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Erdbau, Grabenbau

Tod durch Verschüttung: fatale Unfälle durch fehlende Sicherung der Erdwände

Leuchtsignal Feuerwehr
Bild: EKH-Pictures - stock.adobe.com


Immer häufiger wird von Unfällen berichtet, bei denen Personen im Rahmen privater Bauvorhaben durch einstürzendes Erdreich, Baumaterialien oder Bauwerksteilen verschüttet werden. Grund ist meist, dass wesentliche Sicherungsmaßnahmen nicht eingehalten wurden, wie der folgende Beitrag zeigt.
 

Betrachtet man die Schlagzeilen von Unfällen, die im Zusammenhang mit Verschüttung stehen, liegt allen Unfällen ein übereinstimmendes Muster zu Grunde: Privatleute heben im Zuge von Bau- oder Sanierungsmaßnahmen eine Baugrube im Bereich ihrer Immobilie aus, werden dabei von einstürzendem Erdreich, Baumaterialien oder Bauwerksteilen verschüttet und versterben an den Folgen. Feuchte Kellerwände, defekte Rohrleitungen oder Baugruben für Anbauten werden oft in Eigenregie saniert, repariert oder hergestellt. Durch Eigenleistung können private Bauherren dabei viel Geld sparen. Leider bleibt in vielen Fällen die Arbeitssicherheit auf der Strecke. Das kann Folgen haben.
 

4 Schlagzeilen zum Thema Verschüttung
Schlagzeilen von Unfällen der jüngeren Vergangenheit.
Bild: BG BAU

 

Ohne Standsicherheit der Grabenwände

Die gängigen Sicherungsmaßnahmen, das Böschen oder der Verbau der Erdwände, haben für die spätere Funktion des Bauwerks in der Regel keine Relevanz, sind aber für die Standsicherheit der Grabenwände und ggf. angrenzender Bauwerke entscheidend. Immer wieder wird die Bauarbeit ohne eine Sicherung der Erdwände ausgeführt. Der Zusatzaufwand für die Sicherung wird gespart, ob nun zur Reduzierung von Kosten oder von Arbeitsleistung. Die Gefahren, die von nicht ausreichend gesicherten Erdwänden ausgehen, werden dabei unterschätzt. Wird eine Baugrube oder ein Graben nicht fachgerecht gesichert, besteht die Gefahr, dass Erdwände einbrechen. Personen, die verschüttet werden, können sich in der Regel nicht selbst befreien. Auf ihnen lastet ein tonnenschwerer Druck, der zu inneren Verletzungen und zu Erstickungen führen kann.
 

Baugrube mit innenliegenden Leitungen ohne Verbau
Fehlender Verbau im Bereich kreuzender Leitungen
Bild: Volker Münch - BG BAU


Unfälle nicht nur bei privaten Bauvorhaben

Die Unfallart „Verschüttung“ bleibt aber nicht allein auf private Bauvorhaben beschränkt. Auch bei gewerblichen Unternehmen kommt diese Unfallart immer wieder zum Tragen. Obwohl die Mechanismen, die zu Unfällen führen, hinlänglich bekannt sind und die notwendigen Schutzmaßnahmen schon seit Jahrzehnten sowohl im Regelwerk der Unfallversicherungsträger als auch im staatlichen Regelwerk verankert sind, werden die Erdwände von Baugruben und Gräben auf vielen Baustellen ohne ausreichende Sicherung hergestellt. In Feusisberg in der Schweiz sind am 12. Mai auf einen Schlag drei Mitarbeiter einer Baufirma beim Einsturz einer Baugrube ums Leben gekommen.

 

Säulendiagramme, die nicht-tödlichen Unfälle in Blau und die tödlichen in Rot für die Jahre 2018 bis 2021 darstellt.
Abb. 1: Unfälle durch Verschüttung (BG BAU und Zeitungsmeldungen)
Bild: BG BAU


Schaut man sich das Unfallgeschehen der letzten Jahre auf deutschen Baustellen an, zeigt sich, dass sich in diesem Unfallsegment wenig ändert. Im Abb. 1 ist die Zahl der Unfälle durch Verschüttung der letzten vier Jahre dargestellt. Aufgenommen sind diejenigen Unfälle, die durch die Aufsichtspersonen der BG BAU untersucht wurden (i. d. R. werden nur schwere und tödliche Unfälle untersucht), sowie Unfälle, die durch Zeitungsmeldungen registriert wurden. Das tatsächliche Unfallgeschehen kann höher ausfallen. Die Zahl der Unfälle bewegt sich in den letzten drei Jahren auf einem annähernd gleichen Niveau. Der Anteil der tödlichen Unfälle schwankt, bewegt sich aber um die drei Todesfälle pro Jahr in dieser Unfallart.
 

Wo passieren die Unfälle?

Abb. 2 zeigt die Verteilung der Verschüttungsunfälle auf die jeweilige Bausituation. 60 % der Verschüttungen passieren in Gräben. In Gräben spielt neben der Standsicherheit der Erdwände auch die räumliche Enge eine Rolle für die Schwere der Unfälle. Bei einem Versagen einer Erdwand ist hier die Wahrscheinlichkeit am höchsten, dass Personen im Bereich der einbrechenden Erdmassen stehen. In Baugruben werden immerhin noch fast 40 % der Personen verschüttet. Ein kleiner Teil der Verschüttungsunfälle, 3 %, entsteht im Zusammenhang mit der Erstellung von Unterfangungen benachbarter Bauwerke.
 

Kreisdiagramm mit der Verteilung der Verschüttungsunfälle
Abb. 2: Verteilung der Verschüttungsunfälle (BG BAU + Zeitungsmeldungen)
Bild: BG BAU


Sicherungsmaßnahmen in Planungs- und Ausführungsphase

Das Unfallgeschehen zeigt, dass die am Bau beteiligten Akteure ihrer jeweiligen Verantwortung nachkommen müssen. Bauherren und Planer müssen die Sicherungsmaßnahmen bereits in der Planungsphase des Bauwerks berücksichtigen. In der Ausführungsphase des Bauwerks müssen sie auf die korrekte Umsetzung der Sicherungsmaßnahmen achten. Insbesondere Baugruben für Gebäude werden im Sinne der Baustellenverordnung (BaustellV) von „Arbeitnehmern mehrerer Arbeitgeber“ also von mehreren am Bau beteiligten Unternehmen, genutzt. Die Sicherungsmaßnahme der Baugrube muss dann im Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan des Koordinators beschrieben sein. Sie muss auch im Leistungsverzeichnis beschrieben, beauftragt und vor allem umgesetzt sein, bevor Personen in der Baugrube tätig werden. Die Pflicht zur Umsetzung der Baustellenverordnung trägt der Bauherr.

Baufirmen müssen ihre Arbeiten so organisieren, dass Maßnahmen zur Sicherung von Erdwänden auf der Baustelle umgesetzt werden. Ist die Sicherung Teil des eigenen Auftrags, z. B. im Kanalbau, sind die benötigten Arbeitsmittel (z. B. Verbaugeräte) auf der Baustelle vorzuhalten und entsprechend einzusetzen. Wird die Baugrube oder der Graben von einem anderen Unternehmen erstellt, muss vor Aufnahme der Tätigkeiten mit eigenem Personal geprüft werden, ob die Erdwände ausreichend gesichert sind. Ist das nicht der Fall, dürfen die Arbeiten nicht aufgenommen werden.
 

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Auf Fachwissen setzen und Unterstützung einholen

Die Notwendigkeit zur Sicherung von Erdwänden ist im Baugeschehen nach wie vor gegeben. Besitzer von Eigenheimen sollten nicht am falschen Ende sparen und sich oder ihre Helfer unnötig in Gefahr bringen. Wer nicht über die notwendigen Kenntnisse und die zur Sicherung von Erdwänden notwendige Ausrüstung verfügt, sollte von solchen Arbeiten die Finger lassen und eine Fachfirma beauftragten. Aber auch gewerbliche Unternehmen dürfen nur dann in Baugruben oder Gräben tätig werden, wenn deren Erdwände ausreichend geböscht oder verbaut sind.

Die notwendigen Maßnahmen zur Sicherung von Baugruben und Gräben sind vor allem in den Normen DIN 4123 „Ausschachtungen, Gründungen und Unterfangungen im Bereich bestehender Gebäude“ und DIN 4124 „Baugruben und Gräben – Böschungen, Verbau, Arbeitsraumbreiten“ beschrieben. Darüber hinaus bieten die Bausteine der BG BAU umfangreiche Informationen zu diesem Thema.
 

Literaturhinweise
1
DIN 4123 4123 „Ausschachtungen, Gründungen und Unterfangungen im Bereich bestehender Gebäude“
2
DIN 4124 4124 „Baugruben und Gräben – Böschungen, Verbau, Arbeitsraumbreiten“
3
Bausteine der BG BAU
4
BauPortal 6/2018 „Wesentliche Maßnahmen für sicheres Arbeiten in Baugruben und Gräben“
5
BauPortal 7/2019 „Der Arbeitsraum – Unendliche Breiten?“
6
Bau Portal 1/2020 „Das Unfallgeschehen bei Arbeiten in und an Baugruben und Gräben“
Autor

Dipl.-Ing. Volker Münch

BG BAU Prävention
Referat Tiefbau


Ausgabe

BauPortal 3|2022