Erdbau, Grabenverbau
Innovative Leiter- und Sicherungssysteme für den Tiefbau
Arbeiten in verbauten Baugruben und Gräben stellen immer wieder besondere Herausforderungen an die ausführenden Firmen. Dabei nimmt die Gefährdungsbeurteilung einen besonderen Stellenwert ein, um für die geplanten Arbeiten eine solide Basis für die sichere Durchführung der Arbeiten zu schaffen. Mit den möglichen Gefährdungen, die aus den Bereichen Verkehrsweg/Zugang, Absturz und Anschlagmitteln resultieren, haben sich Unternehmer und Hersteller aus Deutschland nachhaltig beschäftigt und innovative Lösungen geschaffen.
Die Verbauleiter
Sichere Zugänge an solchen Baustellen werden unter Beachtung der Rangfolge der Schutzmaßnahmen und einer wirksamen Risikominimierung als Treppen realisiert. Hier können Bautreppen und Gerüsttreppen eingesetzt werden. Deren Aufbau ist aber nur möglich, wenn die baulichen Gegebenheiten den Einbau von Treppenzugängen zulassen, also ein entsprechender Platzbedarf bereits in der Planung vorgesehen und in der Ausführung verfügbar ist. In einigen Fällen sind die Randbedingungen dazu aber nicht gegeben und der erforderliche Zugang wird zum Beispiel durch die Verwendung einer Sprossenanlegeleiter hergestellt. Die dabei zu überwindenden Einstiegstiefen sind sehr unterschiedlich und können durchaus beachtliche Maße annehmen. Höhenunterschiede von deutlich mehr als 5 m sind hier nicht selten. Hier setzt die neue UVV Bauarbeiten, in Anlehnung an die TRBS 2121-2, bereits Grenzen für den Einsatz tragbarer Leitern als Zugang/Abgang zu Arbeitsplätzen. Aber auch in geringeren Steighöhen besteht ein hohes Absturzrisiko, denn die Verwendung konventioneller Leitern bedeutet immer „Auf- und Absteigen bzw. Arbeiten ohne Absturzsicherung“. Absturzunfälle von Leitern ereignen sich auch im Tiefbau mit beständiger Regelmäßigkeit.
Bisher verwendete Sprossenanlegeleitern gaben Anlass, über eine Risikominimierung nachzudenken. Problematisch bei dieser gewählten Zugangslösung ist auch der Anlegepunkt am oberen Ende der Leiter. Fehlende Leiterkopfsicherungen, die ein seitliches Wegrutschen einer Leiter verhindern können, fehlen in vielen Fällen. Und wenn dies umgesetzt wurde? War die Leiter immer lang genug, um ein sicheres Festhalten beim Übersteigen zu gewährleisten?
Dieser Situation haben sich zwei deutsche Hersteller angenommen und unter Beteiligung der Praktiker vor Ort und mit Beratung durch das Referat Hochbau und Tiefbau der BG BAU eine Zugangslösung entwickelt, mit der zuvor genannte Unfallrisiken deutlich reduziert werden können. Man wollte weg von der Sprossenanlegeleiter, die bei der Verwendung nachweislich viele Nachteile mit sich bringt. Es musste etwas Sicheres, Robustes und Baustellentaugliches als Alternative konstruiert werden. Als Vorlage diente die klassische Steigleiter. Fest mit dem Bauwerk verbunden kennt man diese zum Beispiel als Zugang an baulichen Einrichtungen. In verbauten Gräben aber „wandert“ der Zugang dem Baufortschritt folgend und so musste eine mobile Variante, die mit den an der Baustelle vorhandenen Hilfsmitteln versetzt werden kann, geschaffen werden: eine mobile Verbauleiter. Da es sich hier um eine Sonderkonstruktion handelt, wurden Teile bestehender Normen, für Steigleitern (DIN EN 18799), für Zugänge an maschinellen Anlagen (DIN ISO 14122) und Leitern (DIN EN 131), angewendet.
Ein erster Prototyp wurde in der firmeneigenen Werkstatt auf den Weg gebracht und in der Praxis getestet. Dort wurden Verbesserungs- und Veränderungsvorschläge durch die praktische Anwendung schnell sichtbar, und die Verbauleiter wurde in ihrer Bauart optimiert. In Modulbauweise steht nun eine Zugangslösung zur Verfügung, die einen Treppenzugang zwar nicht gleichwertig ersetzen kann, als Alternative zur Sprossenanlegeleiter aber ein deutliches Plus an Sicherheit gewährleistet.
Die Verbauleiter wird an dem oberen Podest mit Gitterroststandfläche und Seitenschutz an vorgegebenen Abschlagpunkten angeschlagen und mittels Hebezeug an der oberen Verbaukante eingehängt. Dabei müssen die Absturzsicherungen auf beiden Seiten des geplanten Einhängepunkts bereits vollständig vorhanden sein. Denn auch hier gilt der Grundsatz, das potenzielle Absturzrisiko eines Beschäftigten durch technische oder organisatorische Maßnahmen so gering wie möglich zu halten.
Das obere Podest gewährleistet nun einen sicheren Einstieg. Mit verschraubbaren Zwischenstücken und dem unteren Podest wurde die Verbauleiter noch vor dem Einhängen auf die benötigte Länge gebracht. Das untere Podest stellt den Übergang zur Grabensohle o. Ä. in Verlängerung mit einer kurzen Anlegeleiter, die fest mit der Verbauleiter verbunden wird, sicher. Steigleitern, hier mit Rückenschutz, haben bei der Verwendung den Vorteil, dass sich der Beschäftigte mit beiden Händen festhalten muss, um die Steigleiter zu begehen. Der Beschäftigte kann sich also ausschließlich auf den Auf- oder Abstieg konzentrieren. Mit Distanzschrauben wird ein Mindestabstand der Auftritte zum Verbau von 15 cm gewährleistet. Eine hohe Rutschhemmung der Auftritte erschwert das Abrutschen. Gerade im Tiefbau ist dieser Vorteil von großer Bedeutung, denn die Arbeitsschuhe sind in der Regel sehr stark verschmutzt. Auf den Gitterrosten des oberen und unteren Podests können Anhaftungen an den Schuhsohlen bereits wirkungsvoll abgestreift werden.
Von der unteren Plattform bleibt fast immer eine kleine Resthöhe bis zur Grabensohle. Diese ist in jedem Fall so gering wie möglich zu halten. Denn der Übergang zur Grabensohle wird über eine Anlegeleiter überwunden, am besten mit Stufe und hoher Rutschhemmung – im Gegensatz zu einer Anlegeleiter über die gesamte Grabentiefe eine deutliche Verbesserung.
Die Leiterkopfsicherung ist an der Verbauleiter bereits vorhanden und die Leiter kann problemlos fixiert werden.
Die Spundwandleiter
Von diesen positiven Erfahrungen sollten auch andere Einsatzbereiche profitieren. So wurde kurzentschlossen eine vergleichbare Lösung für mit Spundwänden verbaute Gruben und Gräben entwickelt. Die Basiskonstruktion war ja bereits vorhanden und so beschäftigte man sich mit dem oberen Podest und den etwas größeren Abständen zum Verbau. Wegen der besonderen Profilierung der Spundwandelemente musste hier eine variable Anpassung erfolgen. Nun steht für weitere Einsatzbereiche eine Spundwandleiter in vergleichbarer Konzeption zur Verfügung.
Bei Steighöhen über 10 m hinaus muss bei Steigleitern ein Steigschutz verwendet werden. Dies ist jedoch bei der Verbau- und Spundwandleiter nicht möglich. Deshalb sind bei der Spundwand- und der Verbauleiter – angelehnt an die DIN EN 18799 – Steighöhen von maximal 10 m möglich.
Absturzsicherungen an verbauten Gräben und Gruben
Im Zuge dieser Entwicklungen wurden weitere Verbesserungsmöglichkeiten als Präventivmaßnahme gegen Absturz erkannt.
Der bisher verwendete Seitenschutz im Bereich der oberen Verbaukante fehlte oftmals oder bestand aus eingeschlagenen, angespitzten Kantholzprofilen und Schalbrettern, die nicht immer vollständig waren bzw. auch nicht der Regelausführung entsprachen. Ein neu entwickeltes Seitenschutzsystem sollte diese Situation deutlich verbessern.
Spezielle Stahlprofile können von einem Transportgestell mit dem Greifer eines Baggers abgenommen und an entsprechender Stelle im Bereich der Verbaukante eingedrückt werden. Passend zur Aufnahme von zwei Geländerbrettern (15 × 3 oder 20 × 4 cm) wurden Aussparungen im Stahlprofil vorgesehen und der Seitenschutz kann aus einem gesicherten Bereich heraus ohne Absturzgefahr für den Beschäftigten eingeschoben werden. Die Aussparungen ermöglichen das Einschieben von Geländerholm und Zwischenholm.
Auf dem Markt sind auch ähnliche Systeme anderer Hersteller verfügbar.
Lagerung von Anschlagmitteln – der Kettenständer
Gerade im Tiefbau kommen Anschlagmittel von hoher Tragfähigkeit und Stabilität häufig zum Einsatz. Hin und wieder werden diese Arbeitsmittel in Materialcontainern oder im Außenbereich nachlässig nach dem Haufenprinzip gelagert. Die Folge sind lange „Suchzeiten“ im Gewirr eines Containers, bis sie letztendlich zum Einsatz am Hebezeug als Anschlagmittel verwendet werden können. Aus dieser Erkenntnis heraus entstand der Kettenständer – Diebstahlsicherung inklusive! Wie bei vielen anderen Verbesserungen im Arbeitsschutz ergab sich auch in diesem Fall nicht nur ein Zugewinn an Sicherheit, sondern auch zusätzlich ergonomische und wirtschaftliche Vorteile. Kein Suchen, kein Bücken, Stolpern und Stürzen mehr – eine Win-win-Situation für alle Beteiligten.
Die Grubenleiter
Aus dem Bereich Kabelbau entwickelte sich ein weiteres Projekt, dessen Ergebnis das Unfallgeschehen an Zugängen zu Gräben und Gruben mit geringer Tiefe reduzieren wird. In diesen Arbeitsbereichen ist das Hineinspringen in den Graben/die Grube nicht unüblich, was bedeuten schon Grabentiefen von 0,5 – 1 m? Wieder hinaus wird über die Böschung geklettert. Doch gerade bei diesem Verhalten sind oft schwere Fußverletzungen die Folge. Speziell angepasst an die örtlichen Verhältnisse wurde auf Anregungen aus der Praxis eine Leiter aus einzelnen steckbaren Modulen entwickelt. Die Anforderungen waren eine feste Plattform am oberen Ende der Leiter, also auf Urgeländeniveau, ein mindestens 1 m hoher Überstand der Leiter zum sicheren Festhalten beim Übersteigen vom Gelände auf die Leiter, Stufen mit hoher Rutschhemmung und eine integrierte Leitersicherung gegen seitliches Wegrutschen bzw. gegen Wegrutschen des Leiterfußes.
Fazit
Mut zur Veränderung und die stetige Beteiligung der Praktiker und Konstrukteure führten letztendlich zu einem Zugewinn an Arbeitssicherheit und damit einhergehend auch zu wirtschaftlichen Vorteilen. Die Verhütung von Arbeitsunfällen war und bleibt das lohnende Ziel, zu dessen Erreichung sich alle Beteiligten mit Überzeugung eingebracht haben. Die Praxis wird zeigen, ob die Produkte angenommen und möglicherweise überarbeitet bzw. verbessert werden können.
Autor
Ausgabe
BauPortal 3|2020