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Blick von der rechten Seite auf den Hotelneubau mit Holzfassadenelementen, der sich an die Hanglage anpasst.
Der futuristische Bau aus Beton, Glas und Holz – eingebettet in die hügelige Landschaft | Bild: Michael Moser Images

Bauwerksbau

Smarter Hotelneubau im Saarland

Hotelbauten sind oft Standardlösungen. Beim Designhotel Seezeitlodge im Norden des Saarlands ist das ganz anders. Das Projekt des Berliner Architekturbüros GRAFT glänzt nicht nur mit seiner exponierten Lage, sondern auch durch Nachhaltigkeit und Effizienz. So entstand am südöstlichen Ufer des Bostalsees ein Bauwerk in drei Vollgeschossen mit technisch und energetisch herausragenden Eigenschaften, das sich vorbildlich in seine natürliche Umgebung integriert. Highlight ist die kaum sichtbare Technikzentrale auf dem Dach.
 

Das Sankt Wendeler Land im Norden des Saarlands ist eher beschaulich und naturverbunden. Wer hier baut, sollte sich der Landschaft anpassen. Und genau das ist mit der Seezeitlodge als Wellness- & Spa-Hotel gelungen. Von Weitem sieht der Dreigeschosser mit seiner Holzfassadenverkleidung wie ein zweigeschossiger Riegel aus. Die Technikzentrale befindet sich auf dem Dach und passt sich durch mannshohe Ummantelung mit Aluminiumpaneelen in die Umgebung ein. Diese spiegeln die wechselnden Wetterbedingungen, ändern so fortwährend ihr Aussehen und damit verschmilzt der Bau förmlich mit der Natur.
 

Blick von unten von der Wiese auf den Hotelneubau oben am Hang. Vor dem Hotel steht ein großer Baum.
Der Dreigeschosser wirkt in Hanglage wie ein Zweigeschosser.
Bild: Marc Beder

 

In die Natur eingepasst

Das markante Gebäude und die bis ins Detail durchdachten Raumkonzepte wurden von den beteiligten Planern der besonderen Struktur des Standorts angepasst. Das renommierte Architekturbüro GRAFT entwarf ein Hotel in unverwechselbarem Stil mit 98 Zimmern und Suiten auf 12.860 m² Geschossfläche. Realisiert wurde das Projekt in einer Bauzeit von zwei Jahren und acht Monaten.
 

Vogelperspektive auf die Hotelanlage
Seezeitlodge und Umgebung
Bild: Airteam


Das gesamte Erdgeschoss verschwindet in der bestehenden Hangkante. Das Gebäude ist auf diese Weise nun auf einem tieferliegenden Plateau positioniert, wobei Restaurant, Verwaltung und 2.700 m² großes Spa unterirdisch angeordnet sind. Darüber zeigt sich der zweigeschossige Riegelbau dezent angepasst und mit optisch auflockernden Holzlamellen verkleidet.
 

Detaillaufnahme einer Ecke des Hotels, bei dem die Verarbeitung der Fassadenelemente aus Holz zu sehen ist.
Detailaufnahme der Holzfassade.
Bild: Eva Mittner

 

Holzfassade als Sonnen- und Wärmeschutz

Die Fassade bietet weit mehr als eine einladende Optik. Durch die Anordnung der Lamellen und ihre teilweise Überlappung werden die Geschossigkeit und die Struktur der Zimmer beim Anblick von außen überspielt. Durch den natürlichen Verwitterungsprozess des Holzes verwandelt sich die Fassadenverkleidung des Hotels im Lauf der Zeit von einem leichten Braunton in ein Silbergrau. Die Holzlamellenfassade dient zugleich als feststehender permanenter Sonnenschutz für die Gästezimmer. Hier wurden anhand der 3D-Planung in verschiedenen Varianten mehrere Simulationen durchgeführt, um sicherzustellen, dass für die Einhaltung des Wärmeschutzes der Temperatureintrag während der Sommerzeit nicht zu groß wird. Die Anordnung und die Dichte der Hölzer wurden von den beteiligten Experten so lange optimiert, bis ausreichend Verschattung gegeben war – und zugleich die bestmögliche Tageslicht-Nutzung bestehen bleibt. Insbesondere der Ausblick in die Umgebung von den Räumlichkeiten aus sollte für die Gäste maximal erlebbar bleiben. Als Basis hat die Holzlamellenfassade eine in regelmäßigen Abständen von höchstens 1,50 m positionierte vertikale Unterkonstruktion, bestehend aus jeweils zwei Stahlwinkelprofilen. Diese wurden an den Balkonkragplatten und auch zum Teil auf dem Gründach befestigt. Zwischen den vertikalen Profilen hat man horizontal verlaufende hölzerne Lamellen mit einem Querschnitt von 3 × 9 cm montiert, die im Regelfall in einem Achsabstand von ca. 15 cm zueinander liegen. Den oberen horizontalen Fassadenabschluss in jedem Geschoss bildet ein Handlauf. Dieser besteht aus Flachstahl mit einer darüberliegenden Abdeckung in Form eines Deckholzes. Montiert wurde die Fassade in einzelnen, vorgefertigten Modulen.
 

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Eine Besonderheit des Baus ist das eigene Blockheizkraftwerk (BHKW) zur Gewinnung elektrischer Energie und Wärme. Als innovative Methode zum Kühlen oder Erwärmen des Gebäudes wird die Betonkernaktivierung bzw. Betonkerntemperierung verwendet. Die Zimmerdecken selbst dienen als Heiz- bzw. Kühlkörper. Im Winter können die Räume individuell über dezentrale Konvektoren temperiert werden. Ist es warm genug, können die Fassaden großflächig geöffnet werden. Die bedarfsgerechte Temperaturregelung durch die Technik der Betonkernaktivierung wirkt durch folgenden Vorteil: Warmes oder kaltes Wasser wird durch die im Bauteil integrierten Rohre geleitet. Die Masse des Betons selbst wird dadurch erwärmt oder gekühlt und gibt die gespeicherte Temperatur zeitversetzt an den Raum ab.
 

Bewehrungsraster, unter dem sich silberne Rohre befinden.
Bei der Betonkernaktivierung werden die wasserdurchflossenen Rohre direkt in der Rohdecke aus Beton verlegt. Bei der Decke dienen somit die obere und die untere Seite der Wärmeübertragung oder Kühlung.
Bild: BTB Lauer


Im Restaurantbereich und im Foyer stellt eine zusätzliche Fußbodenheizung im Sommer die ausreichende Kühlung der Räume sicher. Die Wärme- und Wasserversorgung erfolgt über Gasbrennwertkessel und die BHKW-Anlage. Bei einem Stromausfall wird die elektrische Leistung der BHKW-Anlage als Stromersatzanlage für einige Verbraucher genutzt.
 

Große Technik-Anlage mit Lüftung und vielen integrierten Schränken.
Bild: Eva Mittner

Im Innern der Technikzentrale befindet sich das gasbetriebene Blockheizkraftwerk zur gleichzeitigen Stromerzeugung und Abwärmenutzung, eine Kältemaschine mit Abwärmenutzung, Lüftungsgeräte mit indirekter adiabater Kühlung sowie eine dezentrale Lüftung der Hotelzimmer mit einer belegungs- und nutzungsabhängigen Schaltung der Abluftventilatoren.


Kaum wahrnehmbare Technikaufbauten auf dem Dach

Die haustechnischen Anlagen stellten das Planer-Team zunächst vor eine besonders anspruchsvolle Aufgabe. Ziel war es, die vielen Aggregate für Heizung und Lüftung (Klimatechnik), Elektroanlagen und Filtergeräte sowie Ventilatoren möglichst sinnvoll und wirtschaftlich in die Seezeitlodge zu integrieren. Dafür war es wichtig zu entscheiden, wo man die Haustechnik unterbringt. Vor allem musste darauf geachtet werden, die technischen Anlagen raumsparend und kaum wahrnehmbar einzugliedern.

Die Lösung: Die Architekten setzten die großflächigen Technikaufbauten auf das Dach des Hotels. Hier ließen sich alle Lüftungs-, Heizungs- und Kühlungsanlagen in drei großen und miteinander verknüpften Technikzentralen zusammenfügen. Der Clou dabei: Die drei Technikblöcke sind dank ihrer einzigartigen Verkleidung nahezu unsichtbar.
 

Silberner Metallbau mit Lüftungsschlitzen oben auf einem Gebäude, die Wolken spiegeln sich auf der Oberfläche der Paneele.
Die Verkleidung der Technikzentrale auf dem Dach besteht aus spiegelnden Alucobond-Verbundplatten.
Bild: Eva Mittner


Hohe technische und optische Anforderungen

Die drei Bauten sollten vorrangig technisch optimal verknüpft sein und die entsprechende Anlagetechnik wirtschaftlich sinnvoll betrieben werden können, aber auch visuell kaum erkennbar sein. Diese Aufgabe wurde in Zusammenarbeit der Architekten mit den Fachplanern für Metallleichtbau gelöst: Die Hülle dieser drei Dachaufbauten besteht aus lichtreflektierenden Oberflächen als Außenwandbekleidung – dadurch sind sie je nach Lichteinfall kaum zu sehen. Montiert wurden dafür Fassadekassetten aus 4 mm starken „Alu-reflect“-Alucobond-Verbundplatten. Diese Platten bestehen aus zwei äußeren Aluminium-Deckschalen mit jeweils 0,5 mm Stärke. Sie sind über einen 3 mm starken, dazwischenliegenden Kern aus einem Kunstharz zu einem Verbundelement zusammengefügt. Die Breite der Einzelkassetten liegt bei circa einem Meter und wurde genau auf die Gebäudebreite angepasst, sodass man immer Kassetten gleicher Breite und somit ein symmetrisches Fugenbild hat.
 

Digitale Planung

Geplant wurden die zusätzlichen Dach-Aufbauten mit einer Basiskonstruktion aus Beton und Stahl komplett digital im CAD-Programm, was die zuverlässige Passform sicherte und danach auch den präzisen Aufbau gewährleistete. Kassettenaußenwände inklusive aller notwendigen Versorgungsleitungen wurden vom Systemhersteller vorgefertigt auf die Baustelle geliefert. Somit ließen sich die Bauten ebenso zügig ummanteln. Genutzt wurde ein Einhang-Fassadensystem mit zweiteiliger Aluminiumunterkonstruktion, bestehend aus Konsolen und Schiebeverbindungen – ebenfalls aus Aluminium. Somit sind auf den Fassadenoberflächen keine störenden Befestigungselemente sichtbar. Die Großkassetten mit Regelabmessungen von 1,00 m × 4,30 m mussten völlig spannungsfrei gefertigt werden. Vom Hersteller bis zum Hotelbau wurden knapp 200 km Transport bewältigt. Vor Ort wurden die Elemente mit einer 10 mm breiten Schattenfuge vorsichtig in die vorbereiteten Bolzen eingehängt. Die Montage dauerte einige Wochen, da die präzise Anfertigung der Passkassetten zu Wartezeiten und Unterbrechungen führte. Teilweise wurden noch vor Ort auf der Baustelle Details aufgemessen. Insbesondere passgenaue Eckenelemente mussten individuell nach Vorgaben noch präzise gefertigt werden. Doch das Ergebnis überzeugt: Die ausgeklügelte Planung der Anlagentechnik und ihrer Verkleidung lässt die Dachaufbauten nun ästhetisch ansprechend in der natürlichen Umgebung verschwinden.
 

Sicherheit beim Bauen und bei der Wartung

Vor Baubeginn wurde die IBV Industriebauten-Verkleidungs-GmbH aus Oberthal beauftragt, eine ausführliche Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen. Ermittelt wurden Gefährdungen, die fast immer bestehen, wie etwa Absturzgefahr, sowie spezielle Gefährdungen, die sich aus der konkreten Baustellen-Situation ergeben. Im Anschluss wurden Maßnahmen zur Vermeidung oder zur größtmöglichen Verringerung der Gefahr getroffen. So wurden z. B. Arbeits- und Schutzgerüste für Dach- und Fassadenarbeiten errichtet, zu deren Nutzung die Beschäftigten unterwiesen wurden. Vor allem die richtige Nutzung der Gerüstklappen stand im Fokus der Unterweisung.
 

Ein roter Bagger steht vor einem Bauwerk, das zum Teil mit einer Holzfassade versehen ist. Im Vordergrund sind Baumaterialien und eine Kiesgrube zu sehen.
Aufbau der Fassade.
Bild: GRAFT Berlin


Ein anderes Thema waren die Fluchtwege auf der Baustelle, die frei bleiben müssen und nicht durch Material behindert werden dürfen. Da die Aluminium-Bauteile vorgefertigt und verpackt angeliefert wurden, blieb sehr viel Verpackungsmaterial übrig. Damit dies nicht umherflog oder die Flucht- und Rettungswege blockierte, wurden alle Verpackungsmaterialien zentral gesammelt, zu einem Paket zusammengefaltet und sicher verpackt. Außerdem trugen auch Sicherheitshelme, Warnwesten und Absturzsicherung mit Höhensicherungsgeräten zum sicheren Arbeiten auf dieser Baustelle bei.

Darüber hinaus wurde die Dachfläche mit einem Geländer, das quasi die hochgezogene Fassade mit einem Handlauf ist, abgesichert, sodass Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten an den Technikbauten sicher durchgeführt werden können.
 

Bau und Technik: bewährt im Alltag

Die Bilanz nach einigen Jahren Hotelbetrieb kann sich sehen lassen: keine Probleme mit der Heiz- und Klimatechnik, geringe Betriebskosten und keine baulichen Nacharbeiten oder Reparaturen. Bei der Wartung der Aufdach-Anlagen macht sich bezahlt, dass gleich mit an Arbeitsschutz gedacht wurde. Das Projekt Seezeitlodge zeigt: Wenn kreative Architekten mit exakter Planung und sicherer Bauausführung Hand in Hand gehen, entstehen nachhaltige und effiziente Gebäude – integriert in natürliche Gegebenheiten. Heute zählt das Vier-Sterne-Superior-Haus mit rund 150 engagierten Mitarbeitern laut GEO Saison zu den „100 schönsten Hotels in Europa“.
 

Daten und Fakten zum Bauprojekt


Projekt:
Seezeitlodge Hotel & Spa am Bostalsee


Bauaufgabe:
Neubau Vier-Sterne-Plus-Hotels mit SPA


Bauherr:
HOTELKULTUR GMBH & Co. KG


Bruttogrundfläche:
12.860 m²


Gebäudevolumen:
47.660 m³


Architektur:
GRAFT Gesellschaft von Architekten mbH


Landschaftsplaner:
Ernst Partner Landschaftsarchitekten bdla


Tragwerksplanung:
Helbig GmbH


Projektsteuerung:
BTB Lauer GmbH & Co. KG


TGA-Planung:
ZWP Ingenieure AG


Energiekonzept:
Transsolar Energietechnik GmbH


Bauleitung:
Wenzel + Wenzel Freie Architekten


Verkleidung Technikzentrale:
IBV Industriebauten-Verkleidungs-GmbH


14 bauausführende Firmen diverser Gewerke


Autor

Eva Mittner

Freie Baufachjournalistin


Ausgabe

BauPortal 1|2023