Recht
Keine Rechtsberatung durch Architekten!
Eine Vereinbarung, durch die sich ein Architekt verpflichtet, eine von ihm selbst entworfene, der Interessenlage des Bestellers entsprechende Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern zur Verfügung zu stellen, ist wegen eines Verstoßes gegen das in § 3 RDG (Rechtsdienstleistungsgesetz) geregelte gesetzliche Verbot nach § 134 BGB nichtig.
BGH, Urteil vom 09.11.2023 – VII ZR 190/22
Sachverhalt
Die Klägerin beauftragte den Beklagten mit Architektenleistungen der Leistungsphasen 1 bis 8 gem. § 33 HOAI (2009). Der Beklagte stellte der Klägerin daraufhin einen Bauvertragsentwurf mit einer von ihm formulierten Skontoklausel zur Verfügung, den die Klägerin bei der Beauftragung von zumindest vier bauausführenden Unternehmen verwandte. Der Beklagte hatte diese Klausel zuvor einem Rechtsanwalt zur Prüfung vorgelegt. Unter Verwendung dieses Bauvertragsentwurfs beauftragte die Klägerin die J. & J. Bau GmbH mit folgender Vereinbarung: „Die Fa. J. gewährt [...] ein Skonto von 3 % bei Zahlungen der durch die Bauleitung geprüften und angewiesenen Abschlagszahlungen bzw. Schlussrechnung innerhalb von 10 Arbeitstagen nach Eingang bei der Bauherrschaft.“
Die Klägerin behielt daraufhin im Verhältnis zu der J. & J. Bau GmbH einen Skonto in sechsstelliger Höhe ein, woraufhin es zu einem Rechtsstreit kam, in dem die J. & J. Bau GmbH Widerklage auf Zahlung des zu Unrecht einbehaltenen Betrages mit der Begründung erhob, die Skontoklausel sei als AGB unwirksam. Die Parteien schlossen daraufhin einen Vergleich, in dem sich die Klägerin den zurückbehaltenen Betrag auf ihre gegen die J. & J. Bau GmbH geltend gemachten Ansprüche anrechnen ließ. Die Klägerin ist der Auffassung, ihr sei der Skontoabzug nur deshalb nicht verblieben, weil die vom Beklagten vorgeschlagene Skontoklausel unwirksam gewesen sei. Der Beklagte sei deshalb zum Schadensersatz verpflichtet.
Entscheidung
Die Zurverfügungstellung der Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmen stellt eine unerlaubte Rechtsberatung durch den Beklagten dar. Die Vereinbarung war somit gemäß § 3 RDG i. V. m. § 134 BGB nichtig.
Der Architekt hat die Pflicht, die erforderlichen Leistungen zu erbringen, um die vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen. Eine allgemeine Rechtsberatung wird von dem Berufsbild des Architekten jedoch nicht erfasst, da es ihm insoweit an einer hinreichenden juristischen Qualifikation fehlt. Das Bereitstellen der Skontoklausel war deshalb keine zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Architekten zählende Nebenleistung gem. § 5 Abs. 1 S. 1, 2 RDG.
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Weiterhin erlaubt auch die Grundleistung „Mitwirken bei der Auftragserteilung“ nach Anlage 11 Leistungsphase 7 h zu § 33 Satz 3 HOAI (2009) die vom Beklagten übernommene Rechtsdienstleistung nicht. Zwar erhält der Architekt danach ein Honorar für das „Mitwirken bei der Auftragserteilung“, daraus ergibt sich jedoch nicht die Pflicht, Verträge zu entwerfen. Insbesondere ist dabei der Vorrang des RDG als formelles Gesetz vor der HOAI als Rechtsverordnung zu beachten. Schließlich ändert auch die Einbeziehung eines Rechtsanwalts als Erfüllungsgehilfen des Architekten zur Erbringung der Rechtsdienstleistung nichts an deren Unzulässigkeit und der Nichtigkeit der entsprechenden schuldrechtlichen Vereinbarung mit dem Auftraggeber.
Daraus folgt, dass der BGH einen Anspruch der Klägerin aus §§ 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 3 RDG für möglich hält und der Beklagte hierfür persönlich haftet.
Praxishinweis
Unter den Begriff der Rechtsdienstleistung fällt jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert, die über eine bloß schematische Anwendung von Rechtsnormen hinausgeht. Architekten sind keine Juristen, weshalb von ihnen nicht die Kenntnis schwieriger oder zweifelhafter Rechtsfragen erwartet werden kann und darf. Zu beachten ist insbesondere die weitreichende Rechtsfolge des Verstoßes gegen § 3 RDG, der dazu führt, dass der zugrundeliegende Vertrag jedenfalls insoweit gem. § 134 BGB nichtig ist, wie er die unerlaubte Rechtsdienstleistung erfasst. Im Zweifel haben beide Parteien aufgrund der Nichtigkeit der Vereinbarung nichts von der unerlaubten Rechtsberatung, weil kein Anspruch aus dieser Vereinbarung entsteht. Für die Praxis bedeutet dies, dass unzulässige Rechtsdienstleistungen unbedingt vermieden werden müssen, wie zum Beispiel Abwehr von Werklohnansprüchen im Außenverhältnis, Begründung von Sachmängelansprüchen nach außen, rechtliche Mängelverfolgung und Nachtragsprüfung.
Architekten ist deshalb zu raten, Bauherren darauf hinzuweisen, dass eine Rechtsberatung durch sie nicht erfolgen kann und darf, und insoweit an einen Rechtsanwalt zu verweisen. Vor allem birgt eine unerlaubte Rechtsberatung nicht zuletzt für den Architekten selbst ein nicht unerhebliches Haftungsrisiko, welches nicht vom Versicherungsschutz gedeckt ist. Architekten haften persönlich!
Autor
Ausgabe
BauPortal 2|2024
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