Der von Ihnen verwendete Browser wird von der BG BAU nicht mehr unterstützt. Es kann daher auf der BG BAU Website zu Darstellungsfehlern kommen.

Stützpfeiler einer Fußgängerbrücke: Zu sehen ist die fortgeschrittene Korrosion der Bewehrung im beschädigten Beton.
Fortgeschrittene Bewehrungskorrosion im Stützpfeiler einer Fußgängerbrücke | Bild: SiB Ingenieurgesellschaft mbH

Betoninstandsetzung, Bauchemie

Betoninstandsetzung: werterhaltend und nachhaltig

Immer mehr Betonbauwerke weisen Schäden auf. Erhalt und Instandsetzung erfordern detailliert geplante Maßnahmen, die im Regelfall höhere Anforderungen an das Fachwissen und die speziellen Materialkenntnisse der Planenden und Ausführenden stellen, als es bei vergleichbaren Tätigkeiten im Neubau der Fall ist. Neben bewährten klassischen Verfahren werden auch innovative Methoden wie der kathodische Korrosionsschutz (kKS) oder Textilbeton mit Erfolg eingesetzt.
 

Mit der Entwicklung der Stahlbeton-Skelettbauweise zum Ende des 19. und beginnenden 20. Jahrhundert, erstmals beim Bau der ersten Hochhäuser in den USA in großem Stil eingesetzt, startet der Baustoff spätestens seit den 1950er Jahren seinen weltweiten Siegeszug. Seitdem wird er für alle Formen der Architektur eingesetzt. Beton sei ein Baustoff für die Ewigkeit, dachte man lange Zeit. Zunehmend beobachtete Betonschäden, die je nach Stadium und Schwere auch die Standsicherheit der Bauwerke beeinträchtigen können, brachten diesen Glauben an den „Baustoff für die Ewigkeit“ jedoch ins Wanken. Als Beispiel sei hier nur die jahrzehntelang vernachlässigte Infrastruktur der deutschen Autobahnbrücken genannt. Mehr und mehr setzte sich in Fachkreisen die Erkenntnis durch, dass auch Beton schadensanfällig sein kann. Witterungseinflüsse, Immissionen und mechanische Belastungen nagen an der Substanz. Abplatzungen, Risse oder korrodierende Bewehrungsstähle sind ernste Alarmsignale mit langfristig tiefgreifenden Folgen, wenn nicht umgehend darauf reagiert wird. Betoninstandsetzung ist daher ein großes Thema. Nach wie vor hat die klassische Betoninstandsetzung ihre Berechtigung. Sie wird durch Methoden wie den kathodischen Korrosionsschutz (kKS) ergänzt. Ein neuer Trend nach jahrzehntelanger Forschung ist der Einsatz nicht korrosionsanfälliger Bewehrungen aus Carbonfasern für die Betoninstandsetzung.

Schutz und Instandsetzung von Betonbauwerken setzen ein hohes Maß an Erfahrung und technischem Fachwissen voraus. Gerade im Anfangsstadium lassen sich Schäden mit relativ geringem Kostenaufwand nachhaltig beheben, sofern sie sach- und fachgerecht ausgeführt werden. Sind die Schäden fortgeschritten, ist eine hochwertige Betoninstandsetzung meist mit höheren Kosten verbunden. „Unabhängig davon, ob eine Maßnahme standsicherheitsrelevant ist oder nicht, müssen Betoninstandsetzungsmaßnahmen unbedingt im Vorfeld geplant werden“, rät Dipl.-Ing. Marco Götze, Vorsitzender der Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken e. V. „Diese Aufgabe ist grundsätzlich einem sachkundigen Planer zu übertragen, der durch Zusatzqualifikationen die erforderlichen besonderen Kenntnisse auf dem Gebiet von Schutz und Instandsetzung von Betonbauwerken nachweisen kann.“ Die damit verbundene Sicherstellung der Qualität von Schutz- und Betoninstandsetzungsmaßnahmen diene dazu, Bauwerke langfristig zu erhalten und die Kosten zu begrenzen. Entsprechend geeignete Sachkundige für Architektur und Bauingenieurwesen können bei der Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken abgefragt werden.
 

Planung einer Betoninstandsetzungsmaßnahme

Ist-Zustand

Unabhängig davon, welche Instandsetzungsmethode zum Tragen kommt – die klassische Betoninstandsetzung, innovative Verfahren wie kKS (kathodischer Korrosionsschutz) oder der Einsatz von Textil- und Carbonbeton –, am Anfang stehen immer die Analyse eines Bauwerks und die Feststellung des Ist-Zustands. Die Bestimmung der Schadensursachen ist dabei die Basis für alle weiteren Planungen. In dieser Phase steht daher die Beschäftigung mit der Bauwerksgeschichte und der Konstruktion im Fokus. Dabei werden Informationen über eventuelle besondere Belastungen (Brände, Erschütterungen, chemische Belastungen) und vorangegangene Erhaltungsmaßnahmen herangezogen. Wichtig für den Erfolg einer Instandsetzungsplanung ist, im Zuge dieser Ist-Zustands-Feststellung alle Bauteilmängel und Schäden sowie deren Ursachen lückenlos aufzudecken. Dazu ist eine Objektbesichtigung unabdingbar, bei der alle wesentlichen Bauteile – ggf. per Hubsteiger oder Gerüst – zugänglich sein müssen.
 

Aufgrund von Schadstellen im Beton kann der Bewehrungsstahl teilweise freiliegen und korrodieren.
Bild: Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von ­Betonbauwerken e. V.

 

Instandsetzungskonzept

Ist der Ist-Zustand erfasst, wird ein Instandsetzungskonzept erstellt und das Instandsetzungsziel definiert. Darin werden Ausführungsentscheidungen festgelegt, auch für Fälle, die in den relevanten Regelwerken nicht aufgeführt sind. Gleichzeitig bestimmen sachkundig Planende überwachende Maßnahmen zur Qualitätssicherung. „Denn“, so Marco Götze, „auch die beste und detaillierteste Planung gewährleistet nicht zwangsläufig, dass ein nachhaltiges und zufriedenstellendes Ergebnis erreicht wird.“ Vielmehr sei es notwendig, die Ausführung zu überwachen und zu dokumentieren, um Fehler frühzeitig erkennen und beseitigen zu können. „Nur durch eine Überwachung durch das ausführende Unternehmen („Eigenüberwachung“) und durch eine hierfür (bauaufsichtlich) anerkannte Überwachungsstelle („Fremdüberwachung“) wird sichergestellt, dass Planung und Leistungsbeschreibung auch tatsächlich eingehalten bzw. umgesetzt werden.“ Deshalb fordert der sachkundige Planer auch die Eigen- und Fremdüberwachung der Instandsetzungsmaßnahme, beispielsweise auf der Grundlage der DAfStb-Instandsetzungs-Richtlinie.
 

Behebung von Schäden: Vor der Reprofilierung wurde ein mineralischer Korrosionsschutz auf die entrosteten Bewehrungsstähle aufgebracht.
Bild: Rita Jacobs

 

Leistungsverzeichnis

Das Instandsetzungskonzept ist die Basis für das Leistungsverzeichnis und somit Grundlage für die Ausschreibung. Je sorgfältiger es erstellt wird, umso eher kann die spätere Instandsetzungsleistung mängelfrei ausgeführt werden und umso eher entspricht sie dem vereinbarten Ziel sowie den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Nur wenn dem ausführenden Unternehmen eine fachlich richtige und ausführliche Leistungsbeschreibung, die im Übrigen bei der Ausführung gleichzeitig als Vertragsgrundlage gilt, als Arbeitsbasis zur Verfügung steht, kann es hohe Qualität in Form von richtiger Instandsetzung sowie durch Auswahl geeigneter hochwertiger Bauprodukte sicherstellen.
 

Instandhaltungsplan

Als Basis für die Ausschreibung ist das Leistungsverzeichnis auch Grundlage für eine genaue Kostenkalkulation. Je genauer und sorgfältiger Planung und Leistungsbeschreibung sind, umso besser können Kosten kalkuliert werden. Unerwartete Kostensteigerungen oder gar ein nachtragsbedingter Stillstand bzw. Bauzeitverzögerungen durch die Stellung von Nachträgen können so in der Regel vermieden werden. Ein Instandhaltungsplan mit genauen Angaben zur Wartung und zu regelmäßigen Inspektionen stellt am Ende die Dauerhaftigkeit des realisierten Konzepts sicher.
 

Klassische Betoninstandsetzung

Die klassische Betoninstandsetzung erfolgt in mehreren Schritten:


  • Untersuchen der Betonoberfläche und Markieren der Schadstellen,
  • Entfernen loser und geschädigter Betonteile und Freilegen der korrodierten Bewehrung,
  • Untergrundvorbehandlung zur Schaffung einer sauberen, rauen und tragfähigen Betonoberfläche,
  • Entrosten der freiliegenden Bewehrung und Aufbringen eines i. d. R. mineralischen Korrosionsschutzes,
  • Reprofilierung der Ausbruchstellen mit einem kunststoffmodifizierten Zement- bzw. Spritzmörtel,
  • Aufbringen eines Oberflächenschutzsystems, um die Dauerhaftigkeit zu verbessern und die Betonflächen zu gestalten.

Kathodischer Korrosionsschutz als Alternative

Als Alternative zur herkömmlichen Betoninstandsetzung rückt derzeit der kathodische Korrosionsschutz (kKS) verstärkt in den Fokus. Dabei ist kein massiver Eingriff in die Struktur des Bauwerks nötig, da der Betonabtrag nicht flächig vorgenommen wird, sondern auf lokale Bereiche mit Schadstellen beschränkt ist. Die anodische Teilreaktion (Eisenauflösung) wird durch die dauerhafte Installation eines kathodischen Korrosionsschutzsystems unterbunden. Dabei werden betroffene Stahlbewehrungen mithilfe eines Schutzstroms ‚behandelt‘. Dies geschieht über eine Anode, die am Beton angebracht und mit dem Plus-Pol einer Gleichstromquelle verbunden wird. Der zu schützende Bewehrungsstahl wird mit dem Minus-Pol verbunden. Der Stromfluss verhindert bzw. verlangsamt die Korrosion der Bewehrung. Die im System verbleibende Korrosionsrate wird so auf technisch vernachlässigbare Werte abgesenkt (Abtragsrate i. d. R. < 10 µm/a), ohne dass substanzielle Eingriffe nötig sind. Der Ist-Zustand des Bauwerks bleibt erhalten. Ein kontinuierliches Monitoring gewährleistet die nachhaltige Dauerhaftigkeit der kathodisch geschützten Bauteile und stellt so eine langfristige Restnutzung sicher. Das Verfahren ist zudem wirtschaftlich und bietet auch in Bezug auf Lärm-, Staub- und Wasserbelastung Vorteile. Das kKS-Verfahren hat sich weltweit bewährt, wurde in Deutschland bisher jedoch fast nur im Rahmen der Betoninstandsetzung von Parkhäusern eingesetzt. Beim Kanaltunnel Rendsburg wurde das Verfahren erstmals in Deutschland für die Sanierung eines Straßentunnels eingesetzt, weil dort die kontinuierlich durchgeführten gängigen Instandhaltungsmaßnahmen die durch Korrosion entstandenen Schäden nicht wirksam beseitigen konnten. Dabei kam ein Hochleistungsanodenbett-Mörtel zum Einsatz, der gleichzeitig Brandschutzanforderungen erfüllte.
 

Blick in das sanierte Parkhaus: Dessen Betonboden ist schon fast vollständig mit Anoden für einen kathodischen Korrosionsschutz ausgestattet worden.
Bild: Rita Jacobs
Bild
1 von 3
Großaufnahme einer Schadstelle im Parkhausboden: Bandförmige Titananoden wurden auf seiner entsprechend vorbereiteten Betonoberfläche verlegt und in regelmäßigen Abständen fixiert
Bild: Rita Jacobs
Bild
2 von 3
Schadstelle im Parkhausboden und bandförmige Titananoden
Bild: Rita Jacobs
Bild
3 von 3

Neu: Nicht korrosionsanfällige Bewehrungen für die Betoninstandsetzung

Um die Korrosion des Stahls im Beton zu verhindern, wird der Stahl mit immer dickeren Betondeckungen geschützt, was zu sehr dicken Konstruktionen und einem erheblichen Materialbedarf mit entsprechenden Kosten führt. Öffentlich geförderte Forschungsprojekte beschäftigen sich daher seit Jahren mit der Entwicklung einer nicht korrosionsanfälligen Bewehrung für den Betonbau. Dabei geht es darum, die Betonstahlbewehrung durch textile Bewehrungen aus alkaliresistenten Glas- oder Carbonfasern in Kombination mit einer Betonmatrix zu ersetzen. Dieser sogenannte Textilbeton ist im Gegensatz zur Stahlbewehrung nicht korrosionsempfindlich. Sein Vorteil ist, dass er sehr genau innerhalb eines Bauteils positioniert werden kann und – da er eben nicht rostet – eine wesentlich geringere Betondeckung benötigt, als es bei Stahlbewehrungen der Fall ist. Mit Textilbeton lässt sich die Traglast einer Konstruktion erhöhen, gleichzeitig können Verformungen begrenzt und Rissbreiten verringert werden. Zudem können dank der Verformbarkeit des textilen Materials auch Bauteile mit ungewöhnlichen Formen ertüchtigt werden. Beispielhaft sei in dem Zusammenhang auf das innovative Konzept für die Dachabdichtung bzw. -sanierung des sogenannten Mariendoms in Neviges – der Wallfahrtskirche „Maria, Königin des Friedens“ – verwiesen (siehe Beitrag Ein Zeltdach mit Textilbeton).
 

Fazit

Gütesichernde Maßnahmen bei der Betoninstandsetzung sorgen für eine langfristige Werthaltigkeit der Bausubstanz und wehren Gefahren für die Allgemeinheit ab, die von Mängeln an der Bausubstanz ausgehen. Entscheidend ist, dass die Maßnahmen sach- und fachgerecht ausgeführt werden. Neben bewährten klassischen Verfahren werden auch neuere Methoden wie der kathodische Korrosionsschutz (kKS) oder der Textilbeton mit Erfolg eingesetzt.
 

Autoren

Rita Jacobs M. A.

Dipl.-Ing. (FH) Christoph Bock

Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken e. V. (BGib)


Ausgabe

BauPortal 3|2021