Gebäudereinigung
Hautschutz bei Feuchtarbeit
Die Novellierung der TRGS 401 wurde im allgemeinen Überblick in der Ausgabe BauPortal 2/2023 vorgestellt. Eine der am heftigsten diskutierten Änderungen der neuen TRGS 401 war die überarbeitete Definition von Feuchtarbeit. Die neue Begriffsbestimmung hat auch Auswirkungen auf die zu treffenden Schutzmaßnahmen.
Die ursprüngliche Definition stammt bereits aus dem Jahr 1996, damals wurde in der TRGS 531 „Feuchtarbeit“ der Anwendungsbereich der Arbeiten im feuchten Milieu (Feuchtarbeit) beschrieben. Mit dem Begriff „Feuchtarbeit“ sollten Tätigkeiten bezeichnet werden, bei denen Schutzmaßnahmen erforderlich werden. Feuchtarbeit begann deshalb schon, wenn Beschäftigte während eines erheblichen Teils ihrer Arbeitszeit, d. h. regelmäßig täglich mehr als ca. ein Viertel der Schichtdauer (ca. zwei Stunden), mit ihren Händen Arbeiten im feuchten Milieu ausführen. Mit dieser Beschreibung war auch die Empfehlung verbunden, diese Beschäftigten arbeitsmedizinisch zu beraten. 2006 wurde diese Definition konkretisiert in die erste Fassung der TRGS 401 übernommen. Zudem enthielt diese Fassung der TRGS erstmals verbindliche Regelungen für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen. So sollten bei Feuchtarbeit von regelmäßig mehr als zwei Stunden pro Tag Untersuchungen angeboten werden, ab vier Stunden pro Tag waren dann Untersuchungen verpflichtend zu veranlassen.
Falsche Bewertung des Tragens flüssigkeitsdichter Handschuhe
Konkret wurden seit 2006 mit den Begriff „Feuchtarbeit“ Tätigkeiten beschrieben, bei denen die Beschäftigten während eines erheblichen Teils ihrer Arbeitszeit Arbeiten im feuchten Milieu ausführen oder flüssigkeitsdichte Handschuhe tragen oder häufig oder intensiv ihre Hände reinigen. Dabei sollten die Zeiten der Arbeiten im feuchten Milieu und die Zeiten des Tragens flüssigkeitsdichter Handschuhe addiert werden. Denn damals wurde angenommen, dass Arbeiten im feuchten Milieu, Händewaschen und das Feuchtwerden der Haut beim Tragen flüssigkeitsdichter Schutzhandschuhe als biologisch gleichwertige Hautgefährdung zu bewerten sind.
Die Gleichsetzung von Arbeiten im feuchten Milieu mit den Belastungen durch flüssigkeitsdichte Handschuhe führte in der Praxis zu fatalen Fehlbeurteilungen: Feuchtarbeit ist gefährlich – das Tragen von Handschuhen auch. Bei Arbeiten mit Wasserkontakt, beispielsweise bei Reinigungstätigkeiten, wurde daher oft auf das Tragen von Schutzhandschuhen verzichtet.
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Neue Erkenntnisse zu Feuchtarbeit
In den darauffolgenden Jahren wurden die Auswirkungen der verschiedenen Hautgefährdungen näher untersucht. Es zeigte sich, dass die Barriereschädigung der Haut durch das Tragen flüssigkeitsdichter Schutzhandschuhe wesentlich geringer ist als der gleichlange direkte Wasserkontakt. Obwohl die Regeneration der Haut durch das Tragen flüssigkeitsdichter Schutzhandschuhe nach einer Vorschädigung der Haut, beispielsweise durch eine Hautreinigung, verzögert ist, überwiegt die schützende Wirkung des Handschuhtragens bei Feuchtarbeit – vor allem, weil wässrige Lösungen in der Praxis meistens neben Wasser weitere Zusätze enthalten, die die irritative Wirkung des Wassers erhöhen.
In weiteren Studien konnte der unklare Begriff „häufiges Händewaschen“ präzisiert werden. Ein erhöhtes Risiko für das Auftreten irritativer Kontaktekzeme ergab sich ab einer Frequenz von 20-mal pro Arbeitstag.
Als die ersten Pläne bekannt wurden, die TRGS 401 entsprechend zu ändern, wurden Befürchtungen geäußert, dass zukünftig deutlich weniger Beschäftigte zur Pflichtvorsorge geschickt würden. Es gab aber auch deutliche Hinweise aus der Praxis, dass schon die bisherigen Formulierungen benutzt wurden, um durch eine sekundengenaue Erfassung der Belastungszeiten zu der Beurteilung zu kommen, dass bei 3,9 Stunden täglicher Feuchtarbeit nur eine Angebotsvorsorge erforderlich sei.
In der Neufassung der TRGS 401 liegen gefährdende Arbeitsbedingungen durch Feuchtarbeit nun vor, wenn die Beschäftigten tätigkeitsbedingt Hautkontakt mit Wasser oder wässrigen Flüssigkeiten, z. B. wassergemischten Kühlschmierstoffen, wässrigen Desinfektionsmitteln oder Reinigungsmitteln, von regelmäßig mehr als zwei Stunden pro Arbeitstag haben. Um der Entstehung irritativer Kontaktekzeme durch häufige Hautreinigung vorzubeugen, wurde die Händereinigung bereits ab einer Waschfrequenz von mindestens 15-mal pro Arbeitstag als Feuchtarbeit definiert. Dabei kann bei Benutzung reibekörperhaltiger Hautreinigungsmittel schon bei niedrigeren Waschfrequenzen Feuchtarbeit vorliegen. Gleiches gilt für die Kombination von Händewaschen und Händedesinfektion im Wechsel mit dem Tragen flüssigkeitsdichter Schutzhandschuhe.
Was gehört zur Feuchtarbeit?
Das ausschließliche Tragen flüssigkeitsdichter Schutzhandschuhe ohne weitere Einwirkungen zählt nicht mehr zur Feuchtarbeit. Da sich die Haut nach dem Tragen von Schutzhandschuhen jedoch langsamer regeneriert, reagiert sie empfindlicher auf nachfolgende irritative Einwirkungen. Das Tragen flüssigkeitsdichter Schutzhandschuhe zählt daher dann zur Feuchtarbeit, wenn eine „Wechselbelastung“ besteht. Dies ist der Fall, wenn die Beschäftigten flüssigkeitsdichte Schutzhandschuhe tragen und sich mehr als fünfmal pro Arbeitstag die Hände waschen. Feuchtarbeit liegt weiterhin vor, wenn Beschäftigte Hautkontakt mit Wasser oder wässrigen Flüssigkeiten haben und im häufigen Wechsel flüssigkeitsdichte Schutzhandschuhe tragen (mehr als zehnmal pro Arbeitstag).
Der Abschnitt 3.3.6 der TRGS 401 enthält ein anschauliches Ablaufdiagramm zur Ermittlung, ob Feuchtarbeit vorliegt. Weiterhin sind im Anhang 1 beispielhaft Berufsgruppen genannt, die unter dieser Wechselbelastung tätig sind. Ausdrücklich genannt werden Reinigungskräfte und Beschäftigte in der Gebäudereinigung.
Arbeitsmedizinische Vorsorge bei Feuchtarbeit
Die arbeitsmedizinische Vorsorge ist ein wichtiges Instrument zur Prävention von Hautkrankheiten. Sie umfasst mindestens ein ärztliches Beratungsgespräch mit Anamnese einschließlich Arbeitsanamnese.
Bei Vorliegen von Feuchtarbeit ist eine arbeitsmedizinische Vorsorge anzubieten, wenn
- Hautkontakt mit Wasser oder wässrigen Flüssigkeiten von regelmäßig mehr als zwei Stunden und weniger als vier Stunden pro Arbeitstag besteht oder
- Hautkontakt mit Wasser oder wässrigen Flüssigkeiten vorliegt und im häufigen Wechsel flüssigkeitsdichte Schutzhandschuhe (mehr als zehnmal und bis zu 20-mal pro Arbeitstag) getragen werden oder
- die Hände mindestens 15-mal und weniger als 25-mal pro Arbeitstag gewaschen werden oder
- flüssigkeitsdichte Schutzhandschuhe getragen und zwischendurch mehr als fünfmal und bis zu zehnmal pro Arbeitstag die Hände gewaschen werden.
- Über diese Bedingungen hinaus ist eine Pflichtvorsorge zu veranlassen.
Schutzmaßnahmen bei Feuchtarbeit
Wie bei allen Hautgefährdungen sind die allgemeinen Hygienemaßnahmen nach Abschnitt 6.4 der TRGS 500 „Schutzmaßnahmen“ zu beachten. Die Hygienemaßnahmen werden im Abschnitt 5.2 der TRGS 401 kurz zusammengefasst.
Besonderes Augenmerk in Bezug auf die Vermeidung von Hauterkrankungen wird auf die Hautreinigung gelegt. Die bereitgestellten Hautreinigungsmittel sollten reibekörperfrei sein. Daneben ist die Häufigkeit der Hautreinigung auf das notwendige Maß zu reduzieren. Stark anhaftende Verschmutzungen sollten beispielsweise durch das Tragen von Schutzhandschuhen vermieden werden. Dürfen keine Schutzhandschuhe getragen werden, so sollte zunächst versucht werden, die Verschmutzung mit reibekörperfreien Hautreinigungsmitteln zu entfernen. Dies erfordert zwar längere Waschzeiten, jedoch wird dadurch die Hautbarriere offensichtlich nicht stärker geschädigt.
Wenn die Reinigung mit milden Reinigern nicht möglich ist, können reibekörperhaltige Hautreinigungsmittel benutzt werden. Die Anwendung sollte jedoch möglichst selten, zum Beispiel nur am Ende des Arbeitstags, erfolgen. Auf keinen Fall sollten Bürsten verwendet werden. Weiterhin sind zur Unterstützung der Hautregeneration in der arbeitsfreien Zeit (in Pausen und am Arbeitsende) Hautpflegemittel zu benutzen.
Neben den allgemeinen Hygienemaßnahmen ist bei Vorliegen von Feuchtarbeit zu prüfen, ob durch technische, organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen die Gefährdung durch Feuchtarbeit verringert werden kann.
Schutzhandschuhe haben Vorrang vor Hautschutzmitteln
Bei den persönlichen Schutzmaßnahmen hat der Einsatz von Schutzhandschuhen Vorrang vor der Benutzung von Hautschutzmitteln. Das Haupteinsatzgebiet von Hautschutzmitteln beschränkt sich daher auf Tätigkeiten, bei denen Schutzhandschuhe nicht getragen werden dürfen, zum Beispiel bei Tätigkeiten an Maschinen mit Einzugsgefahr.
Hautschutzmittel können geeignet sein bei:
- Hautkontakt mit Wasser oder nicht kennzeichnungspflichtigen wässrigen Flüssigkeiten, zum Beispiel wassergemischten Kühlschmierstoffen,
- Arbeiten mit einem kurzzeitigen Hautkontakt oder länger andauernden kleinflächigem Hautkontakt zu Gefahrstoffen mit der Einstufung EUH066 (wiederholter Kontakt kann zu spröder oder rissiger Haut führen) oder
- Arbeiten mit einem kurzzeitigen kleinflächigen Hautkontakt zu Gefahrstoffen mit einer Einstufung H312 (gesundheitsschädlich bei Hautkontakt) und H315 (verursacht Hautreizungen).
Hersteller von Hautschutzmitteln müssen die ausgelobte Schutzwirkung durch einen medizinisch und wissenschaftlich anerkannten Wirksamkeitsnachweis belegen. Bei der Auswahl sind Hautschutzmittel, deren Wirksamkeit am Menschen (in vivo) nachgewiesen wurde, zu bevorzugen, weil bisherige In-vitro-Testungen die eigentliche berufliche Expositionssituation nicht ausreichend simulieren. Hautschutzmittel, die nach dem DGUV Grundsatz GS-PS-14 „Grundsätze für die Prüfung und Zertifizierung der Wirksamkeit von Hautschutzmitteln“ zertifiziert sind, erfüllen diese Vorgaben. Sie sind erkennbar an dem Testzeichen der DGUV mit dem Zeichenzusatz „Wirksamkeit geprüft“.
Die Anwendung von Hautschutzmitteln unter Schutzhandschuhen ist gewöhnlich nicht erforderlich. Bei wechselnden Tätigkeiten, die Arbeiten mit und ohne Schutzhandschuhe nach sich ziehen, kann es jedoch notwendig sein, Hautschutzmittel parallel zu Schutzhandschuhen zu benutzen. Dabei ist zu beachten, dass Hautschutzmittel, vor allem fettende, die Schutzwirkung von Chemikalienschutzhandschuhen beeinträchtigen können.
Dies ist mit den Herstellern von Schutzhandschuhen und Hautschutzmitteln abzuklären. Hautschutzmittel, die zur Erleichterung der Hautreinigung ausgelobt sind, dürfen aufgrund ihres hohen Emulgatoranteils unter Schutzhandschuhen nicht angewendet werden. Grundsätzlich müssen Hautschutzmittel, die sich zur Anwendung unter Schutzhandschuhen eignen, vollständig in die Haut eingezogen sein, bevor die Schutzhandschuhe angezogen werden.
Umsetzung der Schutzmaßnahmen
Die getroffenen Schutzmaßnahmen werden nachfolgend in die Betriebsanweisung aufgenommen und gegebenenfalls in einem Hautschutzplan konkretisiert. Anhand dieser Dokumente sind die Beschäftigten vor Aufnahme der Beschäftigung und danach mindestens einmal jährlich arbeitsplatz- und tätigkeitsbezogen mündlich zu unterweisen.
Daneben sind die getroffenen Schutzmaßnahmen regelmäßig auf ihre Wirksamkeit zu prüfen. Stellt sich heraus, dass die Schutzmaßnahmen nicht ausreichen, so ist die Gefährdungsbeurteilung erneut durchzuführen und die Schutzmaßnahmen anzupassen.
Zusammenfassung
Die neue TRGS enthält auch für den Bereich Feuchtarbeit umfangreiche Hinweise und Empfehlungen. Insbesondere bei der Auswahl der Schutzmaßnahmen bei Feuchtarbeit sollte die Pflichtvorsorge nicht als finanzielle Belastung gesehen werden. Wenn bei einer regelmäßigen Vorsorge keine Auffälligkeiten erkannt werden, müssen die betroffenen Beschäftigen in der Regel nur alle drei Jahre zur Vorsorge. Dieser Zyklus bietet dann einen ausreichenden Schutz, um Hautveränderungen frühzeitig zu erkennen und dann ggf. gegenzusteuern. Gerade schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen haben oft eine lange Vorgeschichte.
Autoren
Ausgabe
BauPortal 3|2023
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