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Bauunternehmer muss angelieferten Frischbeton prüfen!

Sachverhalt

Ein Bauunternehmer, der einen stahlfaserbewehrten Industriefußboden erstellen sollte, beauftragte einen Betonhersteller mit der Herstellung und Lieferung von Beton. Vereinbart wurde die Festigkeitsklasse C30/37 bei einem Wasser-Zement-Wert von 0,5. Im Werk sowie im Fahrzeug wurde dem Beton zusätzliches Wasser zugegeben. Obwohl am Fahrzeug entnommene Proben bereits abweichende Werte zeigten, ließ der Bauunternehmer den Beton auftragen. Erst nach Fertigstellung und weiteren Probenentnahmen rügte er den Mangel. Durch die abweichende Beschaffenheit des Betons aufgrund der Wasserzugabe kam es zu starken Rissbildungen in den Böden. Die Kosten für deren Sanierung in Höhe von ca. 3,8 Mio. Euro verlangte der Bauunternehmer nun von dem Betonhersteller ersetzt. Der wiederum machte geltend, der Beton sei nicht mangelhaft gewesen. Wasser sei nur vereinzelt zugegeben worden. Der Bauunternehmer habe den Mangel auch zu spät gerügt. Ein Schadensersatzanspruch sei daher nach § 377 HGB ausgeschlossen. Das Landgericht gab dem Betonhersteller Recht und wies die Klage ab.

Hiergegen hatte der Bauunternehmer Berufung eingelegt und argumentierte, § 377 HGB sei auf Frischbeton bereits nicht anwendbar. Mängel seien erst nach einer Mindestaushärtungsdauer von 28 Tagen feststellbar. Da der Beton aber umgehend eingebracht werden müsse, wäre ein Schaden zu diesem Zeitpunkt bereits eingetreten. Des Weiteren seien dem Betonhersteller die vereinbarten Eigenschaften bekannt gewesen. Ihm müsse klar gewesen sein, dass der Bauunternehmer den Beton nach der unzulässigen Wasserzugabe nicht mehr nutzen konnte, er habe daher arglistig gehandelt.

Entscheidung

Mit Erfolg! Verträge über die Lieferung von herzustellenden beweglichen Bau- oder Anlageteilen sind als Werklieferungsverträge einzuordnen. Dass Beton auf Baustellen umgehend gegossen und eingebaut werden muss, ändert nichts daran, dass eine bewegliche Sache bei Lieferung und somit ein Werklieferungsvertrag vorliegt.

Nach § 650 BGB findet auf diesen Kaufrecht Anwendung. Handelt es sich bei beiden Parteien um Kaufleute, ist auch die Rügeobliegenheit nach § 377 HGB zu beachten. Daher ist nach Auffassung des Gerichts § 377 HGB auf Frischbeton anwendbar. Denn auch bei Frischbeton ist die unverzügliche Untersuchung durch Probenentnahme möglich und insofern geboten. Dabei gewährt die Rügeobliegenheit nach § 377 HGB dem Käufer jedoch auch die zur Untersuchung notwendige Zeit. Deshalb kann auch eine Rüge nach einer Mindestaushärtungsdauer von 28 Tagen noch unverzüglich sein. Auch wenn Untersuchungen, die länger als eine Woche benötigen, die Abwicklung verzögerten, müsse der Mangel nach Entdeckung noch unverzüglich angezeigt werden. Im vorliegenden Fall ist eine solche Rüge durch den Bauunternehmer trotz Anfangsverdachts allerdings nicht erfolgt. Letztlich konnte sich der Betonhersteller dennoch nicht auf die verspätete Mängelrüge des Bauunternehmers berufen, da das Gericht davon ausging, dass er den Mangel und insbesondere die Wasserzugabe dem Bauunternehmer arglistig verschwiegen habe.

Praxishinweis

Die Rügeobliegenheit in § 377 HGB dient dem Interesse des Handelsverkehrs an einer raschen Abwicklung von Beanstandungen. Unter Kaufleuten müssen Waren daher nach Lieferung unverzüglich untersucht und Mängel unverzüglich gerügt werden. Dabei muss zugunsten des Käufers jedoch der für die Untersuchung erforderliche Zeitraum einbezogen werden, je nach Erforderlichkeit mitunter länger als eine Woche. Zeigen sich Mängel, sind diese jedoch unverzüglich, mithin ohne schuldhaftes Zögern, dem Vertragspartner anzuzeigen. Wenn sich Anzeichen eines Mangels aufdrängen, sollte der Mangel schon auf den bloßen Verdacht hin sofort gerügt werden.

Autor

Rechtsanwalt Frederic Jürgens

GSK Stockmann


Ausgabe

BauPortal 3|2020

1 Ein Vertrag über die Herstellung und Lieferung von Frischbeton ist ein Werklieferungsvertrag, auf den Kaufrecht Anwendung findet.

2 Sind beide Vertragspartner Kaufleute, muss der Käufer den Beton bei Anlieferung untersuchen und etwaige Mängel unverzüglich rügen.

3 Unverzüglich im Sinne von § 377 HGB kann eine Rüge auch noch nach Durchführung einer 28-Tage-Prüfung sein, wenn diese zur Untersuchung der Sache erforderlich ist.

OLG Köln, Urteil vom 02.09.2016 – 19 U 47/15; BGH, Beschluss vom 26.06.2019 – Vll ZR 326/16 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)