Management Support, berichtet im Folgenden aus der Praxis über Abläufe und Zuständigkeiten, Urteile und Rechte, die sich aus Avalen bei der Insolvenz des Generalunternehmers ergeben. Im Falle der Firma F. belief sich die Summe der Avale auf 37,1 Mio. Euro, die sich auf 3.000 Einzelavale aufteilte.
Auf der ersten Ebene traten Bauherren mit einer Mängelanzeige an die Firma F. beziehungsweise den nunmehr zuständigen Insolvenzverwalter heran. Von hier erhielten sie die Auskunft: „Wir arbeiten keine Mängel ab!“. Dank des Avals ist der aus dem Mangel resultierende Schadensersatz abgedeckt. „Aber nur im Prinzip“, weiß Steinwachs. „Der Bauherr muss den Mangel anzeigen, ihn dokumentieren und ihn selbst beheben lassen. Ist der Anspruch auf Mängelbeseitigung berechtigt gewesen, erhält er von dem bürgenden Institut seinen Schadenersatz.“ Bei dieser gesamten Abwicklung werden von den Aval-Gebern – Banken und Versicherungen – Unternehmen wie die BMS eingeschaltet. Diese übernehmen die bautechnische Aufnahme der Schäden, Besuche des Gewerks vor Ort, Zuordnung der Subunternehmer und Subunternehmer-Avale zu den Gewerken, Inanspruchnahme der Subunternehmer-Avale, Sicherung der relevanten Bauunterlagen sowie Verhandlungen mit den Aval-Gläubigern.
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Bei einem Aval handelt es sich um eine Bürgschaft, die den Gewährleistungsanspruch eines Bauherrn absichert. Die Firma F. hatte ihren Bauherren zu den jeweiligen Bauprojekten Gewährleistungsavale erteilt. Damit sicherte der Generalunternehmer F. die Ansprüche der Bauherren ab. Genauso hatte sich die Firma von den beauftragen Subunternehmern wiederum Avale geben lassen, um ihre Gewährleistungsansprüche abzusichern.
Die jeweiligen Aval-Geber schlossen sich wie oftmals in solchen Fällen zu einem Banken-Pool zusammen. Dieser Pool der Aval-Geber ließ nun prüfen, ob es sich bei dem jeweils angegebenen Mangel auch wirklich um einen Mangel handelt, der durch die jeweilige Gewährleistungsbürgschaft abgedeckt ist. Auch diese Aufgabe übernahm die BMS Bond Management Support im Auftrag des Banken-Pools: „Oft waren wir mit bis zu 20 Architekten, Bauingenieuren und Anwälten tätig“, erinnert sich Torsten Steinwachs. Unter Abstimmung mit der Insolvenzverwaltung wurde der Zugang zur EDV der Firma F. hergestellt, um auf die Originaldaten zuzugreifen und somit mögliche Mängel und auch Ansprüche bestmöglich zu überprüfen. Alle berechtigten Ansprüche konnten aufgrund des solventen Aval-Geber-Pools befriedigt werden.
Überzahlungen in den Avalen mit abgedeckt
Lief jedoch das Bauprojekt noch und hatte der Bauherr bereits sämtliche Kosten in Form einer Anzahlung an die Firma F. geleistet, trat eine sogenannte Überzahlung ein. Denn durch die Eröffnung der Insolvenz der Firma F. vor Fertigstellung des Bauwerks war eine vertragsgemäße Ausführung der beauftragten Arbeiten nicht mehr möglich. „In der Regel sind auch Überzahlungen in den Anzahlungs-Avalen mit abgedeckt und können bedient werden“, erklärt der Aval-Spezialist Steinwachs. Auch bei der Insolvenz der Firma F. traten Bauherren durch den Aval-Geber- Pool an den Insolvenzverwalter heran und forderten die Anzahlung in Form eines Schadenersatzes von der Firma zurück. Mithilfe der BMS konnten unberechtigte und überhöhte Ansprüche erfolgreich abgewehrt werden.
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Subunternehmer ist nicht berechtigt, den Mangel zu beseitigen
Schwierig wurde es jedoch auf der zweiten Ebene: Nach einer Mängelanzeige würde eigentlich für die Subunternehmer die Möglichkeit bestehen, den Mangel selbst zu beheben und abzuarbeiten. Im Falle einer Insolvenz des Generalunternehmers – hier also der Firma F. – ist dies nicht mehr möglich. Dies beruht auf einer Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2006 zum Bau-Insolvenzverfahren Holzmann: Wird ein Mangel an einem Gewerk festgestellt, das durch einen Subunternehmer der Firma F. verursacht wurde, ist der Subunternehmer nicht dazu berechtigt, diesen Mangel selbst zu beheben. Denn: Würde nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Subunternehmer einen Mangel an einem Gewerk beheben, würde dies eine ungerechtfertigte Bevorzugung eines Gläubigers gegenüber den anderen Gläubigern bedeuten, die ihre Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet hatten. Die Subunternehmer müssen also die Kosten zur Mängelbeseitigung tragen, dürfen diese aber nicht selbst durchführen. „Dies den Subunternehmern zu vermitteln, ist eine haarige Aufgabe“, sagt Steinwachs. „Es ist verständlich, dass die meisten Subunternehmer die entstanden Mängel lieber selbst beheben würden, als die Kosten einer anderen Firma hierfür zu übernehmen. So ist aber nun einmal die Rechtslage. Wir haben in diesem Zuge auch Mitarbeiter eines mittelständischen Unternehmens von der Baustelle geholt, die den aufgetretenen Mangel beseitigen wollten. Wir mussten ihnen erklären, dass sie – unabhängig vom Erfolg ihrer eigenen Mängelbeseitigung – zur Zahlung verpflichtet sind. Man kann sich vorstellen, dass sie nicht sehr erfreut waren.“
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Ausgabe
BauPortal 3|2022
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