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Mängel bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen

Die Rangfolge der Schutzmaßnahmen („TOP“) ist nicht beachtet:

Oft steht die persönliche Schutzausrüstung im Vordergrund. Die im ArbSchG, der GefStoffV etc. verankerte Forderung zur Rangfolge „TOP“ wird nicht beachtet, wobei ein expositionsarmes oder gar -freies Arbeitsverfahren als die Schutzmaßnahme mit der höchsten Priorität anzusehen ist. Oft werden auch nicht die Vorteile gesehen, die sich ggf. in der Abwicklung der Arbeiten durch eine geschickte Wahl der Arbeitsverfahren und technischen Schutzmaßnahmen ergeben könnten: Die Wahl des Arbeitsverfahrens bestimmt die Gefährdung und damit die Schutzmaßnahmen.

Check 14

  • Das Arbeitsverfahren mit der geringsten Gefährdung auswählen (wenn für das Erreichen des Arbeitszieles verhältnismäßig), ggf. Veränderung des Arbeitsverfahrens und Optimierung der Arbeitsabläufe.
  • Schutzmaßnahmen nach TOP-Prinzip festlegen (siehe dazu Checkliste in TRGS 524, Anlage 7), insbesondere

Die Auswahl der persönlichen Schutzausrüstung erfolgt nicht entsprechend der Expositions- bzw. Gefährdungsbeurteilung bzw. die Anforderungen an die persönliche Schutzausrüstung sind nicht eindeutig beschrieben:

Oft wird die persönliche Schutzausrüstung für alle Tätigkeiten pauschal einheitlich festgelegt, ohne dabei unterschiedliche Tätigkeiten und die deswegen evtl. unterschiedliche Gefährdung zu berücksichtigen. Daraus ergibt sich, dass die ausgewählte PSA für die bei der einzelnen Tätigkeit zu erwartende Gefährdung entweder nicht ausreichend oder überdimensioniert ist.

Bei der Beschreibung der Anforderungen an die PSA werden häufig unbestimmte Begriffe verwendet, z. B.

  • „Einwegchemikalienanzüge“, „geeigneter Filteratemschutz“, „chemikalienbeständige Schutzhandschuhe“, „Vollschutz“,

oder es werden Prüfnormen für die PSA zitiert („Schutzhandschuhe nach DIN EN …“). Die alleinige Nennung von PSA-Prüfnormen ist nicht ausreichend: es ersetzt nicht die Auswahl eines bestimmten Produkts gemäß der vorliegenden Exposition und Gefährdung.

Check 15

  • Gefährdungsbeurteilung für die einzelnen Tätigkeiten durchführen und die konkreten Anforderungen an die PSA (Atemschutz, Schutzkleidung, Schutzhandschuhe) tätigkeitsbezogen beschreiben unter Zuhilfenahme der Anlagen 8 und 10 aus der TRGS 524.

Die Anforderungen an den Umgang mit PSA sind nicht oder nicht konkret genug beschrieben:

Check 16

Konkrete Anforderungen und Kriterien festlegen, insbesondere für

  • plan- und außerplanmäßigen Wechsel von Schutzkleidung, -handschuhen und Atemfiltern,
  • Lagerung, Wartung, und Pflege von Schutzausrüstung, insbesondere Atemschutzgeräten (Gerätewart),
  • den Umgang mit gebrauchter PSA,
  • Betriebsanweisung und Unterweisung zum Umgang mit PSA einfordern.

Die Tragezeitbegrenzungen für Tätigkeiten unter PSA sind nicht oder nicht konkret genug beschrieben:

Bei der Benutzung von Atemschutzgeräten und Chemikalienschutzkleidung besteht eine körperliche Belastung der Beschäftigten, die einerseits in die Gefährdungsbeurteilung einzubeziehen ist. Aus diesem Grund sind in der „DGUV Regel 112-190 Benutzung von Atemschutzgeräten“ Regelungen enthalten, die Tragezeitbegrenzungen und Mindesterholungszeiten vorgeben (siehe BGR 190, Abschnitt 3.2.2 und Anhang 2, Tabelle 32).

Dabei sind auch die in Fußnoten oder Anmerkungen enthaltenen Regelungen zu beachten: Zur Benutzung von Hauben oder Helmen ist zwar laut Tabelle „keine Tragezeitbegrenzung“ vorgesehen, aber gleichzeitig ist dabei auch die Anmerkung 3 zu beachten, dass „bei zusätzlichen Beanspruchungen des Gerätträgers durch Arbeitsschwere und Umgebungsklima bei der Berechnung der Tragedauer von 220 Minuten als Basiswert auszugehen ist“.

Da das „Umgebungsklima“ wesentlich von der Art der Schutzkleidung bestimmt, ist diese Regelung anzuwenden bei gleichzeitigem Tragen von Chemikalienschutzkleidung (siehe dazu auch Tabelle 32, Nr. 1.2 zu den Faktoren beim Tragen von Chemikalienschutzkleidung Typ 5 und Typ 6).

„Tragefreie Zeit“ bedeutet auch Leistungsminderung:

Beim Einsatz unter Atemschutz und Chemikalienschutzkleidung kann mit gleichem Personaleinsatz nicht die gleiche Leistung pro Arbeitstag erzielt werden wie bei ‚normalen‘ Bauarbeiten. Der Umstand, dass es nicht so schnell geht wie üblich, muss in der Bauzeitenplanung berücksichtigt werden. Daher müssen bereits in der Planungsphase die Schutzmaßnahmen bekannt sein, die Tragezeitbegrenzungen erfordern. Voraussetzung dafür ist die Gefährdungsbeurteilung.

Check 17

Mithilfe DGUV Regel 112-190 Anhang 2 und den dort benannten Korrekturfaktoren für Arbeitsschwere und Umgebungseinflüsse die

  • Tragezeitbegrenzungen bzw. tragefreie Zeiten ermitteln, dabei zusätzlich zu den Tabellenwerten auch die weiteren Minderungsfaktoren zu Arbeitsschwere und Umgebungsbedingungen berücksichtigen sowie den Text der Anmerkungen,
  • die resultierende Leistungsminderung in der Bauzeitenplanung berücksichtigen.

Ausgabe

BauPortal 1|2021