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An der Fassade des Holzmodul-Neubaus einer Kita sind in jeder der zwei oberen Etagen je ein Metall-Laubengang in leuchtendem Rot zu sehen. Sie dienen nicht nur als Verbin­dungsgang vor den Fenstern, sondern auch als als zweiter Fluchtweg: Durchgehende Eckpfosten führen bis auf den Boden.
Laubengang mit Sonnendach im leuchtenden Rot: Laubengänge dienen nicht nur als Verbindungsweg, sondern auch als als zweiter Fluchtweg. | Bild: Bärbel Rechenbach

Holzbau

Neun Holzbau-Kitas für Berlin

Berlin hat die Vorzüge des Baustoffs Holz für sich entdeckt, im privaten und endlich auch im öffentlichen Bau. Laut Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK) soll das umweltfreundliche Material künftig deutlich mehr in der Hauptstadt zum Einsatz kommen. Derzeit entstehen innerhalb des „MOKIB-Programms“ (Modulare Kita-Bauten für Berlin) neun Kita-Einrichtungen in Holzmodulbauweise mit insgesamt 224 Plätzen.
 

Bauleiterin Dr.-Ing. Daniela Wrzesniak führt gern durch die neuen Berliner Kitas, die von der Holzunion bereits fertiggestellt sind. So auch in der Lichtenberger Harnackstraße oder im Pankower Eschengraben. Hier koordiniert sie zusammen mit zwei weiteren Bauleitern für die Cordes Holzbau GmbH & Co. KG alle Gewerke. Cordes gehört zur Holzunion, einem Zusammenschluss leistungsstarker Unternehmen, der in Berlin fünf dreigeschossige Kitas stellt. Vier weitere zweigeschossige übernimmt die Terhalle Holzbau GmbH aus Ahaus.
 

Mehrgeschossiger Holzbau – ein neues Terrain

Wie für die Stadt sind die Modulbauten auch für die junge Ingenieurin eine Premiere: „Wissenschaftlich habe ich mich intensiv mit mehrgeschossigen Holzgebäuden beschäftigt. Praktisch betrete ich jetzt neues Terrain, was sehr viel Spaß macht. Daher freue ich mich, dass wir im Auftrag des Senats Kindertagesstätten aus Holz sogar mehrgeschossig errichten, und wünsche mir zukünftig noch viel mehr solcher Bauten in Berlin.“

Noch vor geraumer Zeit war es unmöglich, mehrgeschossig mit diesem Material zu bauen. Aufgrund der aktualisierten Landesbauordnung rangiert Holz als konkurrenzfähiges Bauprodukt. Ganze Stadtviertel sollen in Zukunft so entstehen.
 

Bauleiterin Dr. Daniela Wrzesniak
Bauleiterin Dr. Daniela Wrzesniak plädiert für mehrgeschossigen Holzbau in Berlin.
Bild: Bärbel Rechenbach


Zukunft Holzbau?

Daniela Wrzesniak schätzt die Vorzüge des klimafreundlichen Naturprodukts. „Holz ist ein umweltfreundlicher Baustoff, der bei seiner Herstellung kein CO2 produziert, sondern CO2 bindet. Wir werden damit außerdem allen Vorschriften der Tragfähigkeit, Schwingungsbegrenzung sowie des Schall- und Brandschutzes gerecht. Ich hoffe, dass uns die derzeitig immens steigenden Holzpreise auf Dauer keinen Strich durch die Rechnung machen und Baukosten weiter in ungeahnte Höhe treiben.“

Da sieht sie die neue Regierung gefordert. Denn finanziert werden die MOKIB aus dem Senats-Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt (SIWA), das dem permanent steigenden Bedarf an Kitaplätzen entsprechen will. Neben Lichtenberg und Pankow erhalten bis Ende 2022 zeitlich gestaffelt auch Marzahn-Hellersdorf, Neukölln, Reinickendorf, Steglitz-Zehlendorf, Treptow-Köpenick, Spandau und Mitte einen Kita-Neubau in Holz.
 

Standortgerecht konstruierte Typen

Für die Kitas wurden zwei Gebäudetypen entwickelt – als Ergebnis eines europäischen Architekturwettbewerbs von 2017. Sie lassen sich flexibel und mit geringem Aufwand dem jeweiligen Standort anpassen, können dementsprechend gedreht oder gespiegelt werden. Alle Gebäude erfüllen den energetischen Standard KfW 55. Kontrollierte Lüftung mit Wärmerückgewinnung sowie der kompakte Riegelbau mindern Wärmeverluste und Energieverbrauch.
 

Blick in den Eingangsbereich der neuen Kita: An den Wänden, Fenstervorsprüngen und in der Garderobe schafft der Baustoff Holz eine warme Atmosphäre.
Bild: Bärbel Rechenbach

Projekttafel Kita-Typen


Bauherr:
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, Abteilung Hochbau


Bauumfang:

–   5 dreigeschossige Kitas, Typ M150 Minus
–   4 zweigeschossige Kitas, Typ P60 Plus


Projektzeitraum:
2017 – 2022



Zweigeschossiger Typ P60 Plus


Generalplaner:        
Kersten+Kopp Architekten GmbH, Berlin

TGA:
Ingenieurgesellschaft W33 mbH

Tragwerksplanung:
PICHLER Ingenieure GmbH

Ausführende Firma:
Terhalle Holzbau, Ahaus

Landschaftsarchitekten:
capatti staubach



Dreigeschossiger Typ M150 Minus


Generalplaner:
karlundp, München

TGA:
Bergmeister Ingenieure GmbH

Tragwerksplanung:
Bergmeister Ingenieure GmbH

Ausführende Firma:
Hu-Holzunion, Rotenburg (Wümme)/Cordes

Landschaftsarchitekt:
Frank Kiessling
 

Douglasie und Fichte für Fassade, Wand und Decke

In beiden Typen bilden Boden, Wände und Decken werksseitig vorgefertigte Raummodule, die auf der Baustelle nur noch zusammengefügt werden. Leerrohre für Stromleitungen und Wasserleitungen sind darin bereits integriert. „Allein in der Kita Harnackstraße“, berichtet die Cordes-Bauleiterin, „kamen für Tragwerk, Wände und Decken etwa 550 m³ Fichtenholz zum Einsatz, in der umhüllenden Fassade zusätzlich 18 m³ silbergrau lasierte Douglasie.“
 

Fassadendetail der Kita im Kummerower Ring
Angenehmer Kontrast: Fassade in silbergrau lasierter Douglasie und Wand- und Fensterelemente in Rot
Bild: Bärbel Rechenbach
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Kita im Kummerower Ring: Zu sehen sind die Balkonfront des Zweigeschossers, davor ein Spielplatz mit Holzgeräten und Bänken sowie ein flacher Anbau für Technik bzw. Spiel- oder Sportgeräte.
Die dreigeschossige Holzkita in Spandau ist fertiggestellt.
Bild: Dr. Daniela Wrzesniak
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Holz auch in den Innenräumen

Auch in den Innenräumen dominiert Holz bei Vorsatzschalen, Akustikdecken, Treppen und Garderoben. Das schafft eine gemütliche, kindgerechte Atmosphäre. Die Geschosse bestehen aus großzügigen Aufenthaltsräumen, die auch auf großflächigen Fluren viel Raum zum Spielen und Bewegen bieten. Obwohl sich die Holzkonstruktion aller Kitas gleicht, unterscheiden sie sich innen und äußerlich in der Farbgestaltung und symbolisieren dabei die Elemente Erde, Feuer, Wasser und Luft. Der vorgefertigte Laubengang mit Sonnendach in der Harnackstraße leuchtet zum Beispiel rot wie Feuer. Die Laubengänge dienen dabei nicht nur als Verbindungs-, sondern außerdem als zweiter Fluchtweg. Was die Frei- und Spielanlagen ringsum betrifft, rundet die Terrasse aus unbehandeltem Eichenholz das attraktive Ensemble ab.
 

Blick in einen Gruppenraum: Akustikdecken aus Holz schaffen eine angenehme Raumqualität.
Für die Akustikdecken kam ebenfalls Holz zum Einsatz.
Bild: Bärbel Rechenbach


Bereits fertiggestellte Kitas zeigen Modulbau-Prinzip

Die Kita „Zu den Fichtewiesen“ im Berliner Bezirk Spandau wurde von Cordes gebaut, eine weitere Kita wurde von Terhalle am Kummerower Ring in Berlin-Hellersdorf errichtet. Wie ein Baukasten setzt sich das Gebäude auch hier aus vorgefertigten Holzelementen im 1,25 m-Raster zusammen, die auf einer Betonbodenplatte montiert sind: 16 cm starke tragende Innenwände, 22 cm dicke Decken und ein 20 cm dickes Dach aus Massivholzfertigteilen bilden das Holzkonstrukt. Lärchenholzprofile schmücken die Fassade. Besonderheiten bei diesem Gebäudetyp sind begrünte Flachdächer mit einem intelligenten Regenwassermanagement sowie Bandfenster und grüne Glaspaneele.
 

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Sicherheit im Fokus

Als Cordes-Bauleiterin sorgt Daniela Wrzesniak dafür, dass der tägliche Bauablauf, die Qualität der Ausführung und die speziell beim Bau von Kindereinrichtungen geltenden Sicherheitsvorkehrungen strikt eingehalten werden. „Da muss alles penibel genau stimmen. So verfügen alle Türen u. a. über einen Fingerklemmschutz. Im gesamten Haus herrscht Barrierefreiheit. Stolperkanten darf es keine geben. Sämtliche Öffnungen wie z. B. im Treppenschutznetz müssen so beschaffen sein, dass sich Kinder nicht verletzen können.“
 

Das Treppenhaus ist oberhalb des Handlaufs auf der zum Rauminneren zeigenden Seite mit Schutznetzen gegen Absturz gesichert.
Kindgerechte Schutznetze sichern den Treppenbereich.
Bild: Bärbel Rechenbach
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Blick auf eine geöffnete Glastür im Neubau: Sie ist am Türrahmen mit einem Fingerklemmschutz versehen.
Die Türen sind mit einem Fingerklemmschutz versehen.
Bild: Achim Dathe
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Kontrolle durch den SiGeKo

Darauf achtet die Bauleiterin mit Argusaugen. Gleichzeitig sind unterschiedliche Gewerke auf engstem Raum im Einsatz, die terminlich aufeinander so abgestimmt werden müssen, dass sie sich nicht gegenseitig behindern. Unfälle sollen von vornherein vermieden werden, auf der Baustelle wie im Umfeld. Regelmäßig kontrolliert der SiGeKo, ob in dieser Hinsicht alles seine Ordnung hat. Denn alle Kitas entstehen in Baulücken stark frequentierter Wohngebiete.
 

Verkehrsplan sichert Baustelle ab

Eine Herausforderung bilden sowohl die Logistik der Anlieferungen als auch die Verkehrssicherheit. „Nicht nur Vorübergehende und Radfahrende sind durch einen Bauzaun gesichert, sondern genauso die Baubeschäftigten vor dem fließenden Pkw- und Lkw-Verkehr ringsum. Dazu haben wir vorab z. B. einen detaillierten Verkehrsplan ausgearbeitet.“
 

Geschützte Frei- und Spielflächen

So geschützt, wie die Baustellen jetzt sind, werden bei Übergabe natürlich auch alle Frei- und Spielflächen um die Gebäude herum sein. Etwa zwei Meter hohe Zäune, sogenannte Einfriedungen, sorgen für den entsprechenden Schutz. Grundlage für die Gestaltung sind die DGUV Vorschrift 82 „Unfallverhütungsvorschrift Kindertageseinrichtungen“ und die DGUV Regel 102-602 „Branche Kindertageseinrichtung“. So sind beispielsweise Türen derart beschaffen, dass sie ein unerlaubtes Verlassen oder Betreten des Geländes verhindern.
 

Während der Bauarbeiten schirmt ein Bauzaun das Grundstück der Kita vom Straßenverkehr ab.
Ein Bauzaun sorgt für die nötige Sicherheit.
Bild: Bärbel Rechenbach

Vor allem bei innerstädtischen Baustellen gelten besondere Vorsichtsmaßnahmen, um Passanten und den Verkehr nicht zu gefährden. Die verkehrsrechtliche Anordnung und ein Verkehrszeichenplan sind ein Muss, auch bei kurzfristigen Bauarbeiten.

Die Praxishilfe „Baustelleneinrichtung - Baustellensicherung" der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) sieht u. a. Folgendes vor:

  • Leitungsschutz (gegen Beschädigen fremder Leitungen),
  • Natur- und Gewässerschutz (z. B. in einem Wasserschutzgebiet),
  • Lärm- und Staubschutz,
  • Absperr- und Absturzsicherungen, auch zu benachbarten Grundstücken und Verkehrswegen (siehe auch Online-Information der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin [BAuA] zu „Verkehrsflächen, Transportwegen, Lager- und Stellflächen“),
  • Nutzen öffentlicher Verkehrsflächen für Bauarbeiten, Sicherung des Verkehrs auf angrenzenden Straßen und Wegen,
  • Baum- und Vegetationsschutz,
  • Leitungsschutz und Freihalten von Revisionsschächten,
  • Brandschutz,
  • Kampfmittelerkundung und -beräumung,
  • Allgemeinbeleuchtung der Baustelle,
  • Witterungsschutz (Kälte, Schnee, Hitze, Wind, UV-Strahlung),
  • Sicherungen im Schwenkbereich von Großgeräten,
  • Errichten von Bauzäunen und Zutrittsbeschränkungen zum Schutz vor unerlaubtem Betreten der Baustelle.
Modulare Kindertagesstätten für Berlin

© BG BAU

Ausblick

Vorerst bereichern in diesem Jahr neun Holz-Kitas das Stadtbild Berlins. Bis 2025 sollen noch weitere sechs folgen, falls es das Senatsbudget angesichts des aktuellen Baustoff- bzw. Holzpreises noch zulässt.
 

Autorin

Bärbel Rechenbach

Freie Baufachjournalistin


Ausgabe

BauPortal 1|2022