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Baumaschinentechnik

Baggerführerschein, Baggerschein, Beauftragung …?

Eine Person sitzt in einem Bagger.
Bild: JDziedzic - stock.adobe.com

Welchen Nachweis benötigen Fahrer und Fahrerinnen von Hydraulikbaggern und Radladern? Diese Frage bewegt seit Jahren die Baubranche. Auftraggeber sowie Sicherheits- und Gesundheitskoordinatoren nach Baustellenverordnung (SiGeKo) fordern oft Führerscheine/Baggerscheine von den Unternehmen, Bildungsträger bieten Kurse für Baggerführer zwischen einem Tag und drei Wochen an. Es kursieren viele Vorstellungen zu diesem Thema. Viele Unternehmer bzw. Unternehmerinnen fühlen sich deshalb überfordert und sind verunsichert.

 

Mit der Veröffentlichung des DGUV Grundsatzes 301-005 „Qualifizierung und Beauftragung von Fahrern und Fahrerinnen von Hydraulikbaggern und Radladern“ im Januar 2022 und der Veröffentlichung der TRBS 1116 „Qualifikation, Unterweisung und Beauftragung von Beschäftigten für die sichere Verwendung von Arbeitsmitteln“ im März 2023 kommt nun mehr Licht ins Dunkel.

 

TRBS 1116

Die TRBS 1116 konkretisiert die Forderung aus der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV): Beschäftigte müssen in der Lage sein, Arbeitsmittel zu verwenden, ohne sich und andere zu gefährden (§ 6 Absatz 1 Satz 4 in Verbindung mit § 1 Absatz 1 Nummer 3 und § 12 Absatz 1 BetrSichV). Dazu sind eine ausreichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten erforderlich. Ist die Verwendung von Arbeitsmitteln mit besonderen Gefährdungen (Kapitel 3.2 Absatz 5 TRBS 1116) verbunden, hat der Arbeitgeber zudem dafür zu sorgen, dass diese nur von hierzu beauftragten Beschäftigten durchgeführt wird.

Über die TRBS 1116 kann der Unternehmer bzw. die Unternehmerin jetzt davon ausgehen, dass mit der Qualifizierung eines Beschäftigten nach dem DGUV Grundsatz 301-005 auch die Anforderungen der BetrSichV erfüllt sind (Vermutungswirkung).

 

Auswahl des Personals

Zu den Grundpflichten der Unternehmer im Arbeitsschutz zählt die Auswahl des geeigneten Personals für die jeweilige Tätigkeit (§ 7 ArbSchG). Für das selbstständige Führen von Erdbaumaschinen (z. B. Hydraulikbagger und Radlader) ist zudem zu beachten, dass damit nur Fahrer und Fahrerinnen beauftragt werden dürfen, die

  1. mindestens 18 Jahre alt sind,
  2. für diese Tätigkeit körperlich und geistig geeignet sind,
  3. im Führen der Maschine qualifiziert und unterwiesen sind,
  4. dem Unternehmer bzw. der Unternehmerin ihre fachliche Qualifikation nachgewiesen haben und
  5. von denen zu erwarten ist, dass sie die ihnen übertragenen Aufgaben zuverlässig erfüllen (z. B. Qualifizierung im Rahmen des DGUV Grundsatzes 301-005).


Jugendliche unter 18 Jahren dürfen im Rahmen der Berufsausbildung zu Ausbildungszwecken Baumaschinen unter Aufsicht führen, sofern folgende Bedingungen zusätzlich eingehalten werden:

  1. Grundausbildung über den Baustellenbetrieb auf der Baustelle.
  2. Theoretische und praktische Grundausbildung an Baumaschinen in der Ausbildungsstätte.
  3. Anschließend praktischer Einsatz auf Baumaschinen im Baubetrieb unter Aufsicht (z. B. entsprechend DGUV Grundsatz 301-005).

 

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Beauftragung

Die Fahrer und Fahrerinnen von Hydraulikbaggern und Radladern müssen bei der Bedienung mit besonderen Gefährdungen (Kapitel 3.2 Absatz 5 TRBS 1116), wie z. B. instabile oder gefährliche Betriebszustände, Aufenthalt von Personen im Gefahrenbereich, zurechtkommen und komplexe Bedien- und Steuerfunktionen etc. beherrschen. Deshalb sind Fahrer und Fahrerinnen zu qualifizieren und zu beauftragen (§ 12 Absatz 3 BetrSichV in Verbindung mit Kapitel 3.2 Absatz 5 TRBS 1116). Die Beauftragung hat nachvollziehbar zu erfolgen. Dies kann z. B. durch einen Fahrer- oder Bedienerausweis, einen dokumentierten Arbeitsauftrag, einen Erlaubnisschein oder durch entsprechende betriebliche Dokumentation erfolgen.

 

Qualifizierung

Die Qualifizierung versetzt den Fahrer und die Fahrerin in die Lage, die jeweilige Maschine sicher zu führen.

Fahrer und Fahrerinnen, die den Nachweis einer abgeschlossenen Ausbildung zum „Baugeräteführer“ oder zur „Baugeräteführerin“ einer Industrie- und Handelskammer (IHK) bzw. Handwerkskammer (HWK) nachweisen können oder die den Lehrgang „Geprüfter Baumaschinenführer/geprüfte Baumaschinenführerin in der Bauwirtschaft – Maschinenkategorie Bagger/Lader“ gemäß den Anforderungen der ZUMBau GbR erfolgreich abgelegt haben, gelten als qualifiziert.

Fahrer und Fahrerinnen von Hydraulikbaggern und/oder Radladern müssen auf Grundlage des DGUV Grundsatzes 301-005 qualifiziert werden, wenn der Unternehmer bzw. die Unternehmerin sicherstellen will (Vermutungswirkung), dass bei der Qualifizierung die Anforderungen aus TRBS 1116 bzw. der BetrSichV erfüllt werden. Weicht der Unternehmer bzw. die Unternehmerin vom DGUV Grundsatz ab, muss nachgewiesen werden, dass die vom Unternehmen gewählte Art und Umfang der Qualifizierung gleichwertig ist.

 

Tabelle, die sechs Möglichkeiten der Qualifizierung zum Baumaschinenführer auflistet. Alle außer die sechste, die Qualifizierung nach Wahl des Unternehmens, werden von der BG BAU und nach Vermutungswirkung empfohlen.
Tabelle Ausbildung und Vermutungswirkung*
Bild: BG BAU

*Vermutungswirkung: Bei Einhaltung des DGUV Grundsatzes 301-005 kann der Unternehmer bzw. die Unternehmerin davon ausgehen, dass die zugrunde liegenden Forderungen der Gesetze und Verordnungen erfüllt sind. Wählt der Unternehmer bzw. die Unternehmerin eine andere Lösung, muss er bzw. sie beweisen, mit dieser Lösung mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Fahrer und Fahrerinnen zu erreichen.

 

Art und Dauer der Qualifizierung

Art und Dauer der Qualifizierung für Maschinenführer und Maschinenführerinnen sind abhängig davon, in welchem Umfang theoretische und praktische Vorkenntnisse vorhanden sind. Vorkenntnisse haben in der Regel Personen, die mindestens ein Jahr Erfahrung bei der Verwendung mit Baggern und/oder Ladern haben. Aus der Erfahrung haben sich für die Dauer der Qualifizierung im theoretischen Teil für Maschinenführer und Maschinenführerinnen je nach Vorkenntnissen ca. 6–40 Lehreinheiten und für den praktischen Teil je nach Vorkenntnissen je Maschinenkategorie (Bagger, Lader) ca. 10–50 Lehreinheiten bewährt. Um den tatsächlich notwendigen Aufwand der individuellen Qualifizierung zu bewerten, sollten die bereits vorhandenen Kenntnisse vor Beginn der Qualifizierung überprüft werden. Zur Überprüfung der praktischen Vorkenntnisse können die praktischen Beispiele aus dem DGUV Grundsatz 301-005 herangezogen werden.

 

Inhalte der Qualifizierung

Mögliche theoretische und praktische Inhalte der Qualifizierung sowie die Anforderungen an die Qualifizierenden und die Qualifizierungsstätte können dem DGUV Grundsatz 301-005 entnommen werden.

Die Qualifizierung ist mit einer oder mehreren Lernerfolgskontrollen, die sich auf die theoretischen und auf die praktischen Inhalte beziehen, abzuschließen. Der Unternehmer bzw. die Unternehmerin kann die erforderliche Qualifizierung aus dem eigenen Unternehmen heraus gestalten oder auf externe Anbieter zurückgreifen. Die Verantwortung für die ausreichende Qualifizierung und den Nachweis der erworbenen Kompetenzen verbleibt bei dem Unternehmer bzw. der Unternehmerin. Neben den vermittelnden Inhalten ist hier besonders auch auf den praktischen Anteil auf realen Maschinen zu achten.

 

Wann kann auf Qualifizierung verzichtet werden?

Abhängig vom individuellen Ausbildungs- und Erfahrungsstand der Fahrer und Fahrerinnen kann auf eine Qualifizierung anteilig oder ganz verzichtet werden, wenn eine gleichwertige Qualifikation bereits erlangt wurde, z. B. durch eine zeitnah ausgeübte entsprechende berufliche Tätigkeit, ggf. auch bei anderen Arbeitgebern. Das bedeutet, dass für jeden Beschäftigten eine individuelle Betrachtung erfolgen soll. Übt ein Mitarbeiter die konkrete Tätigkeit (z. B. als langjähriger Baggerfahrer) schon seit Längerem im Unternehmen aus, entspricht das einer „zeitnah ausgeübten entsprechenden beruflichen Tätigkeit“. Unternehmer sollten sich erkundigen, ob es keine Hinweise auf Probleme gibt, z. B. durch Nachfrage bei den Kollegen und Vorgesetzten auf den Baustellen. Theoretische Kenntnisse können z. B. in einem Gespräch mit dem Mitarbeiter „geprüft“ werden. Gibt es keine Hinweise auf Defizite, kann auf eine Qualifizierung ganz verzichtet werden. Sind Defizite vorhanden, muss entsprechendes Wissen noch vermittelt werden. Es empfiehlt sich für Arbeitgeber, diese individuelle Betrachtung für den jeweiligen Beschäftigten zu dokumentieren.

 

Bagger steht auf einem Erdhügel und schaufelt Erde.
Bild: Zhao jiankang - stock.adobe.com

Unterweisung

Gemäß § 12 Absatz 1 BetrSichV hat der Unternehmer bzw. die Unternehmerin den Fahrer und Fahrerinnen auf Grundlage der Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung ausreichende und angemessene Informationen und Anweisungen für die sichere Verwendung von Hydraulikbaggern und Radladern in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache zur Verfügung zu stellen. Es wird unterschieden in einen verhaltensbezogenen Teil: Hierbei werden die Gefährdungen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen unterwiesen, die im jeweiligen Betrieb bzw. auf der jeweiligen Baustelle zu beachten sind. Hierzu zählt z. B. die Unterweisung über die Verkehrswege, Abstände zu Baugruben, Verhalten im Bereich vorhandener Anlagen wie erdverlegten Leitungen, Freileitungen und Kampfmitteln.

 

Einweisung

Der andere Teil der Unterweisung ist der gerätebezogene Teil, der oft auch als Einweisung bezeichnet wird. Die Einweisung wird in der Regel an Bagger- und Lader-Typ durchgeführt, für die der Fahrer oder die Fahrerin eine Beauftragung zum Fahren erhalten soll. Die Einweisung umfasst auch den Wechsel und die Bedienung der verschiedenen im Betrieb verwendeten Anbaugeräte (z. B. Greifer, Meißel, Verdichtungsgeräte) sowie Assistenzsysteme (Kamera-Monitor-Systeme, Bremsassistenzen) etc.

 

Fazit

Auch nach der Veröffentlichung der TRBS 1116 und des DGUV Grundsatzes 301-005 benötigt der Fahrer oder die Fahrerin eines Hydraulikbaggers und Radladers in Deutschland keinen Baggerführerschein. Jedoch müssen die Fahrer und Fahrerinnen vom Unternehmer bzw. von der Unternehmerin nachvollziehbar beauftragt sein, hier ist ein Fahrer- oder Bedienerausweis zu empfehlen. Dieser kann auf Wunsch auch Dritten vorgelegt werden.

Fahrer und Fahrerinnen mit einer entsprechenden Berufsausbildung und/oder ZUMBau-Qualifikation sowie Fahrer und Fahrerinnen mit zeitnah ausgeübten entsprechenden Tätigkeiten auf Hydraulikbagger bzw. Radlader gelten als qualifiziert. Alle anderen Fahrer und Fahrerinnen können rechtssicher auf Grundlage des DGUV Grundsatzes 301-005 „Qualifizierung und Beauftragung von Fahrern und Fahrerinnen von Hydraulikbaggern und Radladern“ qualifiziert werden und sind anschließend zu beauftragen.

 

Titelbild des Fahr- und Bedienerausweises für Hydraulikbagger und Lader.
Bild: BG BAU, bioraven - stock.adobe.com

Der Fahr- und Bedienerausweis ist im Medien-Center der BG BAU erhältlich.

 

 

 

 

Autor

Dipl.-Ing. (FH) Klaus-Michael Krell MSc

Referat Tiefbau
Themenfeld Erd- und Straßenbau
BG BAU Prävention


Ausgabe

BauPortal 3|2023