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Recycelte Ziegelreste für die Herstellung eines Vollziegels
Recycelte Ziegelreste für die Herstellung eines Vollziegels | Bild: Leipfinger-Bader

Mauerwerksbau

Ungebrannter Ziegel aus recyceltem Material

Der neue „Innenwand-Vollziegel“ besteht aus recyceltem „Ziegelsand“ und trocknet an der Luft, um seine finale Druckfestigkeit sowie Rohdichte zu erlangen.
Ziegelsteine aus altem, wiederverwendeten Material
Bild: Leipfinger-Bader


Im Rahmen des Forschungsprojekts „Kaltziegel“ haben die Ziegelwerke Leipfinger-Bader einen besonders nachhaltigen Vollziegel entwickelt. Bestehend aus recycelten Ziegelresten und mineralischen Bindemitteln wird er in einem speziellen Verfahren gepresst und anschließend an der Luft getrocknet. Ziel war es, einen Mauerziegel mit hoher Rohdichte und Druckfestigkeit zu entwickeln, der die Anforderungen tragender Innenwände erfüllt.


Ziegel werden bei hohen Temperaturen gebrannt – zu Urzeiten im Feuer, bis heute traditionell im Tunnelofen. Die Ziegelwerke Leipfinger-Bader beweisen nun mit ihrer neuesten Forschungsarbeit, dass es auch anders geht. Im Rahmen der „Europäischen Woche für Abfallvermeidung“ präsentierten sie ein Innovationsprodukt – einen Vollziegel, der an der Luft trocknet. Wichtiger Aspekt des abgeschlossenen Forschungsprojekts war die Entwicklung eines Wandbaustoffs, der nicht gebrannt werden muss und somit nur über einen geringen Energieeinsatz verfügt. Darüber hinaus sollte er aus rezyklierten Ziegelmaterialien bestehen.

 

In aufwendigen Prüfverfahren wurde der Vollziegel-Prototyp hinsichtlich Druckfestigkeit, Rohdichte, Wärmespeicherfähigkeit, Schallschutz sowie Frost- und Taubeständigkeit getestet.
Ziegelherstellung aus altem, wiederverwendeten Material: Beispielhafte Mauer
Bild: Leipfinger-Bader


Der Weg zum ungebrannten Mauerziegel

Um die Idee eines besonders energie- und ressourceneffizienten Baustoffs umzusetzen, arbeiteten die Ziegelwerke eng mit Kooperationspartnern zusammen – wie dem Mörtel- und Putzspezialisten Sievert Baustoffe und einem Forschungsteam von „rent a scientist“.

Der Erfolgsweg begann im ersten Schritt mit der Aufbereitung von Grundmaterialien. Die Basis bilden hier sortenreine Ziegelreste in besonders feinen Körnungsgrößen, wie sie regelmäßig beim Schleifen von Planziegeln anfallen. Daneben können auch Fraktionen von recyceltem Ziegelbruch verwendet werden. Solche liefert etwa die neue Recyclinganlage bei Leipfinger-Bader, die seit September 2020 am Standort Puttenhausen (Landkreis Kelheim) in Betrieb ist. Dieser Ziegelsand wird mit einer speziellen Bindemittel-Mischung versetzt, wobei hier ein ganzer Baukasten an Rezepturen entwickelt werden konnte. Die verschiedenen Materialkombinationen lassen sich langfristig auch für unterschiedliche Produkte zum Einsatz bringen.

 

In der neuen Recyclinganlage in Puttenhausen (Niederbayern) werden Ziegelbruch und Dämmstoffe getrennt und anschließend wiederverwertet.
Ziegelherstellung aus altem, wiederverwendeten Material: Luftaufnahme von Herstellungsanlage mit Recylingmaterial auf dem Hof
Bild: Leipfinger-Bader


In Form gepresst und luftgetrocknet

In einem zweiten Schritt wurden Versuchsreihen mit kleinen Probekörpern durchgeführt. Erst an diesem Punkt fiel die Entscheidung für eine bestimmte Fertigungsmethode, um Produkte in Originalgröße herzustellen. Zu Testzwecken wurde dazu eine Anlage von Knauer Engineering umgerüstet und am Standort der Ziegelwerke in Vatersdorf aufgebaut. Mit dieser gelang die Entwicklung eines innovativen Pressverfahrens. Anschließend werden die Vollziegel-Rohlinge an der Luft bei Umgebungstemperatur getrocknet – ein Brennvorgang entfällt. Das Resultat ist ein Wandbaustoff, der eine besonders hohe Rohdichte aufweist sowie über eine entsprechend hohe Druckfestigkeit verfügt. Dank seiner Masse erfüllt er nicht nur die statischen Voraussetzungen für tragende Innenwände, sondern auch deren spezielle Schallschutzanforderungen. Wie herkömmliche Planziegel lässt er sich im Dünnbettverfahren verarbeiten. Unabhängige Prüfinstitute haben in bauphysikalischen Tests bereits die Tauglichkeit des „kalt hergestellten“ Innenwand-Vollziegels bestätigt. So wurden die statischen Parameter von Kiwa Deutschland überprüft, während das Prüfzentrum für Bauelemente den hohen Schallschutz verifizierte. Frost- und Taufestigkeit nahm zuweilen das Institut für Ziegelforschung unter die Lupe. Alle Prüfverfahren lieferten letztlich positive Ergebnisse, sodass das Projekt Anfang 2020 zu einem erfolgreichen Abschluss kommen konnte.
 


Vom Prototyp zur Serienfertigung

Um aus dem Prototyp eine eigene Produktionslinie zu schaffen, sind jedoch erhebliche Investitionen nötig. Denn dafür müsste bei Leipfinger-Bader ein völlig neuer Betriebszweig entstehen. Neben den technischen Anlagen und Hallen werden große Lagerflächen für die Materialien benötigt. Zusätzlich ist der logistische Aufwand relativ hoch, da es große Mengen an Ziegelbruch zu bewegen gilt – eben dann, wenn zu recycelndes Material von den Baustellen zurück ins Werk befördert werden muss. Darüber hinaus bedarf es einer anspruchsvollen Qualitätskontrolle, denn nur hochwertiger Ziegelsand darf ins Endprodukt geraten. Für diese Herausforderungen hofft das Unternehmen auf eine Investitionsförderung von staatlicher Seite.
 

Ziegelwerke Leipfinger-Bader
www.leipfinger-bader.de
 

Autor

Redaktion BauPortal


Ausgabe

BauPortal 1|2021