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Erdbau, Grabenverbau, Tunnelbau

Gestaltung der Zugänge in Baugruben oder Schächten bei Tiefbauarbeiten

Unterirdische Bauverfahren wie Rohrvortriebs- und Tunnelbauarbeiten werden häufig in innerstädtischen Bereichen eingesetzt, weil dort in der Regel offene Bauweisen nicht möglich sind. Bei diesen Arbeiten werden die Baugruben und Schächte im Hinblick auf eine sichere Gestaltung der Zugänge oft zu klein geplant. Die Zugänge müssen nicht nur die Anforderungen eines sicheren Verkehrswegs erfüllen, sondern auch als Flucht- und Rettungsweg sowie als Angriffsweg für die Brandbekämpfung nutzbar sein.

Die Anforderungen an sichere Verkehrswege in bereits fertiggestellten Baugruben und Schächte wurden ausführlich im Teil 1 (siehe BauPortal 4/2021) dargestellt.

Dieser Teil 2 stellt die sichere und regelkonforme Ausführung der Verkehrswege bei der Herstellung vor und zeigt, wie Flucht-, Rettungs- und Brandangriffswege aussehen sollten.
 

Anforderungen an Verkehrswege bei der Herstellung

Auch während des Bodenaushubs, bei Verbauarbeiten und Verfüllung muss ein sicherer Zugang in die Baugrube bzw. den Schacht gewährleistet sein. Bauaufzüge
und Krantürme sind in dieser Bauphase nicht einsetzbar.

Alle anderen Lösungsmöglichkeiten können unter Brücksichtigung der möglichen Einschränkungen verwendet werden.
 

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Einsatz von Treppen

Treppen und Treppentürme stellen auch hier die vorrangig zu wählende Lösung dar. Die für flachere Baugruben nutzbaren Bautreppen sollten wegen der sich verändernden Tiefe in diesem Fall mit selbstnivellierenden bzw. nivellierbaren Stufen ausgerüstet und gegebenenfalls verlängerbar sein. Treppentürme können in Höhe
der Geländeoberkante an Konsolkonstruktionen aufgehängt und sukzessive nach unten verlängert werden. Der verbleibende Höhenunterschied vom untersten Podest
zur Aushubebene kann dann kurzzeitig mithilfe von Bautreppen oder Leitern überbrückt werden.

Ein an konsolartigen Balken eingehängter Treppenturm führt in eine tiefe Baugrube.
Aufgehängter Treppenturm
Bild: Fa. Dohrmann


Einsatz von Leitern

Anlegeleitern sind wegen ihrer Flexibilität im Rahmen der Einsatzgrenzen immer anwendbar. Steigleitern können an den bereits freiliegenden Wandabschnitten
befestigt werden. Gerüstaufstiege mit innenliegenden Leitern können wie Treppentürme in einer aufgehängten Variante installiert werden. Für die Überbrückung des restlichen Höhenunterschieds können dann Anlegeleitern zum Einsatz kommen.
 

Oberer Teil einer Treppe, die in eine Baugrube führt. Die Stufen sind in der Höhe veränderbar.
Treppe mit nivellierbaren Stufen im Montagezustand durch Anbauteile verlängerbar
Bild: Hans-Christian Heidtmann - BG BAU


Einsatz hochziehbarer Personenaufnahmemittel (PAM)

Der Einsatz hochziehbarer Personenaufnahmemittel ist während der Aushubphase eine praktikable Lösung, erfordert aber wie bereits beschrieben bei einer Störung die Möglichkeit, die betroffenen Personen aus der Baugrube bzw. dem Schacht zu befreien, und einen zusätzlichen energieunabhängigen Fluchtweg.
 

Anforderungen an Verkehrswege bei Vortrieben mit Druckluftarbeiten

Wenn während des Vortriebs Arbeiten in Druckluft ausgeführt werden, ist als Hauptzugang ein Bauaufzug oder, unter Berücksichtigung der o. a. Voraussetzungen,
zumindest ein hochziehbares Personenaufnahmemittel einzusetzen. Die alleinige Nutzung eines Treppenturms, geschweige denn einer Steigleiter, ist hier nicht zielführend, weil durch die hohe körperliche Anstrengung das Risiko einer Drucklufterkrankung steigt. Ein energieunabhängiger Fluchtweg ist jedoch auch hier erforderlich.
 

Anforderungen an Fluchtwege

Arbeitgebende haben dafür zu sorgen, dass sich Beschäftigte jederzeit, auch bei Energieausfall und technischem Versagen, bei einer erheblichen unmittelbaren Gefahr in Sicherheit bringen können.[1] Es sind daher Fluchtwege vorzusehen, die ein schnelles Verlassen der Arbeitsstätte ermöglichen. Fluchtwege müssen auf möglichst kurzem Weg ins Freie oder in einen sicheren Bereich führen.[2]

Die allgemeinen Anforderungen der Arbeitsstättenregel ASR A 2.3, z. B. an die Fluchtweglänge, sind bei tiefen Baugruben und Schächten i. d. R. nicht anwendbar.
Auch stellt sich die Frage, wann und wo ein sicherer Bereich erreicht wird. Auswahl und Anordnung der Fluchtwege sind daher im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung festzulegen.[3]

Hierbei sind u. a. die Anzahl der Beschäftigten, die den Fluchtweg benutzen müssen, die örtlichen Gegebenheiten und die daraus resultierenden Fluchtweglängen sowie mögliche Fluchtszenarien zu berücksichtigen.[4]

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ist auch zu betrachten, ob ein zweiter Fluchtweg erforderlich ist.[5]

Wegen der unmittelbar bestehenden Gefahren sind an Fluchtwege häufig höhere Anforderungen als an Verkehrswege zu stellen und im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ggf. zusätzliche Maßnahmen festzulegen. Eine zusätzliche Maßnahme kann z. B. die Bereitstellung von Atemschutzgeräten
für Flucht und Selbstrettung sein.
 

Einsatz von Treppen und Treppentürmen

Die Mindestbreite von Fluchtwegen richtet sich nach der Anzahl der Beschäftigten, die den Fluchtweg im Notfall benutzen müssen (siehe Tabelle).[6] Anders als bei den Verkehrswegen gibt es in diesem Fall keine allgemeingültige Ausnahmeregel. Eine Einschränkung ist nur möglich, wenn die allgemein geforderte Mindestbreite aufgrund der örtlichen und betrieblichen Verhältnisse nicht umsetzbar ist.[7]

Die Mindestbreite ist in diesem Fall in der Gefährdungsbeurteilung festzulegen. Die Fluchtwegbreite darf dabei die für Verkehrswege geforderte Mindestbreite von 0,5 m nicht unterschreiten. Treppentürme sollten mit gegenläufigen Treppen ausgeführt werden, da sie aufgrund der größeren Kopffreiheit einfacher zu begehen sind und wegen eines kürzeren Laufwegs eine größere Aufstiegsgeschwindigkeit ermöglichen.

  • Anzahl der Personen Lichte Breite in m
    bis 5 0,875
    bis 20 1,00
    bis 200 1,25

    ​​​​

Unterer Teil eines aufgehängten Treppenturms, der auf dem Boden einer Baugrube ankommt.
Aufgehängter Treppenturm mit temporärem Übergang
Bild: Fa. Dohrmann


Einsatz von Leitern

Da Leiteraufstiege im Gefahrfall ein schnelles und sicheres Verlassen des Arbeitsbereichs nur bedingt ermöglichen, sollten diese als Fluchtweg, außer in begründeten
Ausnahmefällen, nicht zum Einsatz kommen. Steigleitern sind im Verlauf des ersten Fluchtwegs nicht zugelassen.[8] Eine Ausnahmeregel für Baustellen ist nicht formuliert.
Für Leiteraufstiege von Gerüsten und Anlegeleitern gibt es im Arbeitsstättenrecht keine Regelungen, da diese unter das Betriebssicherheitsrecht fallen. Im Allgemeinen kann die Regelung für Steigleitern hinsichtlich der Verwendung als Fluchtweg auch auf andere Leiterlösungen übertragen werden. In den abweichenden/ergänzenden Anforderungen für Baustellen wird allerdings darauf verwiesen, dass die normalen Regelungen der ASR A 2.3 nicht immer umsetzbar sind und Fluchtwege auch über temporäre Verkehrswege, wie z. B. Treppentürme, Gerüste oder Anlegeleitern, führen können. Die Ausführung des Fluchtwegs ist im Ergebnis einer Gefährdungsbeurteilung festzulegen und zu begründen.[9]

Diese Ausnahmeregelung ist sinngemäß auch auf die Verwendung von Steigleitern anzuwenden, da es sich im Fall von Bauarbeiten um eine temporäre Anwendung handelt.

Wegen der größeren Gefährdungen bei einem Leiteraufstieg und der deutlich geringeren Fluchtgeschwindigkeit sollte der Einsatz von Leitern als Fluchtweg grundsätzlich auf eine geringe Beschäftigtenzahl (max. 5 Personen) und eine geringe Aufstiegshöhe (max. 20 m) beschränkt sein.
 

Einsatz von Bauaufzügen und hochziehbaren Personenaufnahmemitteln

Die Forderungen der ASR A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan“ gilt für alle Arbeitsstätten vom Kaufhaus über die Bank bis zur Baustelle.
Grundsätzlich dürfen Aufzüge nicht als Fluchtweg genutzt werden.[10]

Hintergrund für diese Forderung bilden die mögliche Verrauchung des Aufzugsschachts sowie ein möglicher Energieausfall. Auf Vortriebsund Tunnelbaustellen stellt sich die Situation allerdings etwas anders dar. Auf Basis einer Gefährdungsbeurteilung, die für die beiden Risiken entsprechende Lösungen festlegt, kann der Einsatz eines Bauaufzugs unterstützend möglich sein. Entsprechende Lösungen können z. B. der Einsatz von Selbstrettern sowie das Vorhalten von Notstromaggregaten sein. Unabhängig hiervon muss es aber auf jeden Fall einen energieunabhängigen ersten Fluchtweg geben, da nicht immer sichergestellt ist, dass sich der Korb des Aufzugs
immer auf der Sohle der Baugrube oder des Schachts befindet, und die Anzahl der Flüchtenden die Kapazität des Aufzugs ggf. überschreitet. Der als Fluchtweg installierte feste Aufstieg kann dann auch im Rahmen einer ggf. erforderlichen Befreiung aus einem Aufzug genutzt werden. Ähnliches gilt beim Einsatz hochziehbarer Personenaufnahmemittel. Hier ist zudem zu bedenken, dass das Personenaufnahmemittel i. d. R. zunächst am Hebezeug angeschlagen werden muss.
 

Rettungswege

Rettungswege sind erforderlich, damit die Rettungskräfte schnellstmöglich an die Unglücksstelle gelangen und Personen zeitnah retten können, z. B. bei Unfällen oder Bränden. Die Anforderungen an die Rettungswege und Rettungsmittel sind immer mit den für die Rettung zuständigen Diensten/ Feuerwehren unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und Zuwegungen abzustimmen.
Bautreppen und Treppentürme können für den Transport verletzter Personen genutzt werden. Hierfür müssen sie eine ausreichende Breite aufweisen. Bei der Planung der Rettungswege ist zu berücksichtigen, dass der Transport über Bautreppen oder Treppentürme mithilfe einer Trage im Aufstieg anstrengend und zeitaufwendig ist.
Da bei Vortriebsbaustellen immer ein Hebezeug zur Verfügung steht, ist daher zu empfehlen, den Transport von Verletzten mithilfe von Rettungstransportmitteln sicherzustellen.[11]

Rettungstransportmittel können z. B. kranbare Tragen oder Rettungskörbe sein. Die Betreuung der verletzten Person durch die Rettungskräfte muss beim Transport möglich sein. Bei Einrichtung von Leitern als Verkehrsweg ist der Einsatz eines Rettungstransportmittels zwingend erforderlich. Bauaufzüge sind für den Rettungstransport nur geeignet, wenn sie über ausreichend große Kabinen bzw. Plattformen verfügen. Bei Verwendung kleinerer Aufzüge und Transportbühnen sind
ebenfalls alternative Rettungstransportmittel vorzuhalten.
 

	
Eine orange Trage, die senkrecht an einem Treppenturm hängt. Dieser befindet sich in einem Baufeld.
Kranbare Trage
Bild: Hans-Christian Heidtmann - BG BAU


Angriffswege zur Brandbekämpfung

Für Angriffswege zur Brandbekämpfung gelten ähnliche Anforderungen wie für die Fluchtwege. In diesem Fall geht es darum, die erforderlichen Einsatzkräfte und das erforderliche Material sicher und in möglichst kurzer Zeit zur Einsatzstelle in der Baugrube oder dem Schacht zu bringen. Treppen und Treppentürme sind hier uneingeschränkt einsetzbar. Leitern als Abstieg sollten, wenn überhaupt, nur für die Überbrückung geringer Höhenunterschiede genutzt werden. Bauaufzüge kommen
nur dann infrage, wenn sie über einen ausreichend großen Korb verfügen, mit dem zumindest der erste Angriffstrupp in die Baugrube oder den Schacht gefahren wer-den kann. Mit kleineren Transportbühnen können nur wenige Personen transportiert werden. Zudem ist die Fahrgeschwindigkeit zu gering. Personenaufnahmemittel sind für den Transport von Personen nicht geeignet, da das Hebezeug in diesem Fall für den Transport des erforderlichen Materials benötigt wird. Unabhängig hiervon ist das Thema Brandbekämpfung und speziell die Thematik der Zuwegung bereits in der Planungsphase mit der zuständigen Feuerwehr abzustimmen und im Brand- und Rettungskonzept zu dokumentieren.
 

Fazit

Aufgrund der bei der Planung eines Bauvorhabens zu berücksichtigenden Maßnahmenhierarchie ist bei der Festlegung von Arbeitsschutzmaßnahmen zunächst
immer die sicherheitstechnisch bestmögliche Lösung auszuwählen. Fasst man die an Verkehrs-, Flucht-, Rettungs- und Brandangriffswege gestellten Anforderungen zusammen, so bleibt als einzige Maßnahme, die diese Forderung des Arbeitsschutzgesetzes gleichzeitig erfüllt, nur die Installation eines ausreichend breiten Treppenturms. Personenaufzüge können dabei eine sinnvolle Ergänzung sein. Bei größeren Baugruben- und Schachttiefen sollten Personenaufzüge aus ergonomischen Gründen auf jeden Fall eingerichtet werden. Bei Arbeiten unter Druckluft sind diese aufgrund der körperlichen Belastung bei der Nutzung eines Treppenturms grundsätzlich vorzusehen.

Ist die Installation eines entsprechenden Treppenturms (und/oder die Einrichtung eines Personenaufzugs) nicht möglich, muss eine alternative Lösung gefunden werden. Hierbei ist zwingend erforderlich, dies im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu begründen. Auch bei der Auswahl der alternativen Lösung gilt, dass zunächst eine Lösung gewählt wird, die wiederum eine größtmögliche Sicherheit bei der Nutzung bietet. Es ist also zunächst die zweite Wahl zu betrachten und dann,
wenn diese wiederum nicht realisierbar ist, die dritte Wahl. Dies bedeutet letztendlich, dass der Ausnahmefall mit dem größten verbleibenden Gefährdungspotenzial,
also der Einsatz von Anlege- bzw. Steigleitern, erst dann ausgewählt werden darf, wenn alle besseren Lösungen nachvollziehbar ausgeschlossen werden mussten.
Aber auch in diesen Fällen ist immer noch eine größtmögliche Sicherheit anzustreben. Dies schließt auch ein, dass die in den Regelwerken aufgeführten Mindestanforderungen erweitert und ergänzt werden.

Mit der nachfolgenden Tabelle soll aufgezeigt werden, welche Lösungsmöglichkeiten bestehen und wie diese im Sinne der Maßnahmenhierarchie anzuwenden
sind.

Eine komplette Übersicht zu den Lösungsmöglichkeiten bei der Gestaltung von Zugängen ist in der Übersichtstabelle zu finden.
 

Fußnoten
1
Arbeitsschutzgesetz, § 9 (3).
2
ArbStättV, Anhang, Abs. 2.3 (1).
3
ASR A2.3, Abs. 10.2.
4
ArbStättV, Anhang, Abs. 2.3 und ASR A 2.3, Abs. 5 (1).
5
ASR A 2.3, Abs. 4 (5).
6
ASR A 2.3, Abs. 5 (3).
7
ASR A 2.3, Abs. 10.2.
8
ASR A 2.3, Abs. 4 (6).
9
ASR A 2.3, Abs. 10 (2).
10
ASR A 2.3, Abs. 4 (4).
11
Vgl. ASR A 4.3, Abs. 5.3.
Autoren

Dipl.-Ing. Hans-Christian Heidtmann

BG BAU Prävention

Dipl.-Ing. Eckhard Becker

BG BAU Prävention

Dipl.-Ing. Volker Göttert

BG BAU Prävention

Dipl.-Ing. Ulf Spod

BG BAU Prävention

Dipl.-Ing. Thomas Vogel

BG BAU Prävention


Ausgabe

BauPortal 1|2022