Ausbau, Stuckateurarbeiten
Sicherheit und Gesundheit im Stuckateur-Handwerk
Ein sicherer und gesunder Arbeitsplatz lohnt sich immer für Unternehmen sowie Beschäftigte. Am Beispiel des Stuckateur-Handwerks werden simple, aber effektive Maßnahmen vorgestellt, mit denen sich ein hohes Arbeitsschutzniveau erreichen lässt.
Die ca. 5.500 Stuckateur-Betriebe in Deutschland sind im Neu- und Ausbau sowie der Modernisierung und Instandsetzung von Gebäuden gefragte Fachleute bei der Gestaltung von Fassaden und beim Wärme-, Schall- und Brandschutz. Zum Leistungsspektrum gehören auch Tätigkeiten im Inneren, wie Innenputzarbeiten, Innenwanddämmung, Trockenbau, Schimmelsanierung und das namensgebende Anbringen feiner Gipsornamente zur Dekoration.
Welche Gefährdungen gibt es?
Um nun die Freude am Stuckateur-Beruf zu erhalten und zu fördern, gilt es, mögliche Gefährdungen zu ermitteln und geeignete Maßnahmen zu ergreifen. So ist z. B. die Work-Life-Balance im Stuckateur-Beruf nicht immer wirklich gegeben. Manchmal müssen Großprojekte unter Zeitdruck fertiggestellt oder dringende Kundenwünsche berücksichtigt werden, wodurch es zu Überstunden und psychischen Belastungen kommen kann. Psychische Belastungen führen zu Beanspruchungen, die sich positiv, neutral oder negativ auf Personen auswirken können.
Belastungsfaktoren | Maßnahmen |
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Umgang mit schwierigen Kundinnen und Kunden | Unterstützung durch Arbeitgebende, Vorgesetzte sowie Kolleginnen und Kollegen |
Zeitdruck | Handlungs- und Entscheidungsspielräume sowie Prioritäten setzen, Tätigkeiten und Fahrten vorbereiten |
Arbeitszeiten | Beachtung der Arbeitszeitenregelungen |
Fahrzeiten | Treffen von Regelungen, Organisation der Fahrten |
Arbeitsverdichtung | Entlastung/Unterstützung durch Arbeitgebende, Vorgesetzte sowie Kolleginnen und Kollegen |
Unklare Organisationsstrukturen und Aufgaben | Klare Regelungen und Informationen |
Konkurrenz zwischen Kolleginnen und Kollegen | Förderung von Kollegialität |
Fehlende Ressourcen | Ausreichende und zweckmäßige Ausstattung des Arbeitsplatzes, Partizipation |
Sichere Mobilität
Auch können Arbeitgebende einiges dafür tun, dass Beschäftigte nicht nur während der Arbeit, sondern auch auf den Wegen von und zur Arbeit gesund bleiben. Zur Vermeidung böser Überraschungen sollten Firmen- und Privatfahrzeuge vor der Abfahrt kurz durchgecheckt werden. Fahrende sind dafür verantwortlich, dass das Fahrzeug verkehrs- und betriebssicher, die Beladung ordnungsgemäß gesichert ist und die Kfz-Ausrüstung sowie die Fahrzeugpapiere vollständig sind. Eine angemessene Vorbereitung von Arbeitseinsätzen mit den dazugehörigen Fahrten sowie das Zur-Verfügung-Stellen zeitgemäßer Technik (Navigationsgerät, Klimaanlage, Assistenzsysteme usw.) reduzieren Stress, Fehler und das Risiko von Verkehrsunfällen erheblich. In Unternehmen besteht oft die Vorstellung, Arbeitgebende hätten keinen Einfluss auf die Wahl des Verkehrsmittels ihrer Beschäftigten. Tatsächlich können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber jedoch durch ein gezieltes Mobilitätsmanagement dafür sorgen, dass Beschäftigte sichere und umweltfreundliche Möglichkeiten wählen, die sie sonst nicht erkennen und benutzen würden. Auch die Teilnahme an Fahrsicherheitstrainings, die von der BG BAU für Mitgliedsbetriebe gefördert werden, oder anderen Verkehrssicherheitsmaßnahmen kann die Sicherheit auf dem Weg zur und von der Arbeit erhöhen. Wie eigentlich alle Ausbaugewerke zeichnet sich das Stuckateur-Handwerk durch relativ kurze Einsätze an häufiger wechselnden Arbeitsorten aus, wodurch dem Thema Verkehrssicherheit eine besondere Bedeutung zukommt.
Arbeiten im Freien
Stuckateure und Stuckateurinnen geben Häusern und Räumen ihr individuelles Aussehen, sei es im Innenausbau oder bei der Arbeit an der Fassade. Fassadenarbeiten bedeuten, auch mal einer hohen Dosis an Sonnenstrahlung ausgesetzt zu sein. Obwohl der Sonne viele positive Eigenschaften nachgesagt werden – Vitamin-D-Produktion, Energielieferung, Stimmungsaufhellung etc. –, gehen von ihr auch Gefährdungsfaktoren aus: UV-Strahlung, Wärmestrahlung und Blendung. UV-Strahlung kann Haut und Augen schaden – sofort, aber auch langfristig. Es gilt: Je stärker und länger die Strahlung einwirkt, desto größer ist die Gesundheitsgefahr. Schäden durch UV-Strahlung spürt man erst, wenn es zu spät ist. Eine starke Wärmeeinwirkung kann zudem zur Belastung des Herz-Kreislauf-Systems und des Wasser- und Elektrolythaushalts führen. Das im Arbeitsschutz übliche TOP-Prinzip gilt auch hier: Technische und organisatorische Schutzmaßnahmen haben aufgrund ihrer Wirksamkeit Vorrang vor personenbezogenen Maßnahmen. Letztere kommen dann zum Zuge, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgereizt sind. Für einen optimalen Schutz kann es sinnvoll sein, technische, organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen zu kombinieren.
Umgang mit Gefahrstoffen
Auch das Stuckateur-Gewerk ist vom Thema Asbest im Bestand betroffen, da man immer wieder auf asbesthaltige Produkte in Gebäuden (z. B. Spachtelmassen, Fliesenkleber, Putze) treffen kann. Hier gilt es, Faserfreisetzungen durch zufällige oder unsachgemäße Bearbeitung zu vermeiden und die Anforderungen der TRGS 519 inklusive der Anforderungen an die Sachkunde zu beachten.
Technische Schutzmaßnahmen |
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Organisatorische Schutzmaßnahmen |
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Persönliche Schutzmaßnahmen |
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Arbeiten in der Höhe
Typisch für Ausbaugewerke und damit auch für Stuckateure sind relativ wenige, dafür aber folgenreiche Arbeitsunfälle durch Abstürze von Leitern und Gerüsten. Untersuchungen der BG BAU zeigen deutlich, dass Abstürze aus geringeren Höhen zwischen null und zwei Metern zu schweren und tödlichen Absturzunfällen führen können. So entfallen ca. 30 % der tödlichen Abstürze auf Höhen bis zu zwei Metern, also die typische Arbeitsplatzhöhe von Stuckateurinnen und Stuckateuren auf Leitern und Fahrgerüsten. Nun sind aber Leitern grundsätzlich nur zu verwenden, wenn kein sicheres Arbeitsmittel – wie etwa fahrbare Gerüste, Kleingerüste oder mobile Arbeitsbühnen etc. – eingesetzt werden kann. Diese Vorgabe der aktuellen Unfallverhütungsvorschrift Bauarbeiten (DGUV Vorschrift 38) ist keineswegs neu, sondern besteht seit nunmehr seit einem Vierteljahrhundert mit Inkrafttreten des Arbeitsschutzgesetzes: Die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine Gefährdung für das Leben sowie die physische und psychische Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst geringgehalten wird (Nr. 1 § 4 ArbSchG). Anlegeleitern und Stehleitern gelten weltweit seit vielen Jahren als Unfallschwerpunkte und ihr Einsatz ist – wann immer möglich – zu vermeiden. Sofern nun Leitern kurzzeitig für geringfügige Arbeiten eingesetzt werden, bedarf es der richtigen, passenden Leiter mit Stufen, Podesten oder Plattformen, einer ausreichenden Gefährdungsbeurteilung sowie entsprechender Sicherheitsschuhe mit Profilsohle und eines Kopfschutzes (z. B. Schutzhelm mit 4-Punkt-Kinnriemen). Zwar lassen sich nicht alle Köperteile mit persönlicher Schutzausrüstung immer schützen, jedoch können die schweren und tödlichen Kopfverletzungen bei Absturzunfällen aus niedriger Höhe einfach und kostengünstig vermieden werden. Es gibt aus Sicht des Arbeitsschutzes einfach keinen akzeptablen Grund, auf den Schutzhelm bei Arbeiten auf den besagten Leitern zu verzichten und/oder dabei Sneakers zu tragen.
Unterweisung und Gefährdungsbeurteilung
Vermeidbar sind Abstürze von Fahrgerüsten, Fassadengerüsten und Hubarbeitsbühnen, da bei regelgerechter Ausführung und ordnungsgemäßer Verwendung keine Absturzunfälle möglich sind. Insofern kommt der Unterweisung der Beschäftigten und der Prüfung der Arbeitsmittel entscheidende Bedeutung zu. Das Unternehmen, das Gerüste erstellt, ist für den sicheren Auf-, Um- und Abbau sowie deren sichere Lagerung, den sicheren Transport und die Prüfung nach der Montage der Gerüste verantwortlich. Es stellt Nutzenden/Auftraggebenden ein ordnungsgemäßes Gerüst zur Verfügung. Ist das Gerüst fertig montiert, muss die Gerüstbaufirma dieses auf die ordnungsgemäße Montage und sichere Funktion prüfen. Die Prüfung darf nur von einer hierzu befähigten Person durchgeführt werden. Die Ergebnisse der Prüfung sind zu dokumentieren. Nach Fertigstellung und Prüfung ist das Gerüst an gut sichtbarer Stelle zu kennzeichnen. Die Kennzeichnung hat mindestens Angaben über die Erstellerfirma, die Gerüstbauart, die Last- und Breitenklasse und allgemeine Sicherheitshinweise zu enthalten. Alle Arbeitgebenden, die Gerüste benutzen lassen, tragen Verantwortung dafür, dass sich diese in einem ordnungsgemäßen Zustand befinden. Sie sind verantwortlich für den Arbeitsschutz ihrer Beschäftigten. Insofern müssen Arbeitgebende das Gerüst vor der ersten Benutzung auf dessen sichere Funktion und arbeitstäglich durch Inaugenscheinnahme auf mögliche Mängel hin zu überprüfen.
Alle betrieblichen Arbeitsschutzaktivitäten haben das Ziel, Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten. Vorrangig ist dabei die Wirksamkeit der jeweils in den Betrieben und Bildungseinrichtungen ergriffenen Maßnahmen, während Prozesse, Instrumente und Methoden im Zusammenhang mit der Erfüllung der Pflicht zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung eher zweitrangig sind. Entscheidend ist, dass die Gefährdungsbeurteilung für den Betrieb mit seinen Beschäftigten angemessen durchgeführt und um projektbezogene Aspekte ergänzt wird, um entsprechende Arbeitsschutzmaßnahmen auswählen und festlegen zu können.
Digitalisierung einbeziehen
Die Arbeitswelt ist im Wandel und so empfiehlt sich – ungeachtet der Ausführungen im letzten Absatz – die rechtzeitige Beschäftigung des Stuckateur-Handwerks mit dem Thema Digitalisierung auch im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz. Stuckateur-Handwerk und Digitalisierung – passt das zusammen? Natürlich sollen Stuckateur-Betriebe ihre individuellen Eigenheiten bewahren, Produkte mit den eigenen Händen schaffen und Kunden mit der Handwerksleistung überzeugen. Bislang wird der analoge Arbeitsschutz eher als Zusatzbelastung und weniger als Chance für den Betrieb eingeschätzt. Die neuen digitalen Anwendungen im Arbeitsschutz ermöglichen nun aber die Integration wichtiger Arbeitsschutzaspekte in die Prozesse von Stuckateur-Betrieben. Alle im sogenannten GDA ORGAcheck angeführten Aufgaben von Unternehmensleitungen lassen sich so mit wenig Aufwand in die Prozesse integrieren, planen, dokumentieren und fortschreiben. So bleibt die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung nicht länger ein formaler (folgenloser) Akt, sondern führt automatisch zur spezifischen Unterweisung der Beschäftigten, zur gelenkten Prüfung von Arbeitsmitteln, Qualifizierung von betrieblichen Ersthelfenden, zur Auswahl von weniger schädlichen Gefahrstoffen usw. Diese neuen digitalen Anwendungen erlauben eine fehlerfreie, effiziente und rechtssichere Erledigung der Arbeitsschutzaufgaben. Hinzu kommt die automatisierte Gefährdungsbeurteilung bereits bei der Angebotserstellung.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Stuckateur-Handwerk die für Ausbaugewerke typischen Herausforderungen im Arbeitsschutz aufweist. Dies betrifft sowohl die Wegeunfälle als auch die Berufskrankheiten und insbesondere die Arbeitsunfälle. Die Ursachen für die Arbeitsunfälle dieses Gewerks sind bekannt und so lassen sich diese auch gut in den Griff kriegen.
Die Prozesse im Stuckateur-Handwerk eignen sich recht gut zur Integration des Arbeitsschutzes in analoger und digitaler Form. Die BG BAU als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für die Bauwirtschaft und baunahe Dienstleistungen bietet Stuckateurinnen und Stuckateuren gewerkespezifische Beratungs- und Unterstützungsangebote, z. B. im Mediencenter (www.bgbau.de) oder auch durch ihre Aufsichtspersonen. Weiterhin honoriert sie mit Prämien Investitionen in ausgewählte unfallverhütende Produkte und gesundheitserhaltende Maßnahmen. Die Arbeitsschutzprämien betreffen die Reduktion von Gefahren auf Baustellen, Sicherheitstechniken für Handmaschinen, Zusatzausrüstungen für Baumaschinen und Baustellen-Lkw, Maßnahmen zur Reduzierung von körperlichen Belastungen sowie Maßnahmen zur Organisation des Arbeitsschutzes und zur Qualifikation von Beschäftigten.
Autor
Ausgabe
BauPortal 3|2021
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