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Recht

Angaben zur Unfallrente im Antrag zur Altersrente

Ein rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Verwaltungsakt vertraut hat. Auf Vertrauen kann ein Begünstigter sich aber nicht berufen, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder grob fahrlässig nicht kannte.

Hessisches Landessozialgericht, Urt. v. 20.03.2024 – L 5 R 121/23
 

Sachverhalt

Der 1949 geborene Arbeitnehmer (R.) stellte 2009 einen Rentenantrag. Ab 1. Juli 2009 bezog R. Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach dem Rentenbescheid vom 4. September 2009 in Höhe von ca. 2.500,00 € ohne Anrechnung von Einkommen, insbesondere ohne Anrechnung der Verletztenrente, die er wegen eines Arbeitsunfalls vom 8. Mai 1967 erhielt. Die Frage in dem Rentenantragsvordruck nach dem Bezug einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung hatte er verneint. Erst im März 2019 erfuhr der Rentenversicherungsträger, dass R. von der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) eine Unfallrente bezog. Die Höhe der Verletztenrente belief sich 2009 auf monatlich ca. 1.260,00 € und – durch jährliche Rentenanpassungen erhöht – zuletzt 2019 auf ca. 1.600,00 € monatlich.
 

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Daraufhin hob der Rentenversicherungsträger den Rentenbescheid aus dem Jahr 2009 auf und forderte von R. die seit 2009 überzahlten Rentenleistungen in Höhe von über 80.000 € zurück.
 

Entscheidung

R. wehrte sich hiergegen ohne Erfolg. Auf eine Altersrente werden gemäß § 93 SGB VI Verletztenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung teilweise angerechnet. Das war nicht geschehen, sodass der Rentenbescheid aus dem Jahr 2009 von Anfang an rechtswidrig war. Dieser Rentenbescheid konnte vom Rentenversicherungsträger auch mit Wirkung für die Vergangenheit, also ab 2009, zurückgenommen werden, da R. sich nicht darauf berufen konnte, auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut zu haben (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Das Gericht ließ keine Zweifel daran, dass R. grob fahrlässig die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes nicht erkannt hatte. Die Frage bei Antragstellung nach Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung sei so klar, eindeutig und unmissverständlich, dass sich ihr Sinngehalt auch einer in sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten unbedarften Person erschließe. Dies gelte umso mehr, als R. im Zeitpunkt der Antragstellung schon über 40 Jahre im Leistungsbezug der BGHM stand.

Auch im Rentenbescheid selbst war ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass er verpflichtet sei, den Bezug und jede Veränderung von Versichertenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung unverzüglich mitzuteilen, weil die Höhe der Altersrente davon abhängig sein könnte. Diese Hinweise nicht gelesen zu haben, sondern nur den monatlichen Auszahlungsbetrag – wie von R. vorgetragen – unterstreiche, dass R. die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt habe. Denn bei Erhalt eines begünstigenden Bescheides bestehe die erforderliche Sorgfalt darin, diesen vollständig und genau zu lesen.


Praxishinweis

Im vorliegenden Fall wurde der Rentner verurteilt, über 80.000,00 € an den Rentenversicherungsträger zurückzuzahlen. Dies entsprach der Summe, die seit 2009 vom Rentenversicherungsträger an R. überzahlt worden war. Denn richtigerweise hätte die Altersrente aufgrund des Bezugs einer Verletztenrente anteilig gekürzt werden müssen. Das Gericht ließ keine Zweifel an dem grob fahrlässigen Verhalten des R. Wer einen Rentenantrag stellt, sollte sehr sorgsam und wahrheitsgemäß seine Angaben machen. Ob die Angaben rechtlich relevant sind, z. B. die Rentenhöhe beeinflussen, bewertet der Sozialversicherungsträger. Jeden Antragsteller treffen Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten.
 

Hinweise wie die folgenden sollten ernst genommen werden:

… „Sie sind verpflichtet, uns den Bezug und jede Veränderung folgender Leistungen unverzüglich mitzuteilen:

• Rente an Versicherte aus der gesetzlichen Unfallversicherung,

• (…)

Soweit Änderungen Einfluss auf den Rentenanspruch oder die Rentenhöhe haben, werden wir den Bescheid – auch rückwirkend – ganz oder teilweise aufheben und zu Unrecht erbrachte Leistungen zurückfordern. Größere Überzahlungen können vermieden werden, wenn Sie uns entsprechend den Mitteilungspflichten unverzüglich benachrichtigen.“
 

Autor

Dr. Sabine Müller-Petzer

BG BAU
Stabsabteilung Geschäftsführung