Mängel bei der Festlegung oder Dokumentation von Analysen
Im AS-Plan sind Stoffe nicht berücksichtigt, die nach HE standortgemäß vorhanden sein könnten und als gefährdungsrelevant zu betrachten sind:
Check 2
- Analysen nachfordern oder gemäß dem „Worst-case-Prinzip“ die zu vermutenden Stoffe bei Gefährdungsbeurteilung und Festlegung der Schutzmaßnahmen als „in gefahrbringender Menge vorhanden“ berücksichtigen (siehe TRGS 524, Nr. 3.1 (4)).
- Hilfreich ist auch eine Darstellung, was nach HE vermutlich vorhanden sein könnte oder hinsichtlich welchen Stoffes oder welcher Stoffgruppe untersucht wurde in Gegenüberstellung zu den Analysenergebnissen: Welche Stoffe wurden in bestimmter Konzentration festgestellt oder nicht nachgewiesen?
--> Jede Nachricht zu einem Verdachtsstoff, der „nicht nachweisbar" ist, ist eine gute Nachricht.
Die Festlegung der Probenahme und Analysenmethoden sowie die Beurteilung der festgestellten Konzentrationen erfolgt allein nach abfallrechtlichen Vorgaben („LAGA“):
Dies ist einer der wesentlichsten Schwachpunkte vieler AS-Pläne für Tiefbauarbeiten in kontaminierten Bereichen: Das Abfall- sowie auch das Bodenschutzrecht und deren Beprobungs- und Beurteilungsmethoden sind für die Belange des Arbeitsschutzes nicht anwendbar. Die Beurteilung der Gefährdung für die Beschäftigten hat anderen Grundsätzen zu folgen als die Beurteilung der Sanierungsnotwendigkeit eines Altstandortes oder der Gefährlichkeit eines mineralischen „Abfalls“ hinsichtlich seiner Beseitigung oder Art und Umfang seiner Verwertung:
- In einem AS-Plan nach „LAGA“ oder BodSchG vorgenommene Beurteilungen haben keine Aussagekraft bezüglich des Arbeitsschutzes.
- Insbesondere die nach LAGA zulässigen Mischproben verschleiern die bezüglich des Gesundheitsschutzes wichtigen Informationen zu eventuell vorhandenen Schichten mit sehr unterschiedlichen Stoffkonzentrationen und damit zu je nach Arbeitssituation unterschiedlichen Gefährdungen.
Check 3
- Die Probenahme gezielt nach möglichen Anreicherungshorizonten durchführen und Tiefenlage, Mächtigkeit etc. dokumentieren,
- allein nach LAGA-Vorgaben im Feststoff mittels Mischproben ermittelte Konzentrationen präventiv als Mindestkonzentrationen betrachten: Die Gefährdungsbeurteilung basiert in diesem Fall im Wesentlichen auf der tätigkeitsbezogenen Expositionsabschätzung und Worst-Case-Betrachtungen.
Bei der Festlegung der Probenahme gemischt-körniger Materialien werden die Vorgaben nach TRGS 524 Nr. 4.2 (6) nicht berücksichtigt:
Nach TRGS 524 Nr. 4.2 (6) sind bei gemischt-körnigen Materialien (z. B. kiesiger Boden, Abbruchmaterial, Deponiegut, Auffüllungsmaterialien) die Kornfraktionen < 2 mm und > 2 mm getrennt zu betrachten: Je höher der Feinkornanteil, desto höher ist potentiell der mögliche Anteil freisetzbarer Stoffe (Rückhaltevermögen, „innere Oberfläche“ feinkörniger Bestandteile). Die Angabe der Konzentration nach LAGA-Vorgabe, die sich auf die Konzentration der Gesamtprobe des Materials bezieht, also „der unbelastete Stein" einbezogen wird, stellt bei gemischt-körnigen Materialien eine Verdünnung dar zu der Konzentration, die u. U. aus dem Feinkornanteil freigesetzt werden könnte.
Check 4
- Gemäß den Vorgaben der TRGS 524 nach Kornfraktionen getrennte Analysen durchführen/nachfordern, oder
- die ohne Berücksichtigung dieser Vorgabe und ohne Angabe zur Korngrößen-Zusammensetzung ermittelte Konzentration als Mindestkonzentration betrachten. Die Gefährdungsbeurteilung basiert in diesem Fall im Wesentlichen auf der tätigkeitsbezogenen Expositionsabschätzung und Worst-Case-Betrachtungen.
Es werden ausschließlich Summenparameter (Stoffgruppen) genannt, z. B.:
- „BTEX“: Wie hoch ist der für die Gefährdungsbeurteilung bzgl. des krebserzeugenden Potentials relevante Anteil von Benzol?
- „MKW“: Was ist vor Ort vorhanden?
Benzin, manche Turbinentreibstoffe --> Brand-EX-Gefahr.
Diesel/Heizöl? Schmieröle, Fette auf Betonboden einer Werkstatt? - „CKW/LHKW“: Welche? Gibt es dabei Niedrigsieder wie Vinylchlorid oder 1.2 Cis-Diclorethen --> Auswirkung auf Atemschutz --> keine Filtertechnik einsetzbar.
- „CN(-Gesamt)“: Wie hoch ist der Anteil der hochgiftigen „leicht freisetzbaren“ Cyanide (CN-LF)?
Check 5
- Analysenprotokolle nachfordern zur Feststellung der Einzelstoffe, da Gefährdungsbeurteilung in der Regel nur anhand Einzelstoffbetrachtung möglich (meistens ist es ein Dokumentationsproblem, denn die Daten zu den Einzelstoffen sind oft vorhanden oder deren Ableitung ergibt sich aus der historischen Erkundung);
- anderenfalls ‚gefährlichsten‘ Stoff der Gruppe als „in gefahrbringender Menge vorhanden“ betrachten („Worst-case“);
- bei „CN“ auch die Eluatanalysen heranziehen: Wasserlösliche CN-Verbindungen sind besser bioverfügbar als wasserunlösliche.
Ausnahmen sind Stoffgruppen, in denen die Einzelstoffe vergleichbare Eigenschaften haben, z. B. PCB, PAK.
Hinweise zum Thema „PAK“
Liegen PAK vor, wird oft der Parameter Benzo(a)pyren im Zusammenhang mit dem in den Einstufungsregeln des Chemikalienrechts als Kriterium für die krebserzeugende Wirkung PAK-haltiger Gemische genannte BaP-Gehalt > 50 mg/kg herangezogen (siehe TRGS 551).
Bei BaP-Gehalten < 50 mg/kg im Boden wird dann oft im Umkehrschluss argumentiert, dass dies dann „ungefährlich“ sei. Diese Bewertung ist falsch, weil
a) der genannte BaP-Gehalt ein Grenzwert zur Zulassung des Inverkehrbringens von PAK-haltigen Produkten nach Chem-Recht ist, nicht aber eine Gefährdungsbeurteilung nach GefStoffV für die Tätigkeit erübrigt,
b) „Boden“ kein nach „Rezeptur“ hergestelltes Stoffgemisch/Produkt ist, sondern die Konzentration in Abhängigkeit vom Probenahme-Ort stark schwanken kann und damit auch die für Produkte geltenden Beurteilungskriterien nicht herangezogen werden können,
c) die regelhaft in teerstämmigen Kontaminationen, aber auch in Braunkohleteer vorhandenen anderen krebserzeugenden PAK damit nicht berücksichtigt sind und
d) auch die phototoxische Wirkung von PAK damit nicht berücksichtigt ist.
Erkenntnisse über unterschiedliches Gefahrenpotential bei verschiedenen Oxidationsstufen und Bindungsformen bzw. über Reaktions- bzw. mikrobielle „Abbau“-Produkte (Metaboliten) sind nicht berücksichtigt, z. B.:
- Chrom: Welche Oxidationsstufe liegt vor? Chrom III, Chrom VI? Mischung?
- Quecksilber (Hg): metallisches Hg, organische Hg-Verbindungen (teilweise flüchtig), anorgische Hg-Salze? Reduktion von Hg-Salz zu metallischem Hg?
- Perchlor-, Trichlorethen: Vorhandensein von Abbaubauprodukten bis zum Vinylchlorid (VC) überprüft?
- Trinitrotoluol: Produktionsfolge bzw. mikrobielle Abbaureihe „TNT --> DNT --> MNT, ggf. aromatische Amine“ berücksichtigt?
- Arsen: Was liegt vor? Metall? Nur anorganische Arsenverbindungen (z. B. bei Farbenproduktion) oder ggf. flüchtige Arsenverbindungen (arsen-organische Verbindungen, Arsin) als mikrobielle Abbauprodukte?
Check 6
- Was sagt die HE über verwendete Rohstoffe, Zwischen- oder Endprodukte?
- Evtl. geochemische Betrachtung (eh, pH) und Milieubetrachtungen vornehmen.
- Bei Schwermetallen Vergleich Feststoff- zu Eluatanalyse:
- Wenn bei hohen Gehalten im Feststoff im Eluat kaum etwas ankommt, liegt es nahe, dass die durch diesen Stoff ggf. verursachte Emission/Exposition Gefährdung hauptsächlich über den Staubpfad erfolgt.
- Dabei u. U. auch geogene Ursachen berücksichtigen.
- Ggf. weitere Beprobung notwendig oder „Worst-Case-Annahme“.
Das Vorhandensein biologischer Arbeitsstoffe und die betreffende mikrobiologische Gefährdung werden nicht berücksichtigt, z. B.:
- in abwassertechnischen Anlagen, Hausmülldeponien, Tierkörperverwertung, Gerbereien,
- Schimmelpilze, Taubenkot, Fäkalbakterien in Gebäuden, abwassertechnischen Anlagen.
Check 7
- Beurteilung bezüglich Biostoffen vornehmen (für den Arbeitsschutz ist mikrobiologische Analytik bezüglich der einzelnen Spezies nur in Ausnahmefällen notwendig),
- Erscheinungsform (z. B. Sporen = Staub, Keime im Abwasser) und entsprechende Aufnahmepfade bzw. ‚Eintrittspforten‘ (z. B. offene Wunden) beachten --> Hygiene.
Lagepläne von Probenahmepunkten und abgeleiteten Kontaminationsherden bzw. Schadstoffkataster fehlen:
Eine für die Gefährdungsbeurteilung wesentliche Angabe ist die räumliche Verteilung bzw. Verbreitung von Stoffen, gleich ob es sich um eine Altlast im Untergrund handelt oder um die Verteilung von Schadstoffen in Gebäuden und Anlagen. Auf der Grundlage entsprechender Beprobungspläne oder Schadstoffkataster kann zur Beurteilung des Stoffbestandes bzw. der Gefährdung einerseits die Repräsentativität der Probenahmen beurteilt und andererseits auch ein abgestuftes Maßnahmenkonzept erarbeitet werden, das eine auf den jeweiligen Arbeitsbereich und die dort zu vermutende Gefährdung bezogene Auswahl von Schutzmaßnahmen ermöglicht und somit in der Regel Kosten spart.
Check 8
- Lagepläne von Probenahme-Punkten und abgeleiteten Kontaminationsherden inklusive möglicher Angaben zur Tiefenlage „gefährlicher“ Bodenhorizonte bzw. Schadstoffkataster des Gebäudes/der Anlage erstellen.
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BauPortal 1|2021