Ingenieurbau/Brückenbau
Neubau der Hadelner Kanalschleuse
Besondere Witterungsbedingungen an der Küste und sehr große Wasserlasten im Umfeld des Bauwerks stellen auch spezielle Anforderungen an die Bauausführung, vor allem an die Schalung.
Da die alte Hadelner Kanalschleuse durch Risse im Mauerwerk ihre Überlastung zeigte und zudem der Küstenschutz nicht mehr den aktuellen Anforderungen entsprach, entschied sich das Land Niedersachsen für den Neubau der Schleuse. Aufgrund der besonderen Witterungsbedingungen an der Küste und der enormen Wasserlasten, die die künftige Schleuse bewältigen muss, galt es beim Bau der Schleusenkammerwände besondere Anforderungen zu erfüllen.
Die Schleuse des Hadelner Kanals bei Otterndorf wurde bereits 1854 als Küstenschutzmaßnahme gebaut. Mittlerweile ist sie jedoch in die Jahre gekommen und wird darüber hinaus den aktuellen Anforderungen an die notwendige Deichhöhe nicht mehr gerecht. Deshalb hat das Land Niedersachsen entschieden, eine neue Schleuse zu bauen – gegenwärtig die größte Küstenschutzmaßnahme des Bundeslands. Ziel ist es, die Entwässerung des 32 km langen Hadelner Kanals – Teil des Schifffahrtswegs Elbe-Weser – zu verbessern und den Küstenschutz sicherzustellen, indem Bauwerk und Anschlussdeiche auf die Sollhöhe gebracht werden.
Neubau unter Küstenbedingungen
Für die Errichtung des Objekts sind insgesamt sieben Bauphasen vorgesehen, bei denen die Verantwortlichen gleich doppelt auf die Witterungseinflüsse und Gezeiten eingehen müssen. Erstens ist – wie bei jedem anderen Gebäude auch – dafür zu sorgen, dass sich die Witterung nicht negativ auf das zu erstellende Bauwerk auswirkt. Zweitens – und das ist das Besondere – muss hier zusätzlich der Küstenschutz jederzeit gewährleistet sein. Witterungsbedingt darf keine Schwachstelle im Deichsystem entstehen. Aus diesem Grund wird in den Sommerhalbjahren auf der gesamten Baustelle gearbeitet, in den Winterhalbjahren nur in Binnenbereichen.
Nach einer Bauzeit von vier Jahren soll die Schleuse von Schiffen mit über 100 Bruttoregistertonnen, bis zu 33,5 m Länge, 5 m Breite und 1,5 m Tiefgang befahrbar sein. Die Schleuse erhält drei Hubtore, ein Einlaufbau-/Pumpwerk zur Entwässerung des Hinterlands und ein Betriebsgebäude. Derzeit steht der Betonbau der künftigen Schleusenkammer an.
Grundlegende Arbeiten
Die für den Betonbau erforderliche Baugrube wurde mit einem Spundwandkasten umfangen und während des Bodenaushubs mit Aussteifungen gesichert. Dies war jedoch schwieriger als erwartet, da man auf Holzspundwände des 165 Jahre alten Vorgängerbaus stieß, die so nicht in den historischen Bestandsunterlagen verzeichnet waren. Um die Last des Objekts und des Wassers gleichmäßig ins Erdreich abtragen zu können, wurden 163 Gründungspfähle von über 28 m Länge in den Boden gebohrt und anschließend mit Zementmörtel verpresst. Danach wurde die Unterwasser-Betonsohle als untere Abdichtung der Baugrube gefertigt, auf der dann die Wände der Schleusenkammer errichtet werden.
Anforderungen an die Wände der Schleusenkammer
Die Wände sind aufgrund der Wassermassen enormen Belastungen ausgesetzt und weisen dementsprechend eine Dicke von circa 1,5 Metern auf – bei einer Gesamthöhe von bis zu 12 Metern. Für die Fertigung der Wände musste eine Schalungslösung gefunden werden, die zum einen diese Größendimension bedient und zum anderen den besonderen Seeluftbedingungen standhält. Ein Produkt, das diese Anforderung erfüllt, ist die NOEtop-Schaltafel im XXL-Format des Herstellers NOE Schaltechnik.
Aufgrund ihrer Maße von 5,30 × 2,65 m ist es möglich, mit nur einer einzigen Schaltafel eine Fläche von etwa 14 m² mit nur acht Spannstellen zu erstellen. Komfortabel ist auch das Stahlrahmensystem mit integrierter Gurtung, das standardisierte Rahmenschalung und flexible Trägerschalung kombiniert. Dank ihrer Gussecken und der einheitlichen Profilstärke von 3,5 mm sind die Schaltafeln zudem äußerst robust und halten einem Betondruck von 88 kN/m² stand. Da Rahmen und Profile der Schaltafel innen und außen feuerverzinkt sind, ist die Tragkonstruktion der Schalung unter Seeluft-Bedingungen resistenter gegen Korrosion.
Schalungsarbeiten mit Besonderheiten
Beim Errichten der Wände musste besonders auf die Hydratationswärme geachtet werden, da diese zu Zwangsspannungen und damit zu Rissen führen kann. Hinzu kommt, dass der Beton verschiedenen Aspekten wie Frost, Tausalz, Meerwasser und einem wechselnden Wasserstand ausgesetzt ist, was bei der Betonrezeptur und beim Einbau berücksichtigt werden muss. Ein Schaltakt dauert hier nicht wenige Tage, sondern mehrere Wochen. Um diese aufwendigeren Schalarbeiten zu erleichtern, bietet der Hersteller zusätzlich eine selbstsichernde Laufgerüst-Konsole für die NOEtop-Schalung. Diese kann auf jedem Höhenniveau an jedem Querprofil eingehängt werden und ist auf Wunsch mit Durchstieg ausgestattet. Über Gerüstböden mit Durchstiegsklappe kann schnell und sicher zwischen den Gerüstebenen gewechselt werden.
Die neue Schleuse – ein Gewinn für die Region
Die Hadelner Schleuse soll bis April 2022 fertiggestellt werden. Bis dahin müssen auch Betriebsgebäude, Schleusentore und die Brücke über die Schleuse fertig sein. Das neue Bauwerk ist für die gesamte Region in dreifacher Hinsicht ein echter Gewinn. Erstens schützt es das Hinterland vor Überflutung. Zweitens ermöglicht es, dass auch größere Schiffe den Kanal passieren, und drittens wird der Küstenschutz zukunftssicher hergestellt, um für Sturmfluten und den zunehmenden Meeresspiegel-Anstieg aufgrund des Klimawandels gerüstet zu sein.
Bauaufgabe:
Neubau der Hadelner Kanalschleuse Otterndorf
Auftraggeber:
Betriebsstelle Stade des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN)
Auftragnehmer:
ARGE Hadelner Kanalschleuse – Ludwig Freytag GmbH & Co. KG/Tiefbau GmbH Unterweser
Schalung:
NOE-Schaltechnik
www.noe.de
Ausgabe
BauPortal 1|2021
Das könnte Sie auch interessieren
Baumaschinentechnik
Lebensrettende Technik in Radladern
Kameras und Monitore in Radladern schützen vor Unfällen mit Personenschaden.
Tiefbau/Tunnelbau
Unterfahrung der BAB A8 mittels Lockergesteinsvortrieb
Wegen geringer Überdeckung waren Rohrschirm und diverse Sicherungsmaßnahmen sowie ein Alarmplan notwendig.
Tunnelbau
Wirkungsvoller Oberflächenschutz im Aubergtunnel
Der neue Aubergtunnel soll mit Hydrophobierung und OS-2-Beschichtung gegen Schadstoffe geschützt werden.