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Dach- und Zimmererarbeiten

Sicheres Arbeiten auf Dächern

Sicheres Arbeiten auf Dächern
Bild: C. Ahrens, Köln

Wie Abstürze und Durchstürze verhindert werden können

Fast die Hälfte, der in 2019 von der BG BAU erfassten tödlichen Arbeitsunfälle sind Absturzunfälle. Beispielsweise stürzten Personen – aufgrund fehlender Sicherungsmaßnahmen – von Dächern, Gerüsten, Decken und Leitern. Auch geschehen immer wieder schwere und tödliche Absturzunfälle, weil Menschen durch Lichtkuppeln und Lichtbänder in die Tiefe stürzen. Wie lassen sich solche Ab- und Durchstürze verhindern?

Der Großteil der Verunfallten war zum Unfallzeitpunkt älter als 40 Jahre und verfügte über mehrjährige Berufserfahrung, was vermuten lässt, dass sich mit den Jahren Nachlässigkeiten einschleichen und das Gefahrenbewusstsein nachlässt. Junge Menschen hingegen waren aufgrund fehlender Vertrautheit in Tätigkeiten und „jugendlichen Leichtsinns“ tendenziell häufiger von Arbeitsunfällen betroffen, jedoch deutlich weniger von Abstürzen aus größeren Höhen. Die meisten Unfalluntersuchungen ergaben Verstöße gegen Maßnahmen zur Sicherung gegen Absturz oder Durchsturz nach Arbeitsstättenverordnung oder DGUV V 38 „Bauarbeiten“.

Gefährdungsbeurteilung und Überprüfung

Die Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen und regelmäßigen Unterweisungen der Beschäftigten ist also nicht nur bürokratische Pflichtaufgabe für alle Unternehmer, sondern gerade im Fall hochgelegener Arbeitsplätze dringend erforderlich. Aber nicht nur das Festlegen von Maßnahmen, sondern auch die Überprüfung der getroffenen Maßnahme zur Wirksamkeitskontrolle als Bestandteil der Gefährdungsbeurteilung ist entscheidend. Denn nur so können nicht funktionierende Maßnahmen zur Absturzsicherung identifiziert und korrigiert und angepasst werden. Ein weiterer Aspekt ist, dass die Beschäftigten dazu angehalten werden müssen, bei auftretenden Gefahren, Problemen und nicht wirksamen Maßnahmen Stopp zu sagen und die Arbeiten nicht weiter unter Absturzgefahr auszuführen. Ältere Beschäftigte benötigen offensichtlich die Erinnerung an Gefahren und Maßnahmen, während bei jüngeren Beschäftigten die Einführung in das Thema und das Training des Verhaltens im Vordergrund stehen.

Problem Durchsturz

Das aktuelle Unfallgeschehen zeigt zudem, dass Durchstürze durch nicht durchbruchsichere Bauteile und insbesondere Oberlichter zunehmen. Das liegt vor allem daran, dass sowohl Steil- als auch Flachdächer immer häufiger aktiv genutzt werden. Sie sind begrünt, dienen als Standort für Solaranlagen und haustechnische Anlagen, müssen mehr oder weniger häufig zu Pflege-, Inspektions-, Wartungs- oder Reparaturarbeiten betreten werden. Auch treten besondere klimatische Ereignisse auf, wie bespielweise Hagelschauer und Stürme, die Schäden verursachen, oder starker Schneefall, die ein kurzfristiges Handeln auf dem Dach erforderlich machen.

Nachrüstbare Netzlösung zur Durchsturzsicherung von Lichtkuppeln
Bild: Jet-Gruppe

Nur durchtrittssichere Dächer und Bauteile betreten!

Alle Bauteile, die nicht sicher betreten werden bzw. die beim Betreten brechen können, gelten als nicht durchtrittsicher. Nicht durchtrittsichere Bauteile können z. B. sein: Faserzement-Dachplatten, Faserzement-Wellplatten, Asbestzement-Wellplatten, Bitumenwellplatten, Lichtplatten, Lichtkuppeln, Oberlichter, Glasdächer und Verglasungen. Können also Anlagen, Einrichtungen und andere Arbeitsplätze nur über nicht durchtrittsichere Dachflächen erreicht werden, sind mindestens 0,50 m breite Laufstege mit beidseitigem Seitenschutz als lastverteilende Beläge zu verwenden. Bei einer Dachneigung über ca. 11° benötigen die Laufstege Trittleisten und ab ca. 30° Neigung Trittstufen, um ein Rutschen zu verhindern.

Besonders gefährlich: Oberlichter

Die BG BAU registriert regelmäßig schwere und tödliche Absturzunfälle, weil Personen durch Oberlichter hindurch in die Tiefe stürzen. Als Oberlichter gelten alle lichtdurchlässigen Bauteile in einem Dach – zum Beispiel Lichtkuppeln, Lichtbänder, Lichtplatten, Glasoberlichter, Shed-Verglasungen usw.

Da bei Absturzunfällen auch bei geringen Höhen mit schwersten oder tödlichen Verletzungen gerechnet werden muss, sind die entsprechenden Arbeitsschutzvorschriften weltweit strikt und eindeutig sowie bußgeld- bzw. teils sogar strafbewehrt. In Deutschland gibt es eine Reihe von Rechtsvorschriften zum Thema Absturz- und Durchsturzsicherung, so etwa die Unfallverhütungsvorschrift DGUV Vorschrift 38 „Bauarbeiten“ (Unfallverhütungsvorschrift Bauarbeiten).

Wie sicher ist „durchtritt- und durchsturzsicher“?

Lichtkuppeln und Lichtbänder auf Dächern, Terrassen etc. müssen dauerhaft durchsturzsicher sein oder sie sind anderweitig zu sichern. Bei den Begriffen „durchtrittsicher“ und „durchsturzsicher“ besteht ein verhängnisvolles Missverständnis: Diese Oberlichter aus Polycarbonat sind in der Regel nach der Herstellung zunächst durchsturzsicher. Während der Nutzung versprödet der Kunststoff mit zunehmender Dauer der UV-Einstrahlung und durch andere, beispielsweise umweltbedingte oder nutzungsbedingte schädliche Einflussfaktoren, sodass die Durchsturzsicherheit nicht mehr gegeben ist. Zudem sind Lichtplatten leider oft auch schlecht in der Dachebene zu erkennen. Deshalb erhalten getestete Kunststoff-Oberlichter ohne zusätzliche bautechnische Maßnahmen nur das Prüfergebnis „durchsturzsicher ein Jahr nach Einbau“. Da Kunststoff-Oberlichter i. d. R. diese Eigenschaften besitzen, muss bis zum Beweis des Gegenteils davon ausgegangen werden, dass diese immer zu sichern sind! Die Durchsturzsicherheit von Oberlichtern mit Verglasungen ist gewährleistet, wenn die Gläser nach der DIN 18008-6 hergestellt wurden.

Lichtkuppeln und Lichtbänder müssen deshalb zusätzlich gesichert werden!

Alles zur Sicherheit von Oberlichtern

→ Oberlichter aus Kunststoffen (Acryl, Polycarbonat usw.) sind i. d. R. nicht dauerhaft durchtritt- bzw. sturzsicher.

→ Lichtplatten sind oft schlecht in der Dachebene erkennbar.

→ Nur Oberlichter mit durchsturzsicherer Verglasung nach DIN 18008-6 sind durchsturzsicher.

→ Oberlichter mit nicht durchsturzsicherem Glas müssen mit festen Absturzsicherungen gesichert sein (Geländer, innen- oder außenliegende Gitter usw.).

→ Für Arbeiten an geöffneten Oberlichtern sind fest installierte Durchsturzgitter zu verwenden.

→ Sollten fest installierte Durchsturzgitter nicht möglich sein, können permanente Anschlageinrichtungen gemäß Allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung (AbZ) oder mobile Absturzsicherungssyteme (gemäß EN 795) verwendet werden. Dafür müssen geeignete persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz, ein Rettungskonzept und ggf. -gerät vor Ort vorhanden sein.

→ Werden Oberlichter ausgewechselt oder saniert, sind diese bis zum Abschluss der Arbeiten vollflächig zu sichern (z. B. mit einem Schutznetz), sofern keine feste Absturzsicherungsmaßnahme vorhanden ist.

Durchtrittsicherheit = Dachbereiche und Bauteile, die für ein Betreten vorgesehen sind und nicht brechen, sodass keine Gefahr des Absturzes vorliegt.

Durchsturzsicherheit = Dachbereiche und Bauteile, die für ein Betreten nicht vorgesehen sind und durch die eine auf diese Bauteile stürzende Person nicht hindurchstürzen kann.

Unterstützung durch die BG BAU

Die BG BAU engagiert sich mit wirksamen Regelungen, umfassenden Informationen und vielen Aktionen für mehr Sicherheit und Gesundheitsschutz auf den Baustellen, speziell im Bereich Absturzprävention. Neben zahlreichen Informationskampagnen und -medien, z. B. die lebenswichtigen Regeln für verschiedene Gewerke, die kurz und anschaulich vermitteln, wie sicher gearbeitet werden kann, wurde vor Kurzem eine eigene Webseite entwickelt, die alles Wichtige zur Absturzgefahr und Absturzsicherheit übersichtlich und interaktiv zusammenfasst.

Die lebenswichtigen Regeln „Dacharbeiten“ des Präventionsprogramms der BG BAU fassen das richtige Verhalten bei Arbeiten auf Dächern zusammen.

Webseite Absturzprävention

Da fehlende oder mangelhafte Sicherungseinrichtungen an hochgelegenen Arbeitsplätzen immer wieder zu schweren Absturzunfällen führen, gibt es auf der Webseite www.bgbau.de/absturz nützliche Hinweise, wie Gefahrensituationen erkannt und vermieden können. Darüber hinaus sind alle Angebote der BG BAU übersichtlich zusammengestellt, u. a. auch das E-Learning-Angebot „Fachkunde Absturzprävention“.

E-Learning-Angebot „Fachkunde Absturzprävention“

Dieses E-Learning-Angebot bringt den Nutzern in vier Modulen nahe, was aufgrund der Aktualisierung der TRBS 2121 bei der sicheren Verwendung von Leitern und Gerüsten zu beachten ist. Die Module behandeln folgende Themen: Verwendung von Gerüsten sowie Leitern, Basics zu persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz, Rettung und Anschlageinrichtungen und Grundlagen zum Einsatz von Schutznetzen. Das Angebot ist zugänglich unter www.bgbau.de/e-learning-absturzpraevention.

Beitragsunabhängige Förderung von Absturzprävention

Ein wichtiger Anreiz, in den Arbeitsschutz zu investieren, sind zudem die Arbeitsschutzprämien, die die BG BAU für ihre Mitgliedsunternehmen anbietet. Honoriert werden Investitionen in ausgewählte unfallverhütende Produkte und gesundheitserhaltende Maßnahmen mit Prämien. Die Höhe der Prämienförderung ist abhängig von der Höhe des BG-Beitrags.

Für den Bereich Absturzprävention gibt es jetzt zusätzlich eine Förderung, die unabhängig von der Beitragshöhe ist. Im Vordergrund steht dabei das Engagement für die Vermeidung von Absturzunfällen. Darum ist die Inanspruchnahme auch an Bedingungen geknüpft, die eine Auseinandersetzung mit dem Thema Absturzprävention zeigen: Das reicht von der Gefährdungsbeurteilung über die Beratung durch Aufsichtspersonen bis zur Teilnahme am Seminar „Absturzprävention“.

Weitere Infos dazu unter www.bgbau.de/absturzpraemien sowie auf S. 8 ff.

Erstmalig wurde auf dem Fachkongress eine Diskussionsrunde im Fishbowl-Format durchgeführt. Zentrales Element ist eine Drehbühne, die immer dort zum Stehen kommt, wo das Gespräch zwischen Podium und Publikum stattfindet.
Bild: manico.TV, Köln

Fachkongress für Absturzsicherheit

Am 3. und 4. November 2020 findet in der Kongresshalle Böblingen der 5. Fachkongress für Absturzsicherheit statt, der mit großem Engagement von der BG BAU unterstützt wird. Wie auch in den vergangenen Jahren geht es in Böblingen (der angekündigte Veranstaltungsort Berlin entfällt aus terminlichen Gründen) unter anderem darum, wie hochgelegene Arbeitsplätze und Verkehrswege durch konsequente Planung und effektive Hilfsmittel sicherer werden. Das Vortragsprogramm und eine Online-Anmeldung sind unter www.kongress-absturzsicherheit.de zu finden.

Autoren

Dipl.-Ing. Hendrijke Rahming

Referat Hochbau
BG BAU Prävention

Dipl.-Ing. Bernd Merz

BG BAU Prävention


Ausgabe

BauPortal 3|2020